§ 5 - Umgang mit Bettlern und Straßenmusikern (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
Version vom 3. April 2012, 08:33 Uhr von Kitterer (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche

Sachvortrag:

Die Art und Weise wie das Haller Tagblatt in der Vorweihnachtszeit über den Umgang der Stadtverwaltung mit organisierten Bettlern berichtet hat, führte in der Bevölkerung verständlicherweise zu Unverständnis. Fragen wurden laut, warum die Stadtverwaltung und die Polizei gerade in der Vorweihnachtszeit „so schroff“ mit den Bettlern umgeht. HT-Leser haben angerufen, um ihr Missfallen dagegen auszudrücken, dass „den armen Bettlern ihr Geld abgenommen wird“. Als diese im Gespräch über den ganzen Sachverhalt informiert wurden, kamen viele zu einer anderen Beurteilung.

Die Bevölkerung interessiert zu recht, weshalb die Stadtverwaltung organisierte Bettler anders behandelt als nicht organisierte, deren Betteln geduldet wird, solange es nicht besonders aufdringlich ist. Um dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit ein möglichst objektives Bild und ein eigenes Urteil zu ermöglichen, wollen wir Sie gerne umfassend informieren:

Allgemein ist zu beobachten, dass organisierte Bettlergruppen aus der Slowakei bereits seit vielen Jahren mehr oder weniger intensiv versuchen, viel frequentierte öffentliche Straßen und Wege in der Innenstadt zum Betteln in Anspruch zu nehmen. Im beigefügten Bericht des Haller Tagblatts vom 10.02.2005 kommt dies deutlich zum Ausdruck. Am Sachverhalt und der rechtlichen Beurteilung hat sich bis heute nur so viel geändert, dass die Anzahl der Bettlergruppen so erheblich zugenommen hat, dass Stadt und Polizei zu noch konsequenterem Handeln gezwungen waren. Bei Personenkontrollen wurden im November 18 slowakische Bettlerinnen und Bettler festgestellt. Hinzu kommt eine unbekannte Dunkelziffer.

Rechtlich handelt es sich bei dieser Art des Bettelns um eine Straßennutzung, die über den Gemeingebrauch hinausgeht und deshalb nach § 16 Straßengesetz erlaubnispflichtig ist. Da keine Erlaubnis erteilt wurde, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, die nach § 54 Straßengesetz mit einem Bußgeld geahndet wird. Polizeiliche Platzverweise wurden ignoriert. Somit bleibt als nächste Maßnahme nur die Anzeige der damit verbundenen Ordnungswidrigkeit.

Da diese Personen in Deutschland keinen festen Wohnsitz haben und nicht damit zu rechnen ist, dass jemals ein Bußgeld bezahlt wird, kann als Sicherheitsleistung ein vergleichbarer Betrag des eingenommen Geldes eingezogen werden. Auf diese Weise sind im Jahr 2011 von insgesamt sechs Personen zusammen 127,41 € eingezogen worden. Um nicht den geringsten Eindruck einer „Bereicherung zulasten von armen Bettlern“ entstehen zu lassen, beabsichtigt die Verwaltung, diesen Betrag zu verdoppeln und dem Verein Nachbar in Not für Hilfsbedürftige zu übergeben.

Oberbürgermeister Pelgrim hat am 10.01.2012 mit fünf aus der Slowakei stammenden Bettlern ein Gespräch geführt und sich nach ihrer persönlichen Situation erkundigt. Alle kommen schon einige Jahre hierher und nehmen offenbar so viel ein, dass sich der weite Weg lohnt. In anderen Städten seien die Einnahmen geringer.

Nachdem alle die Bereitschaft zur Annahme von Arbeit betonten, sagte OB Pelgrim sein Unterstützung bei der Vermittlung von Arbeit zu, stellte jedoch auch unmissverständlich klar, dass sie zum Betteln keine Erlaubnis erhalten. Lediglich für die Zeit bis 21.01.2012 (der von ihnen beabsichtigten Rückreise) wurde eine Erlaubnis zugesagt. Diese wurde jedoch zu den wiederholt vereinbarten Terminen nicht abgeholt.

Bei der Frage, wie mit diesen organisierten Bettlergruppen umzugehen ist, muss folgendes bedacht werden:

  • Dem Wohlstandsgefälle in Europa kann nicht dadurch entgegengewirkt werden, dass ein derartiger Betteltourismus gefördert wird.
  • Nachhaltige Hilfe im Sinne einer Arbeitsvermittlung lässt sich hier kaum bewirken.

Bei der Stadtverwaltung gingen zudem auch zahlreiche Beschwerden und Hinweise über das Verhalten einzelner Bettlerinnen und Bettler ein:

  • Bettler, denen statt Geld ein Vesperbrot gegeben wurde, haben dies in den Müll geworfen.
  • Eine gespendete Banane wurde dem Spender hinterher geworfen.
  • Bettler wurden in der Spielhalle beim Glücksspiel beobachtet.
  • Außerdem sind einige dieser Personen schon im Zusammenhang mit Straftaten bei der Polizei bekannt.
  • Eine Passantin hat berichtet, sie habe nach einer Sammelerlaubnis gefragt und sei dann verbal angegriffen worden: „Verpiss dich, sonst haue ich dir aufs Maul.“
  • Im vergangenen Jahr wurde über eine Bettlerin berichtet, die einen gebrechlichen Mann angesprochen hat. Nachdem sie so dünn gewesen sei und ihn so lieb angeschaut habe, öffnete er seinen Geldbeutel und wollte ihr 4 Euro geben. Dabei hat sie blitzschnell zugegriffen, 50 Euro gestohlen und ist damit fort gerannt. Der Mann war völlig verzweifelt, er hat selbst kaum mehr als 200 Euro zum Leben zur Verfügung.

Darauf angesprochen, haben die fünf beim Gespräch anwesenden Personen diese Anschuldigungen zurückgewiesen.

Letztlich ist es in der Verantwortung des Gemeinderates, ob diesen Gruppen nach § 16 Straßengesetz eine Sondernutzungserlaubnis zum Sammeln von Geld erteilt werden soll. Wenn ja, müssten zwecks einheitlicher Handhabung Richtlinien erlassen werden, nach denen die Verwaltung dann zu entscheiden hätte.

Straßenmusik steht unter dem Schutz der Kunstfreiheit und ist deshalb im zumutbarem Rahmen erlaubt. Die Verwaltung wendet die gleichen Regeln an wie die Stadt Ulm.

Anlage 1: Ausschnitt aus dem Haller Tagblatt  vom 10.02.2005
Anlage 2: Briefentwurf
Anlage 3: Flyer

Beschluss:

Vom Vorgehen der Verwaltung wird zustimmend Kenntnis genommen.
Angereisten Bettlergruppen soll auch künftig keine Sondernutzungserlaubnis erteilt werden.
Den Regeln für Straßenmusik wird zugestimmt.

Meine Werkzeuge