§ 98 - Vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 1211-03, „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“; hier: Entwurfs- und Aufstellungsbeschluss (öffentlich)
Sachvortrag:
Am 06.02.2020 (§ 16, öffentlich) hat der Gemeinderat die Planungsermächtigung für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 1211-03 „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“ beschlossen. Demnach planen die Stadtwerke Schwäbisch Hall auf dem privaten Flurstück 1993, auf der Gemarkung Gailenkirchen, mit dem Einvernehmen des Eigentümers, auf einer Fläche von ca. 4,7 ha eine Freiflächen-Photovoltaikanlage.
Der Ortschaftsrat Gailenkirchen hat in seiner Sitzung vom 30.01.2020 der Planungsermächtigung nicht zugestimmt, da es zunächst einen grundsätzlichen Diskurs darüber geben sollte, wo auf der Gemarkung Schwäbisch Hall Freiflächen-Photovoltaikanlagen gewünscht seien. Die Verwaltung bereitet zu diesem Grundsatzthema aktuell eine entsprechende Vorlage vor.
1. Anlass der Planung
Anlass für die Aufstellung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“ sowie die Aufstellung der örtlichen Bauvorschriften, ist ein konkretes Bauvorhaben zur Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage auf dem Flurstück 1993 (vollständig) der Gemarkung Gailenkirchen. Das Plangebiet mit einer Gesamtgröße von ca. 4,7 ha liegt nördlich der Bahnlinie Heilbronn - Schwäbisch Hall und besteht aus Ackerflächen.
Die Stromerzeugung durch Photovoltaik ist ein wesentlicher Baustein, um die Energiewende umzusetzen und die im Klimaschutzgesetz Baden-Württemberg verankerten Ziele zu erreichen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sah bislang für Solarparks im Wesentlichen Konversionsflächen und Seitenrandstreifen entlang von Autobahnen und Schienenwegen vor. Mit der Verabschiedung der Freiflächenöffnungsverordnung - FFÖ-VO am 7. März 2017 hat das Land Baden-Württemberg von einer Länderöffnungsklausel der EEG-Novelle 2017 Gebrauch gemacht und damit die Flächenkulisse für Solarparks um sogenannte „benachteiligte Gebiete“ auf Acker- und Grünlandflächen erweitert. Das oben genannte Grundstück befindet sich im benachteiligten Gebiet.
Vor dem Hintergrund des tiefgreifenden Strukturwandels in der Landwirtschaft hat der Vorhabenträger bereits 2009 mit dem Bau einer Biogasanlage den landwirtschaftlichen Betrieb auf ein breiteres, energiewirtschaftliches Fundament gestellt. Mit einer Freiflächen-Photovoltaikanlage, auf den eigenen landwirtschaftlich genutzten Flächen, soll das Engagement im Bereich erneuerbare Energie weiter an Bedeutung gewinnen.
Das Erneuerbare Energien Gesetz 2017 (EEG) regelt die Vergütung von Strom aus solarer Strahlungsenergie. Dort wird erstmals den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, die Flächenkulisse für die Errichtung von Solaranlagen um Acker- und Grünlandflächen zu erweitern. In Baden-Württemberg wurden dazu entsprechende Gebiete definiert. Der Energieatlas Baden-Württemberg bestätigt diese Eigenschaft der Fläche im Geltungsbereich als sogenanntes "benachteiligtes Gebiet". Das Vorhaben trägt dazu bei, die durch Bundes- und Landesregierung vorgegebenen Ziele einer deutlichen Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien zu erreichen. Das Land Baden-Württemberg hat sich dabei das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2050 den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung auf 80% zu steigern.
2. Ziele und Zwecke der Planung
Mit der Bebauungsplanaufstellung sowie den zugeordneten örtlichen Bauvorschriften sollen vor dem o. g. Hintergrund die planungsrechtlichen Voraussetzungen und Rechtsgrundlagen für eine Nutzung als sonstiges Sondergebiet nach § 11 BauNVO zur Erzeugung elektrischer Energie geschaffen werden. Der Bebauungsplan sowie die örtlichen Bauvorschriften sollen u.a. eine entsprechende städtebauliche Gestaltung für das geplante Sondergebiet erbringen.
3. Umweltprüfung und -bericht mit Eingriffs- und Ausgleichsregelung / spezielle artenschutzrechtliche Prüfung:
Gemäß § 2 Abs. 4 BauGB ist bei der Aufstellung von Bauleitplänen für die Belange des Umweltschutzes eine Umweltprüfung durchzuführen, in der die voraussichtlichen und erheblichen Umweltauswirkungen in einem Umweltbericht beschrieben und bewertet werden müssen. Für den Bebauungsplan „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“ ist ein Umweltbericht in geeignetem Umfang notwendig. Eine Ausnahme nach § 13 BauGB liegt nicht vor. Der Umweltbericht gemäß § 2a BauGB ist Teil der Begründung und der öffentlichen Auslegung. Zusätzlich wird eine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP) angefertigt, sie liegt ebenfalls öffentlich mit aus.
4. Vorbereitende Bauleitplanung
Der räumliche Geltungsbereich des Bebauungsplans „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“ ist in der rechtskräftigen 7D Fortschreibung des Flächennutzungsplanes als landwirtschaftliche Fläche dargestellt. Der vorliegende Bebauungsplan ist somit im Parallelverfahren nach § 8 Abs. 3 BauGB aufgestellt. Der Flächennutzungsplan ist im Parallelverfahren anzupassen.
Bei einem gemeinsamen Termin mit dem Regionalverband Heilbronn-Franken am 18.06.2020 wurde die Verwaltung darüber informiert, dass eine plausible Alternativenprüfung auf sämtlichen Flächen des landwirtschaftlichen Betriebes durchgeführt werden muss. Die Prüfung erfolgt derzeit durch das beauftragte Planungsbüro. Das Ergebnis wird als Tischvorlage aufgelegt.
Außerdem ist ein Wechsel des Vorhabenträgers notwendig. Darüber wird in einer eigenen Sitzungsvorlage informiert.
Der Ortschaftsrat Gailenkirchen hat diese Sitzungsvorlage am 02.07.2020 vorberaten und mehrheitlich zugestimmt.
Anlagen:
Anlage 1: Übersichtsplan
Anlage 2: Bebauungsplan Nr. 1211-03 Zeichnerischer Teil im Maßstab 1:1000, Stand 18.06.2020, (Klärle GmbH, Weikersheim)
Anlage 3: Bebauungsplan Nr. 1211-03 Begründung, Stand 18.06.2020 (Klärle GmbH, Weikersheim)
Anlage 4: Bebauungsplan Nr. 1211-03 Textteil, Stand 18.06.2020 (Klärle GmbH, Weikersheim))
Anlage 5: Bebauungsplan Nr. 1211-03 Örtliche Bauvorschriften, Stand 18.06.2020 (Klärle GmbH, Weikersheim)
Anlage 6: Bebauungsplan Nr. 1211-03 spezielle artenschutzrechtliche Prüfung (saP), Stand 18.06.2020 (Klärle GmbH, Weikersheim)
Oberbürgermeister Pelgrim teilt das Abstimmungsergebnis aus der Sitzung des Ortschaftsrates mit: 3 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 3 Enthaltungen.
Abteilungsleiter Stadtplanung Mathieu merkt an, dass zur Sitzung des Gemeinderats am 22.07.2020 das Ergebnis über die Alternativenprüfung auf den Flächen des landwirtschaftlichen Betriebes vorgelegt werde.
Oberbürgermeister Pelgrim stellt fest, dass kein weiterer Beratungsbedarf besteht und stellt den Beschlussantrag zur Abstimmung.
Beschluss:
1. Parallelverfahren des Flächennutzungsplanes
In der rechtsgültigen 7D Fortschreibung des Flächennutzungsplanes befindet sich das Plangebiet im Außenbereich. Im Zuge des Bebauungsplanverfahrens soll das Plangebiet als sonstiges Sondergebiet nach § 11 BauNVO zur Erzeugung elektrischer Energie ausgewiesen werden. Der Flächennutzungsplan ist im Parallelverfahren anzupassen.
2. Entwurfs- und Aufstellungsbeschluss:
A) Bebauungsplan Nr. 1211-03 „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“:
Der Bebauungsplan Nr. 1211-03 „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“ wird gemäß § 1 Abs. 3 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 BauGB im Entwurf aufgestellt. Maßgebend ist der Lageplan vom 18.06.2020 vom Büro Klärle GmbH, Weikersheim, M 1:1000 mit Legende und gleich lautend datiertem Textteil. Die Verwaltung wird zusammen mit dem beauftragten Büro mit der Durchführung des weiteren Verfahrens (Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange) beauftragt.
B) Örtliche Bauvorschriften für das Baugebiet „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“:
Die örtlichen Bauvorschriften für das Baugebiet „Freiflächen-Photovoltaikanlage Hintere Teile Gailenkirchen“ werden gemäß § 1 Abs. 3, § 2 Abs. 1 und § 12 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 74 Abs. 1 LBO in der dargestellten Fassung im Entwurf aufgestellt. Maßgebend ist der Textteil vom Büro Klärle GmbH, Weikersheim, vom 18.06.2020. Der Geltungsbereich ist identisch mit dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 1211-03. Die Verwaltung wird zusammen mit dem beauftragten Büro mit der Durchführung des weiteren Verfahrens (Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und der sonstigen Träger öffentlicher Belange) beauftragt.
Bebauungsplan und Örtlichen Bauvorschriften ist eine gleich lautend datierte Begründung beigefügt.
(11 Ja-Stimmen, 5 Enthaltungen - Stadtrat Reber wegen Befangenheit abgetreten)
- Stadtrat Reber nimmt wieder seinen Platz am Ratstisch ein -