§ 293 - Nachtragsvereinbarung Mehraufwand Spezialtiefbau Rohrvortrieb, BV „Neubau Regenwasserkanal in geschlossener Bauweise“ in Wackershofen (öffentlich)

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Sachvortrag:

In Wackershofen wurde vom Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung im Zuge des Umbaus des vorhandenen Mischsystems in ein Trennsystem mit separatem Schmutz- und Regenwasserkanal eine Teilstrecke des Regenwasserkanals von ca. 200 m in geschlossener Bauweise (Rohrvortrieb) ausgeschrieben.

Die Teilstrecke zwischen Dorfstraße und dem geplanten Regenrückhaltebecken quert private Grundstücke landwirtschaftlicher Betriebe, die Bahntrasse sowie die Hohenlohestraße in einer Tiefenlage zwischen 4,5 m und 9 m. Nach Untersuchung mehrerer Trassenvarianten wurde die nun ausgeführte Trasse nach Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit gewählt. Aufgrund Tiefenlage, vorhandener Bebauung, Bahn- und Straßenkörper und der Nutzungsbedingungen des Eigentümers des Privatgrundstücks war dies nur im steuerbaren, unbemannten Microtunneling-Verfahren realisierbar.

Die Vergabe an die Firma Peter+Partner Rohrvortrieb Spezialtiefbau GmbH (PPR) aus Reutlingen zum Preis von 816.955,46 € (brutto) erfolgte im Gemeinderat am 17.03.2021 (§ 64 öffentlich).

Der Rohrvortrieb war in zwei Abschnitte mit einer zwischen den beiden Startgruben liegenden Doppelzielgrube unterteilt. Der 1. Abschnitt von der Dorfstraße zur Doppelzielgrube mit einer Länge von ca. 65 m wurde von März bis Juni 2021 ausgeführt.

Beim 2. Abschnitt vom Standort des geplanten Regenrückhaltebeckens zur Doppelzielgrube (135 m) kam es nach ca. 76 m zu einem erhöhten Druckanstieg und einer sehr deutlichen Abnahme der Vortriebsgeschwindigkeit. Um ein „Festfahren“ des Rohrvortriebs zu vermeiden, wurde in Abstimmung mit dem Auftragnehmer eine Bergegrube erstellt, um die Rollenmeisel am Bohrkopf auszutauschen, da diese sehr stark abgenutzt waren. Bei der Erstellung der ersten Bergegrube wurde eine sehr harte Felsformation mit deutlich höherer Abrasivität festgestellt. Dies ging aus den vorab ausgeführten Probebohrungen (5 Stück auf 135m) des Geologen nicht hervor, der Standort lag jedoch auch zwischen zwei Bohrproben-Standorten.

Beim Tausch der Rollenmeisel wurde der komplette Ausbruch von Diamantzähnen an den Schneidwerkzeugen des Bohrkopfes festgestellt, was nachträglich betrachtet vermutlich auf ein Hindernis auf der zurückgelegten Bohrstrecke im Bereich der Bahnlinie zurückzuführen ist.
Nach Austausch der Schneidwerkzeuge, Verfüllung der 1. Bergegrube und Fortführung des Vortriebs musste bereits nach wenigen Metern aufgrund des weiterhin hohen Drucks und schlechter Bohrleistung eine weitere Bergegrube hergestellt und der für mehrere Bodenarten geeignete Bohrkopf gegen einen reinen Felsbohrkopf ausgetauscht werden.

Bei einem weiteren Anlaufversuch stieg der Druck stark an und der Vortrieb wurde abermals unterbrochen. Bei der Suche nach der Ursache stieß die Fa. PPR auf Kohlenstoffeinschlüsse in den Gesteinsproben. Die Schmierung des Ringspalts zwischen Vortriebsrohr und Fels mit Bentonitsuspension hatte dabei ihre Viskosität durch den Kontakt mit dem Kohlenstoff verloren und sich in den Felsklüften verflüchtigt. Dies wurde durch Feldversuche eines unabhängigen Prüfinstitutes bestätigt, sodass die Suspension angepasst und ausgetauscht, die Statik des Widerlagers nach Feststellung erster Risse überprüft und die Druckübertragung der Vortriebsrohre optimiert wurden. Allerdings hielt das Betonwiderlager dem Anpressdruck beim erneuten Anfahren des Vortriebs nicht stand und versagte vollständig.

Nach Abwägung der weiteren Vorgehensweise wurde ein Baustopp aufgrund der hohen Stillstandskosten und der fehlenden Alternativen ausgeschlossen. Nach Rücksprache mit dem Grundstückseigentümer, der Baufirma und dem Bohrerhersteller wurde die Herstellung einer 2. Startgrube in der noch nicht komplett verfüllten 2. Bergegrube favorisiert. Die Steuerung und maschinelle Einrichtung der Vortriebsanlage konnte am ursprünglichen Standort verbleiben und die Verbindung über Schläuche und Kabel durch die bereits ca. 90 m verlegten Betonrohre hergestellt werden.

Infolge der zerstörten Schneidwerkzeuge und der vom Baugrundgutachten in Teilstrecken abweichende anstehende Felsformation entstehen zusätzliche Leistungen und zeitliche Verzögerungen sowie vorübergehende Stillstände beim Rohrvortrieb.

Es entstehen somit Mehrkosten in Höhe von rund 460.000,- € infolge der sukzessiv gesteigerten Bauablaufstörungen mit der daraus resultierenden Bauzeitenverlängerung.

Die gesamte Baumaßnahme Wackershofen des Eigenbetriebes Abwasserbeseitigung unterteilt sich in die 3 Bauabschnitte Tiefbauarbeiten BA I und II und Rohrvortrieb mit einem Auftragsvolumen von insgesamt rund. 3.950.000 €. Bauabschnitt I der Tiefbauarbeiten ist bereits fertiggestellt und liegt in der Abrechnungssumme ca. 40.000 € unter der Auftragssumme (ca. 10%). Bauabschnitt II der Tiefbauarbeiten mit der Auftragssumme von rund 2.750.000 € hat im September 2021 begonnen und läuft bis Dezember 2023. Der Bauabschnitt Rohrvortrieb stellt mitunter die Vorflut für die Bauabschnitte I und II her und ist somit elementar für die Umsetzung von Bauabschnitt II.

Vertragsrechtlich hat der Auftraggeber grundsätzlich das Risiko aus dem Baugrund zu tragen und ist dem Auftragnehmer der unvorhergesehene Mehraufwand zu vergüten.

Anlage: Übersichtsplan

Beschluss:

Der Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung wir hiermit ermächtigt, die überplanmäßigen Finanzmittel zur Deckung der Nachtragsvereinbarung und Massenmehrungen der bauausführenden Fa. PPR Rohrvortrieb aus Reutlingen für die Baukostensteigerung in Höhe von rund 460.000,- € über den Hauptauftrag hinausgehend zur Verfügung zu stellen.
(einstimmig - 18)

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