§ 159 - Einführung einer Bürgerfragestunde und Bürgeranhörung gemäß § 33 Abs. 4 GemO; - Gemeinsamer Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 25.03.14 bzw. Antrag der CDU-Fraktion vom 03.07.14 -; hier: Änderung der Geschäftsordnung des Gemeinderats (öffentlich)
Sachvortrag:
Antrag der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, siehe GR 04.06.14, § 117/6
Antrag der CDU, siehe Anlage
Die CDU-Fraktion hat mit Antrag vom 03.07.2014, die SPD-Gemeinderatsfraktion und die Gemeinderatsfraktion Bündnis 90/Die Grünen haben mit einem gemeinsamen Antrag vom 25.03.2014 den Antrag gestellt, am Beginn jeder öffentlichen Gemeinderatssitzung eine Bürgerfragestunde einzurichten. Die CDU-Fraktion hat zusätzlich noch die Einführung einer Bürgeranhörung beantragt.
Gemäß § 33 Abs. 4 der GO kann der Gemeinderat bei öffentlichen Sitzungen Einwohnerinnen und Einwohnern und den ihnen gleichgestellten Personen und Personenvereinigungen nach § 10 Abs. 3 und 4 GO die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten (Fragestunde). Zu den Fragen nimmt die/der Vorsitzende Stellung. Aus dem Gesetzestext ergibt sich die Zuständigkeit des Gemeinderats für die Anberaumung einer Fragestunde und somit auch seine Regelungshoheit z. B. im Rahmen der Geschäftsordnung. Eine Fragestunde ist naturgemäß nur bei öffentlichen Sitzungen möglich. Es ist zu beachten, dass die Fragen nur Gemeindeangelegenheiten zum Gegenstand haben dürfen. Insbesondere ist das Aufgreifen von bundes- und landespolitischen Angelegenheiten nicht zulässig und muss von der/vom Vorsitzenden auch unterbunden werden. Im Regelfall müssen die Anfragen konkrete Gemeindeangelegenheiten zum Inhalt haben und dürfen nicht zur Darstellung von allgemeinen politischen Grundsatzfragen genutzt werden. Wie schon dem Begriff Fragestunde zu entnehmen ist, geht es hier ausschließlich um die Beantwortung von Fragen, durch die/den Vorsitzende/n oder eine Entgegennahme von Anregungen und Vorschlägen, aber nicht um eine Diskussion mit dem Gemeinderat oder der/dem Vorsitzenden. Die gestellten Fragen werden ausschließlich von der/dem Vorsitzenden beantwortet. Die Art der Antwort, insbesondere die Ausführlichkeit der Begründung, ist Sache der/des Vorsitzenden. Sofern die/der Vorsitzende eine Frage nicht sofort zu beantworten vermag, kann sie/er die Antwort auf die nächste Fragestunde oder die nächste öffentliche Sitzung vertagen oder eine schriftliche Beantwortung zusagen.
Da die Fragestunde ein besonderer Bestandteil der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats ist, muss auf diese bei der Einberufung der Sitzung und der Bekanntgabe gemäß § 34 Abs. 1 Satz 7 GO ausdrücklich hingewiesen werden.
Die Verwaltung schlägt vor, dass die Bürgerfragestunde in der Regel zu Beginn der ersten öffentlichen Gemeinderatssitzung eines Monats stattfindet. Ihre Dauer soll 30 Minuten nicht überschreiten.
Eine einzelne Bürgerin/ein einzelner Bürger sollte je Fragestunde zu nicht mehr als zwei Angelegenheiten Stellung nehmen und Fragen stellen können. Die Redezeit sollte auf maximal 3 Minuten begrenzt werden.
Bei der Anhörung wird betroffenen Personen und Personengruppen die Möglichkeit gegeben, ihre Auffassung in einer Gemeindeangelegenheit vor dem Gemeinderat vorzutragen. Ebenso wie bei der Fragestunde ist der Gemeinderat für die Anberaumung der Anhörung zuständig. Er hat im Einzelfall darüber zu entscheiden, ob die Anhörung für die Meinungsbildung im Gemeinderat gewünscht wird. Die Anhörung sollte sinnvollerweise vor dem Beginn der Beratungen durchgeführt werden. Die Anhörung muss ebenfalls in der Tagesordnung aufgeführt werden. Vortragsberechtigt sind Personen und Personengruppen, die in einer Gemeindeangelegenheit betroffen sind, weil die Entscheidung auf ihre besonderen Interessen unmittelbare Auswirkungen hat. Nur derartige Individualinteressen dürfen Gegenstand der Anhörung sein. Im Gegensatz zur Fragestunde sind Anhörungen auch in den Ausschüssen zulässig.
Dieses Anhörungsrecht ist wie die Fragestunde bereits grundsätzlich in § 33 Abs. 4 GO geregelt. Aus Sicht der Verwaltung ist, im Gegensatz zur Fragestunde, eine abschließende Regelung in der Geschäftsordnung nicht notwendig, da für die Anhörung keine entsprechenden Regularien im Vorfeld aufgestellt werden müssen bzw. sollten. Der Gemeinderat kann jederzeit, unabhängig von einer Regelung in der Geschäftsordnung, eine Bürgeranhörung auf Antrag der Betroffenen genehmigen und könnte diese dann jeweils situationsgerecht, d. h. ohne bestimmte Festlegungen durchführen.
Zur Einführung und regelmäßigen Durchführung einer Fragestunde sollte die Geschäftsordnung des Gemeinderats in der Fassung vom 26. April 2006 durch die Einfügung eines § 25 a Fragestunde der Einwohnerinnen/Einwohner geändert werden.
Die Verwaltung schlägt deshalb zur Umsetzung der Anträge vor, die Geschäftsordnung des Gemeinderats mit Wirkung zum 1. Oktober 2014 wie folgt zu ergänzen:
§ 25 a Fragestunde der Einwohnerinnen/Einwohner
(1) Einwohnerinnen/Einwohner und die ihnen gleichgestellten Personen und Personenvereinigungen nach § 10 Abs. 3 und 4 GO können bei öffentlichen Sitzungen des Gemeinderats Fragen zu Gemeindeangelegenheiten stellen oder Anregungen und Vorschläge unterbreiten (Fragestunde gemäß § 33 Abs. 4 Satz 1 GO).
(2) Grundsätze für die Fragestunde:
a) Die Fragestunde findet in der Regel am Beginn der ersten öffentlichen Gemeinderatssitzung eines Monats statt. Ihre Dauer soll 30 Minuten nicht überschreiben.
b) Jede Frageberechtigte/Jeder Frageberechtigte im Sinne des Absatzes 1 darf in einer Fragestunde zu nicht mehr als zwei Angelegenheiten Stellung nehmen und Fragen stellen. Fragen, Anregungen und Vorschläge müssen kurz gefasst sein und sollen die Dauer von max. 3 Minuten nicht überschreiten.
c) Zu den gestellten Fragen, Anregungen und Vorschlägen nimmt die Vorsitzende/der Vorsitzende Stellung. Kann zu einer Frage nicht sofort Stellung genommen werden, so wird die Antwort in der folgenden Fragestunde oder schriftlich abgegeben. Die/Der Vorsitzende/ kann unter den Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 2 GO von einer Stellungnahme absehen, insbesondere in Personal-, Grundstücks-, Sozialhilfe- und Abgabensachen sowie in Angelegenheiten aus dem Bereich der Sicherheits- und Ordnungsverwaltung.
Oberbürgermeister Pelgrim zählt die bisherigen Instrumente der Bürgerbeteiligung auf:
- Bürgersprechstunde des Oberbürgermeisters
- Bürgersprechstunde der Fraktionen
- Bürgerversammlung zu bestimmten Themen (z. B. Fässlesbrunnen)
Er hält die von der Gemeindeordnung vorgesehene Bürgerfragestunde für ein sehr enges Korsett; es erfolgt keinerlei Diskussion oder Debatte, die Beantwortung der jeweiligen Frage obliegt dem Oberbürgermeister. Eine Anhörung der Bürgerschaft soll es nur zu bestimmten Themen geben; beantragt wird dies durch die jeweiligen Fraktionen des Gemeinderats.
Stadtrat Dr. Graf von Westerholt möchte einen offenen Politikstil mit Dialogbereitschaft. Er möchte jedoch über die Fragestunde hinausgehen und sich die Meinungen der Bürgerschaft zu einem bestimmten Thema anhören. Man muss nun erste Erfahrungen sammeln; die mit diesem offenen Politikstil verbundenen Risiken hält er für gering.
Stadtrat Kaiser nimmt Bezug auf seine Ausführungen zum Haushalt 2014/2015 im Gemeinderat am 18.12.2013, § 277. Bereits damals hat er angeregt, die Bürgerbeteiligung zu verstärken. Er möchte außerdem die Distanz der Bürgerschaft zum Gemeinderat verringern und mit diesem Instrument die Bürgerschaft animieren, sich verstärkt für die Gemeinderatsarbeit zu interessieren. Die SPD steht zur repräsentativen Demokratie und möchte von daher dieses direkte Element der Beteiligung der Bürgerschaft ermöglichen. Die von der CDU-Fraktion geforderte Anhörung hält Stadtrat Kaiser für nicht zielführend; hier stimmt er mit der Verwaltung überein - eine Anhörung muss themenbezogen sein.
Stadträtin Herrmann berichtet, sie habe eine Anregung aus dem Bürgerforum/ Stadtleitbild aufgenommen und zusammen mit der SPD diesen Antrag gestellt. Die Durchführung wird ein lernender Prozess sein; die Erfahrungen müssen abgewartet werden. Sie ist auch offen für eine Anhörung.
Oberbürgermeister Pelgrim konkretisiert: Eine Anhörung soll es nur zu einem konkret genannten Thema geben. Die Bürgerschaft beantragt und der Gemeinderat als Souverän entscheidet mehrheitlich.
Stadtrat Baumann betont, dass seine Fraktion in den Haushaltsberatungen schon einen Schritt weiter war: Sie wollten mit dem Wechsel des Sitzungsorts die Bürgerschaft direkt ansprechen. Dies wäre in seinen Augen erfolgreicher gewesen, als von den Bürgerinnen/ Bürgern zu verlangen, in der Sitzung des Gemeinderats selbst vorzusprechen.
Stadtrat Preisendanz fragt sich, ob im Rahmen des engen Korsetts, das die Gemeindeordnung für eine Fragestunde bietet, von erhöhter Bürgerbeteiligung gesprochen werden kann.
Stadträtin Niemann regt an, im Rahmen der Klausurtagung im Oktober 2014 das Thema Bürgerbeteiligung unter Begleitung eines externen Beraters nochmals zu diskutieren.
Beschluss:
Der Gemeinderat stimmt der oben vorgeschlagenen Einfügung des § 25 a in die Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Schwäbisch Hall mit Wirkung zum 1. Oktober 2014 zu.
(einstimmig - 32 -)