§ 2 - Aussetzung der Umsetzung der Beitragsfreiheit letztes Kindergartenjahr in 2020/2021 (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
Wechseln zu: Navigation, Suche

Sachvortrag:

Mit Beschluss des Gemeinderates vom 05.02.2020 (§ 11/1, öffentlich) und 04.03.2020 (§ 33, öffentlich) wurde im Rahmen der Beratungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 entschieden:
  • Als Einstiegsmodell für das Kindergartenjahr,

    • beginnend ab 01.09.2020,

    • das letzte Betreuungsjahr Ü3,

    • in der Regelbetreuung für die Kernzeit von sechs Stunden,

in Höhe der Gebühren bezuschusst werden.

  • Die Gebührenbezuschussung soll im Doppelhaushalt 2022/2023 neu beraten werden.

Hierfür wurden für das Haushaltsjahr 2020 um 80.000 € geringere Einnahmen (eigene Einrichtungen) und 40.000 € Mehrausgaben (nichtstädtische Träger) veranschlagt. Im Haushaltsjahr 2021 summieren sich die veranschlagten Haushaltsverschlechterungen auf insgesamt 350.000 €.

Angesichts der dramatischen Einnahmeausfälle durch die Corona-Pandemie musste mit Entscheidung vom 25.05.2020 (§ 91, nichtöffentlich) eine Haushaltssperre nach § 29 der Gemeindehaushaltsverordnung verhängt werden.

Allein im Bereich der Tageseinrichtungen ergaben sich von März bis Juni Beitragsausfällen in Höhe von 375.871 €. Hinzu kommen noch Mehraufwendungen für Ausgleichszahlungen an die nichtstädtischen Träger in Höhe von 240.573 €. Ein Ausgleich des Landes aus dem Soforthilfeprogramm hierfür ist bisher nur zum Teil erfolgt.

Zur Entscheidung über die Umsetzung der Gebührenfreiheit für das letzte Kindergartenjahr in der Regelbetreuung wurde am 17.06.2020 (§ 72, öffentlich) im Gemeinderat beraten und die Aussetzung der Gebührenfreiheit sowie die Beratung im Rahmen eines Nachtragshaushaltes im Herbst 2020 beschlossen.

Trotz der dramatischen Mindereinnahmen aus Steuern im Haushaltsjahr 2020 ist die Aufstellung eines Nachtragshaushaltes aufgrund der noch vorhandenen Rücklagen sowie der Ausgleichszahlungen von Bund und Land nicht erforderlich. Das bisherige Haushaltsdefizit 2020 in Höhe von 84 T€ (Gesamtergebnis) wird sich aus heutiger Sicht nicht signifikant erhöhen.

In Anbetracht der zu erwartenden Ergebnisse für das Haushaltsjahr 2020 wäre somit die Umsetzung der Gebührenbezuschussung in 2020 möglich.

Für das Jahr 2021 ist aufgrund der zweiten COVID-19 Welle von einer weiteren Verschlechterung der bisherigen Einschätzungen zu Einnahmen und Ausgaben auszugehen. Aus heutiger Sicht gehen wir von einen Gesamtdefizit für 2021 in Höhe von ca. 20 Mio. € aus. Auch in der Mittelfristigen Planungsperiode werden Defizite in zweistelliger Millionenhöhe erwartet.

Die Verwaltung hält die Umsetzung der Gebührenbezuschusssung der Regelbetreuung für das letzte Betreuungsjahr Ü3 weder im Haushaltsjahr 2021 noch in den Haushaltsjahren der mittelfristigen Finanzplanungsperiode finanziell umsetzbar.

Daher wäre die einmalige Gebührenbezuschusssung für den Zeitraum 01.09.2020 bis 31.12.2020 ein falsches Signal, da dadurch der Eindruck erweckt wird, dass diese Zuschüsse auch in der Zukunft gewährt werden könnten.

Die Verwaltung hält es für gerechtfertigt den Beschluss für 2020 auszusetzen und im Rahmen des Nachtraghaushaltes 2021 zu beraten. Eine Umsetzung des Beschlusses zum Kindergartenjahr 2021/2022 könnte mit einer Entscheidung zu Jahresbeginn erfolgen.

Als Anlage ist eine Richtlinie angefügt, die nach Beschluss ab 01.09.2021 gelten könnte.

Anlage: Richtlinie zur Bezuschussung der Beiträge und Gebühren in Kindertageseinrichtungen

 

Oberbürgermeister Pelgrim umreißt den Sachvortrag und bittet das Gremium um Aussprache.

Stadträtin Herrmann teilt namens ihrer Fraktion mit, dass die beschlossene Gebührenbefreiung nicht ausgesetzt werden soll. Der Einstieg in die Gebührenbefreiung sei mehrheitlich durch die Einigung auf einen Minimalkonsens im Gemeinderat erfolgt. Vor dem Hintergrund der Bildungsgerechtigkeit wäre eine noch viel umfassendere Lösung wünschenswert gewesen.

Stadträtin Härterich teilt mit, dass in der CDU-Fraktion Einigkeit über die Umsetzung der beschlossenen Gebührenbefreiung bestehe.

Stadtrat Schorpp bekräftigt ebenfalls seine Zustimmung zum gefassten Beschluss, innerhalb der SPD-Fraktion bestehe jedoch keine Einigkeit.

Stadtrat Waller verdeutlicht, dass aufgrund der Auffassung seiner Vorrednerinnen und seiner Vorredner die eindrückliche Darstellung des Nachtragshaushaltes im vorangegangenen Tagesordnungspunkt seine Wirkung unmittelbar verloren habe und stellt die Entlastung, die mit der Umsetzung der Gebührenbefreiung herbeigeführt werde, in Frage. Es würden auch Familien entlastet, die finanziell in der Lage seien die Gebühren tragen zu können. Familien, die bereits Unterstützungsleistungen erhalten, entstünde durch die Bezuschussung der Gebühren kein Nutzen. Klar sei, dass dann an anderer Stelle Einsparungen erfolgen müssen, beispielsweise bei Vereinen. Hier stelle sich die Frage sozialer Gerechtigkeit.

Bei der gegenwärtigen Haushaltslage sei die Umsetzung der Gebührenbefreiung nicht zustimmungsfähig. Gerade in einer Pandemiesituation sollten die wirklich Bedürftigen angemessen unterstützt werden.

Stadtrat Preisendanz spricht sich namens seiner Fraktion gegen die Umsetzung der Gebührenbefreiung aus und hätte sich nach den Ausführungen des Oberbürgermeisters Pelgrim zum Nachtragshaushalt 2021 eine gewisse Einsicht erhofft. Es könne nicht nachvollzogen werden, wie nach dem Gehörten weiter an der Gebührenbefreiung festgehalten werden könne. Es sei der Bevölkerung nicht zu vermitteln, wenn eine Strukturkommission im Herbst diesen Jahres aufgrund der Finanzlage für den nächsten Doppelhaushalt 2022/2023 Gebührenerhöhungen beschließen sollte.

Stadträtin Schumacher-Koelsch plädiert für die Umsetzung der Gebührenbefreiung.

Stadtrat Sakellariou hält die Umsetzung der nur für diesen Haushalt beschlossenen Gebührenbefreiung nicht für unsozial. Nicht alle Familien, die keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen haben, seien finanziell so ausgestattet, dass sie die Gebühren problemlos zahlen können. Die Beitragsbefreiung sei eine bewusste Besserstellung von Familien, deren Kinder in der Pandemie-Zeit betreut werden müssen.

Zudem habe es mit dem Vorschlag zur Einführung einer Zweitwohnungssteuer einen Gegenfinanzierungsvorschlag gegeben, der die Mehrausgaben abfedern könne.

Oberbürgermeister Pelgrim hält noch einmal fest, dass zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Einstieg in die Gebührenbefreiung im Rahmen der Haushaltsberatungen zum Doppelhaushalt 2020/2021 das Gremium noch keine Kenntnis über das kommende Pandemiegeschehen hatte. Die dramatische Verschlechterung der Leistungsfähigkeit war damals nicht absehbar.

Das Ziel der Ermöglichung einer Gebührenbefreiung sei weiter vorhanden, jedoch im Rahmen einer Gesamtfinanzung des Haushalts zu betrachten. Bei einem Defizit in Höhe von 22 Mio. Euro im laufenden Haushaltsjahr 2021 widerspreche die Umsetzung des Beschlusses der kommunalen Leistungsfähigkeit.

Hervorzuheben sei auch, dass Bildungspolitik eine Landesaufgabe ist und die Landesregierung den Kommunen keine Mittel zur Finanzierung zur Verfügung stellt.

Stadträtin Koch knüpft an ihre Aussage in der Vorberatung an, dass durch das Aussetzen der Beitragsfreiheit das Gremium an Glaubwürdigkeit verliere.

Stadträtin Herrmann bittet um Formulierung des Beschlussantrages, welcher abgestimmt werde.

Oberbürgermeister Pelgrim erläutert, dass der von Stadtrat Schorpp namens seiner Fraktion im Verwaltungs- und Finanzausschuss am 30.11.2020 eingebrachte Beschlussvorschlag Mehrheit gefunden hatte. Demnach soll die Richtlinie zur Bezuschussung der Beiträge und Gebühren in Kindertageseinrichtungen rückwirkend zum 01.09.2020 umgesetzt werden.

Stadträtin Herrmann bittet um Bestätigung, dass der Beschlussvorschlag der SPD-Fraktion abgestimmt werde.

Oberbürgermeister Pelgrim schließt die Rednerliste und verliest den aus dem im Verwaltungs- und Finanzausschuss am 30.11.2020 gestellten Änderungsantrag der SPD-Fraktion abgeleiteten Beschlussantrag: „Die hier vorgelegte Richtlinie zur Bezuschussung der Beiträge und Gebühren in Kindertageseinrichtungen ist ab dem 01.09.2020 in Kraft zu setzen.“

Der Beschlussantrag der Verwaltung „ Die Umsetzung der beschlossenen Gebührenbefreiung für das letzte Kindergartenjahr in der Regelbetreuung sechs Stunden im Kindergartenjahr 2020/21 wird ausgesetzt. Über die Einführung der Gebührenbefreiung wird im Rahmen des Nachtragshaushaltes 2021 entschieden“ wird nicht abgestimmt.

Beschluss:

Die vorgelegte Richtlinie zur Bezuschussung der Beiträge und Gebühren in Kindertageseinrichtungen ist ab dem 01.09.2020 in Kraft zu setzen.
(20 Ja-Stimmen, 8 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen)

Meine Werkzeuge