§ 3 - Schulentwicklung und Gemeinschaftsschule (öffentlich)
Sachvortrag:
Der Schulbereich hat hauptsächlich in Bezug auf die Schularten Hauptschule, Werkrealschule und Realschule durch die Einführung der Gemeinschaftsschule sowie durch den Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung eine enorme Dynamik erfahren. Fast alle Schulträger und die Kollegien der betroffenen Schulen stehen durch diese schulpolitischen Weichenstellungen und auch vor dem Hintergrund der negativ verlaufenden demografischen Entwicklung vor der Fragestellung, ob ihre Schulen noch eine Zukunft haben bzw. wie die Zukunft der bestehenden Schulen gestaltet werden soll. Während manche Schulträger in der Gemeinschaftsschule (GMS) die Rettung für ihren schwächelnden Hauptschul-/Werkrealschulstandort sehen und deshalb versuchen, die Umstellung zur Gemeinschaftsschule so schnell wie möglich zu realisieren, stehen andere Schulträger vor der schwierigen Aufgabe, ihre bestehenden Schulen in Richtung eines zweigliedrigen Schulsystems umzuformen.
Parallel hierzu kommt in den nächsten Jahren durch die Einführung der Inklusion eine grundlegende Veränderung auf alle Schularten zu, auch auf den Förder- und Sonderschulbereich. Wie dieser zieldifferente gemeinsame Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung konkret organisiert und finanziert werden soll, ist derzeit allerdings noch weitgehend offen. Das Land strebt eine gesetzliche Regelung für das Schuljahr 2013/14 an.
Eine zielgerichtete Schulentwicklung, die sich neben den pädagogischen Bedarfslagen auch mit einer optimalen Ressourcennutzung und -entwicklung beschäftigt, ist vor dem Hintergrund der schwierigen kommunalen Finanzlage notwendiger denn je.
Gemeinschaftsschule
Mit Gesetzesbeschluss des Landtags vom 18.04.2012 hat das Land Baden-Württemberg die Gemeinschaftsschule als neue Schulart eingeführt. Im Schuljahr 2012/13 haben insgesamt 42 Starterschulen den Betrieb als Gemeinschaftsschule aufgenommen.
Für das Schuljahr 2013/14 hat das Kultusministerium (KM) in einer zweiten Tranche 87 Gemeinschaftsschulen genehmigt (von 114 Anträgen wurden 27 abgelehnt).
Im Vordergrund steht für das KM die Qualität der Gemeinschaftsschulen und nicht innerhalb kurzer Zeit möglichst viel zu genehmigen.
Kernelement der Gemeinschaftsschule ist der Unterricht in generell leistungsheterogenen Lerngruppen. Die Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschulen werden in diesen Lerngruppen je nach ihrem individuellen Leistungsvermögen auf Hauptschul-, Realschul- oder Gymnasial-Niveau unterrichtet. Zum Ende der Schulhalbjahre und Schuljahre erhalten sie schriftliche Informationen über ihre Leistungen auf dem jeweiligen Niveau.
In Klasse 10 der Gemeinschaftsschule gelten dann – je nach den bei der jeweiligen Schülerin/ beim jeweiligen Schüler relevanten Bildungsstandards – entweder die Abschlussprüfungsordnungen für die Realschule oder die Regelungen für den Hauptschulabschluss oder die für den Bildungsabschluss maßgeblichen Bestimmungen der gymnasialen Versetzungsordnung.
Es gibt vier mögliche Ausgestaltungsformen einer GMS
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Nur Klassen 5 – 10 (Kernbereich jeder GMS)
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Klassen 5 – 10 + Primärbereich (Grundschule)
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Klassen 5 – 10 + gymnasiale Oberstufe
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Klassen 5 – 10 + Primärbereich + gymnasiale Oberstufe
Neben diesen pädagogischen Aspekten sind für die Gemeinschaftsschulen folgende organisatorische und infrastrukturelle Standards Voraussetzung für die Umwandlung zu einer Gemeinschaftsschule:
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Gebundener Ganztagesbetrieb (drei oder vier Tage mit 8 Stunden; 3-tägige Schulen erhalten + 4 Lehrerwochenstunden pro Gruppe, 4-tägige + 7 Stunden)
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Praktizierte Inklusion (dabei sollen die Regelungen der Schwerpunktregionen gelten)
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Grundsätzlich gesicherte Zweizügigkeit, d. h. mindestens 40 Schüler/innen pro Jahrgang
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Klassenteiler liegt bei 28 Kindern
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Schulsozialarbeit
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Erfüllung der Bildungsstandards Hauptschule, Realschule und Gymnasium
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Schlüssiges pädagogisches Konzept der Schule zur Einführung der Gemeinschaftsschule in der die individuelle Förderung der Schüler/innen im Mittelpunkt steht
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Zusage des Schulträgers, die erforderlichen Sachmittel und Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Den Raumbedarf (bezogen auf Sekundarstufe 1) umreißt das Land wie folgt:
- Basis: Raumprogramm der Hauptschule/Werkrealschule
- Für die Naturwissenschaften: Raumprogramm der Realschule (d. h. mindestens + 1 Fachraum, + 1 Vorbereitung)
- Pauschaler Flächenzuschlag für die Gemeinschaftsschule (GMS), bei zweizügigen GMS sind dies + 243 qm (entspricht 4 Klassenräumen je 60 qm oder 6 Gruppenräumen je 40 qm)
- Räumlichkeiten für den Ganztagesbetrieb (Mensa, Aktionsräume, ...)
Die baulichen Gegebenheiten müssen noch untersucht werden, ebenso die Ausstattungserfordernisse. Hierzu ist jedoch das pädagogische Konzept der Schule ein wesentlicher Inhalt. Weiter müssen die Flächendispositionen mit dem Modellraumprogramm des Landes bei Haupt- und Werkrealschulen verglichen werden.
Regionale Schulentwicklungsplanung
Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in Baden-Württemberg ist weiter rückläufig. Es entsteht ein „Wettbewerb“ um Schülerinnen und Schüler zwischen Schulen und Kommunen. Weder das Land noch die Kommunen können hier vorausplanen, weil sie die Entscheidungen der Eltern nicht vorwegnehmen können.
Weiter ist es eine Forderung des Städtetags Baden-Württemberg, dass den Kommunen und Schulen Instrumentarien für eine Weiterentwicklung des Schulsystems an die Hand gegeben werden. Die Entwicklung wird in Richtung zweigliedriges Schulsystem gehen.
Eine regionale Schulentwicklungsplanung kann nur in einer zwischen Land und Kommunen sowie in der kommunal abgestimmten Reaktion erfolgen. Das Land bereitet zzt. ein Verfahren zur regionalen Schulentwicklungsplanung vor.
Situation in Schwäbisch Hall
Mit dem Schulzentrum Ost und dem Schulzentrum West mit jeweils drei Schularten hat Schwäbisch Hall eine gute Ausgangslage zu einer Weiterentwicklung. Eine Expertengruppe befasst sich in mehreren Gesprächsrunden mit einer Weiterentwicklung. Beide Werkrealschulen und Realschulen haben sich intensiv mit der Thematik einer Gemeinschaftsschule beschäftigt.
Die Schulkonferenz der Thomas-Schweicker-Werkrealschule hat sich einstimmig für den Weg zu einer Gemeinschaftsschule ausgesprochen. Die Schulkonferenz der Leonhard-Kern-Realschule hat sich mehrheitlich (unter bestimmten Bedingungen) für eine Gemeinschaftsschule ausgesprochen.
Im Schulzentrum Ost hat die Schulkonferenz der Werkrealschule ebenfalls ein einstimmiges Votum für ein Interessensbekundungsverfahren zu einer Gemeinschaftsschule ausgesprochen. Der Beschluss der Realschule Schenkensee steht noch aus.
Die Schulleitungen der beiden Gymnasien haben erklärt, dass für sie derzeit eine Beantragung zu einer Gemeinschaftsschule nicht in Frage kommt.
Die Schulleitungen beider Werkrealschulen und Realschulen werden in der Sitzung des BSSK ihre Situationen erläutern. Weiter sind zu dieser Sitzung auch die Gesamtelternbeiratsvorsitzende der Schwäbisch Haller Schulen, Frau Dr. Kern und ihre Stellvertreterin Frau Bauer, eingeladen. Vom Staatl. Schulamt wird der Schulrat Herr Rimmele teilnehmen. Von der Verwaltungsgemeinschaft wurden die Herren Bürgermeister Binnig, Dörr und König eingeladen.
Die Verwaltung hält die Entwicklung und Einführung von Gemeinschaftsschulen in Schwäbisch Hall für erforderlich. Gelingt es, eine Gemeinschaftsschule zusammen aus einer Werkrealschule und einer Realschule zu entwickeln, wird diese Schulart Kinder mit allen Bildungsniveaus haben und eine hohe Akzeptanz erhalten.
Die Verwaltung unterstützt hierbei die Schulen, auch durch eine externe Begleitung. Hierfür ist es als nächster Schritt erforderlich, dass - sofern noch nicht eingerichtet - an jedem Schulzentrum eine gemeinsame Steuerungsgruppe aus Werkrealschule und Realschule gebildet wird. Die Verwaltung spricht sich dafür aus, dass die interessierten Schulen pädagogische Konzepte erarbeiten und den kommunalen Gremien darüber berichten.
Nach Diskussion über pädagogische Konzepte, anstehende Kosten und unter Berücksichtigung der Übergangszahlen für das Schuljahr 2013/14, soll der Gemeinderat über eine Antragstellung beim Kultusministerium Beschluss fassen. Die Expertengruppe zum Thema Schulentwicklung und Gemeinschaftsschule hat seit September 2011 die Schulentwicklung diskutiert und begleitet. In der Expertengruppe sind die Schulleitungen der weiterführenden Schulen, die Elternbeiratsvorsitzenden dieser beiden Schulen, die Friedensbergschule (Thema Inklusion), Schulleiterin der Sybilla-Egen-Schule, Vertretung der beruflichen Schulen, Vertretungen des Staatl. Schulamtes und Vertretungen der Stadt Schwäbisch Hall vertreten.
Anlage 1: Auflistung Gespräche und Hospitationen
Anlage 2: Übergänge von Grundschulen auf weiterführende Schulen
Anlage 3: Absichtserklärungen Schulen
Ergänzung:
Der demografische Wandel und die Veränderung des Schulwahlverhaltens mit steigenden Übergangsquoten für die Gymnasien sowie die dramatisch sinkenden Quoten für die Haupt- und Werkrealschulen rückt die Frage von Schulstandorten und Schularten zunehmend in den Blick.
In den Schulen in städtischer Trägerschaft gibt es für das Schuljahr 2013/2014 bei 520 Schulanmeldungen folgende Anmeldezahlen im Vergleich zum Vorjahr um 13 % (Stand 03/ 2013).
Schulart |
Schülerinnen/ Schüler |
Prozent (%) |
Landesvergleich in % |
Werkrealschulen |
72 |
13,8 |
12,1 |
Realschulen |
202 |
38,9 |
36,7 |
Gymnasien |
246 |
47,3 |
44,5 |
Gemeinschaftsschulen |
|
|
6,7 |
In Ergänzung zu den Sachvorträgen im BSSK am 25.02.2013 und im VFA am 04.03.2013 wird folgendes Verfahren vorgeschlagen:
Die Thomas-Schweicker-Werkrealschule und die Leonhard-Kern-Realschule sowie die Werkrealschule Schenkensee und die Realschule Schenkensee erhalten auf ihrem Weg zur Gemeinschaftsschule bzw. für ihre Schulentwicklung eine Schulbegleitung. Diesbezüglich hat die Erste Bürgermeisterin mit den Schulleitungen und der AIM Heilbronn (Akademie für innovative Bildung und Management) ein Gespräch geführt. Die AIM ist bereit, diese Schulbegleitung zu organisieren und zu finanzieren.
Für die betreffenden Schulen ist jeweils umgehend eine Absichtserklärung zur Einrichtung einer Gemeinschaftsschule gemeinsam von der jeweiligen Schulleitung und dem Schulträger an das Staatliche Schulamt einzureichen.
Aufgrund eines Vergleiches des Schulraumbedarfes mit dem Modellraumprogramm wird deutlich, dass in der Werkrealschule Schenkensee die räumliche Situation einschließlich des Raumzuschlages für die Gemeinschaftsschule für eine dreizügige Schule ausreichend ist. Die Schule ist derzeit zweizügig geführt. Laut Aussagen des Schulleiters sind für die Umwandlung der Werkrealschule in eine Gemeinschaftsschule nur kleinere bauliche Maßnahmen erforderlich, die sich auf Entfernen von Trennwänden und Einbau von Türen beschränkt.
Für die Thomas-Schweicker-Werkrealschule und Leonhard-Kern-Realschule wird das Raumprogramm im Zuge der Generalsanierung im Schulzentrum West noch untersucht.
Beschluss:
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Der Gemeinderat beschließt die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule in der Werk- realschule Schenkensee zum Schuljahr 2014/2015 und ermächtigt die Verwaltung, die dafür notwendigen Schritte einzuleiten. Das pädagogische Konzept der Schule wird bis zur Antragsstellung (01.10.2013) vorgelegt.
- Der Gemeinderat beschließt die Einrichtung einer Gemeinschaftsschule mit gymnasialer Oberstufe, bestehend aus der Thomas-Schweicker-Werkrealschule und der Leonhard-Kern-Realschule zum Schuljahr 2015/2016. Die Verwaltung wird ermächtigt, die dafür notwendigen Schritte einzuleiten. Das pädagogische Konzept wird bis zur Antragsstellung (01.10.2014) vorgelegt. Eine Zusammenarbeit mit den gymnasialen Angeboten in der Stadt ist dabei zu prüfen.