§ 141 - Abschaffung der unechten Teilortswahl für die Wahlen zum Gemeinderat 2014, 2. Satzung zur Änderung der Hauptsatzung (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Mit der Sitzungsvorlage Nr. 214/13 sowie durch den Vortrag von Herrn Brugger vom Städtetag Baden-Württemberg in der Sitzung vom 26.06.2013, § 124, wurde der Gemeinderat, die Ortschaftsräte sowie die Öffentlichkeit umfassend über den Themenkomplex der unechten Teilortswahl informiert.

Aufgrund von Nachfragen aus der Mitte des Gemeinderates und verschiedener Anregungen Dritter über das Verfahren und die Ausgestaltung schlägt die Verwaltung zwei Alternativen für den weiteren Verfahrensgang vor:

  • Alternative 1 betrifft die Änderung der Hauptsatzung zur Abschaffung der unechten Teilortswahl durch den Gemeinderat.

  • Alternative 2 beinhaltet das in der Sitzung vom 26.06.2013, § 124, vorgesehene Verfahren über einen Bürger­entscheid in Zusammenhang mit den Bundestagswahlen am 22.09.2013.

Für beide Alternativen schlägt die Verwaltung, abweichend Sachvortrag des § 124 (ö) vor, dass die unechte Teilortswahl zur Wahl der Ortschaftsräte nur abgeschafft werden soll, wenn dies von den Ortschaftsräten so mehrheitlich beschlossen wird. Beide Alternativen sehen daher nur noch die Abschaffung der unechten Teilortswahl für die Gemeinderatswahl vor. Sofern gewünscht, müsste die Abschaffung der unechten Teilortswahl für die einzelnen Ortschaftsräte dann durch eine gesonderte Änderung der Hauptsatzung herbeigeführt werden.

Alternative 1:
Gemäß § 4 Abs. 2 der Gemeindeordnung (GemO) kann die Hauptsatzung mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder geändert werden. Der Gemeinderat kann somit, nachdem die Garantie aus den Eingemeindungsverträgen 2010 ausgelaufen ist, jederzeit mit einer qualifizierten Mehrheit durch Änderung der Hauptsatzung die unechte Teilortswahl für die Wahlen zum Gemeinderat 2014 abschaffen. Gemäß § 25 Abs. 2 GO beträgt die reguläre Mitgliederzahl des Gemeinderates bei der Einwohnerzahl der Stadt Schwäbisch Hall 32 Sitze. § 25 Abs. 2 Satz 4 der GemO sieht jedoch vor, dass bei Aufhebung der unechten Teilortswahl bis zum Ende der laufenden Amtszeit der Gemeinderäte durch die Hauptsatzung bestimmt werden kann, dass die bisherige oder eine andere nach § 25 Abs. 2 Satz 2 festzulegende Sitzzahl längstens bis zum Ablauf der zweiten auf die Aufhebung der unechten Teilortswahl folgende Amtszeit der Gemeinderäte maßgebend ist. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, dass die bisher festgesetzte Sitzzahl von 34 Sitzen für diesen Übergangszeitraum (bis spätestens 2024) beibehalten werden soll.

Gemäß §§ 2 und 9 Kommunalwahlgesetz (KomWG) können die Wahlen der Bewerberinnen und Bewerber frühestens 15 Monate und die Wahlen der Vertreterinnen und Vertreter für die Vertreterversammlung frühestens 18 Monate vor Ablauf des Zeitraums, innerhalb dessen die nächste regelmäßige Wahl des zu wählenden Organs erfolgen muss, stattfinden. Diese Fristen würden somit am 20. August bzw. am 20. Mai 2013 zu laufen beginnen. Bei einer Änderung der Hauptsatzung im Juli würde somit nur eine minimale Verkürzung der Frist für die Wahl der Vertreterinnen und Vertreter für die Vertreterversammlung eintreten. Das Regierungspräsidium empfiehlt deshalb, die absehbar von der Fristverkürzung Betroffenen umfassend und zeitnah zu informieren. Die Verwaltung schlägt deshalb vor, dass der Gemeinderat ausdrücklich der Verkürzung der Frist zustimmt.

Die Hauptsatzung sollte deshalb wie folgt geändert werden (s. Anlage 1). § 3 der Hauptsatzung in der bisherigen Fassung wird gestrichen. § 3 Hauptsatzung in der neuen Fassung lautet wie folgt:

§ 3 Gemeinderat

Der Gemeinderat besteht aus der Oberbürgermeisterin als Vorsitzende/ dem Oberbürgermeister als Vorsitzenden und aus 34 Mitgliedern (Stadträtinnen/Stadträte).

Alternative 2:
Sollte ein Bürgerentscheid gewünscht werden ist folgendes zu beachten und zu beschließen: Gemäß § 21 Abs. 1 GemO kann der Gemeinderat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürgerinnen/ Bürger unterstellt wird. Über die Frage der Abschaffung der unechten Teilortswahl für den Gemeinderat kann somit unzweifelhaft im Rahmen eines Bürgerentscheides entschieden werden. Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 25 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Die Frage im Rahmen eines Bürgerentscheides muss eindeutig sein und mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Die Frage im Rahmen des Bürgerentscheides soll deshalb wie folgt lauten:

Soll die unechte Teilortswahl für die Wahlen zum Gemeinderat der Stadt Schwäbisch Hall abgeschafft werden?“

Für die Durchführung des Bürgerentscheides ist nach § 41 Abs. 3 i.V.m. § 11 KomWG ein Gemeindewahlausschuss notwendig. Ihm obliegt die Leitung des Bürgerentscheides und die Feststellung des Abstimmungsergebnisses.
Der Gemeindewahlausschuss besteht nach § 11 Abs. 2 KomWG aus dem Bürgermeister als Vorsitzenden und mindestens zwei Beisitzerinnen/ Beisitzern. Die Beisitzerinnen/Beisitzer und Stellvertreterinnen/Stellvertreter in gleicher Zahl wählt der Gemeinderat aus den Wahlberechtigten. Hierbei ist es zweckmäßig, die im Gemeinde­rat vertretenen Fraktionen bei der Besetzung des Gemeindewahlausschusses zu berücksichtigen. Deshalb empfiehlt es sich, die Zahl der Beisitzerinnen/Beisitzer auf fünf festzulegen. Die Verwaltung schlägt die gleiche Besetzung wie bei der Oberbürgermeisterwahl vor. Es kann offen gewählt werden, wenn kein Mitglied widerspricht.

Fraktion

Beisitzer/in

Stellvertreter/in

CDU

Dr. Ludger Graf von Westerholt

Thomas Weber

SPD

Helmut Kaiser

Monika Jörg-Unfried

FWV

Hartmut Baumann

Prof. Dr. Hans-Peter Geisen

Grüne

Andrea Herrmann

Jutta Niemann

FDP

Felix Nestl

Günter Gropper

§ 21 Abs. 5 GemO schreibt vor, dass bei Durchführung eines Bürgerentscheides den Bürgerinnen und Bürgern die innerhalb der Gemeindeorgane vertretenen Auffassungen dargelegt werden müssen. Eine besondere Form der Unterrichtung schreibt die Gemeindeordnung nicht vor. Sie kann deshalb mündlich z. B. in einer Bürgerversammlung oder schriftlich im Amtsblatt der Gemeinde (bzw. ortsübliche Bekanntmachung) oder im Zusammenhang mit der Übersendung der Stimmbenachrichtigungskarte oder in einer Kombination der obigen Formen erfolgen. Die Verwaltung schlägt vor, dass die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Schwäbisch Hall mit dem in der Anlage 2 beigefügten Informationsblatt über den Bürgerentscheid informiert werden. Diesem Informationsblatt werden dann noch die Stellungnahmen des Oberbürgermeisters, der Gemeinderatsfraktionen und der Ortschaftsräte (einschließlich der abweichenden Auffassungen innerhalb der Kollegialorgane) beigefügt. Das Informationsblatt und die Stellungnahmen werden im Haller Tagblatt, eventuell in Form einer Sonderbeilage, und in den Teilortsblättern veröffentlicht. Die Veröffentlichung soll am 29. August 2013 erfolgen. Die Wahlbenachrichtigung soll spätestens am 01.09.2013 erfolgen. Briefwahlunterlagen können ab 02.09.2013 beantragt werden. Sofern gewünscht können auch noch weitere Informationsveranstaltungen stattfinden.

Um eine möglichst hohe Wahlbeteiligung beim Bürgerentscheid zu erreichen schlägt die Verwaltung vor, diesen zusammen mit der Bundestagswahl am 22. September 2013 durchzuführen.

Sollte der Bürgerentscheid im Sinne der Abschaffung der unechten Teilortswahl entschieden werden, müsste umgehend in der nächsten Gemeinderatssitzung am 30. September 2013 die Hauptsatzung wie bereits in Alternative 1 ausgeführt (siehe Anlage 1) geändert werden. Gemäß § 21 Abs. 7 GO hat der Bürgerentscheid die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderates. Dies bedeutet, dass der Gemeinderat diesen Entscheid vollziehen, d. h. die Hauptsatzung mit der Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder ändern muss.

Die oben beschriebene Fristproblematik nach §§ 2 und 9 KomWG ist auch hier entsprechend anwendbar, weshalb auch für diesen Fall ein ausdrücklicher Beschluss des Gemeinderates erforderlich ist, dass er der Verkürzung der Fristen zur Bewerberaufstellung ausdrücklich zustimmt.

Sollte der Bürgerentscheid nicht erfolgreich sein, weil das erforderliche Quorum (die erforderliche Mehrheit weder für die Abschaffung noch für die Beibehaltung der unechten Teilortswahl) erreicht wird, so muss gemäß § 21 Abs. 6 Satz 3 letzter HS GemO der Gemeinderat die Angelegenheit entscheiden. Dies sollte ebenfalls in der Sitzung am 30. September 2013 erfolgen, da eine weitere Vorberatung entbehrlich ist.

Das Votum der Ortschaftsräte wird zur Gemeinderatssitzung am 24. Juli 2013 vorgelegt.

Anlage 1: 2. Satzung zur Änderung der Hauptsatzung

Anlage 2: Informationsblatt

 

Oberbürgermeister Pelgrim führt in das Thema ein. Durch die Ausführungen von Herrn Brugger, Städtetag Baden-Württemberg (s. GR vom 26.06.2013) wurde deutlich, welch schwerwiegender Eingriff in das aktive und passive Wahlrecht die unechte Teilortswahl darstellt. Nach 40 Jahren ist es jetzt jedoch an der Zeit, dem demokratischen Rechtsverständnis von „gleichen Wahlen“ entsprechend dem Grundgesetz zu folgen und die unechte Teilortswahl abzuschaffen. Hierfür sind im Sachvortrag zwei Alternativen genannt: 1. durch Änderung der Hauptsatzung und 2. mittels Bürgerentscheid.

Stadtrat Dr. Graf von Westerholt hat nach der Kommunalwahl 2009 das Wahlrecht analysiert. Aufgrund der Ausgleichssitze kam damals ein nahezu gleiches Ergebnis wie ohne die unechte Teilortswahl heraus. Lediglich die Anzahl der Mandate hat sich erhöht. Er möchte vor der Festlegung über den weiteren Fortgang die Haltung der Ortschaftsräte zum Thema kennen.

Auch für Stadtrat Kaiser ist die Haltung der Ortschaftsräte zur unechten Teilortswahl maßgeblich für das weitere Vorgehen. Gegen die Abschaffung der unechten Teilortswahl spricht:

  • Die Zahl der Gemeinderäte ist für die Qualität der Arbeit unerheblich;
  • Herr Brugger führt aus, dass nach der Abschaffung in 55 % der Fälle alle Teilorte dennoch im Gremium vertreten sind - dies heißt aber auch, dass in 45 % der Fälle ein Teilort nicht mehr vertreten ist.
  • Die Möglichkeit des Verteilens von Mehrstimmen auf die Kandidatinnen/ Kandidaten der Ortschaften entspricht nicht der Realität. Das Wählerverhalten ist ein komplett anderes.
  • Für alle Mitglieder des Gemeinderats sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass sie die Gesamtstadt vertreten.
  • Ein Bürgerentscheid im Herbst zusammen mit der Bundestagswahl scheidet wegen Kurzfristigkeit und mangelnden inhaltlichen Zusammenhangs aus. Der Bürgerentscheid sollte zusammen mit der Kommunalwahl 2014 erfolgen. Hierbei ist auch nicht unerheblich, dass die Gruppierungen bereits an der Erstellung von Kandidatenlisten arbeiten.

Stadtrat Prof. Dr. Geisen merkt an, dass Stadtteile wie der Teurershof oder Hagenbach auch keine garantierten Sitze im Gemeinderat haben. Hessental hatte nach Abschaffung der unechten Teilortswahl fünf Mandate, vorher drei. Es ist Zeit Veränderungen im Kommunalwahlrecht herbeizuführen. Erfolgt dies über einen Bürgerentscheid ist dies das Fairste vom Fairen.

Stadtrat Härtig meldet noch Beratungsbedarf an. Er möchte ein gerechtes, gleiches Wahlsystem. Dies ist unter Anwendung der unechten Teilortswahl nicht gegeben. Er sieht das Wahlrecht in einer Schräglage, wenn eine Bewerberin/ ein Bewerber mit weniger Stimmen, nur weil sie/ er aus dem Teilort kommt, in den Gemeinderat einzieht.

Stadtrat Preisendanz vergleicht die Teilorte Tüngental und Hessental: Beide verfügen über ein intaktes Gemeinwesen, haben jedoch verschiedene Wahlsysteme. Auch er findet es nicht richtig, dass Mandatsträger aus den Teilorten mit weit weniger Stimmen als solche aus der Kernstadt in den Gemeinderat einziehen. Ein Bürgerentscheid wäre für ihn die fairste Methode, jedoch ist ein Bürgerentscheid zur Bundestagswahl am 22.09.13 mit entsprechenden Informationen der Bürgerschaft im August verbunden. Wie allgemein bekannt, ist der August politisch ein toter Monat und die Bürgerinnen und Bürger sind nur schwer zu erreichen.

Stadträtin Parpart ist der Meinung, dass die Frage, ob die unechte Teilortswahl historisch erledigt ist, von den Teilorten beantwortet werden muss. Sie sieht darüber hinaus die Parteien und Wählervereinigungen in der Pflicht, im Falle der Abschaffung geeignete Personen an prominenter Stelle im Stimmzettel aufzuführen.

Stadtrat Schorpp ist Befürworter der Abschaffung der unechten Teilortswahl. Er möchte so wenig wie möglich ungültige Stimmzettel und stellt außerdem fest, dass das Votum der Ortschaftsräte im Gemeinderat stets ernst genommen wird. Die Ortschaftsräte haben durch ihre Ortvorsteherin/ Ortsvorsteher starke Vertreter.

Stadträtin Rabe merkt an, das bisher nur Gründe für die Abschaffung der unechten Teilortswahl Gehör gefunden haben, Vorteile wurden so gut wie gar nicht erwähnt. Für sie ist entscheidend, ob die Teilorte auch nach der Abschaffung noch Mitgestaltungsmöglichkeiten im Gemeinderat haben.

Stadtrat Härtig möchte eine rechtsverbindliche Auskunft, ob die Abschaffung der unechten Teilortswahl auch evtl. durch einen Bürgerentscheid am 22.09.13 rechtlich einwandfrei beschlossen werden kann, da die Kandidatensuche bereits begonnen hat.

Oberbürgermeister Pelgrim entgegnet, dass dies nach Rücksprache mit dem Regierungspräsidium Stuttgart zweifelsfrei als zulässig erklärt wurde. Oberbürgermeister Pelgrim schließt die Diskussion mit folgenden Feststellungen:

  1. Mit dem Auszählverfahren nach d'Hondt haben größere Parteien und Vereinigungen leichte Vorteile;
  2. Ausgleichsmandate bedingt durch die unechte Teilortswahl gehen eher an die Kernstadt, da die dort vergebene Stimmenanzahl höher ist;
  3. Die Diskussion beschränkt sich auf die Abschaffung der unechten Teilortswahl; an eine Abschaffung der Ortschaftsverfassung, der Ortschaftsräte oder Ortsvorsteher ist nicht gedacht;
  4. Nach der Rechtslage kann der Gemeinderat durch Festlegung in der Hauptsatzung die Anzahl der Stadträtinnen/ Stadträte zwischen 26 und 39 frei wählen;
  5. Bereits heute sind nicht alle Teilorte (bspw. Gelbingen und Weckrieden) im Gemeinderat vertreten;
  6. Durch das Instrument der unechten Teilortswahl ist nicht gewährleistet, dass Kandidatinnen und Kandidaten aus den Teilorten zwangsläufig auch für die Teilorte gewählt werden. Grund hierfür ist, dass auch die Kernstadtbewohnerinnen/ -bewohner die Möglichkeit haben, Personen aus den Teilorten zu wählen.

Von dem Sachverhalt wird Kenntnis genommen. Der Tagesordnungspunkt gilt auch ohne Abstimmung als vorberaten. Die Entscheidung hierüber erfolgt nach dem Votum der Ortschaftsräte in der Sitzung des Gemeinderats am 24. Juli 2013.

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