§ 63 - Waffenbestand in Schwäbisch Hall; a) Antrag der CDU-Fraktion vom 27.02.2012; b) Erhebung von Verwaltungsgebühren für die Kontrolle der Aufbewahrung (öffentlich)

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Sachvortrag:

zu a)

siehe Antrag der CDU-Fraktion


zu b)

Der Amoklauf in Winnenden und Wendlingen am 11.03.2009 mit der Tötung von 16 Menschen hat die Frage nach der Erforderlichkeit größerer Waffen- und Munitionsbestände in Privatbesitz einerseits und deren sorgfältige und sichere Aufbewahrung andererseits in den Vordergrund gerückt. Dieses Geschehen hat vor Augen geführt, welche verheerenden Folgen die falsche Aufbewahrung einer einzigen Waffe nach sich ziehen kann.

Um das von Waffen und Munition ausgehende allgemeine Sicherheitsrisiko zu verringern, hat die Stadtverwaltung im Oktober 2009 alle 780 Besitzerinnen und Besitzer von Waffen und Munition angeschrieben und angeboten, Waffen und Munition unbürokratisch und kostenfrei beim Fachbereich Bürgerdienste und Ordnung abzugeben. 278 Personen nutzten dieses Angebot. Die Waffenbehörde hat inzwischen 398 Waffen entgegengenommen und an den Kampfmittelbeseitigungsdienst weitergegeben. Aktuell sind jedoch immer noch 3.994 Waffen im Besitz von insgesamt 502 Personen.

Im Zuge dieser Aktion im Oktober 2009 hatten alle Waffenbesitzerinnen und -besitzer die erforderlichen Nachweise für die sichere Aufbewahrung ihres gesamten Waffen- und Munitionsbestandes vorzulegen. Damit war ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand verbunden.

Seit Änderung des Waffengesetzes (17. Juli 2009) haben die Waffenbehörden im Zusammenhang mit der nach § 36 Abs. 3 Waffengesetz vorgesehenen anlassbezogenen und verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrollen auch das Recht, die Räume, in denen Waffen und Munition aufbewahrt werden, zu betreten.

Nach einer ersten Evaluation der Aufbewahrungskontrollen hat das Innenministerium Baden-Württemberg festgestellt, dass etwa 30 % der Kontrollen anlassbezogen und 70 % verdachtsunabhängig waren. Im Landesdurchschnitt haben die Waffenbesitzerinnen und -besitzer ihre Schusswaffen in knapp 80 % der kontrollierten Fälle ordnungsgemäß aufbewahrt. In den gut 20 % der Fälle, in denen Verstöße gegen die Aufbewahrungsvorschriften festgestellt wurden, haben die Waffenbesitzerinnen und -besitzer die Mängel nach Beratung durch die Waffenbehörden regelmäßig behoben.

Die Stadtverwaltung hat sich bisher auf die Kontrolle der Nachweise für die Aufbewahrung der Waffen und Munition konzentriert und war personell darüber hinaus nicht in der Lage, Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen. Künftig ist vorgesehen, dass ein Sachbearbeiter der Waffenbehörde zusammen mit einem Vollzugsbediensteten monatlich an etwa zwei Abenden Kontrollen durchführt. Dabei ist wie folgt zu verfahren:

Es müssen alle Waffenbesitzerinnen und -besitzer aufgesucht werden, wobei ein Abgleich zwischen den gemeldeten und den übermittelten Daten zum Verwahrbehältnis erfolgt. Entsprechend Waffenbestand und Verwahrbehältnis den gesetzlichen Anforderungen, ist der Gesetzeszweck erfüllt. Dies wird in den Unterlagen vermerkt. Beim Erwerb einer weiteren Waffe ist erneut zu überprüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.

Differieren Waffenbestand und Verwahrbehältnis von den Angaben der Besitzerinnen und Besitzer, muss eine Nachfrist gesetzt werden; ggf. ist ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. Nach Ablauf der Nachfrist ist eine erneute Kontrolle nötig. Bei gravierenden Verstößen gegen die Aufbewahrungspflicht sind ein Strafverfahren und der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse zu prüfen.

Die Kontrollen müssen aus Gründen der Sicherheit und zur Beweissicherung durch zwei Personen durchgeführt werden. Da der zu erwartende Verwaltungsaufwand nicht gering ist und dadurch auch entsprechende Mindereinnahmen beim Vollzugsdienst zu erwarten sind, ist es folgerichtig und auch aus rechtlichen Gründen geboten, die mit diesen Aufbewahrungskontrollen verbundenen Kosten den Verursachern in Rechnung zu stellen.

Wie das Verwaltungsgericht wiederholt entschieden hat, finden auch verdachtsunabhängige Kontrollen auf Veranlassung und im Interesse der Waffenbesitzer statt mit der Folge, dass kostendeckende Verwaltungsgebühren erhoben werden dürfen. Zwar wird den Waffenbehörden in der neuen Verwaltungsvorschrift nahe gelegt, nur bei Kontrollen, die Beanstandungen zur Folge haben, Verwaltungsgebühren zu berechnen. Dies widerspricht jedoch der allgemeinen Gesetzeslage: Nach § 78 Gemeindeordnung Baden-Württemberg haben die Gemeinden, „die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen, soweit vertretbar und geboten, aus Entgelten für ihre Leistungen zu beschaffen“.

Die Stadt Schwäbisch Hall erhebt für öffentliche Leistungen, die auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner vorgenommen werden, nach der am 20.12.2006 vom Gemeinderat beschlossenen Satzung auf der Grundlage der §§ 2 u. 11 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und § 4 Abs. 3 des Landesgebührengesetzes (LGebG) entsprechend bemessene Verwaltungsgebühren. Unter der laufenden Nr. 28.19 des Gebührenverzeichnisses ist für den Auffangtatbestand „Sonstige Amtshandlungen, insbesondere Prüfungen und Untersuchungen, die im Interesse oder auf Veranlassung des Gebührenschuldners vorgenommen werden und nicht in dieser Tabelle aufgenommen sind“, eine Rahmengebühr von 27 bis 512 € vorgesehen.

Um die Besitzerinnen und Besitzer von Waffen und Munition mit den vorgeschriebenen Aufbewahrungskontrollen nicht allzu sehr zu überraschen, wurden diese am 24.01.2012 durch einen Brief des Oberbürgermeisters angekündigt und darauf hingewiesen, dass mit einer voraussichtlichen Verwaltungsgebühr von 90 € zu rechnen ist. Dabei ging die Verwaltung davon aus, dass vom Landratsamt für diese Kontrollen eine Gebühr von 120 € erhoben wird, wie dies einer Übersicht des Innenministeriums zu entnehmen war.

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass das Landratsamt zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung getroffen hatte. Am 30.03.2012 wurde nun die Gebührenverordnung des Landratsamtes im Haller Tagblatt veröffentlicht, wonach für die anlassbezogene Überprüfung der Aufbewahrung bei unzureichender oder Nichterfüllung der Nachweispflicht 80 € erhoben werden und für die verdachtsunabhängige Überprüfung der Aufbewahrung 70 €.

Die Frage der Gebührenerhebung wird von den Waffenbehörden unterschiedlich gehandhabt. Letztlich ist entscheidend, ob die mit diesen Kontrollen verbundenen Kosten die Allgemeinheit tragen soll oder diejenigen, die durch ihren Waffenbesitz diese Kontrolle notwendig machen. Die Verwaltung ist nach wie vor der Auffassung, dass diese spezielle Aufgabe der Waffenbehörde nicht mit allgemeinen Steuermitteln finanziert werden sollte, sondern durch eine adäquate Verwaltungsgebühr den Verursachern zu berechnen ist.

Unter Berücksichtigung der von der KGST ermittelten Kosten eines Büroarbeitsplatzes ist bei den zwei Kontrollpersonen von einem Stundensatz von 62,42 € und 38,62 € (insgesamt also 99,04 €) für Personalkosten, Sachkosten und Gemeinkosten auszugehen.

Im Hinblick auf die sehr unterschiedlich großen Bestände an Waffen und Munition wird der Kontrollaufwand sehr unterschiedlich sein. Die Verwaltung schlägt gemäß Anlage eine Regelung vor, die diesen Umstand berücksichtigt. Im Normalfall (bei einer Kontrolldauer vor Ort von bis zu 30 Minuten) entspricht dies der Gebühr des Landratsamtes in Höhe von 70 €. Damit der unterschiedliche Kontrollaufwand bei größeren Waffenbeständen in gerechter Weise berücksichtigt wird, ist es sinnvoll, für die Vorbereitung einschließlich Hin- und Rückfahrt eine Pauschale in Höhe von 50 € zu berechnen und für die Vor-Ort-Kontrolle eine Gebühr nach Zeitaufwand zu erheben: 20 € je angefangene halbe Stunde.

Der von den Jägerinnen und Jägern geforderte Verzicht auf eine Gebührenerhebung bei nicht anlassbezogenen Kontrollen der Waffenaufbewahrung ohne Beanstandung würde im Vergleich mit der regelmäßig vorgeschriebenen TÜV-Kontrolle eines Kraftfahrzeugs bedeuten, dass die TÜV-Gebühren nur bezahlen muss, wer Anlass zu Beanstandungen gibt. Ebenso wenig wie die regelmäßig erforderliche TÜV-Überprüfung von Kraftfahrzeugen den Steuerzahlern aufgebürdet wird, sollte die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Kontrolle der Aufbewahrung von Waffen und Munition zu Lasten der Steuerzahler gehen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart begründet die Zurückweisung einer Klage eines Waffenbesitzers laut Pressemitteilung vom 06.02.2012 unter anderem wie folgt:„Wegen der besonderen Gefährlichkeit des Waffenbesitzes knüpfe die durchgeführte Waffenkontrolle allein an den Waffenbesitz als solches an und falle daher – ungeachtet dessen, ob Anlass zu Beanstandungen oder Kontrollmaßnahmen gegeben worden sei oder nicht – in den Verantwortungsbereich des Klägers als Waffenbesitzer und werde so von ihm veranlasst und ihm zugerechnet. Die verdachtsunabhängige Vor-Ort-Kontrolle habe der Gesetzgeber nach den Erfahrungen der letzten Jahre in § 36, Abs. 3, Satz 2 des Waffengesetzes ausdrücklich vorgesehen und sei vom Waffenbesitzer zu dulden.“

Anlage: Satzung


Oberbürgermeister Pelgrim bezieht sich auf den o. g. Antrag der CDU-Fraktion sowie auf die jüngst in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen. Er wird an den Vorgaben von § 78 GemO festhalten - hiernach hat die Verursacherin/ der Verursacher die Kosten der Waffenkontrolle zu bezahlen, wobei der Gebührensatz die anfallenden Kosten nicht zu 100 % abdeckt. Aufgrund der Tatsachen, dass lediglich Stichproben vorgenommen werden (nur an zwei Abenden/ Monat) und angesichts der Zahl von 502 Waffenbesitzerinnen und -besitzer wird es für die Betroffenen zu keinen unzumutbaren Gebühren kommen. Oberbürgermeister Pelgrim hat die Gebührenhöhe der des Landkreises angepasst. Die Gebühr setzt sich einerseits aus einer Pauschale und andererseits dem Aspekt der zeitlichen Inanspruchnahme zusammen. Die Berücksichtigung der zeitlichen Inanspruchnahme wurde erforderlich, da die Waffenbesitzerinnen und -besitzer teilweise sehr unterschiedliche Bestände haben. Oberbürgermeister Pelgrim bittet Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner um eine Stellungnahme insbesondere hinsichtlich der oft zitierten Publikationen, die eine kostenfreie Durchführung der Kontrollen unterstützen.

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner zitiert die Verwaltungsvorschrift des Bundes. Hiernach wird eine sehr weiche Empfehlung ausgesprochen, keine Gebühren zu erheben, sofern sich auch keine Beanstandungen ergeben haben. Dies stellt jedoch keine Verpflichtung dar. Hiervon hat der Bund abgesehen, da anderenfalls ein finanzieller Ausgleich hätte geleistet werden müssen (Konnexitätsprinzip). Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner spricht sich dafür aus, das höherrangige Recht der Gemeindeordnung, wonach die Verursacherin/ der Verursacher Entgelte zu leisten hat, anzuwenden.

Stadtrat Frank bittet, dem Antrag seiner Fraktion zuzustimmen. Lt. Stellungnahme des Innenministeriums vom 13. März 2012 erheben von insgesamt 148 Waffenbehörden nur 16 Gebühren für verdachtsunabhängige Kontrollen. Er bittet außerdem, das Engagement der Waffenbesitzerinnen und -besitzer für den Naturschutz sowie deren bürgerliches Engagement in die Entscheidung mit einfließen zu lassen.

Stadtrat Kaiser ist mit dem jetzt vorliegenden angemessenen Kompromiss einverstanden - Voraussetzung der Zustimmung seiner Fraktion ist, dass die Gebühren dem tatsächlichen Aufwand entsprechen müssen und der Verursacherin/ dem Verursacher in Rechnung gestellt werden.

Stadtrat Prof. Dr. Geisen hält die Kontrollen für erforderlich und angemessen - insbesondere im Hinblick auf die relativierte Häufigkeit (ca. alle drei Jahre).

Für Stadträtin Herrmann ist die Transparenz der Gebührenhöhe entscheidend. Sie hätte einer pauschalen Gebühr den Vorzug gegeben. Sie stellt außerdem die Frage der Rechtssicherheit, falls das höherinstanzliche Urteil anders ausfällt.

Für Stadtrat Preisendanz machen nur regelmäßige und umfassende Kontrollen Sinn, alles andere nährt in ihm den Verdacht, der Beruhigung der Öffentlichkeit zu dienen. Im Übrigen weist er auf eine Vielzahl von öffentlichen Leistungen hin, die nicht wieder erstattet werden (z. B. Polizeieinsätze in Fußballstadien).

Stadträtin Jörg-Unfried hält die Rechtslage für eindeutig - die Gebühr muss von der Verursacherin/ dem Verursacher erhoben werden. Aus diesen Gründen hat auch das Verwaltungsgericht Stuttgart eine Berufung nicht zugelassen.

Oberbürgermeister Pelgrim stellt klar, dass die Bejagung kein öffentlicher Auftrag sondern der Auftrag der Grundstücksbesitzerinnen und -besitzer ist. Er hält entsprechend der Rechtsordnung am Verursacherprinzip fest und merkt abschließend an, dass sich die Gebührenbelastung in einem unteren Euro-Betrag bewegt.

Stadtrat Bay erkundigt sich nach den Waffen des Siedershofs.

Nach Auskunft von Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner fallen diese nicht unter die Kontrollpflicht, da es sich hier um historische Waffen handelt, die vor 1876 hergestellt wurden.

Stadträtin Rabe erinnert an den § 62 der heutigen Sitzung - auch dieses Gutachten wird von der Steuerzahlerin/ dem Steuerzahler finanziert. Ihrer Meinung nach ist die Jägerschaft ein großer Umweltschützer - auch die Beseitigung von getöteten Wild im Rahmen von Unfällen erfolgt unentgeltlich. Die Kontrollen sind vom Gesetzgeber verursacht und sollen der Beruhigung der Bevölkerung dienen. Die Jägerinnen und Jäger verdienen es nicht, mit einer Gebühr an den Pranger gestellt zu werden. Sie ist der Meinung, dass eine Gebühr nicht zulässig ist.

Beschluss

- Empfehlung an den Gemeinderat -

Die Satzung zur Änderung der Verwaltungsgebührensatzung vom 20. Juni 2006 wird gemäß Anlage beschlossen.
(11 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen)

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