§ 118 - Information über den Bauantrag der Funkturm GmbH für einen Mobilfunkmast an der Berliner Straße (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Oberbürgermeister Pelgrim führt in das Thema ein und berichtet, dass die Deutsche Funkturm GmbH ein Baugesuch für die Errichtung eines Mobilfunkmastes in der Berliner Straße 22 eingereicht hat. Dieses Grundstück befindet sich im Eigentum der Deutschen Telekom. Nachdem das Vorhaben in der Öffentlichkeit durch die Angrenzerbeteiligung bekannt wurde, spricht nichts gegen die öffentliche Behandlung, obwohl die Inhalte aus Baugesuchen normalerweise dem Datenschutz unterliegen. Der Antragsteller hat nach eigener Aussage mehr als ein Jahr nach einem aus funktechnischer Sicht gleichermaßen geeigneten Standort gesucht; entsprechende Pachtanfragen blieben leider erfolglos. Der geplante Standort dient in erster Linie zur Verbesserung der Mobilfunk-Versorgung (GSM) im Bereich der Tullauer Höhe und wird gegebenenfalls auch für die UMTS-Versorgung genutzt.

Bürgermeister Stadel geht auf die Details des beantragten Standortes ein und erläutert das Vorhaben anhand von Fotos aus allen Himmelsrichtungen und Auszügen aus dem Baugesuch (Lageplan und Ansichten). Zwei Grafiken zeigen die heutige Versorgungssituation mit vergleichsweise schlechten Feldstärken und die geplante Versorgung, die nach der Errichtung des Mastes möglich sein wird. Wichtiges Merkmal für den Betreiber ist neben der Sprach- und der Empfangsqualität vor allem die Anzahl der gleichzeitig führbaren Gespräche. Alle diese Kriterien genügen heute nach Aussage des Antragstellers für den Bereich der Tullauer Höhe nicht den üblicherweise zu erfüllenden Ansprüchen.

Er erläutert daraufhin die Rechtssituation. Grundsätzlich ist eine Mobilfunkanlage in einem Allgemeinen Wohngebiet als so genannte nichtstörende gewerbliche Einrichtung als Ausnahme zulässig. Die Genehmigungsvoraussetzungen sind beim beantragten Standort aus heutiger Sicht gegeben. Trotzdem hat die Verwaltung im Vorfeld Gespräche mit dem Antragsteller geführt, um Standortalternativen zu erörtern. Dieser sieht allerdings hinsichtlich des möglichen Standortes aus funktechnischer Sicht nur wenige Alternativen. Die Reichweite der vergleichsweise schwachen Mobilfunksender ist sehr begrenzt, die Sendeleistung beträgt nur bis zu 30 Watt bei den D-Netzen und etwa die Hälfte bei den E-Netzen (zum Vergleich: Rundfunksender bis 100 Kilowatt, TV-Sender bis 500 Kilowatt, also der mehr als 16.000-fache Wert einer Mobilfunkstation). Eine Mobilfunksendeeinrichtung kann daher nicht an beliebiger Stelle außerhalb des zu versorgenden Gebietes installiert werden (Faustwert zur Reichweite: GSM rund 600 bis 1.200 Meter, UMTS nur rund die Hälfte). Idealerweise sollte ein Standort daher im Zentrum des Versorgungsbereichs gewählt werden. Auch muss die Antenne am höchsten Punkt im Gelände angebracht werden, bzw. sollte das höchste Hindernis überragen. Ein idealer Standort aus funktechnischer Sicht wäre z. B. das Hochhaus am Hagenbacher Ring 2 oder die beiden nebenan befindlichen Gebäude. Entsprechende Anfragen vom Antragsteller haben aber nicht zum Erfolg geführt.

In diesem Zusammenhang geht Bürgermeister Stadel nochmals auf die rechtliche Situation ein: Da die Bürgerinnen und Bürger praktisch ausschließlich Befürchtungen hinsichtlich der Strahlungsimmissionen äußern, muss diesem Aspekt besondere Rechnung getragen werden. Für den Bauantrag ist aus formaler Sicht festzuhalten, dass die immissionsschutzrechtlichen Aspekte mit der Vorlage der entsprechenden Standortbescheinigung der Regulierungsbehörde (Bundesnetzagentur – BNetzA) vollständig abgearbeitet sind. Die Baugenehmigungsinstanz hat hier keinerlei Prüfungskompetenz, d. h. bei Vorlage der Standortbescheinigung ist das Vorhaben aus immissionsschutzrechtlicher Sicht zulässig. Die einzuhaltenden Sicherheitsabstände nach dem geltenden Recht betragen in der Regel und auch im vorliegenden Fall wegen der vergleichsweise geringen Sendeleistung beim Mobilfunk nur einige Meter. Er zeigt mit Fotos verschiedene Beispiele aus Schwäbisch Hall, wo sich Mobilfunkeinrichtungen ebenfalls in unmittelbarer Nähe zu Wohngebäuden befinden (Anlage: Mobilfunkstandorte in SHA). Den Ausschussmitgliedern wird zudem eine tabellarische Übersicht über die Anbringungshöhen, die Höhe der Masten und die Abstände zu einzelnen Nutzungen zur Verfügung gestellt. Hierbei zeigt sich, dass der beantragte Standort an der Berliner Straße im Wesentlichen keine anderen Gesichtspunkte aufweist, als andere bereits bestehende Plätze von Mobilfunkbasisstationen in Hall. Auch im Hinblick auf die städtebauliche Situation und die Mastdimension sind vergleichbare Anlagen und Situationen bereits vorhanden (z. B. Laccornweg, Katzenkopf).

Aus strahlungstechnischer Sicht halten diese Standorte die gesetzlichen Vorgaben, die in der 26. BImSchV festgelegt sind, problemlos ein. Er verweist auf die öffentlich zugängliche EMF-Datenbank der BNetzA, in der sämtliche Standorte in der Bundesrepublik, für die eine Standortbescheinigung erteilt wurde, abrufbar sind. Auch sind hier die Daten von Messungen der elektromagnetischen Feldstärken an ausgewählten Standorten abrufbar, wobei sämtliche vor Ort tatsächlich vorhandenen Feldstärken (incl. Polizei- und Rettungsfunk, Betriebs- und Datenfunk, Mobilfunk GSM und UMTS usw.) berücksichtigt werden - nicht nur die von einer bestimmten Funkanlage ausgehen Strahlungen. Beispielhaft werden zwei Messorte erläutert: Eine am 10.10.2003 in der Max-Eyth-Straße (Tullauer Höhe = Versorgungsgebiet der beantragten Mobilfunkbasisstation) von der BNetzA durchgeführte Messung hat für den Hochfequenzbereich (Strahlungen von 100kHz bis 300 Ghz) lediglich eine Grenzwertausschöpfung von 0,000469 Prozent ergeben, d. h. die aktuelle Strahlenbelastung liegt hier weit unter einem Prozent des nach der 26. BImSchV zulässigen Grenzwertes. Eine zweite Messung wurde im Jahr 2004 im Bereich der Wohnanlage Heidweg/ Aschenhausweg durchgeführt. Hier befinden sich mehrere GSM-Basisstationen in unmittelbarer räumlicher Nähe zu den Wohngebäuden und zum Messort. Auch dort wird der Grenzwert massiv unterschritten; die Grenzwertausschöpfung lag für den Hochfrequenzbereich bei gerade einmal 0,00158 Prozent. Die Bewertung dieser messtechnisch ermittelten Feldstärken erfolgt nach der Empfehlung des Rates der EU vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (1999/519/EG) und steht damit im Einklang mit den Anforderungen der EU-Ratsempfehlung und den in Deutschland geltenden Verordnungen (26. BimSchV).

Weitere Bespiele aus mehreren Städten belegen, dass sich Mobilfunkbasisstationen je nach topographischer Situation sehr häufig auch in den Wohnquartieren befinden und dieses mit der geltenden Rechtslage sowie mit den derzeitigen Forschungserkenntnissen problemlos vereinbar ist. Die in Deutschland geltenden Grenzwerte beruhen auf der Empfehlung der Strahlenschutzkommission und werden von dieser laufend auf der Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüft. Sie befinden sich darüber hinaus im Einklang mit internationalen Empfehlungen bis hin zur WHO.

Oberbürgermeister Pelgrim weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es unseriös sei, bei dieser Faktenlage überhaupt von „Gefahren“, die durch den Mobilfunk in Hall ausgehen, zu sprechen. Selbst eine drastische Verschärfung der Grenzwerte, wie von Mobilfunkgegnern immer wieder gefordert, würde bei der vorgenannten Faktenlage und den geringen Feldstärken, die bei Messungen ermittelt wurden, zu keinen Problemen führen. Auch der VGH Mannheim hat mit Urteil vom 19.11.2003 festgestellt, dass ein Ausschluss von Mobilfunkanlagen im Allgemeinen Wohngebiet aus Gründen der Gesundheitsvorsorge nicht zulässig sei.

Anschließend erläutert Baurechtsamtsleiter Franz einige grundsätzliche baurechtliche Sachverhalte. Die Baurechtsbehörde (BRB) erfüllt einen gesetzlich verankerten Auftrag. Es handelt sich dabei um die Erledigung weisungsgebundener Pflichtaufgaben auf der Grundlage der bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften, in erster Linie des BauGB und der LBO.

Dazu gehört u. a. die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens. Die BRB hat dabei eine sog. “Garantenstellung”, d. h dass alle Betroffenen sich darauf verlassen können, dass sie eine rechtmäßige und gesetzeskonfome Entscheidung trifft. Dies gilt sowohl für den Antragsteller als auch für Angrenzer, Nachbarn und sonstige Beteiligte. Dass dabei nicht alle Interessenlagen berücksichtigt werden können, liegt in der Natur der Sache.

Grundsätzlich ist eine Baugenehmigung immer dann zu erteilen, wenn keine von der BRB zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften dem geplanten Vorhaben entgegenstehen, d. h., dass der Antragsteller einen einklagbaren Rechtsanspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung hat, wenn die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Dies gilt für alle genehmigungspflichtigen Bauvorhaben, wie z. B. Garagen, Wohngebäude, gewerbliche Betriebe oder eben auch Mobilfunkanlagen.

Die BRB prüft - wie bei allen anderen Bauanträgen auch - die Genehmigungsfähigkeit unter Berücksichtigung der dafür geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Zu beachten sind dabei aber nicht nur die gesetzlichen Regelungen, sondern auch die aktuelle verwaltungsgerichtliche Urteilspraxis.

Die mit einer Mobilfunkanlage einhergehende Frage nach den zulässigen Grenzwerten für elektromagnetische Strahlung richtet sich in erster Linie nach der 26 BImSchV, der VO über elektromagnetische Felder. Die Einhaltung dieser Grenzwerte hat der Antragsteller durch die sog. Standortbescheinigung nachzuweisen. Diese wird von der Bundesnetzagentur erteilt, welche die inhaltlichen Voraussetzungen, d. h die Einhaltung der Grenzwerte prüft. Entscheidend dabei ist die Feststellung, dass mehrfach obergerichtlich entschieden wurde, dass die BRB keinerlei inhaltliche Prüfungskompetenz dahingehend besitzt, ob die Grenzwerte eingehalten sind oder nicht. Die der BRB vorliegende Standortbescheinigung ist uneingeschränkt zu beachten und zu akzeptieren.

Ferner weist Herr Franz darauf hin, dass die Baurechtsbehörde keinen Raum für eine ablehnende Entscheidung hat, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen für die Mobilfunkanlage erfüllt sind. Die Bindung an geltendes Recht lässt keine andere Entscheidung zu.

Stadtrat Unser plädiert für einen Kompromiss, da der beantragte Standort an der Berliner Straße s. E. total unsensibel sei. Man sollte mit der Funkturm GmbH nochmals Gespräche über einen anderen Standort führen.

Stadtrat Sakellariou weist darauf hin, dass im Bereich Hagenbach/Tullauer Höhe u. U. noch drei weitere mögliche Standorte zur Verfügung stehen, die erst einmal überprüft werden sollten.

Oberbürgermeister Pelgrim gibt zu, dass der beantragte Standort aus städtebaulicher Sicht nicht der Beste sei. Aber er könne nicht verhindert werden, wenn der Antragsteller keine Alternative finden sollte.

Diesbezüglich wären das Schulzentrum West oder die Kamine des landkreiseigenen Berufschulzentrums Tullauer Höhe besser geeignet.

Man habe bereits mit der Deutschen Funkturm GmbH über Alternativlösungen gesprochen, die übrigens auf den Masten an der Berliner Straße - der sie 80.000 € kosten dürfte - gerne verzichten würde. Dann wäre aber eine Alternative auf einem der drei höchsten Wohnhäuser des Hagenbacher Rings bzw. auf dem Schulzentrum West oder dem Berufschulzentrum notwendig.

Stadtrat Baumann spricht sich für den o. g. Vorschlag aus, nochmals andere Standorte zu überprüfen, da der bisherige Vorschlag städtebaulich sicher keine gute Lösung sei.

Stadträtin Herrmann erläutert den Antrag ihrer Fraktion und schlägt vor, dass sich alle beteiligten Seiten nach den heutigen guten und klaren Informationen nochmals mit dem Thema beschäftigen und weiterhin kundig machen sollten, damit das Problem dann im Herbst ausführlich im Gemeinderat behandelt werden kann.

Sie bringt auch eine evtl. Informationsveranstaltung mit Vertretern der technischen Seite, des Gesundheitsamtes, des Landratsamtes u. a. ins Gespräch.

Stadtrat Neidhardt spricht sich für die Stellungnahme der Verwaltung aus, da man wohl keine andere Wahl habe.

Nach weiterer kurzer Aussprache sagt Oberbürgermeister Pelgrim zu, dass die Verwaltung nochmals mit der Hauseigentümergemeinschaft des Hochhauses am Hagenbacher Ring reden wolle und dass die Anträge der Fraktionen (SPD und Grüne) von der Verwaltung schriftlich beantwortet und in der nächsten BPA-Sitzung behandelt würden.

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