TOP 2 - Elektrifizierung der Hohenlohebahn; hier: Kostenübernahme für die standardisierte Bewertung, Bereitstellung außerplanmäßiger Mittel (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sitzungsvorlagen-Nummer: 319/23

Sachvortrag:

Auf die Sitzungsvorlagen der Landkreisverwaltung für die Kreistage am 28.03.2023 (Anlage 1) und am 25.07.2023 (Anlage 2) sowie die Machbarkeitsstudie "Elektrifizierung der Hohenlohebahn und Reaktivierung der Kochertalbahn" vom März 2023 (Anlage 3) wird verwiesen.

Auf deren Grundlage hat der Kreistag des Landkreises Schwäbisch Hall am 25.07.2023 beschlossen, gemeinsam mit dem Hohenlohekreis eine sogenannte standardisierte Bewertung zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn mit den dazu notwendigen Planungsleistungen auszuschreiben.

Machbarkeitsstudie und standardisierte Bewertung

Die Landkreise Hohenlohe und Schwäbisch Hall haben eine Machbarkeitsstudie zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn und zur Reaktivierung der Kochertalbahn erstellen lassen mit finanzieller Unterstützung durch das Land Baden-Württemberg. Das Ergebnis ist für beide Strecken positiv ausgefallen. Als nächster Schritt muss eine sogenannte standardisierte Bewertung für beide Bahnstrecken erstellt werden. Dies ist Grundlage für eine Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG).

Mit Blick auf die Hohenlohebahn liegt die Verantwortung hier eigentlich bei der Deutschen Bahn AG bzw. dem Land Baden-Württemberg als Aufgabenträger des Schienenpersonen­nahverkehrs. Das Land sieht sich derzeit nicht in der Lage, die Bewertung, die deutlich aufwendiger und damit teurer ist als eine Machbarkeitsstudie, mangels Förderregelungen finanziell zu unterstützten. Nach einer ersten Einschätzung dürften die Kosten einer solcher Bewertung bei rund 2,1 Millionen € liegen. Gemeinsam haben sich daher die beiden Landräte an Landesverkehrsminister Hermann gewendet. Die Stadt Schwäbisch Hall und die Gemeinde Untermünkheim unterstützen die Initiative der Landräte.

Um den Prozess aber nicht weiter zu verzögern, haben die beiden Landkreise sich geeinigt, im Rahmen einer Vorleistung jeweils die Hälfte der Kosten der Studie zu übernehmen, wobei die Hälfte des jeweiligen Anteils die Anliegerkommunen übernehmen sollen. Somit soll je Kreis ein Viertel der Kosten übernommen werden. Eine entsprechende Beschlusslage wurde in den jeweiligen Kreistagen erwirkt.

Ende September fand ein Gespräch zwischen Vertretern des Landkreises, der Gemeinde Untermünkheim und der Stadt Schwäbisch Hall statt im Hinblick auf die Kostenteilung der Studie. Hier wurde von Seiten des Landkreises vorgeschlagen die Kosten der beiden Anliegerkommunen auf den Streckenanteil aufzuteilen. Das bedeutet einen Kostenanteil für die Stadt von 81% und damit ca. 445.500 €. Nach einer erfolgreichen europaweiten Ausschreibung der Planungsleistungen ist von einer Bearbeitungsdauer von bis zu drei Jahren auszugehen.

Mehrwert für die Anliegerkommunen

Im Rahmen einer Elektrifizierung soll in der Gemeinde Untermünkheim ein neuer Haltepunkt Kupfer/Neu-Kupfer entstehen. Damit würde diese Gemeinde erstmals einen Gleisanschluss erhalten. Die Stadt Schwäbisch Hall profitiert im Hinblick auf Haltepunkte nur mittelbar, indem in Zukunft perspektivisch ein zusätzlicher Halt in Gailenkirchen oder im Solpark möglich wäre.

Allgemeine Vorteile der Elektrifizierung sind:
- Möglichkeit der Angebotsverbesserung (bei entsprechender Bestellung des Landes)
- Möglichkeit von Durchbindungen z. B. Nürnberg – Schwäbisch Hall – Heilbronn – Mannheim
- bessere Einbindung in die Taktknoten Heilbronn und Schwäbisch Hall-Hessental
- Möglichkeit der Verlängerung der Stadtbahn bis Schwäbisch Hall-Hessental
- Nutzung moderner spurtstarker Fahrzeuge möglich

Nachteile:
- etwas längere Fahrzeit nach Schwäbisch Hall-Hessental bei Realisierung der zusätzlichen Haltepunkte
- Möglichkeit der Angebotsverschlechterung durch wechselnde Bedienung des Haltepunkte Schwäbisch Hall-Hessental durch Regionalexpress und S-Bahn (bisher stündliche Verbindung Regionalexpress)

Haltepunkt Gailenkirchen und Anbindung Solpark

Die Machbarkeitsstudie kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem zukünftigen S-Bahn Betrieb die Anbindung von Gailenkirchen möglich wäre. Für die ebenfalls untersuchte S-Bahn-Verlängerung in den Solpark über die Trasse des ehemaligen Anschlussgleises kommt die Studie zu folgenden Erkenntnissen:

Für eine Anbindung des Solparks wäre entweder ein zusätzlicher Fahrzeugumlauf oder der Entfall eines Haltes auf der Hohenlohebahn, in diesem Fall Gailenkirchen, erforderlich.

Für eine Verlängerung in den Solpark rechnet die Studie mit zusätzlichen Bau- und Planungskosten von ca. 32 Mio. € netto. Diese wären singulär betrachtet nicht förderfähig, allenfalls im Rahmen einer Gesamtmaßnahme Elektrifizierung plus Stadtbahnverlängerung gesamtwirtschaftlich positiv und damit grundsätzlich förderfähig.

Im Querschnitt Hessental-Solpark werden ca. 200 Fahrgäste pro Tag und für die S-Bahn-Verlängerung ca. 100 zusätzliche Fahrgäste pro Tag prognostiziert. Diese Nachfragewerte würden bedeuten, dass die Stadt die Bestellung und die für den Abschnitt Hessental-Solpark prognostizierten jährlichen Betriebskosten von ca. 1,056 Mio. € vollumfänglich alleine zu tragen hätte, denn grundsätzlich gelten für die Bestellung und Übernahme von Betriebskosten durch das Land bei zukünftigen Reaktivierungsstrecken: 100% Land bei >750 Fahrgästen/Tag, 60% Land und 40% Kommune bei 500-750 Fahrgästen/Tag sowie keine Landesbeteiligung bei <500 Fahrgästen/Tag.

Aus den zuvor genannten Gründen empfiehlt die Studie, eine Verlängerung der S-Bahn-Linie S4 in den Solpark nicht weiterzuverfolgen. Die Verwaltung schließt sich dieser Empfehlung an, auch weil außer den prognostizierten jährlichen Betriebskosten auch die Kosten für die jetzt zu beauftragende standardisierte Bewertung für den Abschnitt Hessental-Solpark von der Stadt alleine aufzubringen wären. Nach grober Schätzung des Gutachters ist von ca. 500.000 € auszugehen.

Ein Vertreter des Büro TTK wird die Machbarkeitsstudie und die Planfälle im Hinblick auf die direkten Auswirkungen auf das Stadtgebiet vorstellen.

Kosten und Finanzierung

Aktuell geht die Studie davon aus, dass eine Finanzierung der Elektrifizierung der Hohen­lohebahn über das Gemeindefinanzierungsgesetz GVFG erfolgt mit einem verbleibenden kommunalen Eigenanteil von ca. 11 Mio € (Stand 2021) an den zuwendungsfähigen Kosten (Anlage 3, S.132/133). Sollte es bei dieser Finanzierung bleiben, sind weitere Kostenbeteiligungen der Gemeinden zu erwarten.

Für eine Kostenbeteiligung an der standardisierten Bewertung zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn stehen im Haushalt 2023/2024 keine Mittel zur Verfügung. Um eine Beauftragung durch alle beteiligten Partner - beide Landkreise und die anliegenden Kommunen - nicht zu verzögern, sollen diese außerplanmäßig zur Verfügung gestellt werden.

Außerplanmäßige Mittelbereitstellungen sind gem. § 84 GemO nur zulässig, wenn ein dringendes Bedürfnis besteht und die Finanzierung gewährleistet ist oder wenn sie unabweisbar sind. Mit der Elektrifizierung der Hohenlohebahn kann ein dringendes Bedürfnis zur Verbesserung der ÖPNV-Angebote befriedigt werden. Einen wesentlichen Meilenstein auf dem Weg dahin stellt die standardisierte Bewertung für die Elektrifizierung der Hohenlohebahn dar. Die Finanzierung der angestrebten Kostenbeteiligung der Stadt kann aus Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer gedeckt werden.

Anlagen:
Anlage 1: Landkreis Schwäbisch Hall, Drucksache 2023/022
Anlage 2: Landkreis Schwäbisch Hall, Drucksache 2023/070/1
Anlage 3: Elektrifizierung der Hohenlohebahn und Reaktivierung der Kochertalbahn, Machbarkeitsstudie, TTK GmbH Karlsruhe, März 2023
Anlage 4: Präsentation Machbarkeitsstudie zur Elektrifizierung der Hohenlohebahn und zur Reaktivierung der Kochertalbahn

Beschlussfassung:

1. Der Gemeinderat spricht sich für eine Beteiligung an der standardisierten Bewertung für die Elektrifizierung der Hohenlohebahn in Höhe von voraussichtlich 450.000 € aus. Die hierfür erforderlichen Mittel werden außerplanmäßig
    bereitgestellt. Die Deckung erfolgt aus den Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer.

2. In der Abwägung spricht er sich für einen perspektivischen Haltepunkt Gailenkirchen zu Gunsten eines Haltepunkts Solpark aus.

    Korrektur des Beschlussantrags gemäß Beschlussfassung im Bau- und Planungsausschuss am 27.11.2023:
    In der Abwägung spricht er sich für einen perspektivischen Haltepunkt Gailenkirchen zu Ungusten eines Haltepunkts Solpark aus.

3. Auf eine standardisierte Bewertung für den Abschnitt Hessental-Solpark wird verzichtet.

(19 Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen)

 

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