§ 192 - Sondergrabfelder für verdiente Persönlichkeiten mit lokalgeschichtlicher Bedeutung und Ehrenbürger; hier: Grabsteine von Dekan Hermann Roller, der Familie Maier und vom Kriegsgrab von Robert Hofmann (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Gemäß Gemeinderatsbeschluss vom 30.09.2013 (§ 203, öffentlich) haben die Schwäbisch Haller Stadtbetriebe begonnen, Grabstätten mit abgelaufenen Ruhezeiten im Unteren Nikolaifriedhof abzubauen. Auch in Abschnitten des Oberen Nikolaifriedhofes sollen einzelne, abgelaufene Grabstätten, deren Steine nicht in der Liste der erhaltenswerten Grabmale erfasst sind, abgebaut werden. Hierzu gehört auch der Grabstein von Herrn Dekan Hermann Roller.

Hermann Roller (1889-1958), evangelischer Dekan von 1935 bis 1951, war in den 1930er bis 1950er Jahren eine prägende Persönlichkeit in Schwäbisch Hall. Als Mitglied der "Bekennenden Kirche" trat er den hier besonders aktiven, der NS-Ideologie nahe stehenden "Deutschen Christen", entschieden entgegen und widersetzte sich den Bemühungen des Nazistaats, Kirchen und Christentum zu marginalisieren und zu verdrängen. Dabei entwickelte er sich von einem Gegner nationalsozialistischer Kirchenpolitik zu einem grundsätzlichen Gegner des Hitler-Regimes. Insbesondere in der Endphase des Kriegs erwarb sich Roller, der selbst den Soldatentod zweier Söhne erlebte, in der Haller Bevölkerung große Achtung als Seelsorger und Tröster.

Mehrere alte Hallerinnen und Haller haben sich an die Verwaltung gewandt, mit der Bitte, den Grabstein von Dekan Roller als erhaltenswertes Grabmal auf dem Oberen Nikolaifried­hof zu belassen. Das Stadtarchiv befürwortet aufgrund der lokalgeschichtlichen Bedeutung Hermann Rollers die Erhaltung seines Grabsteins. Es wird deshalb vorgeschlagen, den Grabstein von Dekan Roller als erhaltenswertes Grabmal zunächst an seinem Standort auf dem Oberen Nikolaifriedhof zu belassen, bis gemäß dem Gemeinderatsbeschluss vom 30.09.2013 ein Sondergrabfeld für verdiente Persönlichkeiten und Ehrenbürger auf dem Oberen Nikolaifriedhof ausgewiesen und erstellt wird.

Dieses Sondergrabfeld für verdiente Persönlichkeiten und Ehrenbürger, soll auf dem Oberen Nikolaifriedhof, mit seinen jahrhundertelang bestehenden Grabmalen und besonderen Denkmalen, errichtet werden. Hierher können erhaltenswerte Grabmale verdienter Persönlichkeiten, wie Herrn Dekan Roller, oder von Ehrenbürgern wie Rudolf Popp an einen nachhaltig geschützten Ort versetzt werden. Das Landschaftsarchitekturbüro Gundelfinger Traub hatte im Jahr 2015 bei der Überplanung des Oberen Nikolaifriedhofes auch einen Bereich „Ehrengräber“ an der zentralen Zugangstreppe zur Nikolaikapelle (Anlage 1) vorgeschlagen, welches als Standort für ein Sondergrabfeld geeignet wäre. Hier befinden sich aktuell schon Grabstellen von drei Ehrenbürgern. Geplant ist ein neues Wegenetz mit wassergebundener Decke, Stahleinfassungen und teilweise notwendigen Geländern. Die Kostenschätzung für Wege, Geländer, Umsetzung und Sanierung des Grabsteins Roller und Sanierung der vorhandenen drei Ehrengräber rechnet sich auf ca. 26.000 €. Die hierfür erforderlichen Mittel stehen im städtischen Ergebnishaushalt zur Verfügung.

Auf dem Friedhof in Bibersfeld ist die Ruhefrist des Grabes der Familie Maier abgelaufen. Angehörige und Dritte haben dieses Grab seit vielen Jahren gepflegt. Aufgrund der Inschriften wurde vermutet, dass es sich um ein Kriegsgrab handele. Jedoch ist gemäß § 16 Abs. 3 Gräbergesetz aufgrund dieser privaten Pflege die Übernahme des Grabes in öffentliche Obhut ausgeschlossen. Das Haus der Familie Maier in Bibersfeld ist bei dem Bombenangriff am 17. April 1945 auf Bibersfeld vollkommen zerstört worden und ausgebrannt. Laut der Recherche von Ortsvorsteherin Ute Fritz sind Christine Maier und Albrecht Hartner (der Sohn ihrer Nichte) bei dem Angriff sofort getötet worden. Luise Maier wurde schwer verletzt und verstarb auf dem Krankentransport nach Backnang. Nach § 1 Abs. 2 (3) Gräbergesetz sind Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft in besonderer Weise zu gedenken und für zukünftige Generationen die Erinnerung daran wach zu halten, welche schrecklichen Folgen Krieg und Gewaltherrschaft haben. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, den Grabstein der Familie Maier, in Erinnerung an den Bombenangriff am 17. April 1945 auf Bibersfeld, als erhaltenswertes Grabmal zu sichern.

Auf der Grabstätte befindet sich zusätzlich eine Grabplatte zum Gedenken an Emma Maier, die 1995 verstorben ist. Frau Emma Maier hat den Luftangriff vom 17. April 1945 schwer verletzt überlebt, litt jedoch bis zu Ihrem Lebensende an einem Schütteltrauma als Folge dieses Luftangriffes und war aufgrund der Verletzungen auch gehbehindert. Das Gräbergesetz erhält nur Grabstellen von bis zum 31. März 1952 Verstorbenen. Auch wenn der Erhalt dieser Grabplatte nicht exakt dem Gräbergesetz entspricht, schlägt die Verwaltung vor, diese Grabplatte als erhaltenswertes Grabmal, in Erinnerung an Emma Maier, auf Dauer zu erhalten.

Auf dem Friedhof in Bibersfeld befindet sich außerdem noch ein einzelnes Kriegsgrab des Soldaten der Wehrmacht Robert Hofmann. Dieser war im Kreis Öhringen gefallen und wurde von seinen Kameraden am 8. April 1945 auf dem Bibersfelder Friedhof bestattet.

Der Ortschaftsrat Bibersfeld schlägt vor, dieses Kriegsgrab von Robert Hofmann gemäß § 6 Abs. 2 Gräbergesetz zu den anderen Kriegsgräbern südlich der Feierhalle zu verlegen und dort eine würdige Gedenkstätte zu schaffen mit einer Tafel, die auf die Geschehnisse in Bibersfeld im April 1945 hinweist. Auf dieser Gedenkstätte sollen auch die beiden Steine der Familie Maier aufgestellt werden. Die Verwaltung schätzt die Kosten für die Gedenkstätte, die Umsetzung der Grabsteine und und für eine Gedenktafel auf ca. 6.000 €.

Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge befürwortet eine Zusammenlegung von Kriegsgräbern. Die Verwaltung prüft, ob eine Exhumierung der Grabstelle Hofmann erforderlich ist.

Anlagen:
Anlage 1: Lageplan der geplanten Gedenkstätte auf dem Friedhof in Bibersfeld
Anlage 2: Lageplan des Sondergrabfeldes auf dem Oberen Nikolaifriedhof als Ausschnitt der Planung des Büros Gundelfinger Traub aus dem Jahr 2015
Anlage 3: Recherche zum Grab Maier und zu den Gräbern der Wehrmachtsangehörigen von Ortsvorsteherin Ute Fritz
Anlage 4: Fotos von den genannten Grabsteinen Maier und Roller, sowie von der Grabstelle Robert Hofmann

 

Erster Bürgermeister Klink erläutert den Sachverhalt anhand der Sitzungsvorlage.

- Stadträtin Niemann nimmt wieder ihren Platz am Ratstisch ein -

Oberbürgermeister Pelgrim stellt fest, dass seitens des Gremiums kein Wunsch zur Aus­sprache besteht.

Beschluss:

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, auf dem Oberen Nikolaifriedhof ein Sondergrabfeld für verdiente Persönlichkeiten und Ehrenbürger auszuweisen und gestalterisch umzusetzen, auf dem sowohl der Grabstein von Dekan Roller als auch Grabsteine von Ehrenbürgern und verdienten Bürgern aus dem Unteren Nikolaifriedhof aufgestellt werden.
     
  2. Der Grabstein der Familie Maier und die Grabplatte von Emma Maier auf dem Friedhof in Bibersfeld werden, zum Gedenken an den Luftangriff vom 17. April 1945, auf Dauer auf dem Friedhof in Bibersfeld als erhaltenswerte Grabmale gesichert.
     
  3. Die Verwaltung wird beauftragt auf dem Friedhof in Bibersfeld südlich der Feierhalle eine Gedenkstätte mit Kriegsgräbern und den Grabsteinen der Familie Maier zum Gedenken an den Luftangriff vom 17. April 1945 zu planen und zu erstellen.
     
  4. Die Verwaltung wird beauftragt das Kriegsgrab von Robert Hofmann auf die neue Gedenkstätte südlich der Feierhalle auf dem Friedhof in Bibersfeld zu versetzen.

        (einstimmig - 17)

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