§ 70 - Waffenbestand in Schwäbisch Hall; a) Antrag der CDU-Fraktion vom 27.02.2012; b) Erhebung von Verwaltugnsgebühren für die Kontrolle der Aufbewahrung (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
Version vom 18. Juni 2012, 11:50 Uhr von Kitterer (Diskussion | Beiträge)
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Sachvortrag:

zu a)

siehe Antrag der CDU-Fraktion


zu b)

Der Amoklauf in Winnenden und Wendlingen am 11.03.2009 mit der Tötung von 16 Menschen hat die Frage nach der Erforderlichkeit größerer Waffen- und Munitionsbestände in Privatbesitz einerseits und deren sorgfältige und sichere Aufbewahrung andererseits in den Vordergrund gerückt. Dieses Geschehen hat vor Augen geführt, welche verheerenden Folgen die falsche Aufbewahrung einer einzigen Waffe nach sich ziehen kann.

Um das von Waffen und Munition ausgehende allgemeine Sicherheitsrisiko zu verringern, hat die Stadtverwaltung im Oktober 2009 alle 780 Besitzerinnen und Besitzer von Waffen und Munition angeschrieben und angeboten, Waffen und Munition unbürokratisch und kostenfrei beim Fachbereich Bürgerdienste und Ordnung abzugeben. 278 Personen nutzten dieses Angebot. Die Waffenbehörde hat inzwischen 398 Waffen entgegengenommen und an den Kampfmittelbeseitigungsdienst weitergegeben. Aktuell sind jedoch immer noch 3.994 Waffen im Besitz von insgesamt 502 Personen.

Im Zuge dieser Aktion im Oktober 2009 hatten alle Waffenbesitzerinnen und -besitzer die erforderlichen Nachweise für die sichere Aufbewahrung ihres gesamten Waffen- und Munitionsbestandes vorzulegen. Damit war ein nicht unerheblicher Verwaltungsaufwand verbunden.

Seit Änderung des Waffengesetzes (17. Juli 2009) haben die Waffenbehörden im Zusammenhang mit der nach § 36 Abs. 3 Waffengesetz vorgesehenen anlassbezogenen und verdachtsunabhängigen Aufbewahrungskontrollen auch das Recht, die Räume, in denen Waffen und Munition aufbewahrt werden, zu betreten.

Nach einer ersten Evaluation der Aufbewahrungskontrollen hat das Innenministerium Baden-Württemberg festgestellt, dass etwa 30 % der Kontrollen anlassbezogen und 70 % verdachtsunabhängig waren. Im Landesdurchschnitt haben die Waffenbesitzerinnen und -besitzer ihre Schusswaffen in knapp 80 % der kontrollierten Fälle ordnungsgemäß aufbewahrt. In den gut 20 % der Fälle, in denen Verstöße gegen die Aufbewahrungsvorschriften festgestellt wurden, haben die Waffenbesitzerinnen und -besitzer die Mängel nach Beratung durch die Waffenbehörden regelmäßig behoben.

Die Stadtverwaltung hat sich bisher auf die Kontrolle der Nachweise für die Aufbewahrung der Waffen und Munition konzentriert und war personell darüber hinaus nicht in der Lage, Vor-Ort-Kontrollen durchzuführen. Künftig ist vorgesehen, dass ein Sachbearbeiter der Waffenbehörde zusammen mit einem Vollzugsbediensteten monatlich an etwa zwei Abenden Kontrollen durchführt. Dabei ist wie folgt zu verfahren:

Es müssen alle Waffenbesitzerinnen und -besitzer aufgesucht werden, wobei ein Abgleich zwischen den gemeldeten und den übermittelten Daten zum Verwahrbehältnis erfolgt. Entsprechend Waffenbestand und Verwahrbehältnis den gesetzlichen Anforderungen, ist der Gesetzeszweck erfüllt. Dies wird in den Unterlagen vermerkt. Beim Erwerb einer weiteren Waffe ist erneut zu überprüfen, ob die gesetzlichen Vorgaben erfüllt sind.

Differieren Waffenbestand und Verwahrbehältnis von den Angaben der Besitzerinnen und Besitzer, muss eine Nachfrist gesetzt werden; ggf. ist ein Ordnungswidrigkeitenverfahren einzuleiten. Nach Ablauf der Nachfrist ist eine erneute Kontrolle nötig. Bei gravierenden Verstößen gegen die Aufbewahrungspflicht sind ein Strafverfahren und der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse zu prüfen.

Die Kontrollen müssen aus Gründen der Sicherheit und zur Beweissicherung durch zwei Personen durchgeführt werden. Da der zu erwartende Verwaltungsaufwand nicht gering ist und dadurch auch entsprechende Mindereinnahmen beim Vollzugsdienst zu erwarten sind, ist es folgerichtig und auch aus rechtlichen Gründen geboten, die mit diesen Aufbewahrungskontrollen verbundenen Kosten den Verursachern in Rechnung zu stellen.

Wie das Verwaltungsgericht wiederholt entschieden hat, finden auch verdachtsunabhängige Kontrollen auf Veranlassung und im Interesse der Waffenbesitzer statt mit der Folge, dass kostendeckende Verwaltungsgebühren erhoben werden dürfen. Zwar wird den Waffenbehörden in der neuen Verwaltungsvorschrift nahe gelegt, nur bei Kontrollen, die Beanstandungen zur Folge haben, Verwaltungsgebühren zu berechnen. Dies widerspricht jedoch der allgemeinen Gesetzeslage: Nach § 78 Gemeindeordnung Baden-Württemberg haben die Gemeinden, „die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen, soweit vertretbar und geboten, aus Entgelten für ihre Leistungen zu beschaffen“.

Die Stadt Schwäbisch Hall erhebt für öffentliche Leistungen, die auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner vorgenommen werden, nach der am 20.12.2006 vom Gemeinderat beschlossenen Satzung auf der Grundlage der §§ 2 u. 11 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) und § 4 Abs. 3 des Landesgebührengesetzes (LGebG) entsprechend bemessene Verwaltungsgebühren. Unter der laufenden Nr. 28.19 des Gebührenverzeichnisses ist für den Auffangtatbestand „Sonstige Amtshandlungen, insbesondere Prüfungen und Untersuchungen, die im Interesse oder auf Veranlassung des Gebührenschuldners vorgenommen werden und nicht in dieser Tabelle aufgenommen sind“, eine Rahmengebühr von 27 bis 512 € vorgesehen.

Um die Besitzerinnen und Besitzer von Waffen und Munition mit den vorgeschriebenen Aufbewahrungskontrollen nicht allzu sehr zu überraschen, wurden diese am 24.01.2012 durch einen Brief des Oberbürgermeisters angekündigt und darauf hingewiesen, dass mit einer voraussichtlichen Verwaltungsgebühr von 90 € zu rechnen ist. Dabei ging die Verwaltung davon aus, dass vom Landratsamt für diese Kontrollen eine Gebühr von 120 € erhoben wird, wie dies einer Übersicht des Innenministeriums zu entnehmen war.

Inzwischen hat sich herausgestellt, dass das Landratsamt zu diesem Zeitpunkt noch keine Entscheidung getroffen hatte. Am 30.03.2012 wurde nun die Gebührenverordnung des Landratsamtes im Haller Tagblatt veröffentlicht, wonach für die anlassbezogene Überprüfung der Aufbewahrung bei unzureichender oder Nichterfüllung der Nachweispflicht 80 € erhoben werden und für die verdachtsunabhängige Überprüfung der Aufbewahrung 70 €.

Die Frage der Gebührenerhebung wird von den Waffenbehörden unterschiedlich gehandhabt. Letztlich ist entscheidend, ob die mit diesen Kontrollen verbundenen Kosten die Allgemeinheit tragen soll oder diejenigen, die durch ihren Waffenbesitz diese Kontrolle notwendig machen. Die Verwaltung ist nach wie vor der Auffassung, dass diese spezielle Aufgabe der Waffenbehörde nicht mit allgemeinen Steuermitteln finanziert werden sollte, sondern durch eine adäquate Verwaltungsgebühr den Verursachern zu berechnen ist.

Unter Berücksichtigung der von der KGST ermittelten Kosten eines Büroarbeitsplatzes ist bei den zwei Kontrollpersonen von einem Stundensatz von 62,42 € und 38,62 € (insgesamt also 99,04 €) für Personalkosten, Sachkosten und Gemeinkosten auszugehen.

Im Hinblick auf die sehr unterschiedlich großen Bestände an Waffen und Munition wird der Kontrollaufwand sehr unterschiedlich sein. Die Verwaltung schlägt gemäß Anlage eine Regelung vor, die diesen Umstand berücksichtigt. Im Normalfall (bei einer Kontrolldauer vor Ort von bis zu 30 Minuten) entspricht dies der Gebühr des Landratsamtes in Höhe von 70 €. Damit der unterschiedliche Kontrollaufwand bei größeren Waffenbeständen in gerechter Weise berücksichtigt wird, ist es sinnvoll, für die Vorbereitung einschließlich Hin- und Rückfahrt eine Pauschale in Höhe von 50 € zu berechnen und für die Vor-Ort-Kontrolle eine Gebühr nach Zeitaufwand zu erheben: 20 € je angefangene halbe Stunde.

Der von den Jägerinnen und Jägern geforderte Verzicht auf eine Gebührenerhebung bei nicht anlassbezogenen Kontrollen der Waffenaufbewahrung ohne Beanstandung würde im Vergleich mit der regelmäßig vorgeschriebenen TÜV-Kontrolle eines Kraftfahrzeugs bedeuten, dass die TÜV-Gebühren nur bezahlen muss, wer Anlass zu Beanstandungen gibt. Ebenso wenig wie die regelmäßig erforderliche TÜV-Überprüfung von Kraftfahrzeugen den Steuerzahlern aufgebürdet wird, sollte die vom Gesetzgeber vorgeschriebene Kontrolle der Aufbewahrung von Waffen und Munition zu Lasten der Steuerzahler gehen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart begründet die Zurückweisung einer Klage eines Waffenbesitzers laut Pressemitteilung vom 06.02.2012 unter anderem wie folgt:„Wegen der besonderen Gefährlichkeit des Waffenbesitzes knüpfe die durchgeführte Waffenkontrolle allein an den Waffenbesitz als solches an und falle daher – ungeachtet dessen, ob Anlass zu Beanstandungen oder Kontrollmaßnahmen gegeben worden sei oder nicht – in den Verantwortungsbereich des Klägers als Waffenbesitzer und werde so von ihm veranlasst und ihm zugerechnet. Die verdachtsunabhängige Vor-Ort-Kontrolle habe der Gesetzgeber nach den Erfahrungen der letzten Jahre in § 36, Abs. 3, Satz 2 des Waffengesetzes ausdrücklich vorgesehen und sei vom Waffenbesitzer zu dulden.“

Anlage: Satzung



Oberbürgermeister Pelgrim berichtet, dass er sich nach der öffentlichen Diskussion erneut Gedanken gemacht hat, was jedoch zu keinem anderen Ergebnis führte: Der vorliegende Vorschlag ist hinsichtlich Umfang und Ausmaß vertretbar. Die ursprünglich angedachte Gebühr in Höhe von 90 € wurde der Gebühr des Landkreises angepasst. Gerechtfertigt ist auch, dass ein Zeitfaktor in die Berechnung der Gebühr Eingang gefunden hat, da es in Schwäbisch Hall Personen gibt, die einen dreistelligen Waffenbestand führen.

Stadtrat Frank stellt klar, dass sich seine Fraktion nicht gegen Kontrollen ausspricht, sondern gegen eine Gebühr hierfür. Nach der allgemeinen Verwaltungsvorschrift liegen die Kontrollen im öffentlichen Interesse und es sollten keine Gebühren erhoben werden. Angesichts dessen, dass von 148 Waffenbehörden nur 16 Gebühren verlangen, sollte der Verwaltungsvorschrift gefolgt werden. Er gibt außerdem zu bedenken, dass sich die Jägerschaft auch dem Naturschutz verschrieben hat und die Sch&¨tzen eine erhebliche Rolle bezüglich des ehrenamtlichen Engagements spielen.

Stadtrat Kaiser räumt mit dem Vorwurf auf, dass diejenigen, die dem Verursacherprinzip folgen, etwas gegen Jäger bzw. Sportschützen hätten. Auch er schätzt das Engagement der Jägerschaft und das Hobby des Sportschießens. Er möchte sich jedoch nicht aus billigem Populismus vom Grundsatz „Gebühren vor Steuern“ verabschieden. Der Verwaltungsvorschlag stellt eine Regelung mit Augenmaß dar und ist keine Überforderung des genannten Personenkreises. Im Übrigen hätten es die Betroffenen noch schlechter gehabt, wenn eine rigidere Handhabung bezüglich der Aufbewahrung von Waffen beschlossen worden wäre.

Auch Stadtrat Prof. Dr. Geisen und die Freie Wählervereinigung haben nichts gegen Jäger und Sportschützen. Eine Untersuchung des Landesinnenministeriums hat jedoch ergeben, dass 20 % der Waffen nicht ordnungsgemäß gelagert werden. Kontrollen führen hier zu einer Besserung und können die Risiken minimieren. Angesichts dessen, dass  einen die Kontrollen nur alle vier Jahre treffen, ist die vorgeschlagene Regelung angemessen. Eine öffentliche Diskussion wie in jüngster Zeit ist die Sache nicht wert.

Stadtrat Preisendanz ist auch dafür, die Gebühren vom Verursacher zu holen, jedoch ist er der Meinung, dass die Kontrollen im Interesse der Bürgerinnen und Bürger vorgenommen werden und somit die Allgemeinheit dafür aufzukommen hat. Er findet es außerdem befremdlich, dass die Verwaltung um den recht kleinen Betrag mit Vehemenz kämpft, hingegen anstandslos für eine Skateranlage 125.000 € bereitgestellt werden.

Oberbürgermeister Pelgrim stellt abschließend klar, dass auch Schwäbisch Hall zu den 148 Kommunen zählt, die noch keine Gebühren erheben, sich jedoch noch im Entscheidungsfindungsprozess befindet - so geht es auch anderen. Auch er hat nichts gegen die Jäger - noch vor einem Jahr hat er sich für die Abschaffung der Jagdsteuer im Kreistag verkämpft. Er weist nochmals darauf hin, dass es viele gebührenpflichtige Vorgänge im öffentlichen Interesse gibt, wie die Ausstellung eines Reisepasses, die Eheschließung oder gar eine Beerdigung.

Beschluss:

Die Satzung zur Änderung der Verwaltungsgebührensatzung vom 20.06.2006 wird gemäß Anlage beschlossen.
(21 Ja-Stimmen, 12 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung)

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