§ 76 - Sportförderrichtlinien - Gleichstellung aller Sportvereine (öffentlich)
Sachvortrag:
- Luftverbandsvorsitzender Illig nimmt am Ratstisch Platz -
Am 26.07.2017 hat der Gemeinderat Richtlinien zur Sportförderung erlassen, die ab 1.1.2018 in Kraft traten. Antragsberechtigt gemäß der Förderrichtlinie sind Sportvereine mit Sitz in Schwäbisch Hall, die u.a. folgende Voraussetzungen erfüllen:
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seit drei Jahren im Vereinsregister eingetragen
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Mitglied im WLSB
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Mitglied im Stadtverband für Sport
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Mitgliedsbeitrag muss ab 1.1.2020 für Erwachsene mindestens 70 €, für Kinder und Jugendliche mindestens 35 € jährlich betragen
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Jugendordnung muss vorliegen
Ziel des Gemeinderates ist es, alle Sportvereine fair und gerecht zu behandeln. Im Laufe des Antragsjahrs 2018 hat sich herausgestellt, dass eine Aufnahme der Luftsportvereine im WLSB nicht möglich ist. Die Luftsportvereine sind analog zum WLSB im Baden- Württembergischen Luftsportverband organisiert.
Um die Luftsportvereine in Schwäbisch Hall den anderen Sportvereinen gleich zu stellen, ist der Text der Antragsberechtigung zu ergänzen:
„Antragsberechtigt sind Sportvereine …, die Mitglied im WLSB oder einem vergleichbaren Dachverband sind.“
Zur Vereinfachung in der Antragsstellung und Abwicklung wird der Luftsportverband Schwäbisch Hall (LSV) für seine Mitglieder einen gemeinsamen Antrag stellen. Um Zuschussgerechtigkeit zu gewährleisten, kann der LSV für 2018 noch einen Antrag stellen.
Oberbürgermeister Pelgrim führt aus, dass bereits im Jahr 1967 höchstrichterlich geklärt wurde, dass es sich beim Luftsport um einen „Sport“ handle. Die Gemeinnützigkeit liege vor. Hinsichtlich der Verbandsstruktur wird berichtet, dass es einen württembergischen und einen badischen Sportbund gebe. Die Luftsportverbände seien jedoch baden-württembergisch organisiert. Insofern haben diese einen Dachverband, welcher baden-württembergisch sei. Somit seien diese dem Deutschen Sportbund und nicht dem württembergischen Sportbund angeschlossen. Dies habe die Stadt dazu bewogen, dass ein vergleichbarer Dachverband in die Formulierung der Sportförderrichtlinie eingefügt wird. Dies könne man, wenn gewünscht noch um den Zusatz „im Deutschen Olympischen Sportbund“ ergänzen. In diesem Fall seien alle Strukturen erfasst, welche im Deutschen Olympischen Sportbund angehören. Man habe ferner in der Vergangenheit das Thema ADAC und die Frage nach dem DLRG gehabt. Bei Beiden habe man in der Vergangenheit eine Sonderlösung gefunden und diese etatisiert. Dies habe bislang nicht zu Rückfragen durch die Vereine geführt. Im Sinne der Beschlussempfehlung würde der ADAC e.V. im Falle einer Antragstellung auch unter die Sportförderrichtlinie fallen. Dieser sei auch auf baden-württembergischer Ebene dem Sportverband angeschlossen. Bisher nicht erfasst wäre die DLRG.
Stadtrat Rempp wirft ein, dass diese seit 1976 Mitglied im deutschen Sportbund seien.
Oberbürgermeister Pelgrim erklärt, dass wenn dies der Fall wäre, diese auch unter die Formulierung der Sportförderrichtlinie fallen würden. Eine der wichtigen Voraussetzungen sollte für alle jedoch die Mitgliedschaft im Stadtverband für Sport Schwäbisch Hall e.V. sein. Dies sei bei den angesprochenen Vereinen der Fall.
Stadtrat Schorpp beantragt für die SPD-Fraktion keine Änderung der Sportförderrichtlinie vorzunehmen. Es sollte nach Ansicht der Fraktion bei der bisherigen Formulierung bleiben. Es wird angezweifelt, ob die „Fliegerei“ oder das „Autofahren“ ein Sport im engeren Sinne darstelle. Ein schriftlicher Antrag des Luftsportverbandes Schwäbisch Hall liege nicht vor. Nach den Gründen wird gefragt. Der Luftsportverband erhalte bereits jetzt für seine „Sportflächen“ Zuschüsse in Höhe von 2.800 €. Außerdem bezahle dieser für die bebauten und nichtbebauten Flächen einen niedrigen Erbbauzins, welcher seit der Einführung im Jahre 2016 nicht verändert wurde. Dies wird als Doppelförderung angesehen. Die „Fliegerei“ sei ein teures Hobby. Der betreffende Personenkreis sei nicht unbedingt auf Zuschüsse aus Steuermitteln angewiesen. Man fördere dann auch das Hobby von wenigen Motorfliegerinnen und Motorflieger, die viele Anwohnerinnen und Anwohner im Osten der Stadt durch Lärm, besonders an Wochenenden, belästigen. Durch deren Schadstoffemissionen werde nach Ansicht von Stadtrat Schorpp die Luft verunreinigt und die Umwelt und die Natur verschmutzt.
Oberbürgermeister Pelgrim entgegnet, dass wenn man die Strukturen im Rahmen der Workshops nicht beachtet habe, man dies zur Kenntnis nehmen müsse. Der Luftsportverband sei im Rahmen der Workshops nicht beteiligt worden.
Stadtrat Schorpp wirft ein, dass der Luftsportverband nie bei Mitgliederversammlungen des Stadtverbandes für Sport Schwäbisch Hall e.V. teilgenommen habe.
Oberbürgermeister Pelgrim weist darauf hin, dass es nicht die Absicht war, die unterschiedlichen Sportvereine aufgrund der unterschiedlichen Verbandsstrukturen anders zu beurteilen. Das Kriterium der Verbandsstrukturen sei aufgenommen worden, damit man nicht willkürlich Mitglieder melden könne und man zum Teil die Förderkriterien abgleichen könne. Es gebe insofern auch keine Ungleichbehandlung. Es gebe ca. 524 Mitglieder. Hiervon seien 12 Mitglieder zwischen drei und achtzehn Jahren. Dies stelle die Größenordnung für die unmittelbare Förderung dar. Es gebe zudem gleiche Voraussetzungen für alle Vereine. Der Wirtschaftsbetrieb falle selbstverständlich nicht unter die Sportförderrichtlinie. Die Förderung von Grund und Boden bzw. Zins oder Pacht für Flächen, die für den Wirtschaftsbetrieb benötigt werden, fallen nicht unter die Förderung. Dies gelte für alle Sportvereine. Dies gelte z.B. auch für Vereinsheime von Fußballvereinen.
Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt berichtet, dass innerhalb der Fraktion unterschiedliche Meinungen bestehen. Die Sportförderung sei weitgehend eine Jugendförderung. Die Relevanz auf diesem Gebiet liege vorliegend nahezu bei Null. Man fördere Investitionen von Vereinen mit gewissen Regeln. Die Investitionen werden dem Gemeinderat jeweils vorgelegt. Es könne nicht nachvollzogen werden, warum die „Fliegerei“ auf die Tagesordnung komme. Es wird die Frage aufgeworfen, ob dies der Fall sei, weil gewisse „rüstige Endfünfziger“ den Flugschein gemacht hätten. Aus Sicht der Bevölkerung im Osten der Stadt sei die Sportfliegerei tatsächlich eine Belästigung und stelle kein gemeinnütziges Hobby dar. In anderen Teilen der Stadt sehe dies anders aus. Seine Meinung zur Sportfliegerei bleibe bestehen. Bei der vorgelegten Frage, wird keine Relevanz gesehen. Man habe keine hohe Hemmschwelle.
Oberbürgermeister Pelgrim weist zurück, dass dies etwas mit dem „rüstigen Endfünfziger“ zu tun habe. Bis zur Verabschiedung der Sportförderrichtlinie erhielten alle Luftsportvereine eine Förderung. Nur durch die aufgenommene Regelung der Mitgliedschaft im Württembergischen Landessportbund e.V. seien diese nach jahrzehntelanger Förderung rausgefallen. Hierauf hin habe es eine Nachfrage gegeben. Mit der vorgeschlagenen Änderung der Sportförderrichtlinie werde eine jahrzehntelange Praxis wieder hergestellt.
Stadtrat Härtig vertritt die Ansicht, dass der Flugsport kein Sport darstelle. Es handle sich um ein „elitäres, snobistisches Hobby“. Dem Luftsport wird die Gemeinnützigkeit abgesprochen. Es wird angekündigt, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN dem Beschlussantrag nicht zustimmen werde. Man könne stolz auf die verabschiedete Sportförderrichtlinie sein. Es handle sich um eine freiwillige Leistung der Stadt Schwäbisch Hall. Es gehe um Sport und Bewegung im Sinne der Gesundheitsförderung, unabhängig vom Alter. Man wisse zudem, dass Sport immer einen erzieherischen Wert besitze und ein Integrationspotenzial habe. Man sollte nach Ansicht von Stadtrat Härtig den Mut haben, im Falle eines Antrags des DLRG auch ohne Mitgliedschaft im WLSB diese aufgrund der hohen Sportlichkeit und Gemeinnützigkeit aufzunehmen. Hierüber könnte der Gemeinderat als Souverän abstimmen. Es wird nochmals erklärt, dass der Luftsport für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN kein Sport darstelle. Man habe z.B. auch Wandervereine wie den Schwäbisch Albverein. Es wird vorgeschlagen, diese ebenfalls aufzunehmen. Dieser Verein wird im Vergleich der Luftsport mehr dem Sport zugerechnet.
Stadtrat Baumann kündigt eine Zustimmung seiner Fraktion an. Stadtrat Schorpp gehe es um einen Populismus gegen die Fliegerei. Eine Zweiklassengesellschaft wird verneint. Bei den Schachspielern gebe es auch reiche Schachspieler. Diese würden auch ihren Zuschuss bekommen. Die Jugendarbeit des Luftsportverbandes wird gelobt. Es wird beigepflichtet, dass die Fliegerei an Wochenenden eingeschränkt bleiben müsse. Alles zu verteufeln gehe ihm und der FWV-Fraktion jedoch zu weit.
Oberbürgermeister Pelgrim zitiert eine Rechtsprechung vom 23. Juli 1969, welche im Jahre 1998 nochmals gerichtlich bestätigt wurde. Der Senat sei davon ausgegangen, dass sämtliche Motorsportarten zu beurteilen seien. Der Motorflugsport stelle an die körperliche Leistungsfähigkeit erhöhte Anforderungen, erfordere eine gesteigerte Nervenleistung und unterfalle ebenso wie andere Motorsportarten dem Sportbegriff. Der Motorsport verlange eine Körperbeherrschung hinsichtlich des Wahrnehmungsvermögens, der Reaktionsgeschwindigkeit und der Feinmotorik, die in der Regel nur durch Training erlangt und aufrecht erhalten werden kann. Die Gemeinnützigkeit dieser Vereine wurde nicht in Frage gestellt. Der Senat bekräftigte diese sogar.
Luftsportverbandsvorsitzender Illig weist einen „elitären Club“ zurück. Der Luftsportverband vertrete insgesamt sieben Teilvereine. Es handle sich insgesamt um ca. 540 Mitglieder. Hiervon seien die wenigsten Mitglieder den Motorfliegern zuzurechnen. Man habe eine große Gruppe von Segelfliegern, eine große Gruppe von Hängegleitern und eine kleinere Gruppe von Modellfliegern. Es gebe ferner eine größere Gruppe von Fallschirmspringern. Es gebe zudem immer mehr Ultraleichtflugzeuge. Diese weisen reduzierte Emissionen und Immissionen auf. Die Struktur des Luftsportverbandes sei weitläufig. Man decke alle Schichten an Mitglieder ab. Es gebe auch Schülerinnen und Schüler, welche mit 17 Jahren ihren Flugschein ablegen. Vor allem die Segelflieger nehmen Jugendliche mit 13 oder 14 Jahren auf. Diese beginnen in den Winterhalbjahren damit, die Flugzeuge zu zerlegen und lernen hierbei viel über die Aerodynamik.
Stadtrat Preisendanz weist darauf hin, dass es auch im Stadtverband für Sport Schwäbisch Hall e.V. Vereine gebe, welche von anderen Mitgliedern nicht als Sport angesehen werden. Sich auf diese Diskussion einzulassen, werde als nicht zielführend bewertet. Hierzu werde es immer unterschiedliche Meinungen geben. Mit dem vorliegenden Vorschlag stelle man einen Status wieder her, welchen es bereits gegeben habe. Die Aufregung könne deshalb nicht nachvollzogen werden. Eine Zustimmung der FDP- Fraktion wird angekündigt. Es wird angeregt zu prüfen, ob es für lizenzierte Trainer zu Ungleichheiten im Stadtgefüge komme. Dies könnte Gegenstand einer späteren Sitzungsvorlage sein.
Stadträtin Koch spricht sich für ein Gießkannenprinzip hinsichtlich der Sportförderung aus, um auch kleine Vereine einbeziehen zu können. Aus diesem Grund wird angekündigt der Sitzungsvorlage nicht zustimmen zu wollen.
Stadtrat Schorpp weist die Unterstellung von Populismus zurück. Es wird berichtet, dass andere Gemeinden durch ihn angefragt wurden, ob der Luftsport dort gefördert werde. Stadtrat Schorpp habe keine Gemeinde gefunden, wo eine Einbeziehung erfolgte.
Oberbürgermeister Pelgrim erklärt die Anfrage nicht beantworten zu können, da bislang kein Rechercheauftrag bestand. Seit Bestehen der Sportförderung in Schwäbisch Hall sei der Luftsportverband gefördert worden. Dies sei mindestens in den letzten 22 Jahren der Fall gewesen. Oberbürgermeister Pelgrim erläutert nochmals die Beschlussempfehlung und ergänzt diese durch den Wortlaut „oder eines vergleichbaren Dachverbandes im Deutschen Olympischen Sportbund“.
Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt erklärt, dass es innerhalb des Luftsportverbandes sieben Teilvereine gebe, welche unterschiedliche Arbeit leisten. Sollte die Angelegenheit je nach Ausgang der heutigen Abstimmung weiter gehen, wird um eine Differenzierung gebeten.
Oberbürgermeister Pelgrim wirbt nochmals um Zustimmung. Man sollte die Debatte nicht vermengen. Wenn man etwas gegen die Nutzung des Flugplatzes habe, sei dies eine Sache. Hier sei die Sportförderung nicht das richtige Instrument. Wenn man das Thema der Fliegerei in Schwäbisch Hall anders organisiert haben möchte, seien das Planfeststellungsverfahren und die Bauleitplanung die richtigen Instrumente. Heute gehe es um die Sportförderung.
Beschluss:
Kapitel 3, Aufzählung Nr. 1 der Sportförderrichtlinie wird ergänzt. Er lautet nun:
„Der Verein muss seit drei Jahren mit Sitz in Schwäbisch Hall im Vereinsregister eingetragen, Mitglied des Württembergischen Landessportbundes e.V. (WLSB) oder eines vergleichbaren Dachverbandes im Deutschen Olympischen Sportbund und des Stadtverbands für Sport Schwäbisch Hall e.V. (Stadtverband) sein. Das Jahr der Eintragung zählt als volles Jahr.
(16 Ja-Stimmen, 14 Nein-Stimmen)
- Luftverbandsvorsitzender Illig rückt vom Ratstisch Platz ab -