§ 126 - Übertragung von Prüf- und Controllingaufgaben (öffentlich)

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Sachvortrag:

- Stadtrat Gehrke verlässt kurzzeitig den Sitzungssaal -

s. a. VFA 06.07.2020, § 114/2, nichtöffentlich

Die Übertragung von Aufgaben an die Revision erfolgte in den vergangenen Jahrzehnten sowohl durch Beschlussfassungen des Gemeinderates als auch durch Anweisungen des jeweiligen Oberbürgermeisters. So erfolgte beispielsweise die Übertragung der Prüfung der Jahresrechnung der Volkshochschule in den 60er-Jahren ohne Beschluss des Gemeinderats. Ebenso erfolgte die Übertragung der Prüfung der Jahresrechnung des Vereins Hohenlohe + Schwäbisch Hall Tourismus 1992 ohne Beschluss des Gemeinderats. Für die Übertragung der Prüfungen der Jahresrechnungen der Freilichtspiele, des Hohenloher Freilandmuseums und dem Verein der Freundinnen und Freunde der Freilichtspiele sind keine Beschlüsse des Gemeinderats aktenkundig. Oftmals erfolgten diese über Festlegungen in den jeweiligen Vereinssatzungen. Nur im Falle des Vereins zur Förderung gemeinnütziger Aktivitäten erfolgte im Jahr 2004 ein entsprechender Beschluss durch den Gemeinderat.

Die Übertragung der Aufgabe des behördlichen Datenschutzes auf den Fachbereich Revision erfolgte ebenfalls nicht durch Beschluss des Gemeinderats.

Nachdem der Fachbereich Revision im Januar die Prüfung der Jahresrechnungen der Volkshochschule und des Vereins Hohenlohe + Schwäbisch Hall Tourismus aufgrund fehlender Beschlussfassungen abgelehnt hat und die Übertragung von Aufgaben an den Fachbereich Revision durch den Oberbürgermeister nach Auffassung des Regierungspräsidiums Stuttgart nicht den Vorgaben der Gemeindeordnung entspricht, soll in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Stuttgart nun durch Gemeinderatsbeschluss die notwendige Grundlage geschaffen werden. Im Hinblick auf die hohe Arbeitsbelastung ist es auch im Interesse des Fachbereichs Revision, ihn von der Aufgabe der Prüfung der Jahresabschlüsse der Volkshochschule, der Freilichtspiele und des Vereins der Freundinnen und Freunde der Freilichtspiele sowie der formalrechtliche Prüfung der Ausschreibungsunterlagen und der Vergabeverfahren - auch vor dem Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen - gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 GemO zu entbinden. Die Prüfung des Hohenloher Freilandmuseums erfolgt im Wechsel mit dem Landkreis Schwäbisch Hall und dem Hohenlohekreis, die dreijährliche Prüfung soll im Zuständigkeitsbereich des Fachbereichs Revision verbleiben. Für den Verein Hohenlohe + Schwäbisch Hall Tourismus hat der Landkreis die Übernahme der Prüfungen bereits zugesagt, die letztmalige Prüfung des Rechnungsjahres 2019 soll der Revision übertragen werden.

Mit Blick auf die Zuständigkeit für das Baucontrolling vertritt das Regierungspräsidium die Auffassung, dass unabhängig davon, ob diese Aufgabe dem Rechnungsprüfungsamt im Jahr 2000 mit oder ohne Beschluss des Gemeinderats übertragen wurde, ein Wechsel der Zuständigkeit einen Gemeinderatsbeschluss erfordert.

Aus damaliger Sicht wurde aus „praktischen Gesichtspunkten“ das Controlling auf das Rechnungsprüfungsamt übertragen. Zum damaligen Zeitpunkt bestand die Gliederung der Verwaltung noch aus drei Dezernaten, wobei der Bereich Finanzen dem damaligen Finanzbürgermeister und der Bereich Bauen dem damaligen Baubürgermeister zugeordnet waren. Um eine bessere Steuerungsmöglichkeit durch den Oberbürgermeister zu gewährleisten, wurde die Controllingfunktion als steuernde Aufgabe seinem Dezernat zugeordnet. Eine Stellenmehrung fand in diesem Zusammenhang nicht statt.

In der Umsetzung wurde jedoch nur das Baucontrolling eingeführt und durch eine Dienstanweisung aus dem Jahr 2004 konkretisiert. Die Aufgaben des Finanzcontrollings wurden im Bereich der Rechnungsprüfung nicht umgesetzt, da die Finanzverwaltung bereits am 24. Oktober 2001 in den Zuständigkeitsbereich des Oberbürgermeisters eingegliedert wurde.

Aus heutiger Sicht hat sich die Aufgabenzuordnung des Baucontrollings in den Fachbereich Revision nicht bewährt. Die häufigen Budgetüberschreitungen der letzten Jahre insbesondere bei Baumaßnahmen haben gezeigt, dass die gegenwärtige Struktur keine Gewähr für eine rechtzeitige Kosten- und Standardüberprüfung  bietet. Im noch zu redigierenden Schlussbericht stellt der Fachbereich Revision beispielsweise im Zusammenhang mit dem Neubau der Kita Solpark hierzu fest: „Zielführendes Baucontrolling, unter dem Aspekt der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung, ist aus vorgenannten Gründen nicht möglich. Es ist, festzustellen, dass das Baucontrolling bei dieser Maßnahme nicht wirksam war und die Kosten sich kontinuierlich erhöhten. Dem Fachbereich Revision entstand ein hoher zeitlicher Aufwand, der in keinem Verhältnis zum Nutzen stand“ (S. 61). Und weiter: „Aus vorgenannten Gründen wird das Baucontrolling momentan von der Revision als schwer bis gar nicht durchführbar eingestuft und muss beim Projekt Kita Solpark als unwirksam bezeichnet werden. Es kann nicht als wirtschaftlich bezeichnet werden und steht in keinem Verhältnis zum Aufwand“ (S. 71).

Auch stellt die Leiterin des Fachbereichs Revision in einem Schreiben an den Oberbürgermeister fest: „Der Fachbereich Revision ist aber nicht Teil des internen Kontrollsystems oder der Verwaltungsprozesse, sondern prüft, ob diese funktionieren.“ Daran wird deutlich, dass hier eine strukturelle Interessenkollision vorhanden ist. Eine Projektbegleitung durch die Revision eröffnet natürlich die Möglichkeit, dass sich spätere Prüffeststellungen bereits bei der Projektdurchführung erledigen. Eine solche Begleitung kann jedoch im Rahmen des allgemeinen Prüfauftrags der Revision geschehen und benötigt keine zusätzliche Beauftragung mit dem Baucontrolling.

In der Gesamtabwägung erfordert die Steuerung (Controlling) im Rahmen der Planungen und Bauinvestitionen und der Begleitung dieser Maßnahmen eine stärkere Berichterstattung an die Verwaltungsspitze in der Reihenfolge Erster Bürgermeister/ Baudezernat und Oberbürgermeister. Insofern bedarf es einer deutlichen Stärkung dieser Aufgabenstellung unmittelbar im Baudezernat. Nur so ist es zu gewährleisten, dass Verantwortung und Entscheidung ineinandergreifen.

Gleichzeitig beabsichtigt die Verwaltungsspitze, den Prüfauftrag der Revision zu stärken und die Personalausstattung des Fachbereichs auch nach dem Wegfall der Controllingaufgabe und einzelner Vereinsprüfungen im bisherigen Umfang zu erhalten.

 

Oberbürgermeister Pelgrim erläutert den Sachvortrag im Detail.

- Stadtrat Gehrke nimmt wieder seinen Platz am Ratstisch ein -

Stadtrat Dr. Graf von Westerholt erklärt, dass sich der Oberbürgermeister in einer Übergangsphase zum Ende seiner Dienstzeit befinde, so umfassende Regelungen wie beantragt zu diesem Zeitpunkt nicht getroffen werden müssten und stellt für seine Fraktion den Geschäftsordnungsantrag, den Tagesordnungspunkt ins Jahr 2021 zu vertagen, auf den Zeitpunkt bis eine neue Oberbürgermeisterin/ein neuer Oberbürgermeister im Amt sein wird.

Oberbürgermeister Pelgrim erklärt zu:
Beschlussantrag Ziffer 1: Die Prüfung erfolge seit 1992, letztmalig soll sie noch für das Rechnungsjahr 2019 erfolgen. Der Landkreis Schwäbisch Hall habe bereits einer Übernahme der Prüfungsaufgabe zugestimmt, welche nach diesjähriger Satzungsänderung ab dem Rechnungsjahr 2020 erfolgen könne.
Beschlussantrag Ziffer 2: Hier werde der Fachbereich Revision zur Stärkung seiner eigentlichen Aufgaben entlastet.
Beschlussantrag Ziffer 3, 4 und 5: Es erfolge eine Übertragung der sich bereits im Zuständigkeitsbereich des Fachbereiches Revision befindlichen turnusmäßigen Prüfung.
Beschlussantrag Ziffer 6: Hier werde dem dringenden Erfordernis des Einrichtens von Baucontrolling in dem von der Verwaltungsspitze für zuständig erachteten Baudezernat Rechnung getragen.
Beschlussantrag Ziffer 7, 8 und 9: Es erfolge die Bestätigung bereits übertragener Aufgaben.

Stadtrat Rempp erklärt namens seiner Fraktion, dass es keine diskussionswürdigen Beschlussanträge, außer der Ziffer 6, gebe. Es bestehe innerhalb der Fraktion diesbezüglich keine ganz einheitliche Meinung.
Das Ergebnis aus dem Schreiben der Rechtsaufsicht (siehe Verwaltungs- und Finanzauschuss 06.07.2020, Anlage 1, § 114/2, nichtöffentlich) enthielte schwer zu verstehende Einschätzungen. Beispielsweise die Betrachtungsweise, dass eine Kenntnisgabe über die Aufgabenübertragung des Baucontrollings an das Rechnungsprüfungsamt an den damaligen Gemeinderat als Beschluss interpretiert wurde, obwohl seinerzeit der Gemeinderat nicht abgestimmt habe. An der Einschätzung der Rechtsaufsicht erfolge jedoch die Orientierung. Der Vorgang der Versetzung einer Mitarbeiterin vom Fachbereich Revision in die Bauverwaltung falle, wie von der Verwaltungsspitze dargelegt und von der Rechtsaufsicht bestätigt, in den Verantwortungs- und Aufgabenbereich der Verwaltungsspitze und wurde von dieser auch rechtmäßig durchgeführt. Bei der Verlagerung des Baucontrollings hat die Rechtsaufsicht geurteilt, dass eine Verlagerung der Zustimmung des Gemeinderats bedürfe. Es gelte abzuwägen, ob eine Verlagerung Sinn mache. Zusammenfassend sei festzustellen, dass das betriebswirtschaftliche Baucontrolling aus der Sicht von Verwaltung und Revision nicht funktionsfähig sei. Der vorgeschlagene Versuch, dass Baucontrolling näher an die Bauausführung, in den Fachbereich Bauen und Planen zu bringen, erscheine sinnvoll. Es würde so ein funktionierendes baubegleitendes Controlling gewährleistet. Unabhängig davon bedürfe es unstrittig einer Baurevision.

Sowohl Oberbürgermeister Pelgrim als auch Erster Bürgermeister Klink fassen die wichtigen Eckpunkte aus der Vorberatung zusammen. Ergänzend dazu weist Erster Bürgermeister Klink eindringlich darauf hin, dass man sich in den letzten Wochen intensiv mit dem Thema Controlling und der internen Dienstanweisung hierzu befasst habe. Aufgabe der Revision sei es zu kontrollieren, Controlling hingegen sei ein steuerndes Element als Assistenzsystem einer Betriebsführung. Es schaue in die Vorgänge hinein, kontrolliere natürlich auch, habe aber gleichzeitig den aktiven Part der Steuerung, beispielsweise durch Einbringung von Alternativen, Vorbereitung von Entscheidungsgrundlagen neben der fortwährenden Berichterstattung an die Entscheidungsträger. Die Steuerungsaufgabe der Fachbereichsleitung sei aufgrund der eigenen operativen Arbeit sehr stark überlagert. Auch die Revision konnte seither nicht prüfen im Sinne von kontrollieren und entsprechend der vorhandenen Dienstanweisung der Verwaltungsspitze laufend zuarbeiten.

- Stadtrat Kaiser verlässt kurzzeitig den Sitzungssaal -

Stadträtin Herrmann bittet um Abstimmung des Geschäftsordnungsantrages der CDU-Fraktion und signalisiert für ihre Fraktion Zustimmung.

Oberbürgermeister Pelgrim bittet darum, Fachbereichsleiter Hauptverwaltung Wunderlich zu hören. Von Seiten des Gremiums besteht kein Widerspruch.

Fachbereichsleiter Hauptverwaltung Wunderlich appelliert daran, den vom Regierungspräsidium Stuttgart geforderten rechtmäßigen Zustand herbeizuführen, in dem, ausgenommen vielleich die diskussionswürdige Ziffer 6 des Beschlussantrages, die Übertragung von Aufgaben an den Fachbereich entsprechend des § 112 Gemeindeordnung geregelt werde. Nicht zu vergessen sei, dass eine Vielzahl der Aufgabenübertragungen an die Revision schon vor Amtsantritt von Oberbürgermeister Pelgrim bestanden habe. Letztlich könne die Revision nicht prüfen, was ihr nicht rechtmäßig übertragen worden sei.

- Stadtrat Kaiser nimmt wieder seinen Platz am Ratstisch ein -

Stadträtin Koch teilt mit, dem Antrag der CDU-Fraktion folgen zu wollen.

- Stadtrat Gehrke verlässt kurzzeitig den Sitzungssaal -

Stadtrat Baumann äußert sein Unverständnis darüber, dass erst beim Regierungspräsidium Stuttgart eine Anfrage gestellt worden sei und nach deren Antwortschreiben bzw. Rechtsauffassung von einigen Stadträtinnen und Stadträten die Richtigstellung der Aufgabenübertragung von Seiten des Oberbürgermeisters Pelgrim verweigert werde.

Stadtrat Dr. Döring schließt sich der Auffassung von Stadtrat Baumann an und verweist auf die einzuhaltende Frist, 31.07. diesen Jahres, von Seiten des Regierungspräsidiums. Der Geschäftsordnungsantrag werde für eine Ausweichbegründung gehalten. Aufgrund des anstehenden Amtsendes von Oberbürgermeister Pelgrim könne man im Gremium zu treffende Entscheidungen nicht einfach verweigern.

Stadträtin Sawade zitiert die entsprechende Stelle im Schreiben des Regierungspräsidiums vom 29.06.2020 (siehe Verwaltungs- und Finanzauschuss 06.07.2020, Anlage 1, § 114/2, nichtöffentlich) und plädiert für eine Abstimmung der Beschlussanträge der Verwaltung.

Fachbereichsleiter Hauptverwaltung Wunderlich fügt seinen Ausführungen noch hinzu, dass bei allen Beschlussanträgen der Verwaltung, bis auf Ziffer 6, Einvernehmen mit dem Fachbereich Revision bestehe. Diese werde für ihre originäre Aufgabenerledigung dadurch entlastet.

Oberbürgermeister Pelgim fragt, ob an dem Geschäftsordnungsantrag trotz Gegenrede festgehalten werde.

Stadtrat Dr. Graf von Westerholt bestätigt dies.

Oberbürgermeister Pelgrim stellt den Geschäftsordnungsantrag der CDU-Gemeinderatsfraktion zur Abstimmung.

Beschluss:

a) Beschlussantrag der Verwaltung:

  1. Die Aufgabe der Prüfung der Jahresrechnung des Vereins Hohenlohe + Schwäbisch Hall Tourismus wird letztmalig für die Jahresrechnung 2019 dem Fachbereich Revision gemäß § 112 Abs. 2 GemO übertragen.
  2. Von der Aufgabe der Prüfung der Jahresrechnungen der Volkshochschule, der Freilichtspiele und der Gesellschaft der Freundinnen und Freunde der Freilichtspiele wird der Fachbereich Revision entbunden. 
  3. Die Aufgabe der Prüfung der Jahresrechnung des Hohenloher Freilandmuseums erfolgt in Abstimmung mit den Landkreisen Schwäbisch Hall und Hohenlohe im dreijähriger Turnus und wird dem Fachbereich Revision gemäß § 112 Abs. 2 GemO übertragen.
  4. Die Aufgabe der Prüfung der Jahresrechnung des Vereins zur Förderung gemeinnütziger Aktivitäten wird dem Fachbereich Revision gemäß § 112 Abs. 2 GemO übertragen.
  5. Die Aufgabe des behördlichen Datenschutzes wird dem Fachbereich Revision übertragen.
  6. Die Steuerung der baulichen Investitionen (Baucontrolling) wird dem Baudezernat übertragen.
  7. Die Steuerung des gesamtstädtischen Haushaltswesens einschließlich der städtischen Beteiligungen (Finanzcontrolling) verbleibt im Fachbereich Finanzen.
  8. Die formalrechtliche Prüfung der Ausschreibungsunterlagen und der Vergabeverfahren - auch vor dem Abschluss von Lieferungs- und Leistungsverträgen - gemäß § 112 Abs. 2 Nr. 2 GemO wird mit Besetzung der im Doppelhaushalt 2020/2021 neu geschaffenen Stelle in der zentralen Vergabestelle auf die zentrale Vergabestelle übertragen.
  9. Die personelle Ausstattung des Fachbereichs Revision bleibt unverändert. Die Ausschreibung für die bautechnische Prüfung erfolgt unverzüglich.

        (ohne Abstimmung.)

b) Geschäftsordnungsantrag der CDU-Gemeinderatsfraktion:

Vertagung dieses Tagesordnungspunktes ins Jahr 2021, bis ein neue Oberbürgermeisterin/ein neuer Oberbürgermeister im Amt sein wird.
(21 Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen)
Somit wird dem Antrag entsprochen und der Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung genommen.

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