§ 51 - Bauvorhaben der Türkisch-Isalmischen Union im Bereich Gaildorfer Straße/ Heimbacher Dorfstraße (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

s. a. VFA vom 04.03.02

Die Türkisch-Islamische Union hat bisher ihren Gebetsraum für die islamische Religion in der Gelbinger Gasse 77. Aufgrund des Zuwachses an Einwohnern türkischer Abstammung in den vergangenen 30 Jahren in Schwäbisch Hall sind die dort angemieteten Räume inzwischen sehr beengt, so dass der Bau einer Moschee geplant ist. Insgesamt leben 789 Einwohner mit türkischer Abstammung in Hall.

Im Zusammenhang mit mehreren Anfragen von Religionsgemeinschaften im Stadtgebiet wurden in den Jahren 2000/2001 folgende Standortuntersuchungen durch die Verwaltung vorgenommen, um mögliche Plätze für religiöse Nutzungen herauszufinden:

StandortLagerbeschreibungBeurteilungGesamtbewertung
1.zw. Kiga Teurershof und gepl. ev. Gemeindezentrumgeeignet, Einengung naturräumlicher Situation Teurersee, weitere Freiraumreduzierung Teurershof, im Eigentum Stadt, nahe an Nutzern, Widerstand der Anwohner zu erwarten+
2.Gaildorfer Straßegut geeignet, städtebaulich unproblematisch, da eingebunden in Gebäudezeile unterschiedlicher Struktur, gute Erschließung, nahe an Nutzern, im Eigentum der Stadt+ +
3.Hartäcker, Gaildorfer Straßeprinzipiell geeignet, Eigentum Stadt, SO Bildung, blockiert Entwicklung für Bildungseinrichtungen+ / -
4.Stadteinfahrt Crailsheimer Straßepotenzielles Grundstück für Dienstleister, steiles Hanggrundstück für kirchl. Bauwerk eher ungeeignet, Konflikt mit Landschaftsbild, große Entfernung für Nutzer, Widerstand der Anwohner zu erwarten-
5.Sonnenrain, Solparksehr exponierte Lage, blockiert Siedlungsentwicklung, große Entfernung für Nutzero / -
6.gegenüber Molkerei in Hessentalpotentielles Grundstück für Autohaus, Grundstück nicht vollständig im Eigentum der Stadt, große Entfernung für Nutzer+
7.Eberhard-Heim-Straße, Hessentalgeeignet, wurde vor kurzer Zeit an kirchl. Einrichtung vergeben, große Entfernung für Nutzer+ +
8.neben PR Bhf. HessentalEinschränkung der Park+Ride-Fläche, Wasserhochbehälter müsste entfernt werden, kostenintensiv, große Entfernung für Nutzer+ / -
9.südl. Einkornalleemäßig geeignet, nicht im Eigentum der Stadt, Erschließung nicht unproblematisch, große Entfernung für Nutzero / -
10.Segelflughalle Einkornnicht im Eigentum der Stadt, Konflikt mit Landschaftsbild, große Entfernung für Nutzer- -

Zunächst wurde der Türkisch-Islamischen Union auf Grund ihres Antrags im Jahr 2000 ein Grundstück neben dem P+R-Platz in Hessental angeboten. Die Vertreter der Gemeinschaft haben jedoch mitgeteilt, dass etwa 90 % der türkischen Familien im Westen und der Innenstadt wohnen und daher ein Standort in Hessental nicht in Frage käme. Überlegungen zum Bau einer Moschee im Innenstadtbereich scheiterten an der Verfügbarkeit von geeigneten Grundstücken und/oder an denkmalschutzrechtlichen Bedenken.

Das jetzt zur Diskussion stehende Gelände an der Gaildorfer Straße war zuvor als Ersatzfläche für Herrn Setzer (ESSO-Tankstelle, Stuttgarter Straße) reserviert. Nachdem er sich für ein Ersatzgrundstück im Kerz entschieden hatte, wurde der o. g. Bauplatz der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Schwäbisch Hall und der Süddeutschen Vereinigung angeboten, die sich jedoch beide aus wirtschaftlichen Gründen nicht zum Kauf entschieden haben; (die Evangelisch Freikirchliche Gemeinde entschied sich für einen Bauplatz in der Eberhard-Heim-Straße, die Mitgliederversammlung der Süddeutschen Vereinigung trat von der Kaufoption zurück, obwohl bereits die Planung für ein Gebäude ausgearbeitet war).

Als Konsequenz dieser Entscheidungen wurde das Grundstück der Türkisch-Islamischen Union angeboten, die das Angebot annahm.

Sie plant dort den Neubau einer Moschee mit Nebenräumen für Café und Teestube, Unterrichtsräume sowie Gewerbeflächen im Rahmen der baurechtlichen Zulässigkeit.

Am 14.05.2001 hat der VFA den Verkauf der Flurstücke 1044/1 und 1044/15 mit 16 Ja-Stimmen bei 2 Enthaltungen für den genannten Zweck empfohlen. Gleichzeitig wurde die Verwaltung aufgefordert, dem Gemeinderat Parkierungsmöglichkeiten und ein Nutzungskonzept zur Kenntnis und Genehmigung vorzulegen.

Im BPA wurden die städtebauliche Planung und das Gebäude im Detail vorgestellt, außerdem erfolgte eine Bürgerversammlung.

Am 23.5.2001 beschloss der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung mit 23 Ja-Stimmen bei 10 Nein-Stimmen, die Verkaufsempfehlung des VFA in einen Erbbaurechtsvertrag umzuwandeln und die Konditionen des Vertrages noch vorzulegen.

Das beauftragte Architekturbüro Kuhn hat bezüglich der Planung der Moschee zwischenzeitlich konkrete Gespräche mit der Bauverwaltung geführt und das Baugesuch eingereicht.

Die im Rahmen der Zuteilung geführte Diskussion befasste sich vornehmlich mit folgenden Punkten:

  1. Innerhalb des Bauleitplanverfahrens wurde von Bürgern die Befürchtung geäußert, dass die baurechtlich erforderlichen und ausgewiesenen Parkplätze auf dem Erbbaurechtsgrundstück für größere Veranstaltungen bei der Moschee nicht ausreichen. Das Baurechtsamt hat bestätigt, dass die notwendigen Stellplätze auf dem Grundstück nachgewiesen werden können. Darüber hinaus wurde von der Verwaltung zugesagt, ggf. Flächen unterhalb der Heimbach-Scheuer für die Einrichtung eines gemeinsamen größeren Parkplatzes bereitzustellen, wenn sich zeigen sollte, dass die herzustellenden Kapazitäten nicht ausreichen. Dieser dient dann sowohl für Veranstaltungen des Heimbacher Hofes als auch für solche in der Moschee - bei besonderen religiösen Festen. Der Erbbauberechtigte hat sich verpflichtet, für diesen Fall einen entsprechenden Parkdienst einzurichten.
  2. Ferner wurde auf eine mögliche Lärmbelästigung durch den Muezzin-Ruf und durch Pkw-Verkehr hingewiesen. Vertraglich ist eine Beschallung außerhalb der Moschee für religiöse Zwecke ausgeschlossen worden. Darüber hinaus gehende Veranstaltungen sind im kleineren eingeschränkten Rahmen zulässig und unterliegen - wie auch andernorts - der Zustimmung der städtischen Ordnungsbehörde. Auf der Gaildorfer Straße fahren gegenwärtig ca. 14.100 Kfz täglich, so dass von einer zusätzlichen Lärmbelästigung durch Pkw-Verkehr im Rahmen des Moscheebesuchs nicht ausgegangen werden kann.
  3. Von den Anwohnern wird zudem befürchtet, dass die Moschee bzw. die dort ausgewiesenen Räume außer für Kulturveranstaltungen auch für sonstige Familien- oder Vergnügungsfeste des Vereines genutzt werden. Im Erbbaurechtsvertrag sind klare Beschränkungen enthalten, die eine die Nachbarschaft möglicherweise beeinträchtigende Nutzung unterbinden. Für den Fall der Zuwiderhandlung steht der Stadt nach 2-maliger Fristsetzung ein Heimfallsrecht zu.
  4. Den Bedenken der Bürgerschaft, dass die Gebäude von Gruppen genutzt werden, die der rechtsstaatlichen Ordnung der Bundesrepublik widersprechen, wurde durch die Aufnahme entsprechender Regelungen in den Erbbaurechtsvertrag Rechnung getragen. Bei einem Verstoß gegen die rechtsstaatlichen Grundsätze der Bundesrepublik Deutschland steht der Stadt ebenfalls das Recht zu, den Heimfall des Grundstücks oder den Rückkauf vorzunehmen.

Die Verwaltung ist der Ansicht, dass die Bedenken der Bürgerschaft bezüglich Störungen aufgrund der Nutzung durch die Bestimmungen im Erbbaurechtsvertrag ausgeräumt werden können bzw. die Stadt als Grundstückseigentümerin ausreichende Möglichkeiten hat, bei Verstößen entsprechend zu reagieren.

Nach dem Vertrag ist vorgesehen, dass der Erbbauberechtigte nach Ablauf von 10 Jahren ein Ankaufsrecht am Grundstück erhält. Dabei geht die Stadt davon aus, dass innerhalb dieses Zeitraumes ausreichend Zeit besteht, von Seiten des Erbbauberechtigten nachzuweisen, dass durch die Nutzung des Grundstückes keinerlei Beeinträchtigungen der Nachbarflächen ausgehen. Außerdem werden die vereinbarten Heimfallsregelungen als Wiederkaufsrechte in den Kaufvertrag aufgenommen, so dass die Stadt Schwäbisch Hall auch nach dem Kauf des Grundstückes durch den Erbbauberechtigten noch entsprechende Rückkaufmöglichkeiten hat.


Zusammenfassung:

Aufgrund der Zuteilung des Grundstücks im Mai 2001 und der Untersuchung möglicher Alternativen hält die Verwaltung dieses Areal nach wie vor für die geeignetste Alternative zum Bau einer Moschee in Schwäbisch Hall, zumal die von der Nachbarschaft vorgetragenen Einwände allesamt durch die Auflagen im Erbbaurechtsvertrag ausgeräumt werden können.

Architekt Kuhn stellt das geplante Bauvorhaben nochmals am Modell vor (s. a. BPA 21.05.01, § 95).

Das neben der Moschee befindliche Minarett habe eine Höhe von 22,50 m. Der Betraum mit Kuppel verfüge über eine Grundfläche von 15 x 13,50 m. Das Gemeindezentrum beherberge auf verschiedenen Ebenen u. a. einen 70 m² großen Jugendbereich, einen Teeraum, einen Kursraum und einen Frauenbereich mit Küche sowie einen 169 m² großen Raum zur Basar-Nutzung. Dort sollen nur die Waren angeboten werden, die in direktem Zusammenhang mit der Moschee stehen.

Stadtrat H. Baumann erklärt sich in einer persönlichen Stellungsnahme zur Geschäftsordnung für befangen, da er den Auftrag für die Erstellung der Tragwerksplanung des Bauvorhabens erhalten habe.

Bei dieser Gelegenheit macht er der Bürgerinitiative heftige Vorwürfe, da diese die Mitglieder des Gemeinderats bezüglich ihrer Entscheidung über den Moschee-Standort unter Druck setzen wolle.

Seine Fraktion lasse sich mit Hinweisen auf künftige Wahltermine jedoch nicht in ihrer freien Entscheidung zum Wohle der Gesamtstadt beeinflussen. Sie entscheide vielmehr nach rein sachlichen, vernünftigen und objektiven Gesichtspunkten.

Oberbürgermeister Pelgrim geht auf die 10 von der Verwaltung in Erwägung gezogenen bzw. die 15 von der Bürgerinitiative ins Gespräch gebrachten Standort-Grundstücke ein und erläutert die Ablehnungsgründe.

Er stellt fest, dass der Bereich Aschenhausweg/ Raibacher Straße (gegenüber dem städtischen Tiefbauhof) als Grünfläche ausgewiesen sei und nicht zur Verfügung stände. Sonst könnte man ihn durchaus als Alternative ins Auge fassen. Auch für die türkische Gemeinde wäre dieser Platz interessant. Eine andere Fläche befinde sich im Landschaftsschutzgebiet. Ins Kerz, und damit in die Nachbargemeinde Michelfeld, möchte er das Problem nicht verlagern. Dies stünde einer selbstbewussten Stadt nicht gut zu Gesicht.

Verschiedene andere Grundstücke in der Stadtheide würden ausscheiden, weil benachbarte Firmen dafür bereits Nutzungsoptionen hätten.

Die Verwaltung habe sich sehr sorgfältig mit der Standortfrage befasst. Folgende Kriterien hätten den Ausschlag gegeben:

  1. die Verfügbarkeit des Geländes,
  2. die rechtliche Möglichkeit der Bebauung und schließlich
  3. die Kosten.

Wenn ein Grundstück für ein „singuläres Bauwerk“ erst von der Stadt erschlossen werden müsste, koste dies leicht mehrere 100.000 €. Das vorgeschlagene Grundstück an der Gaildorfer Straße befinde sich im städtischen Besitz, sei erschlossen und erfüllte alle Kriterien in hervorragender Weise.

Verwaltungsintern seien vorher u. a. das Jugendhaus Forum in der Gelbinger Gasse (baurechtlich nicht umzusetzen), ein Grundstück zwischen Kindergarten Teurershof und dem geplanten ev. Gemeindezentrum, eines gegenüber der Hohenloher Molkerei, die Standorte Hartäcker an der B 19, Stadteinfahrt Crailsheimer Straße, Sonnenrain im Solpark, südliche Einkornallee, der Park+Ride-Platz beim Bahnhof Hessental und die Segelflughalle Einkorn durchgefallen.

Die vorgebrachten Bedenken hinsichtlich zu weniger Parkplätze beim Areal Gaildorfer Straße/ Heimbacher Dorfstraße seien ausgeräumt. Deren Zahl liege jetzt im oberen Bereich. Die befürchtete politische Betätigung der türkischen Gemeinde sehe er nicht, da die Türkisch-Islamische Union für die Trennung von Staat und Kirche stehe. Außerdem solle vertraglich festgelegt werden, dass selbst der Versuch der Politisierung den „Heimfall“ auslöst.

Stadtrat Reber teilt mit, dass er persönlich nach wie vor seine Probleme mit dem Minarett und mit dem Standort Gaildorfer Straße habe.

Die CDU-Fraktion schlage deshalb die Prüfung des Alternativstandortes Raibacher Straße/ Ecke Aschenhausweg vor.

Die Fraktion stehe hinter der Sache, aber an einem anderen Standort als von der Verwaltung vorgeschlagen. Er stellt deshalb einen Antrag auf Vertagung.

Stadtrat Vogt bekräftigt, dass es darum gehe, für alle die beste Lösung zu finden. Dies sei man der Öffentlichkeit schuldig.

Er beantragt die fundierte Prüfung eines anderen neuen Standorts, nämlich des großen Geländes des Heimbacher Hofs.

Wenn die Alternativstandorte definitiv ausscheiden sollten, sei das Thema für die SPD erledigt und sie bleibe dann bei dem jetzt vorliegenden Vorschlag Gaildorfer Straße.

Stadträte Prof. Dr. Geisen und Neidhardt sprechen sich für eine Prüfung der genannten Alternativstandorte aus und halten insbesondere das Areal Raibacher Straße/ Aschenhausweg für überlegenswert.

Stadträtin Herrmann sieht Probleme beim Heimbacher Hof hinsichtlich der dort betriebenen Kinder- und Jugendarbeit. Sie stehe nach wie vor zu dem Standort Gaildorfer Straße/ Heimbacher Dorfstraße.

Oberbürgermeister Pelgrim will die beiden oben genannten Vorschläge prüfen und dem Gemeinderat die Beurteilung vorlegen, um dann zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen.

Nach weiterer kurzer Aussprache plädiert Stadtrat Preisendanz für Toleranz und Überzeugung Andersdenkender.

Er setzt sich inhaltlich mit seinem persönlichen Entscheidungsprozess auseinander. Auch bei ihm gebe es Vorbehalte - wie auch in der Bürgerinitiative - die noch nicht ganz ausgeräumt seien.

Probleme mit dem Gemeindezentrum habe er deshalb, weil es dann eine Tendenz zu weniger Integration geben könnte. Die Türken könnten sich dort hin orientieren. Türkische Schülerinnen hätten ihm gesagt, dass sie dann ins Gemeindezentrum geschickt würden und nicht mehr in die Stadt gehen dürften.

Man müsse es hinnehmen, dass es Menschen gebe, die nicht so tolerant seien wie andere.

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