§ 1/1 - Kocherquartier; hier: Herstellung des städtebaulichen Einvernehmens - Bauvorhaben GWG/ Stadtwerke - (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
Version vom 21. Mai 2008, 10:59 Uhr von Kitterer (Diskussion | Beiträge)
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Sachvortrag:

Mitte der 90-iger Jahre wurde der Gedanke entwickelt, zur Stärkung der Einkaufslandschaft in Schwäbisch Hall, ein zentrales Einkaufszentrum in der nördlichen Kernstadt zu entwickeln. Die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen wurden bereits Mitte der 80-iger Jahre vorbereitet, in dem die Stadt vom Land Baden-Württemberg das gesamte Gelände der ehemaligen JVA erworben hat.

Zur Lösungsfindung für diese anspruchsvolle Aufgabe wurde ein zweistufiger städtebaulicher Ideen- und Realisierungswettbewerb vorgeschaltet. Das Ergebnis hatte unterschiedliche Facetten. Während sich ein Teil der Teilnehmer bzw. Teilnehmerinnen zum Abbruch der Gesamtanlage entschlossen, haben andere eine ergänzende behutsame Bebauung unter die erhaltensfähigen Bauteile 1, 2 und 3 entwickelt. Aufgrund der besonderen Funktionalität eines solchen Bauwerkes und den hieraus resultierenden Kubaturen war es den Beteiligten unisono klar, dass die kleinteilige Silhouette einer historischen Stadt hier nicht dupliziert werden kann. Als wichtige städtebauliche Kriterien wurden folgende Belange herausgearbeitet:

  • Zur Ablesbarkeit der historischen Kontur ist das Profil des Froschgrabens bis zur alten JVA fortzusetzen.
  • Die Silhouette der Gelbinger Vorstadt muss als eigenständiger Teil der Stadtkulisse erhalten bleiben und darf nicht angebaut werden.
  • Eine maßvolle Distanz zu dieser Silhouette ist eine wesentliche Rahmenbedingung für die Weiterentwicklung des städtebaulichen Gesamtgefüges.
  • Die Kubaturen sollten gegliedert sein und im Hinblick auf die Fassadengestaltung die in Schwäbisch Hall typische rhythmische Teilung der Fassade aufweisen können.
  • Die Höhenentwicklung des Bauwerkes sollte auf jeden Fall unterhalb der Traufe der verbleibenden JVA-Gebäude bleiben.“

Nachdem die seinerzeitigen Gespräche mit Projektentwicklern nicht zu einem Ergebnis führen konnten, hat sich die städtische Wohnbaugesellschaft in Kooperation mit den Stadtwerken Schwäbisch Hall dazu entschlossen, in diese Projektentwicklung einzusteigen. Mit der Planung wurde das Architekturbüro Flender & Drobig beauftragt, das bereits bei den früheren Entwicklungsgesprächen mit privaten Investoren beteiligt war. Darüber hinaus hat das Büro Flender & Drobig ein umfangreiches Erfahrungspotential mit der Entwicklung von Einkaufsimmobilien in Kernstädten bzw. in städtebaulich empfindlichen Zonen. Das Büro wurde in verschiedenen Phasen mit der Entwicklung der Gesamtanlage beauftragt.


Als Ergebnis ist Folgendes fest zu stellen:

Die Einkaufsimmobilie besitzt ein vollständig eigenständiges Profil, sowohl in funktionaler als auch in gestalterischer Hinsicht. Die städtebaulichen Rahmenbedingungen, wie Erhalt des Froschgrabenprofils sowie die maßvolle Distanz zur städtbildprägenden Silhouette der Gelbinger Gasse, sind eingehalten. Die Distanz zur JVA ist ebenfalls angemessen und lässt den räumlichen Einheiten den notwendigen Spielraum zur Entfaltung ihrer Wirkung.

Die jetzt ausgearbeitete Gliederung und architektonische Qualität der Fassade entspricht den Prinzipien der historischen Kernstadt und weist die typische rhythmische Gliederung einer zeitgemäßen Fassade, die jedoch nicht in Konkurrenz zur historischen Fassade steht, auf. Die flächenhafte Ausdehnung der Einkaufsimmobilie entspricht dem Anforderungsprofil und kann gewährleisten, dass die für die Stadt wichtigen Ergänzungen der Handelsflächen auf 2 Etagen untergebracht werden können. Durch die Fassadengestaltung und die Gebäudegliederung kann eine positive Ergänzung des historischen Kontext JVA, Gelbinger Gasse und Froschgraben erreicht werden.

Die kleinen Innenstadt-Wohnungen auf der 2-geschossigen Anlage sind deutlich hinter der Fassadenkante angeordnet, so dass sie sich optisch nicht auf die räumliche Situation im Froschgraben und im Innenhof der Einkaufsimmobilie auswirken. Die Einkaufsimmobilie bleibt mit ihrer Höhenlage deutlich unter der Traufhöhe der alten JVA, so dass die Dominanz der historischen Gebäude nicht beeinträchtigt oder verändert wird.

Die Kubaturen sind im Rahmen der Gesamtanlage von Schwäbisch Hall großflächig, jedoch aus städtebaulicher Sicht in diesem Stadtwinkel zwischen der alten JVA und der Gelbinger Gasse vertretbar. Die Kubaturen und ihre Großflächigkeit bedingen eine eigenständige städtebauliche Grundform, in der sich die Funktion des Gebäudes spiegelt. Diese bewusste Trennung zwischen einer historischen Bebauung und einer eigenständigen, zeitgemäßen städtebaulichen Handschrift ist in sehr guter Weise auch an der Kunsthalle in der Katharinenvorstadt zu beobachten.

Aus städtebaulicher Sicht ist, zusammenfassend betrachtet, die Einkaufsimmobilie in dem benannten Stadtwinkel zwischen der alten JVA und der Gelbinger Gasse als angemessen zu bezeichnen. Die funktionale Aufgabenerfüllung des Gebäudes unterstützt die Gesamtfunktion der Kernstadt in entscheidender Weise.

Gegenüber früheren Planungsschritten besonders zu begrüßen ist die Abkehr von der Idee einer so genannten „Mall“. Geplant ist nun vielmehr ein nutzungsgemischtes städtisches „Quartier“, das sich – wie andere Bereich in der Kernstadt auch – durch öffentlich zugängliche Flächen, wie Gassensituationen und Plätze, auszeichnet. Hierdurch ist gewährleistet, dass der Gesamtbereich auch außerhalb der Ladenöffnungszeiten zugänglich ist und auch von allen durchquert werden kann. Dieses Kriterium ist ein wesentlicher Bestandteil der traditionellen europäischen Stadt. Eine Abschottung nach außen, wie dieses bei Einkaufszentren und Malls landauf, landab beobachtet werden kann, wird nicht stattfinden. Die Integration des neuen Quartiers in die bestehenden städtischen Strukturen wird dadurch entscheidend verbessert.

Das Projekt wurde bereits mehrfach in den verschiedenen Planungsphasen in den politischen Gremien ausgiebig erörtert und diskutiert.
In der beiliegenden Liste sind sämtliche Bau- und Planungsausschuss- sowie Gemeinderatssitzungen mit den jeweiligen Inhalten formuliert. Die Liste belegt deutlich, dass dieses Projekt umfangreich und mit der erforderlichen Sorgfalt und Intensität diskutiert wurde.

Aus Sicht der Verwaltung können diese umfangreichen Vorberatungen nunmehr abgeschlossen werden und das noch fehlende städtebauliche Einvernehmen hergestellt werden.

Die bislang erarbeiteten Ergebnisse sind Gegenstand des Bauantrages, der nunmehr im Gemeinderat zur Diskussion gestellt wird, bzw. für den das städtebauliche Einvernehmen erforderlich ist.

Beschluss:

Es handelt sich um ein Bauvorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB). Es ist zulässig, weil es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.

Das nach § 36 Abs. 1 BauGB erforderliche Einvernehmen wird gemäß § 10 Abs. 2 Ziff. 5 der Hauptsatzung der Stadt Schwäbisch Hall vom 20.12.1971 i.d.F. Vom 24.07.2000 erteilt.

Gleichzeitig wird die Zustimmung bzw. Genehmigung gemäß § 173 Abs. 1 in Verbindung mit § 172 Abs. 1 Ziff. 1 BauGB (Vorhaben im Bereich der Erhaltungssatzung) erteilt (s. GR ‑ Beschluss v. 30.08.89).


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