§ 231/5 - Haushaltsrede der Gruppe Bündnis 90/ Die Grünen (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,

als Rezzo Schlauch am Wochenende sein Büro in der Gelbinger Gasse eröffnete, meinte er mit Blick auf Berlin, dass nicht alles, was im Augenblick dort geboten werde, vergnügungssteuerpflichtig sei. Das trifft haargenau auch auf die Situation hier vor Ort zu. Die finanzielle Lage der Stadt ist nach wie vor katastrophal und dieser Haushaltsplan 2003 schreibt nur das Finanzdesasters 2002 fort. Wie ernst die Lage ist, zeigt sich deutlich beim Blick auf die Eckdaten: Steuereinnahmen in Höhe von 37 Mio. Euro werden von den Umlagen nahezu aufgebraucht.

Infolge dessen kann der Verwaltungshaushalt nur durch eine umgekehrte Zuführungsrate ausgeglichen werden. Nach fast 19 Mio. Euro 2002,

werden für das nächste Jahr noch einmal über 21 Mio. Euro

zum Ausgleich des Verwaltungshaushalts benötigt.

Das heißt, wir haben einen Zustand der absoluten Leistungsunfähigkeit, und das bereits im zweiten Jahr.

Die Mittel zum Haushaltsausgleich, diese sog. Ersatzdeckungsmittel, werden über den Verkauf kommunalen Vermögens an eigene Unternehmen wie GWG, HGE oder TMG erwirtschaftet, die den Kauf ihrerseits wiederum über Kredite finanzieren müssen; d. h. wir haben im kommunalen Kernhaushalt eine nicht sichtbare Kreditausweitung über Schattenhaushalte, die die Gesamtverschuldung der Stadt gewaltig in die Höhe treibt.

Auf den Beteiligungsbericht im nächsten Frühjahr kann man gespannt sein. An dieser Stelle will ich daran erinnern, dass wir Grünen in den vergangenen Jahren stets angemahnt hatten, vermehrt Schulden abzubauen, um Vorsorge für die Zukunft zu treffen. Das wurde versäumt, sodass die Verschuldung trotz hoher Gewerbesteuereinnahmen von knapp 70 Mio. DM im Jahr 98 auf ca. 110 Mio. DM (incl. Eigenbetrieb Abwasser) im Jahr 2001 anstieg.

Die Haushaltseckdaten machen deutlich, dass trotz sinkender Umlagenbelastung in den kommenden Jahren, weitere Konsolidierungsmaßnahmen allein nicht ausreichen werden,

um Schwäbisch Hall wieder auf finanzpolitisch gesunde Beine zu stellen.

Eine Reform der Gemeindefinanzen ist dringend notwendig, und zwar eine, die das Prädikat zukunftsfähig verdient.

Eine Reform, die die Kommunen wieder dauerhaft in die Lage versetzt, die Erwartungen an eine soziale Marktwirtschaft zu erfüllen.

Wesentliches Element dieser Reform muss dabei eine tragfähige Gewerbesteuerreform sein.

Wir brauchen keine Abschaffung der Gewerbesteuer, sondern eine Modernisierung.

Wir brauchen eine Gewerbesteuer mit breiterer Bemessungsgrundlage, die vor allem wieder Großbetriebe in die Pflicht nimmt zur Mitfinanzierung der kommunalen Infrastruktur.

Deshalb werden wir darauf drängen, dass die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Abschaffung der gewerbesteuerlichen Organschaft möglichst zügig umgesetzt wird. Ferner muss am Prinzip der Konnexität festgehalten werden, auch das steht im Koalitionsvertrag.

Für die kommunalen Spitzenverbände muss es ein Vetorecht und auf Dauer ein institutionalisiertes Mitspracherecht geben, bei allen Bundes- und Landesgesetzen mit finanziellen Auswirkungen für die Kommunen.

Die Stadt-/ Umlandproblematik muss berücksichtigt werden, d. h. es kann nicht sein, dass durch eine lokal stark divergierende Bevölkerungsentwicklung, die Einnahmen der Städte abnehmen, die zentralörtliche Versorgungsfunktion aber aufrecht erhalten werden muss.

Eine weitere Forderung muss sein, dass die Erhöhung der Gewerbesteuerumlage sofort zurückgenommen wird, denn die erwarteten Mehreinnahmen aufgrund des Steuersenkungsgesetzes blieben ja aus.

Wir werden diese Forderungen nach oben an unsere Parteispitze weitergeben und hoffen, dass die anderen Parteien gleiches tun,

um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Soweit zur dringend notwendigen Reform der Gemeindefinanzen.

Zum HH selbst:

Sowohl der Verwaltungshaushalt als auch der Vermögenshaushalt wurden gewaltig abgespeckt.

Im Vermögenshaushalt gibt es gerade noch zwei große Ausgabeposten,

1. echte Investitionen im Hoch- und Tiefbau mit gerade einmal 2,3 Mio. Euro. Kommt es hier nicht dauerhaft zu einer Verbesserung, dann droht der Verfall der öffentlichen Bausubstanz und der Infrastruktur mit den entsprechend hohen Folgekosten.

Der zweite große Posten ist die vertragliche Verpflichtung zum Kauf des Glashauses mit 3,3 Mio. Euro, ein dicker Brocken in der derzeitigen Finanzlage. Diese Entscheidung war leider wenig vorausschauend und wir Grünen waren damals zu Recht dagegen, diese Immobilie zu erwerben.

Beim Grunderwerb sieht es so aus, dass der Haushaltsansatz für 2003 um mehr als die Hälfte reduziert wurde. Und das ist gut so.

Denn im Haushaltsjahr 2002 wurden tatsächlich 6-stellige Eurobeträge für Grunderwerb zum Ausbau des Flugplatzes ausgegeben.

Und weitere Zukäufe in Höhe von einer halben Million DM werden mit großer Wahrscheinlichkeit noch in diesem Jahr getätigt.

Vor dem Hintergrund des allg. Sparzwangs ein Skandal und ein typ. Beispiel dafür, dass es trotz des engen finanziellen Rahmens immer noch Spielraum gibt für Wunschprojekte des OBs und der konservativen Ratsmehrheit.

Wie wollen sie denn da glaubhaft vermitteln, dass die Schließung eines Kindergartens unabwendbar sei?

Und auch das ehrgeizige Projekt Kocherarkaden wäre nie auf Eis gelegt worden, wenn nicht ein Investor nach dem anderen abgesprungen wäre.

Auch hier war ja eine Beteiligung der Stadt vorgesehen, zumindest über die Töchter Stadtwerke und GWG mit mehreren Millionen.

Soviel zu den Steckenpferden des OBs und Mehrheit hier im Saal.

Im Verwaltungshaushalt sieht es nicht besser aus als im Vermögenshaushalt:

Die meisten Positionen sind auf ein Minimum zusammen gestrichen.

Auf einige wenige Bereiche möchte ich im Folgenden kurz eingehen:

Städtisches Personal:

Auch bei den Personalausgaben sind weitere Einsparungen vorgesehen.

Ich möchte jedoch davor warnen, im Personal nur noch einen Kostenfaktor zu sehen. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verrichten ihre Arbeit, schaffen Werte und erbringen Leistungen.

Und angesichts einer stetig steigenden Arbeitsbelastung sollte nicht zusätzlich ein Klima der Demotivation erzeugt werden.

Denn gerade die Notwendigkeit weiterer Einsparungen muss einen Prozess

in Richtung aktiver Einbeziehung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen auslösen. Nur so lässt sich weiteres Einsparpotential erschließen.

Kinder- und Jugendarbeit:

Die in diesem Jahr beschlossene Neustrukturierung haben wir schweren Herzens mitgetragen.

Wir haben diese Entscheidung vor allem deshalb mitgetragen, weil die Eckpfeiler der Kinder- und Jugendarbeit erhalten bleiben.

Aber wir haben auch deutlich signalisiert, dass wir bei einem weiteren Abbau nicht mitgehen werden;

Kinder- und Jugendarbeit hat präventiven Charakter und jeder eingesparte Euro kommt uns später teuer zu stehen.

Soviel schon mal im voraus zur nächsten Sparrunde.

Kultur- und Bildungseinrichtungen:

VHS: Einsparungen im Bildungsbereich halten wir für falsch.

Anstatt Einsparkonzepte, wie von der CDU beantragt, zu erstellen,

sollten vielmehr Überlegungen angestellt werden wie man die Einnahmen erhöhen könnte ohne Abstriche an der Qualität zu des Kursangebotes zu machen. Eine Möglichkeit wäre z.B. verbilligte Anfängerkurse anzubieten.

HFM: Von dem Vorschlag der Freien Wähler das Museum einem freien Galeristen bzw. Kunstmäzen anzubieten halten wir gar nichts.

Abgesehen von den Problemen der praktischen Umsetzung, werden hier natürlich die Weichen gestellt, ob unsere Stadt ihr Profil als Kulturmetropole auf Dauer beibehalten kann.

Wenn weitere Einsparungen unumgänglich werden, könnten wir uns vorstellen, dass über eine sinnvolle Budgetierung weitere Einspareffekte möglich wären.

Stadtentwicklung: JVA

Das Scheitern der Kocherarkaden auf dem Gelände der JVA war abzusehen.

War es doch von Anfang an fragwürdig, ob ein solches Projekt für Schwäbisch Hall sinnvoll und wirtschaftlich tragfähig sein würde.

Ich denke aber man sollte nun die Zeit nutzen und Überlegungen anstellen, ob es nicht bessere Lösungen für Schwäbisch Hall gibt.

Nichts zu tun und abzuwarten, bis die Konjunktur sich bessert und ein Investor auftaucht halten wir für den falschen Weg.

Wir denken diese Herausforderung sollte aktiv in Angriff genommen werden.

Zum Schluss möchte ich noch auf unser Abstimmungsverhalten eingehen.

Wir werden dein Haushaltsplanentwurf 2003 zustimmen, weil wir keine Alternative dazu sehen.

Wenn man dieses Zahlenwerk durchliest, wird schnell klar,

dass fast alle Haushaltsposten auf ein Minimum zusammengestrichen wurden. Investiert wird, abgesehen von vertraglichen Verpflichtungen, fast nichts mehr, an der Infrastruktur wird festgehalten, auf Gebühren- und Beitragserhöhungen wurde verzichtet.

Darüberhinaus läßt die momentane Finanzlage absolut keinen Spielraum zur politischen Gestaltung oder die Möglichkeit andere Schwerpunkte zu setzen.

Abschliessend möchte ich mich bei allen städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanken, insbesondere bei Frau Scholl und Herrn Schmid, die wieder einmal zwei Haushaltspläne in einem Jahr erstellen mussten und bei Ihnen meine Damen und Herren für Ihre Aufmerksamkeit.

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