§ 304 - Bahnhofsareal Unterführung mit Bahnhofsentree und Fahrradparkhaus; hier: Sachstand, Kosten und weiteres Vorgehen (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
Wechseln zu: Navigation, Suche

Sachvortrag:

2015 führte die Stadt Schwäbisch Hall den Städtebaulichen Realisierungs- und Ideenwettbewerb "Bahnhofsareal" durch. Neben einer städtebaulich überzeugenden Lösung, auf deren Grundlage das südliche Bahnhosrareal bereits entwickelt wird, beinhaltete der Siegerentwurf auch wesentliche Elemente eines optimierten Nahverkehrsknotens am Bahnhaltepunkt Schwäbisch Hall (Anlage 1):

  • Reaktivierung / Neubau Gleis 2 parallel zum bestehenden Gleis 1 (Projekt DB Netz)

  • Neubau eines Außenbahnsteigs von 110 m Länge am neuen Gleis 2

  • Unterführung als Zugang zu den Bahnsteigen und Anbindung an die Steinbacher Straße mit neuen Haltestellen für den Stadt- und Regionalbusverkehr

  • Park+Ride und Bike+Ride in einer Tiefgarage im Bahnhofsareal Nord

Am 26.07.2017 (§ 168, nichtöffentlich) beauftragte der Gemeinderat die Verwaltung, gemeinsam mit der DB Netz AG einen Antrag auf eisenbahnrechtliche Genehmigung für den Gleisbau, den Außenbahnsteig und die Unterführung beim Eisenbahnbundesamt zu stellen. Beim Ministerium für Verkehr des Landes Baden-Württemberg sollten Anträge auf Fördermittel nach dem LGVFG gestellt werden.

Im Vorfeld der Antragstellung auf Förderung fanden mehrere Abstimmungen mit Vertreter­innen und Vertretern des Regierungspräsidiums Stuttgart, des Verkehrsministeriums, der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg (NVBW) und Unternehmen der Deutschen Bahn statt. Dabei stellte sich heraus, dass die Voraussetzungen für die Förderung des Tunnels aus Mitteln des LGVFG ÖPNV nicht gegeben waren, da zum damaligen Zeitpunkt weder die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg, die das Projekt grundsätzlich positiv begleitete, noch DB Station & Service das kurzfristige Erfordernis für einen zweiten Außenbahnsteig sahen. Dadurch konnte das Bauwerk nicht als Bahnsteigzugang und somit auch nicht als förderfähige ÖPNV-Maßnahme betrachtet werden. In der Folge wurde deshalb auch die Planung und die eisenbahnrechtliche Beantragung des zweiten Bahnsteigs nicht weiterverfolgt. Für die Unterführung wurde eine Förderfähigkeit nach dem LGVFG RuF (Rad- und Fußverkehr) in Aussicht gestellt.

Kostenentwicklung und Förderung

Für die Unterführung mit Bahnhofsentrée wurde Anfang 2019 ein Förderantrag zur Programmaufnahme nach dem Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG) mit der damaligen Kostenschätzung über 5.060.000 € gestellt. Im Juli 2019 wurde das Projekt in das Programm RuF (Rad- und Fußverkehr) mit zuwendungsfähigen Kosten über 4.688.000 € aufgenommen, was eine Förderung von 2.344.000 € (50%) bedeutet.

Für das Fahrradparkhaus mit 131 Stellplätzen wurde zeitgleich ein eigener Antrag mit Gesamtkosten über 865.086 € gestellt. Die Programmaufnahme erfolgte mit einem Förderbetrag von 157.000 € (Pauschalförderung 1.200 €/Stellplatz).

Der Eigenanteil für beide Projekte zusammen belief sich zum Zeitpunkt der Programmaufnahme auf 3.424.085,50 € (Anlage 2, Tabelle 1). Auf dieser Grundlage wurden die entsprechenden Mittel (Ausgaben und Förderung) in den Haushalt 2020/21 eingestellt.

Die Beantragung von Fördermitteln nach dem LGVFG erfolgt in einem zweistufigen Verfahren. Erst wenn ein Projekt in das Förderprogramm aufgenommen ist, kann innerhalb einer Frist der endgültige Förderantrag gestellt werden. Während die Programmaufnahme auf Basis einer Kostenschätzung (Vorplanung) erfolgt, ist für den Förderantrag eine Kostenberechnung (Entwurfsplanung) vorzulegen.

Der Förderantrag für die Unterführung hätte gemäß Programmaufnahme bis Ende 2020 gestellt werden müssen, allerdings hat das Regierungspräsidium Stuttgart diese Frist aufgrund des noch laufenden eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahrens verlängert, zuletzt bis zum 31.12.2021. Vor diesem Hintergrund ist eine Klärung über das weitere Vorgehen dringend erforderlich.

Mit dem Einstieg in die Entwursplanung und durch den Wechsel des planenden Ingenieurbüros (§ 103, öffentlich, BPA 13.07.2020) wurden Defizite bei der bisherigen Bauwerksplanung offenbar. Um den Regelwerken der Deutschen Bahn AG nachzukommen mussten entsprechende Veränderungen vorgenommen werden, was zu Kostensteigerungen führte. Primär trägt jedoch die zeitliche Verzögerung dazu bei, weil sich auch hier die stetig steigenden Kosten in der Baubranche niederschlagen.

Die Gesamtkostenschätzung (Stand 09/2021) für die Unterführung mit Bahnhofsentrée liegt nun bei 9.513.210 € und für das Fahrradparkhaus bei 1.650.110 € (Bruttokosten inkl. Baunebenkosten). Der Eigenanteil würde damit auf insgesamt 7.630.960 € steigen, wobei hier bereits die vom Fördergeber inzwischen zugestandene Mehrkostenförderung von 20% zwischen Programmaufnahme und Antragstellung sowie 10% Planungskostenpauschale auf die zuwendungsfähigen Kosten von 2019 berücksichtigt sind (Anlage 2, Tabelle 2).

Aus diesem Grund hat die Verwaltung alternative Wege der Förderung geprüft. Sollte der zweite Bahnsteig wieder Teil des Projekts und der Tunnel somit wieder Bahnsteigzugang werden, würde das LGVFG ÖPNV unter bestimmten Voraussetzungen eine Förderung der zuwendungsfähigen Kosten von 75% ermöglichen. Dies gilt zum einen bei Vorhaben, die im Interesse des Landes oder eines anderen Aufgabenträgers des Schienenpersonennahverkehrs durchgeführt werden, sowie bei Vorhaben, die einen besonders positiven Beitrag zum Klimaschutz durch Reduzierung der Treibhausgasemissionen leisten. Hierzu zählt insbesondere der Ausbau von Schienenpersonennahverkehrsstationen und deren Umfeld zu multimodalen Mobilitätsknoten. Um die erhöhten Fördersätze in Anspruch nehmen zu können, müssen dabei mindestens sechs der folgenden Bausteine realisiert werden, was nach heutigem Stand auch vorgesehen ist:

- verknüpfende Bushaltestellen (in Planung, Programmaufnahme liegt vor)

- P+R-Anlagen (in Planung, Programmaufnahme liegt vor)

- B+R-Anlagen oder Fahrradparkhäuser (in Planung, Programmaufnahme liegt vor)

- Stellplätze mit Elektroladesäule (in Planung)

- Stellplätze für Car-Sharing-Fahrzeuge (in Planung)

- Taxistellplätze (vorhanden)

- Fahrgastinformationssysteme/-anzeiger (in Planung)

- Mobilitätszentralen, (möglich)

- öffentliche Toiletten, auch in Verbindung mit geschlossenen und beheizten Wartemöglichkeiten. (in Planung)

Vor diesem Hintergrund wurden nun erneut Gespräche mit der NVBW, dem Verkehrsministerium und dem Regierungspräsidium gesucht. Ergebnis ist, dass die Realisierung des zweiten Bahnsteigs im Rahmen des Gesamtprojektes inzwischen, u.a. im Hinblick auf mögliche neue Fahrplankonzepte, als äußerst wichtiger Baustein für die Mobilitätswende bewertet wird und das Vorhaben sogar nach derzeitiger Bewertung im Interesse des Landes wäre. Das Verkehrsministerium unterstützt das Vorhaben, weil ein zweiter Bahnsteig die Kapazitätswirkung erhöht, betriebliche Vorteile bringt und etwaige Zugkreuzungen ermöglicht werden, was Verspätungen abbaut bzw. minimiert. Auch im Hinblick auf eine potentielle Stadtbahnverlängerung nach Schwäbisch Hall wird ein zweiter Bahnsteig als dringend erforderlich gesehen. Bei Baumaßnahmen stünde eine dauerhafte alternative Ein- und Ausstiegsmöglichkeit zur Verfügung.

Wie schon die Verwaltung sieht auch das Ministerium die Chance, dass im Rahmen der Maßnahme statt eines provisorischen Bahnsteigs für den Bauablauf gleich direkt ein dauerhafter Bahnsteig gebaut werden könnte, der den Vorteil bietet, als direkter und niveaugleicher Zugang für die Bewohner des neuen Quartiers zu dienen. Es wird zudem davon ausgegangen, dass sich eine derart attraktive Station auf die Verkehrsmittelwahl zugunsten des Umweltverbundes positiv auswirkt.

Abschließende Gespräche sind noch erforderlich, um die notwendige Bestellung durch die NVBW auszulösen.

Mit dem Bahnsteigbau erhöhen sich zwar die Gesamtkosten um ca. 936.790 €, doch die erhöhte Förderung würde den Eigenanteil auf 3.308.607 € begrenzen (Anlage 2, Tabelle 3). Dabei ergeben sich neue Rahmenbedingen bzw. Erfordernisse für den weiteren Prozess:

  1. Zunächst wäre für die Unterführung ein neuer Antrag auf Programmaufnahme in die ÖPNV-Förderung notwendig. Dies bedeutet auch, dass der bisherige Förderantrag RuF zurückgenommen werden muss, was das Risiko birgt, dass die ÖPNV-Programmaufnahme nicht erfolgreich sein könnte.

  2. Für den Bahnsteig ist die Planung und ein weiteres Planfeststellungsverfahren anzustoßen. Da es sich um eine Änderung auf Basis des bereits durchgeführten Verfahrens handelt, wird davon ausgegangen, dass das notwendige Planrecht in etwa eineinhalb Jahren vorliegt.

  3. Für das Fahrradparkhaus wäre ein ähnliches Vorgehen möglich. Allerdings wäre hier lediglich eine Rücknahme des bisherigen Förderantrags und ein Neuantrag auf Programmaufnahme erforderlich. Die neue Förderquote läge dann bei 2250 €/Stellplatz, was eine Gesamtförderung von 294.750 € ergibt. Das Risiko einer nicht erfolgreichen Programmaufnahme ist auch hier gegeben.

Mit dieser Vorgehensweise läge die Eigenbelastung für das Gesamtprojekt trotz des zusätzlichen Aufwands für den Bahnsteig 2 bei insgesamt 4.663.967 € (Anlage 2, Tabelle 3). Weiterer Vorteil wäre, dass bei einer Kostensteigerung, von der leider aufgrund der aktuellen Baupreisentwicklung auszugehen ist, die 20%-Mehrkostenförderung noch greift.

Neben dem Risiko der Nichtaufnahme ist zu bedenken, dass sich die erneuten Antragsverfahren auch auf die zeitliche Umsetzung auswirken, so dass davon auszugehen ist, dass eine Ausschreibung erst Ende 2024, der Baubeginn 2025 und das Bauende im Herbst 2027 erfolgt. Weiter sind die gestiegenen Kosten in der mittelfristigen Haushaltsplanung vorzusehen.

Um die Planungen voranzutreiben, sind neben den oben aufgeführten Anträgen auch die einzelnen Projekte in die Ausführungsplanung zu überführen. Aufgrund des Investitionsvolumens ist hierfür ein entsprechendes VgV-Verfahren vorzuschalten.

Finanzierung im Haushalt

Zur Finanzierung der Maßnahme ergäbe sich nach heutigem Kenntnisstand folgende Mittelbereitstellung in den kommenden Doppelhaushalten:

Unterführung mit Bahnsteig:

Jahr:

Ausgaben:

Einnahmen:

2022

250.000 € Planungskosten

 

2023

200.000 € Planungskosten

 

2024

3.000.000 € Baukosten

 

2025

3.000.000 € Baukosten

3.000.000 € Förderung LGVFG

2026

3.000.000 € Baukosten

3.000.000 € Förderung LGVFG

2027

1.000.000 € Baukosten

1.000.000 € Förderung LGVFG

 

Fahrradparkhaus:

Jahr:

Ausgaben:

Einnahmen:

2022

100.000 € Planungskosten

 

2023

100.000 € Baukosten

 

2024

500.000 € Baukosten

 

2025

500.000 € Baukosten

 

2026

500.000 € Baukosten

300.000 € Förderung LGVFG

 

Bau- und Planungsrecht

Der Bebauungsplan Bahnhofsareal-Unterführung ist seit dem 26.06.2020 rechtskräftig und stellt einen Teil der erforderlichen Rechtsgrundlage für den Bau der Unterführung mit Bahnhofsentrée und Fahrradparkhaus dar.

Ein weiterer Baustein ist das seit Oktober 2019 laufende Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahren beim Eisenbahnbundesamt (EBA), das neben dem Unterführungsbauwerk (DB-Bezeichnung „Eisenbahnüberführung“ - EÜ) im Bereich des Bahngeländes auch die von der Deutschen Bahn Netze AG vorgesehene Neuverlegung des Bahngleises 2 (DB-Bezeichnung 302) zum Inhalt hat. Vor allem für die Gleisverlegung erfolgten im Rahmen des Verfahrens umfangreiche Nacharbeiten, die u.a. zu zeitlichen Verzögerungen führten. Weitere Forderungen des EBA's werden derzeit abgearbeitet, so dass nun die Aussicht besteht, Anfang 2022 für das Gesamtprojekt Planrecht zu erhalten.

Wie oben erwähnt, ist für den zusätzlichen Bahnsteig ein weiteres eisenbahnrechtliches Genehmigungsverfahren anzustoßen.

Fazit

Abschließend kommt die Verwaltung zu dem Entschluss, die aufgezeigte Vorgehensweise weiter zu verfolgen, da in der Abwägung die Vorteile überwiegen.

Anlagen:
Anlage 1: Lageplan Unterführung mit Bahnhofsentrée, Fahrradparkhaus und Bahnsteig
Anlage 2: Kostenübersicht
Anlage 3: Plan

Beschluss:

  1. Der Gemeinderat hält grundsätzlich an den Planungen zur Unterführung mit Bahnhofsentrée und Fahrradparkhaus fest.
  2. Der Aufnahme des zweiten Bahnsteiges in die Planung und der weiteren Vorgehensweise wird zugestimmt.
  3. Auf die Antragstellung im Programm LGVFG-RuF für die Unterführung mit Bahnhofsentree wird verzichtet.
  4. Für die Unterführung mit Bahnhofsentrée und zweitem Bahnsteig ist eine Aufnahme in das Programm LGFVG-ÖPNV zu beantragen mit dem Ziel einer Förderung von 75% der zuwendungsfähigen Kosten.
  5. Die zusätzlich notwendigen Mittel werden entsprechend der Darstellung in die mittelfristige Haushaltsplanung aufgenommen.
  6. Die Verwaltung wird mit der Durchführung der weiteren Schritte beauftragt.

        (29 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme, 1 Enthaltung)

       

Meine Werkzeuge