§ 3 - Zweite Spielstätte für die Freilichtspiele Schwäbisch Hall; a) Auswertung der Planungsentwürfe der Architekten; b) Empfehlung des Fachbeirats zu den weiteren Planungsgrundlagen durch Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Am 14. Januar 2016 wurden die weiterentwickelten Beiträge aus der Architektenkammer­gruppe Schwäbisch Hall sowie der Hochbauverwaltung in einer öffentlichen Veranstaltung ausführlich vorgestellt. Im Beisein des vom Gemeinderat eingesetzten Fachbeirats unter Vorsitz von Herrn Prof. Dipl.-Ing. Sebastian Zoeppritz wurden auch vertiefende Nachfragen erörtert. Die anwesende Öffentlichkeit wie auch die Gemeinderäte und die Vertretung der Freilichtspiele Schwäbisch Hall e. V. hatten ebenfalls Gelegenheit, Fragen an die Verfasser zu stellen.

Auf Grundlage der gesammelten Informationen hat der Fachbeirat, bestehend aus Herrn Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz, Frau Dipl.-Ing. Ilse Lange-Tiedje und Herrn Dr.-Ing. Eckart Rosenberger zwischenzeitlich eine schriftliche Expertise mit einer Empfehlung vorgelegt (Anlage 1). Die Beiräte werden diese im Rahmen der Sitzung erläutern.

Die Anlage 2 enthält Vergleichspläne (Lageplan und Schnitte), in Anlage 3 sind wesentliche städtebauliche und wirtschaftliche Kenngrößen in einer ver­gleichenden Betrachtung zusammengestellt. Die Freilichtspiele Schwäbisch Hall e.V. haben die Arbeiten aus Nutzersicht ausgewertet und das Ergebnis ihrer Analyse in einer Matrix zusammengefasst (Anlage 4).

Anlage 1: Votum des Fachbeirats vom 22.01.2016
Anlage 2.1: Vergleichsplan Standort
Anlage 2.2: Vergleichsplan Schnitte
Anlage 3: Vergleichende Betrachtung von Kenngrößen
Anlage 4: Nutzerbedarfsanalyse der Freilichtspiele

 

Oberbürgermeister Pelgrim eröffnet die Sitzung und begrüßt insbesondere die Mitglieder des Fachbeirats.

Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz beschreibt, wie aus Sicht des Fachbeirats die heutige Sitzung abläuft: Zunächst werden Frau Dipl.-Ing. Lange-Tiedje und Herr Dr.-Ing. Rosenberger abwechselnd die vier Entwürfe der Architekten bewerten, zum Abschluss des Tagesordnungspunktes wird von seiner Seite aus eine Empfehlung sowohl hinsichtlich der Auswahl als auch hinsichtlich des weiteren Vorgehens ausgesprochen.
Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz beschreibt den bisherigen Verlauf des Themas sowie die Aufgabenstellung. Er bemerkt kritisch, dass eine exakte Vergleichbarkeit aufgrund fehlender Vorgaben nicht möglich ist. Die Grundzüge sind dagegen eindeutig.

Frau Dipl.-Ing. Lange-Tiedje und Herr Dr.-Ing. Rosenberger bewerten abwechselnd die Entwürfe wie folgt:

1. ARGE Haller Architekten, Kiehnle - Kuhn - Mix - Schuhmann - Weidenbach - Zink:
Die ARGE der Haller Architekten beschäftigt sich mit dem Erhalt und der Ertüchtigung des bestehenden Globe-Theaters. Um den Anforderungen an den Betrieb gerecht zu werden, schlägt die ARGE einen Anbau (Appendix) vor, dieser greift jedoch enorm in die bestehende Landschaft des Unterwöhrds ein. Durch die wenig attraktiven Nebenräume wird auch der Haupteingang des Globe-Theaters beeinträchtigt. Außenliegende WC-Anlagen sind aufwändig zu beaufsichtigen und zu betreiben. Man muss sich darüber hinaus im klaren sein, dass das innere Erscheinungsbild des Globe-Theaters sich durch die Nachrüstungen - bedingt durch Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung bzw. des Brandschutzes - komplett verändert, z. B. muss das Bühnenhaus neu erstellt werden. die Funktionalität ist aufgrund unzureichender Sichtachsen nicht optimal; Einschränkungen - vor allem hinsichtlich des Schallschutzes - werden beim bestehenden Gebäude bleiben.
Frau Dipl.-Ing. Lange-Tiedje nimmt Bezug auf die Einschätzung von Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz: Die Ertüchtigung von Bestandsbauten ist immer schwierig; man hat letztendlich keine Garantie, dass die ursprünglich angedachten Maßnahmen das gewünschte Ergebnis bringen, was Unwägbarkeiten hinsichtlich der Kosten bedeutet. Der temporäre Bau wurde zwar 1999 für beispielhaftes Bauen ausgezeichnet, jedoch eignet er sich nur schwer für eine Ertüchtigung.

2. Architekten Beck/ Hauenstein:
Dr.-Ing. Rosenberger bezeichnet diesen Vorschlag als sehr selbstbewussten Bau. Der Baukörper ist sehr hoch und massiv, er schiebt sich in die Sichtachse zwischen den beiden Altstadtbrücken. Das Volumen beträgt 167 % des bisherigen Globe-Theaters. Die Dachfläche besteht aus drei öffenbaren Dachflächenelementen mit je 70 qm Fläche. Die Architektengruppe Beck/ Hauenstein überzeugt durch eine ansprechende Freiflächengestaltung. Dr.-Ing. Rosenberger hält diesen Vorschlag jedoch für entschieden zu groß und dem Landschaftsraum Unterwöhrd nicht angepasst. Eben aufgrund diesen Volumens befürchtet er erhebliche Widerstände hinsichtlich des Denkmalschutzes.

3. Stadt Schwäbisch Hall/ Hochbauverwaltung, Herr Koch:
Dieser Vorschlag ist nahezu gleich groß wie der bisherige Bau des Globe-Theaters, er fügt sich zurückhaltend und rücksichtsvoll in die Umgebung ein. Die historischen Blickbeziehungen werden nicht beeinträchtigt, dies geschieht u. a. deshalb, weil der gesamte Bau noch ca. 10 m in Richtung Steinbach verrückt wird. Das relativ geringe Volumen wird dadurch erreicht, dass die Nebenflächen ins Untergeschoss verlagert werden. Der Zuschauerraum rahmt die Bühne ein (vgl. Odeion). Besonders reizvoll ist der so genannte Kocherbalkon mit Zugang von außen und dem Foyer. Ebenfalls ein wertvoller Impuls ist die beidseitig bespielbare Bühne. Es besteht die Möglichkeit, die Umgebung bis hin zum Haalplatz mit einzubeziehen. Aus energetischer Sicht hebt Dipl.-Ing. Lange-Tiedje hervor, dass die beheizbaren Flächen durch eine thermische Haut reduziert werden. Die Freifläche besteht aus zurückhaltenden Kiesflächen, die dem bisherigen Charakter des Unterwöhrds entsprechen. Dipl.-Ing. Lange-Tiedje kritisiert allerdings die Ausgestaltung der Fassade als zu wertig, zu steinern und zu urban - dies ist dem umgebenden Grünraum nicht angemessen.

4. Architekt Schuch & Kollegen:
Dr.-Ing. Rosenberger zeigt sich erstaunt darüber, dass die Architekten Schuch & Kollegen ein Theater in Form eines Brückenbauwerks in Würfelform vorgeschlagen haben. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass ein Brückenbauwerk aufgrund der Tragkonstruktion aufwändig ist. Der hier vorgeschlagene Standort beeinträchtigt die Achsen- und Wegebeziehungen innerhalb der historischen Altstadt. Auch die vom Verfasser angeführten historischen Beispiele können einen solch massiven Eingriff nicht begründen. Dieser Lösungsvorschlag entspricht nicht den Anforderungen, die Sitzplätze um die Bühne in Form eines Hufeisens oder eines Halbkreises anzuordnen. Der Lösungsvorschlag bietet lediglich einen Viertelkreis; dieser wurde auch nicht selbstbewusst bis zum Ende umgesetzt, da einhausende, quadratische Glas- bzw. Steinfassaden zusätzlich noch angebracht werden. Das Foyer und die Bühne sind sehr groß. Der Bau an sich erreicht im Vergleich zum bestehenden Gebäude eine Überbauung in Höhe von 177 %. Aufgrund der o. g. Tragkonstruktion ist dieser Vorschlag sehr aufwändig und teuer. Der Fachbeirat sieht diesen Vorschlag kritisch.

Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz erläutert sein Fazit:

  1. Er empfiehlt von einer Ertüchtigung des Bestandgebäudes abzusehen.
    Begründung:
    1.1 Der Aufwand für eine Ertüchtigung ist nur schwer abschätzbar.
    1.2 Trotz Nachrüstung erhält man kein perfektes Gebäude.
    1.3 Das Gebäude ist 15 - 20 Jahre alt und nur für eine temporäre Nutzung gebaut; daher sind weitere Aufwendungen für die Instandhaltung absehbar.
    1.4 Das bisher charmante Erscheinungsbild des heutigen Globe-Theaters wird durch die Ertüchtigung leiden.
    1.5 Durch den Ergänzungsbau wird erheblich in das Landschaftsbild des Unterwöhrds eingegriffen.
  2. Von den noch übrig bleibenden drei Lösungsvorschlägen, die einen Neubau in Betracht ziehen, hat der Lösungsansatz Architekten Schuch & Kollegen (Brückentheater) am wenigsten überzeugt. Diesen Lösungsansatz möchte der Fachbeirat ebenfalls ausschließen.
  3. Die Größe des Vorschlags der Architekten Beck/Hauenstein ist dem Standort nicht angemessen. Es geht nicht darum einen Theaterbau auf neutralem Gebiet neu zu erstellen, sondern der Neubau sollte möglichst dem bisherigen, zurückhaltenden Bau entsprechen. Aus Rücksicht auf den Denkmalschutz, der sein abschließendes Votum noch nicht formuliert hat, sollte keine Ausweitung des bereits jetzt vorhandenen Volumens erfolgen.
  4. Der Fachbeirat empfiehlt auf Basis des Vorschlags der städtischen Hochbauverwaltung, Herrn Koch, weiterzuarbeiten. Gründe hierfür sind:
    4.1 zurückhaltendes Volumen (nimmt Rücksicht auf das Stadtbild, wie auch auf die Grünzone des Unterwöhrds);
    4.2 doppelseitig bespielbare Bühne;
    4.3 moderates Volumen. Die zu heizende Fläche ist vom Volumen her kleiner.
    4.4 die Belange des Theaters und der Zuschauerinnen/ Zuschauer sind gut gelöst.
    Im Bereich der Außenfassade ist noch nachzuarbeiten.

Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz empfiehlt folgendes weiteres Vorgehen:

  1. Ein „spektakulärer“ Neubau ist zu überdenken;
  2. Das Verständnis und die Toleranz der Denkmalschutzbehörden sollten nicht überstrapaziert werden. Ein Finanzierungskonzept und ein Geschäftsplan sind zu erarbeiten. Hierin müssen folgende Gesichtspunkte enthalten sein:
    - Nutzen des Theaters
    - Raumprogramm
    - Standards definieren
    - präzise Kostenermittlung: kostentreibende Elemente sollten nur für einen entsprechenden Mehrwert aufgenommen werden, wobei der Bau eines Untergeschosses als kostentreibendes Element zugunsten des äußeren Volumens für unabdingbar angesehen wird.
    - Der künftigen Intendanz soll trotz des Zeitdrucks die Gelegenheit gegeben werden, sich mit diesem Projekt auseinander zu setzen.

Oberbürgermeister Pelgrim bedankt sich für die Ausführungen des Fachbeirats. Er lässt zunächst den Intendanten der Freilichtspiele, Herrn Biermeier, zu Wort kommen.

Intendant Biermeier würdigt zunächst alle vorgelegten Entwürfe. Aufgrund der von ihm formulierten Grundvoraussetzungen und dem Element der doppelt bespielbaren Bühne spricht auch er sich für die Weiterentwicklung des Entwurf der städtischen Hochbauverwaltung aus.

Stadtrat Dr. Graf von Westerholt fragt nach dem weiteren Vorgehen.

Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz verweist auf seine o. g. Ausführungen. Zusätzlich führt er nochmals aus:

  1. Konzept und Programmatik,
  2. Größe der Räume und
  3. Ausstattung sind gemeinsam mit den Freilichtspielen festzulegen.

Oberbürgermeister Pelgrim stellt klar, dass die Stadt sehr wohl die Mindestanforderungen in Zusammenarbeit mit den Freilichtspielen festgelegt hat. Es war Vorgabe, dass das Gebäude der Funktionalität der Freilichtspiele gerecht werden muss. Eine eventuelle Zusatznutzung bzw. Mehrwert ist wünschenswert. Wichtig ist, dass die Fragen des Denkmalschutzes noch nicht geklärt sind. Zuerst muss Standortausprägung und Kubatur des Gebäudes feststehen, dann kann auf die Denkmalschutzbehörden zugegangen werden.
Zur Beteiligung der neuen Intendanz ist zu sagen, dass diese selbstverständlich gehört wird, jedoch ist auch klar, dass bestimmte Rahmenbedingungen bereits festgelegt und vorhanden sind.

Stadtrat Sakellariou meldet Beratungsbedarf in seiner Fraktion an. Seine Fraktion wird heute keine Entscheidung treffen.

Stadträtin Herrmann hat die Ausführungen des Fachbeirats durchaus zur Kenntnis genommen, dennoch hält sie die Ertüchtigung des Globe-Theaters mit dem damit verbundenen Ergänzungsbau in der Gesamtabwägung für die richtige Lösung in der Stadt. Die Finanzlage der Stadt gibt einen Neubau eines Theater mit Kosten von 6 Mio. € plus einer damit verbundenen Brücke - über die bislang noch nicht gesprochen wurde - nicht her.

Oberbürgermeister Pelgrim widerspricht: Es liegt ein verabschiedeter und genehmigter Haushalt vor, der die Planungen in der genannten Größenordnung abdeckt. Er legt Wert darauf, dass die Höhe der Investition der Bedeutung und den Besucherzahlen der Freilichtspiele angemessen ist.

Prof. Dipl.-Ing. Zoeppritz richtet sich direkt an Stadträtin Herrmann: Gerade in Verantwortung für die Gesamtstadt hält er es für nicht opportun, in ein nicht für die Dauer geplantes Gebäude zu investieren. Gerade die innere Funktion des bestehenden Globe-Theaters ist problematisch; das Gebäude an sich ist nicht so wertvoll, dass es sich lohnt, risikoreiche Investitionen zu tätigen.

Intendant Biermeier bittet inständig darum, die Freilichtspiele nicht ihrer Zukunftsfähigkeit zu berauben. Die Freilichtspiele sollten nicht gezwungen werden in einem Bau, der nicht mehr zeitgemäß ist, zu spielen.

Stadtrat Baumann erinnert, dass es überwiegender Wunsch des Gemeinderats war, den Fachbeirat zu hören. Bestimmte Fraktionen möchten dann jedoch nichts mehr davon wissen, wenn das Ergebnis nicht in ihrem Sinne ausfällt. Seine Fraktion wird der Empfehlung des Fachbeirats folgen.

Stadträtin Striebel schließt sich für die FDP dem vorgestellten Vorgehen an.

Stadtrat Weber fordert nochmals einen Geschäftsplan - wie von Prof. Dipl.-Ing. Zoe­ppritz vorgeschlagen - an. Für ihn sind Unterhalt, laufende Betriebskosten und Personalkosten wichtige Punkte. Der Invest selbst spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Oberbürgermeister Pelgrim schließt die Diskussion mit der Feststellung, dass man sich nun für eine Grundlage zu entscheiden hat. Es handelt sich hier jedoch nicht um einen Umsetzung- bzw. Realisierungsbeschluss. Der Beschluss stellt lediglich einen Arbeitsauftrag an die Verwaltung dar, auf dem weitergearbeitet wird. Die Grundlage wird weiterentwickelt und mit Änderungen hinterlegt.

Vom o. g. Sachverhalt und der Empfehlung des Fachbeirats wird Kenntnis genommen.

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