§ 40/3 - Haushaltssatzung und Haushaltsplan der Stadt für das Jahr 2002; hier: Haushaltsreden der Gruppen Bündnis 90/Die Grünen + AL .... (öffentlich)
Sachvortrag:
- Behandlung der Einwendungen
- Verabschiedung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe (Satzungsbeschluss)
- Zustimmende Kenntnisnahme von der Mittelfristigen Finanzplanung 2001 - 2005
Stadträtin Herrmann für die Gruppe der Grünen:
Herr Oberbürgermeister,
meine Damen und Herren,
Lassen Sie mich mit den Finanzen beginnen:
Die Finanzmisere der Kommunen hängt ganz eindeutig mit der wirtschaftsfreundlichen/ neoliberalen Steuerpolitik unserer Bundesregierung zusammen;
da gibt es leider auch für uns Bündnisgrüne nichts zu beschönigen.
Aber, wer jetzt auf Rot-Grün herumhackt und glaubt, mit einer CDU/FDP-Regierung würde sich diese Situation grundlegend ändern, der befindet sich gewaltig auf dem Holzweg. Diese Steuerreform basiert ja auf altem Steuerrecht.
Die Ursachen für den katastrophalen Gewerbesteuereinbruch liegen also in der Tat in Frankfurt und Berlin. Dass sich dieser Gewerbesteuerausfall aber derart verheerend auf unsere Stadt auswirkt, dafür trägt auch diese Verwaltung und die Mehrheit dieses Rates Verantwortung. Denn wer in fetten Jahren nicht haushalten kann und Schulden auftürmt, der muss eben die Zeche bezahlen.
Und wer wohl weiß, dass mit hohen Gewerbesteuereinnahmen auch hohe Umlagen fällig werden und trotzdem nichts zurücklegt, in der Hoffnung, dass der Geldsegen nie versiege, der muss die Rechnung eben auch bezahlen. Also zumindest in Teilen ist diese Situation hausgemacht und selbstverschuldet; auch wenn Sie das nicht so gern hören.
Wir haben bei den Haushaltsberatungen der vergangenen Jahre wiederholt auf diese Problematik hingewiesen - leider ohne irgendwo Gehör zu finden - und wir haben genau aus diesem Grund in den vergangenen Jahren unsere Zustimmung verweigert.
Soviel zur Vergangenheitsbewältigung!
Nun zum Verlauf der diesjährigen Haushaltsberatungen:
Wir haben in diesem Jahr nicht nur einen Katastrophen-Haushalt, nein, auch die Beratungen dazu, besser gesagt die Beratungsversuche, die unternommen wurden, die waren genauso katastrophal.
Warum?
Weil Politik nicht mehr im Gemeinderat gemacht wird, wo sie hingehört, sondern in Fraktionssprechersitzungen, in Kommissionen und ähnlichen Zirkeln, wir haben dies schon mehrfach aufgezählt und angeprangert. Dort werden - hinter verschlossenen Türen - Absprachen getroffen, vermeintliche oder tatsächliche, an die sich dann wiederum nicht alle halten wollen und so ist die Konfusion perfekt. Also Taktieren und Geklüngel anstatt öffentlicher Auseinandersetzung.
Und zur allgemeinen Verwirrung trägt auch die eingerichtete Haushalts-und Strukturkommission bei. Denn einerseits hat diese Kommission keinerlei Entscheidungsbefugnis, was natürlich korrekt ist, auf der anderen Seite wird aber im Gemeinderat ständig auf den angeblich in der Kommission gefundenen Konsens verwiesen. So wird der Ball ständig hin und hergespielt und Gewinnerin bei diesem Spiel ist letztendlich die Verwaltung, die auf diese Weise macht was sie will.
Bisheriger Höhepunkt dieses ganzen Haushalt-Theaters war der Abbruch der Beratungen und der Verweis der Anträge in die Strukturkommission.
Herr Oberbürgermeister, Sie haben diese Vorgehensweise als Demonstation der Handlungsfähigkeit bezeichnet. Man kann's auch anders sehen, nämlich so:
Der Gemeinderat gibt ohne Not seine Etathoheit ab an ein 8-köpfiges Gremium, Haushaltsberatungen finden erstmals nichtöffentlich statt
und die Bürgerschaft kann überhaupt nicht mehr nachvollziehen,
wer für welche Position steht.
Die mühsam erarbeiteten Anträge der Fraktionen werden in der Tat 1. Klasse begraben und die Verwaltung kann ihren Haushaltsplanentwurf unverändert absegnen lassen.
Für die Verwaltung ist dies zweifelsfrei der einfachste Weg.
Soweit so schlecht.
Nun zum Haushaltsplan selbst:
Wenn man diesen Planentwurf genau durchliest, dann wird schnell klar,
dass das Ziel - die Sparmaßnahmen auf alle Gruppen gerecht zu verteilen - nicht erreicht wird: Die Familien sind die Hauptleidtragenden dieser Finanzmisere, die trifft es knüppelhart.
Von der höheren Grundsteuer über die Kindergartenbeiträge, die höheren Musikschulgebühren, die höheren Eintrittspreise für's Schwimmbad, die höheren Beiträge für die Vereine, die Ausleihgebühren für die Bibliothek, der Bau eines Eigenheimes wird künftig teurer werden und, und ...... Von fast allen Sparmaßnahmen sind die Familien betroffen, und dann eben nicht nur einmal, sondern doppelt, dreifach, vierfach, fünffach - je nach Anzahl der Familienmitglieder. Die politisch gewollte und vom Verfassungsgericht geforderte Besserstellung der Familien, die in der Erhöhung des Kindergeldes durch rot-grün ihren Ausdruck fand, wird so ad absurdum geführt.
Die soziale Schieflage, wonach zwei Drittel der Bevölkerung die privaten Mittel aufbringen können für die verschiedensten Dienstleistungen und Preiserhöhungen und ein Drittel der Bevölkerung auf der Strecke bleibt, diese Schieflage wird sich auch bei uns verschärfen, mit all den damit verbundenen Folgeproblemen und Folgekosten.
Lassen Sie mich noch auf einzelne wesentliche Bereiche des Haushalts eingehen:
- Verschuldung: Der Schuldenstand der Stadt ist eindeutig viel zu hoch. Obwohl in diesem Jahr keine weitere Kreditaufnahmen zumindest für den städt. Haushalt vorgesehen sind, haben wir einen voraussichtlichen Schuldenstand Ende 2002 von 33 Mio. Euro. Knapp 950 Euro pro Person, das ist in etwa doppelt so viel wie die durchschnittliche Verschuldung der Großen Kreisstädte. Und hierbei ist die enorme Verschuldung der Töchter, Eigenbetriebe, Hospitals etc. noch nicht einmal berücksichtigt. Vordringliche Aufgabe im Sinne der Generationengerechtigkeit muss deshalb zukünftig ein Abbau der Verschuldung sein.
- Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen: Auch wenn die Schließung eingruppiger Einrichtungen momentan vom Tisch ist, so möchte ich doch nochmals betonen, dass man hier nicht über die Köpfe von Eltern und Erzieherinnen hinweggehen kann und dass hier vorrangig pädagogische Aspekte zu berücksichtigen sind. Deshalb bitten wir die Verwaltung spätestens bis zum Sommer ein Gesamt-konzept, in Absprache mit den kirchl. und freien Trägern, auf den Tisch zu legen, damit sowohl die Eltern als auch die Erzieherinnen Verlässlichkeit haben, wie's in dieser Sache weitergehen soll. Bei den Schulen wird ein weiterer Schritt in Richtung Budgetierung getan; das ist positiv und wird von uns Grünen schon seit Jahren gefordert. Die Einführung von Energieeinsparprogrammen lässt dagegen noch auf sich warten, wobei gerade solche Maßnahmen in Zeiten knapper Kassen besonders nötig wären. Vorstellbar bzw. zu prüfen wäre auch, ob nicht einzelne Schulen über die Gründung einer Schülerfirma, den Reinigungsdienst selbst in die Hand nehmen könnten. Vorstellbar sind auch neue Kooperationen, z. B. mit der Beschützenden Werkstätte im Bereich der Grünpflege.
- Kultur und Bildungseinrichtungen: Hier sind die Mittel bis auf ein Minimum, ja bis fast an die Handlungsunfähigkeit zusammengestrichen worden. Sicherlich kann auch im kulturellen Bereich eine Durststrecke, sofern sie sich auf 2 bis 3 Jahre beschränkt, ohne sichtbaren Verluste nach außen überbrückt werden; auf Dauer hätte dies aber fatale Folgen für die Kulturstadt Schwäbisch Hall. Schmerzlich ist für uns die Aufgabe der Galerie am Markt; dass der Kunstverein zukünftig diese Aufgabe übernehmen wird, ist dabei nur ein schwacher Trost. Warnen möchte ich aber vor einer Zusammenlegung von Kunstverein, Galerie und Hällisch-Fränkischem Museum, wie es sich die Freien Wähler vorstellen. Die Galerie muss als eigenständiger Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst erhalten und erkennbar bleiben, die Kunsthalle Würth allein deckt den Bereich der zeitgenössischen Kunst nicht ab. Hier wird sich zeigen wie der Gemeinderat die Weichen stellt und ob unsere Stadt ihr Profil als Kulturmetropole auf Dauer beibehalten kann.
- Stadt- und Verkehrsentwicklung: Eine finanzielle Beteiligung der Stadt am Ausbau des Flugplatzes kommt für uns nicht in Frage. Genausowenig vorstellbar ist für uns der Bau der Ostumfahrung, der ja in engem Zusammenhang mit dem Flugplatzausbau steht, in der momentanen finanziellen Lage. Auch ein Ausbau des Messehalle im Solpark ist in weite Ferne gerückt. Größtes Sorgenkind ist sicherlich die weitere Entwicklung des JVA-Geländes. Hier möchten wir nochmal davor warnen einen Vorratsbau zu erstellen, in der Hoffnung, dass sich die Mieter dann schon einstellen werden. Wir sind mehr denn je davon überzeugt, dass die Innenstadt vor allem dann lebendig wird, wenn Wohnraum geschaffen wird. Dass sich der Trend zur Grünen Wiese, vor allem mit dem gleichen Konzept, wieder umkehren lässt, wird von uns bezweifelt.
- Städtisches Personal: In den letzten Wochen und Monaten wurde auch in der Stadtverwaltung ein Klima der Angst um den eigenen Arbeitsplatz erzeugt. Dies ist ungut, nicht zuletzt weil die besten Köpfe sich anderweitig nach einem sicheren Arbeitsplatz umsehen werden. Ich denke unser Personal braucht ein klares Zeichen, dass Gemeinderat und Verwaltung größte Anstrengungen unternehmen werden, betriebsbedingte Entlassungen zu umgehen.
Abschließend möchte ich noch auf unser Abstimmungsverhalten eingehen:
Wir haben uns die Entscheidung, wie wir mit dem Haushaltsplan 2002 umgehen werden, nicht leicht gemacht.
Entscheidend war aber immer, wie im Verlauf der Beratungen über unsere Anträge abgestimmt werden würde und damit, ob es gelingen würde, andere Schwerpunkte innerhalb dieses Zahlenwerks zu setzen.
Nun, da überhaupt keine Beratung stattgefunden hat, sind wir auch nicht bereit, den von der Verwaltung vorgelegten Plan so unverändert mitzutragen.
Wir wollen auch ein Zeichen setzen, dass dieses unmögliche, undemokratische Verfahren, wie wir es in diesem Jahr hatten, von uns nicht akzeptiert wird.
Wir können und wollen da nicht mitmachen!
Zum Schluss möchte ich allen städtischen Mitarbeitern, vor allem aber Frau Neißen und Herrn Schmid danken, die auch in diesem Jahr in einem Kraftakt dieses umfangreiche Zahlenwerk erstellt haben.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Stadtrat Dr. Hasenfuss für die Alternative Liste:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
die Haushaltsdebatte ist eine „Farce“ gewesen. Oberbürgermeister Pelgrim hat die Stadt praktisch schuldenfrei übernommen. Durch die verantwortungslose Politik und den Steuerausfall ist man nun in die Katastrophe geschlittert.
Damit wird der Haushalt der Verwaltung ohne einen Antrag der Fraktionen rechtskräftig.
Die Beratung der Anträge in der Haushalts- und Aufgabenstruktur-kommission ist reine Augenwischerei. Für die Steuerentscheidungen kann man weder Verwaltung noch Gemeinderat oder Bürgerschaft verantwortlich machen. Vielmehr ist hierfür der „unselige neoliberale Zeitgeist“ zuständig.
Die Steuerreform ist eine „Konzern“-Steuerreform, die den Mittelstand nur gering entlastet.
Immer häufiger kommt es vor, dass Konzernverluste sozialisiert werden. Es ist aber nicht Aufgabe der Politik, Missmanagement zu subventionieren.
Vielen Dank fürs Zuhören!
Beschluss:
- Die Haushaltssatzung 2002 wird in der vorgelegten Fassung beschlossen;
- Die Mittelfristige Finanzplanung 2001 - 2005 wird zur Kenntnis genommen.
- Der Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Abwasserbeseitigung wird wie folgt beschlossen:
- Erfolgsplan:
Erträge 4.966.500 € Aufwendungen 5.004.680 €
- Vermögensplan:
Einnahmen und Ausgaben von je 5.408.180 € - Kreditermächtigung:
Der Gesamtbetrag der Kreditermächtigungen für Investitionen wird festgesetzt auf 3.831.450 €
- Kassenkredite:
Der Höchstbetrag der Kassenkredite wird festgesetzt auf 1.500.000 €.
- Erfolgsplan:
- Der Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Städtisches Bestattungsinstitut setzt sich folgender Maßen zusammen:
- Erfolgsplan:
Erträge 358.200 € Aufwendungen 347.460 € Überschuss 10.740 € - Vermögensplan:
Einnahmen und Ausgaben von je 22.782,28 € - Kassenkredite:
Der Höchstbetrag der Kassenkredite wird festgesetzt auf 50.000 €.
- Erfolgsplan:
- Die Verwaltung wird ermächtigt, im Rahmen des Gesamtbetrags der vorgesehenen Kreditaufnahmen für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen - Kreditermächtigung - Kredite je nach Bedarf aufzunehmen.
(31Ja-Stimmen, 3 Nein-Stimmen)