§ 100 - Projekt „Stolpersteine“ (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

s. a. GR vom 26.11.03, § 159/5

Beim o. g. Projekt handelt es sich nach Auffassung der Verwaltung nicht um ein besonderes ureigenes Anliegen der Stadt, da bereits an verschiedenen Orten im Stadtgebiet Mahnmale und Gedenksteine auf die nationalsozialistische Vertreibung und Verfolgung hinweisen.

Andererseits soll privates Engagement nicht verhindert, sondern ermöglicht werden. Dies setzt voraus, dass von den Initiatoren des Projekts zunächst das Einvernehmen der Familien der Betroffenen und der Eigentümer einzuholen ist. Ferner sind die gesamten Kosten einschließlich Umlagen von den privaten Geldgebern zu tragen. Die bautechnische Ausführung muss fachmännisch erfolgen.

Herr Ulrich Dehn, Mitbegründer des Haller Kunstvereins, berichtet dem Gemeinderat von den schrecklichen Ereignissen in der sog. Reichskristallnacht, als auch in Hall die Fensterscheiben von jüdischen Geschäften eingeschlagen und auf dem Marktplatz Bücher verbrannt wurden.

Als 5-jähriger Junge habe er dies persönlich mitbekommen.

Es gehe um das Sichtbarmachen der historischen Dimension.

Mit den Stolpersteinen, die vor den Häusern ehemaliger jüdischer Mitbürger verlegt werden sollen, werde die Geschichte unscheinbarer Leute sichtbar gemacht.

Bisher seien in 34 Städten etwa 3.500 Stolpersteine verlegt worden.

In Hall hätten sich bisher 9 Personen bereit erklärt, die Kosten für die Steinsetzungen zu übernehmen. Ein Stolperstein koste 95,-- €. Da die Aktion vollständig von Privatpersonen getragen werde, koste sie die Stadt keinen Cent.

Stadtrat Comtesse spricht sich nochmals mit voller Überzeugung für die Aktion aus und würdigt das Bürgerengagement, dass man nicht verhindern solle.

Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland sei für die Stolpersteine, wie er aus einem entsprechenden Brief zitiert.

Er beruft sich auf Alt-Bundespräsident Roman Herzog, der gesagt habe, dass das „Erinnern in unsere Mitte“ gehöre.

Stadtrat Denz möchte keinen öffentlichen Raum für die Steine zur Verfügung stellen. Für ihn stellt sich die Frage, ob bei Demonstrationen von Rechtsradikalen womöglich jeder Stolperstein geschützt werden müsse.

Er beantragt, dass sich die Stadt nicht an der Aktion beteiligt.

Stadtrat Preisendanz argumentiert ebenfalls dagegen. Er habe beobachtet, dass sich viele Jugendliche durch ein Überfrachtetwerden mit diesem Teil der dunkelsten deutschen Geschichte gestört fühlten.

Daher bestehe die Gefahr, dass das Gegenteil dessen erreicht werde, was beabsichtigt sei.

Stadträtin Nothacker spricht sich uneingeschränkt für das Vorhaben aus. Sie bedauert die Spaltung im Gemeinderat.

Stadtrat Dr. Hasenfuss empört sich darüber, solche „dummen“ Argumente zu bringen, wie es die Gegner tun.

Wenn man mit den Neonazis Käppler und ähnlichen Wahnsinnigen gegen die Stolpersteine argumentiere, spiele man diesen nur in die Hände.

Und mit der eigenen Geschichte könne man nie überfrachtet werden.

Er hält das ganze für eine peinliche Debatte, die ihn schocke.

Nach weiterer kurzer Aussprache zieht Stadtrat Comtesse den Antrag der SPD-Fraktion vom 20.11.2003 zurück und schließt sich dem Verwaltungsvorschlag an.

Oberbürgermeister Pelgrim verweist auf die lediglich 11 Standorte mit maximal 27 Namen für Hall.

Dazu müsse allerdings noch das Einvernehmen der Betroffenen und Eigentümer eingeholt werden.

Der CDU-Antrag, dass sich die Stadt Schwäbisch Hall nicht an der Aktion „Stolpersteine“ beteiligt, wird mit 18 Nein-Stimmen, bei 10 Ja-Stimmen und 7 Enthaltungen abgelehnt.

B e s c h l u s s :

Für das Projekt „Stolpersteine“ soll privates Engagement nicht verhindert, sondern ermöglicht werden. Dies setzt voraus, dass die Initiatoren zunächst das Einvernehmen mit den Familien der Betroffenen sowie mit den Eigentümern herstellen.

Die gesamten Kosten einschließlich Umlagen sind von privaten Geldgebern zu tragen. Die bautechnische Ausführung hat fachmännisch zu erfolgen.

(21 Ja-Stimmen, 11 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen)

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