§ 147 - Erschließung neuer Baugebiete in Schwäbisch Hall unter dem Gesichtspunkt der optimalen Ausnutzung von Sonnenenergie; - Antrag der Gruppe Bündnis 90/ Die Grünen vom 20.03.2001 - (öffentlich)
Sachvortrag:
Stadträtin Herrmann bittet, diesen Punkt von der heutigen Tagesordnung abzusetzen, da die Antwort auf den Antrag erst aufgelegt wurde und deshalb noch nicht darüber diskutiert werden kann.
Bürgermeister Stadel ist der Auffassung, dass die ausführliche Antwort der Verwaltung den Anregungen weitgehend entgegenkommt und hält es deshalb nicht für erforderlich, diesen Punkt nochmals auf die Tagesordnung zu setzen, da hierzu ohnehin kein Beschluss gefasst werden kann bzw. muss.
Antwort der Verwaltung
Sehr geehrte Frau Herrmann,
zunächst einmal bitte ich um Verständnis dafür, dass Ihr Antrag vom März dieses Jahres erst zum jetzigen Zeitpunkt beantwortet wird. Die Verwaltung hatte die Absicht, diese Diskussion mit einem aktuellen städtebaulichen Entwurf zu begleiten. Da vom Baudezernat ohnehin bereits ein Siedlungsbereich in Bearbeitung war, der sich in vollem Umfang an den Erfordernissen der Solarisierung orientiert, sollte dieses wichtige Thema nicht vorab und abgelöst vom praktischen Beispiel behandelt werden.
In der Zwischenzeit hat die Verwaltung den westlich des Solparks vorgelagerten Siedlungsteil nochmals mit dem Ziel überarbeitet, hier ein Quartier zu entwickeln, welches sich an der Zielsetzung einer maximalen Solarisierung orientiert. Die Berücksichtigung dieses Grundsatzes bei der Planung als wichtigster Einzelaspekt hat nunmehr zum Ergebnis, dass alle Gebäude in gleichmäßigen Abständen zueinander, parallel angeordnet und geradlinig orientiert sind. Dies führt zu einem sehr einförmigen und überschaubaren Siedlungsbild, welches aber fast schon als monoton bezeichnet werden kann.
An der überplanten Stelle ist dieses Entwurfsergebnis aus städtebaulicher Sicht aber sehr gut zu vertreten, da die Grundlagen für die absolut orthogonale Ausrichtung im angrenzenden Solpark teilweise ihre Fortsetzung findet, die Siedlungseinheit nur eine begrenzte Größe erhalten wird und auch nicht auf eine spätere Erweiterung ausgelegt werden muss. Das Siedlungsbild zeigt aber auch, dass eine in dieser Form solaroptimierte Siedlung nicht an allen Stellen unseres Stadtgefüges entstehen kann. Die zukünftige Entwicklung unserer Neubaugebiete sollte nicht mit dieser überdeutlichen Konsequenz erfolgen.
Wie bereits dargelegt, weist der überplante Siedlungsteil nunmehr die idealtypischen Voraussetzungen für eine solarorientierte Siedlung auf. Dieser Entwurf ist für die Stadt Schwäbisch Hall aber eher als Einzelfall zu bezeichnen, da die hier angewandten Grundprinzipien nicht auf alle anderen Planungsfälle übertragbar sind.
Das weitere Planungsgeschehen der Stadt wird in hohem Umfang Rücksicht auf das Thema Solarisierung nehmen, jedoch wird man in einigen Fällen auch geringe Abweichungen von den idealen Himmelsrichtungen in Kauf nehmen müssen. Wie im Gemeinderat bereits mehrfach erläutert, bedeuten diese Abweichungen jedoch keine erheblichen Einbußen im Hinblick auf die Effizienz der Solaranlagen. Dieses geht zweifelsfrei auch aus der Fachliteratur hervor. Die in Ihrem Antrag zitierte Broschüre des Landesgewerbeamtes spricht sich ebenfalls dafür aus, dass (...) „die Planungskriterien nicht rein ertragsorientiert sein sollten“.
Gemäß dieser Planungshilfe ist selbst bei einer Abweichung von 45° (!) von der optimalen Südausrichtung bei Photovoltaik-Modulen nur eine Ertragseinbuße von 5 % zu erwarten, sofern die Neigung der Module zur Horizontalen etwa 35° beträgt. Andere Publikationen sprechen von nennenswerten Verlusten ab ca. 30° Südabweichung.
In der genannten Broschüre wird als Folgerung ausgeführt, dass dem Planer grundsätzlich ein großer Spielraum beim Siedlungsentwurf verbleiben sollte. Auch die „Solar-energetische Stadtplanungsfibel“ des Landes Baden-Württemberg spricht sich eindeutig nicht für eine Übergewichtung des Einzelaspektes Solarenergienutzung aus: „Die solare Optimierung von Bauleitplänen ist ein wichtiger Belang unter den bei der städtebaulichen Planung zu berücksichtigenden Belangen. Dabei hat jedoch kein Belang Vorrang vor den anderen.“
Aus der Sicht der Verwaltung ist es viel entscheidender, eine möglichst hohe Anzahl der Bewohner für die verstärkte Nutzung der Solarenergie zugewinnen. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz wurde hierzu auch bereits ein wichtiger Beitrag geleistet: die von Photovoltaikanlagen in das Netz der Energieversorger eingespeiste Energie wird nunmehr mit 99 Pfennig je Kilowattstunde vergütet - und zwar für einen Zeitraum über 20 Jahre hinweg. Damit ist die Basis für einen wirtschaftlichen Betrieb gelegt worden. Darüber hinaus wird durch die öffentliche Förderung beim Bau der Solaranlagen eine weitere sinnvolle Unterstützung gewährt. Dieses erfolgt über das sogenannte 100.000-Dächer-Programm der Bundesregierung, welches zinsvergünstigte Darlehen für den Bau der privaten Solaranlagen zur Verfügung stellt.
Trotzdem scheinen diese Anreize nach wie vor nicht auszureichen, um im privaten Bereich eine Solarisierungswelle auszulösen. Die Anzahl derjenigen Bauherren, die scheinbar nur aus ideellen Beweggründen eine Photovoltaikanlage betreiben, ist nach wie vor verschwindend gering. Immer noch scheinen sich die private Bauherren zu fragen, ob in diese Technik mit vergleichsweise geringen Renditeerwartungen investiert werden sollte. Dieses wiederum bedeutet, dass weiterhin eine intensive Aufklärungsarbeit, die ggf. auch durch weitere lokale Anreize aktiv unterstützt werden sollte, zu leisten ist.
Anreize dieser Art wären z.B. die gezielte kommunale Förderung von Solaranlagen, vorzugsweise in besonders dafür geeigneten Gebieten, wie beispielsweise das in Planung befindliche Baugebiet „Sonnenrain“. Es ist weiterhin zu überlegen, ob für abgegrenzte Teilbereiche auch über die Grundstücksvergabepolitik der Stadt aktiv in den Prozess der notwendigen weiteren Verbreitung der Solartechnologie eingegriffen werden sollte.
Von diesen Bemühungen abgesehen wird die Verwaltung zukünftig auch Konzeptionen für Siedlungsflächen entwickeln, die nicht am Netz einer Nahwärmeversorgung angeschlossen sind bzw. nicht angeschlossen werden können. Hier gibt es zwischenzeitlich eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie beispielsweise unterirdische, solargespeiste Wärmespeicher und ähnliches. Auch diese innovativen Energieversorgungskonzeptionen bedürfen der Unterstützung der Solarisierung, so dass diesem Thema in jedem Fall ein hoher Stellenwert zukommen wird. Die entsprechende Berücksichtigung im jeweiligen städtebaulichen Entwurf wird auf jeden Fall gewährleistet, die Frage der Umsetzung ist mit Bauträgern und / oder den Stadtwerken zu klären.
Die Berücksichtigung dieser Planungsideen bedarf jedoch keiner kategorischen Festlegung auf eine maximale Abweichung der Ausrichtung der Gebäude auf 25° aus der Ost-West-Richtung. Der städtebauliche Entwurf muss sich neben der Solarisierung auch zukünftig an den weiteren Rahmenbedingungen und örtlichen Vorgaben wie Erschließung, technische Infrastruktur, Topografie und Einpassung in das Landschaftsbild orientieren. Diese Rahmenbedingungen verlangen eine Flexibilität, die nicht durch eine zu einseitige Sichtweise eingeschränkt werden sollte. Das Diktat nur eines bei der Planung zu berücksichtigenden Belanges wird der komplexen Aufgabe der Siedlungsplanung nicht gerecht.
Die übrigen Anregungen in der Begründung Ihres Antrages im Hinblick auf die Abstandsflächen der Gebäude untereinander bzw. die Erschließung von Reihenhauszeilen finden ohnehin in den jeweiligen städtebaulichen Entwürfen ihre Berücksichtigung, bzw. sind bereits seit Jahren berücksichtigt worden, sofern nicht andere grundsätzliche Rahmenbedingungen entgegenstehen.
Nach Auffassung der Verwaltung besteht in dieser Frage ein weitgehender Konsens zwischen Gemeinderat und Verwaltung. Dieses schließt jedoch nicht aus, dass im Einzelfall bedingt durch Erschließungsformen, das eine oder andere Gebäude nicht den idealtypischen Voraussetzungen entsprechen kann. Auch in diesen Fällen können aber im Rahmen der konkreten Bauplanung auf Wunsch zweifelsohne Möglichkeiten für eine effiziente Solarisierung nachgewiesen werden. Prinzipiell ist der Weg für eine zukunftsorientierte Siedlungsplanung in Schwäbisch Hall bereits eingeschlagen.