§ 57 - Umsetzung des baden-württembergischen Orientierungsplans für Bildung und Erziehung mit dem Handlungskonzept infans, hier: Information und weiteres Vorgehen (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Der Orientierungsplan für die Kindergärten war seit dem Kindergartenjahr 2006/07 in der Erprobungsphase. In einer vom Land und von den Kommunen finanzierten Fortbildungskampagne wurden alle pädagogischen Fachkräfte in Baden-Württemberg mit den Inhalten des Orientierungsplanes vertraut gemacht. Eine Expertengruppe aus Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen, der Fachpraxis, Bildungsexperten aus Kindergärten, Grundschulbereich, Kooperationsbeauftragte haben seit Sommer 2008 an der Weiterentwicklung des Orientierungsplans gearbeitet. Es erfolgte eine sechswöchige Anhörung des Orientierungsplans, die im Juni 2009 zu Ende ging und die vorläufige Neufassung des Orientierungsplanes wurde im Anschluss daran in Stuttgart vorgestellt. Die Eckpunkte des Orientierungsplanes, herausgegeben vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg, sind in der Anlage 1 beigefügt.

Aus den Fortbildungen und Auseinandersetzungen mit dem Orientierungsplan wurden von den Fachkräften konkrete Fragen nach der Umsetzung im pädagogischen Alltag gestellt, da der Orientierungsplan zwar beschreibt, was in den Tageseinrichtungen gemacht werden soll, aber nicht wie. Die Leitungen sind an uns herangetreten, mit der Frage, wie die Inhalte der Fortbildungen, bzw. Aussagen des Orientierungsplanes in den städtischen Tageseinrichtungen umgesetzt werden sollen. Gewünscht wurden konkrete Aussagen und ein gemeinsames Handlungskonzept.

Zur Umsetzung wurde das Handlungskonzept nach infans gewählt, da dieses seit 2002 in Baden-Württemberg von einem Städteverbund in einer Begleitung durch den Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) erprobt wurde und von vielen kommunalen, kirchlichen und freien Kindergartenträgern als ein somit erprobtes und anspruchsvolles Handlungskonzept zur Umsetzung der Zielsetzungen des Orientierungsplans Bildung und Erziehung eingeführt worden ist.

Den pädagogischen Fachkräften in den städtischen Einrichtungen wurden seit Januar 2007 Fortbildungen zur Implementierung des Orientierungsplans und zum Handlungskonzept infans angeboten. Die Fortbildungen wurden als Tischvorlage beim BSSK an den Gemeinderat ausgeteilt. Im Februar 2007 wurde in Heilbronn eine Konsultationseinrichtung besucht, die nach infans arbeitet. Von März bis Juni 2009 fanden Auftaktworkshops zur Einführung für das pädagogische Personal statt. Im Oktober 2010 fanden Informationselternabende für Eltern sowie einrichtungsspezifische Elternabende statt. Die Umgestaltung der Räume begann im Dezember 2009.

Die Mitglieder des Gemeinderats wurden eingeladen, sich das pädagogische Handlungskonzept infans in der Praxis vor Ort in den Tageseinrichtungen für Kinder „Hagenbach“ und „Badtorweg“ anzusehen. Dabei wurde der Wunsch geäußert, weitere Informationen aus anderen Einrichtungen (auch Teilorte) zu erhalten.

Zur Sitzung des BSSK am 28.02.2011 wurden jeweils die Leitungen und je zwei Elternvertretungen aus den Tageseinrichtungen Bibersfeld, Gailenkirchen, „Pfiffikus“ (Hessental), „Seeacker“ (Teurershof) sowie Vertretungen des Gesamtelternbeirates eingeladen.

In dieser Sitzung wurde der Tagesablauf der Einrichtung Bibersfeld exemplarisch von der Leiterin, Frau Scheuermann, und die Aufgaben einer Fachkraft mit Praxisbeispielen aus der Tageseinrichtungen für Kinder Gailenkirchen von der Leiterin, Frau Hof, erläutert. Die Leitungen der Einrichtungen „Pfiffikus“ und „Seeacker“ stellten ihre Einrichtungen und die Umstellung mit dem Handlungskonzept infans vor. Die Elternbeiräte aus diesen Einrichtungen berichteten aus ihrer Sicht. Dabei wurde deutlich, dass die Einrichtungen den Orientierungsplan mit infans sehr unterschiedlich umsetzen und dass dies mehr oder weniger gut gelungen ist.

Von mehreren Fraktionen wurde beantragt, die Umsetzung des Orientierungsplanes Baden-Württemberg mit dem Handlungskonzept infans auf die öffentliche Tagesordnung des Gemeinderats zu nehmen. Zur Sitzung des Gemeinderates am 30.03.2011 werden Vertretungen des Gesamtelternbeirates, Elternvertretungen der Einrichtungen „Badtorweg“, Sulzdorf und „Pfiffikus“ anwesend sein. Bei der Einrichtung Seeacker stellt sich durch ihre integrative Arbeit eine besondere Herausforderung zur Umsetzung des Orientierungsplans, weshalb die Trägervertretung des Sonnenhof e.V. eingeladen wurde.


Zum Handlungskonzept infans sind zwei Anträge aus dem Gemeinderat eingegangen:

a) Antrag der SPD-Fraktion eingegangen am 21.02.2011 (Anlage 2):
„Zum Ende des laufenden Kindergartenjahres wird in allen städtischen Kindertageseinrichtungen eine umfassende Evaluation vorgenommen, in der u. a. die Haltung der Eltern und Erzieher/innen zum neuen Konzept erfragt wird“.

- Antwort der Verwaltung: -

Die Verwaltung befürwortet eine externe Evaluation in drei Teilen.

Teil 1 der Evaluation – qualitative Erhebung: Um die Ist-Situation in den Tageseinrichtungen für Kinder zu evaluieren, werden alle Tageseinrichtungen für Kinder noch im Frühjahr 2011 durch eine/n externe/n Fachkraft besucht. Dabei werden nach standardisierten Fragen Gespräche mit den Leiterinnen, dem Team und mit den Eltern geführt.
Diese Befragung wird noch in diesem Kindergartenjahr ausgewertet und einrichtungsspezifische Maßnahmen entwickelt. Diese werden dem Gemeinderat vorgestellt.

Teil 2: Im Rahmen einer Umfrage zum innerbetrieblichen Gesundheitsmanagement werden durch den Personalrat alle pädagogischen Fachkräfte u.a. speziell zur Umsetzung nach infans befragt.

Die Fragebögen sind bereits verteilt. Die Ergebnisse werden von der Fachhochschule Heilbronn ausgewertet und können noch vor Ende des Kindergartenjahrs dem Gemeinderat vorgestellt werden.


Teil 3 der Evaluation – quantitative Fragebogenerhebung: Im neuen Kindergartenjahr wird eine quantitative Erhebung mit Fragebögen bei Eltern und Erzieher/-innen durchgeführt. Diese wird ebenfalls extern erhoben und ausgewertet.
Zu den Fragen der SPD-Gemeinderatsfraktion hat der Fachbereich Jugend, Schule & Soziales Stellung bezogen. Diese sind als Anlage 3 beigefügt.


b) Antrag der CDU-Fraktion vom 15.03.2011 (Anlage 4):
„Abänderung des in den städtischen Kindertageseinrichtungen eingeführten infans Handlungskonzept durch Integration bewährter Erziehungs- und Bildungsformen“.

- Antwort der Verwaltung -

Infans ist ein in vielen Städten bewährtes und erprobtes Handlungskonzept zur Umsetzung des Orientierungsplans.
Blickt man auf die neue Handlungsstrategie 2020 des Landes Baden-Württemberg„kindorientiert - flexibel - verlässlich“, so wird deutlich, dass die Stadt Schwäbisch Hall mit infans bereits die richtige Richtung eingeschlagen hat, auch wenn wir vom Ziel gemeinsamer verbindlicher Bildungsplan für Kindertageseinrichtung und Schule im „Bildungshaus“ (Kindertageseinrichtung und Schule als eine Institution) oder gar in „Familienzentren“ (Beratung und Weiterbildung für Eltern im Bildungshaus) noch ein ganzes Stück entfernt sind.

Wenn wir diesen neuen gemeinsamen Auftrag ernst nehmen – und das tun wir mit infans bereits - heißt:

  • kindorientiert:an den Talenten und Stärken des einzelnen Kindes ansetzen und dort wo es notwendig ist Intensivförderung anbieten
  • flexibel:nicht programmhaft in (alters)-homogenen Übungsgruppen, sondern soweit wie möglich in den Tagesablauf integrierte Bildungsangebote und -impulse anbieten
  • verlässlich:nach festgeschriebenen Standards arbeiten, begleitet durch „potenzialorientierte Beobachtungen“

Mit dem neuen Strategiepapier der Landesregierung wird deutlich, dass stärker als bisher das einzelne Kind im Mittelpunkt stehen soll, so die Kultusministerin Marion Schick: „Dies beinhaltet eine passgenaue Förderung aller Kinder, die ihren unterschiedlichen, vom sozialen Umfeld besonders geprägten Lebenswelten, ebenso wie ihren Talenten, Rechnung trägt“. (Zitat Anlage 5)

Es wird eine Bildung angestrebt, die an den Stärken und Talenten der Kinder ansetzt und mehr auf die „Breitenförderung statt auf Programmbausteine“ setzt, wobei die Kultusministerin Marion Schick hier besonders die Sprachförderung in den Blick nimmt: „Wir müssen uns endgültig von der Defizitorientierung verabschieden und deshalb die Sprachförderung noch stärker im Standardrepertoire der Kindergärten verankern“. (Anlage 5)

Die städtischen Tageseinrichtung für Kinder arbeiten in der Sprachförderung seit vielen Jahren bereits nach diesem Ansatz und dies schon vor der Umsetzung mit infans. Im Qualitätshandbuch wurden durch die städtischen Erzieherinnen gemeinsame Standards erarbeitet. Der Standard zur ganzheitlichen Sprachförderung wurde bereits nach infans aktualisiert und exemplarisch für andere Standards beigefügt (Anlage 6), wobei andere Themen, wie z. B. die Kooperation mit der Grundschule, noch bearbeitet werden müssen.

Im Qualitätshandbuch werden die pädagogischen Mindeststandards gemeinsam mit den Erzieherinnen erarbeitet und festgelegt. Darüber hinaus soll jede Einrichtung Handlungsspielräume zur Umsetzung haben und ein eigen spezifisches Profil entwickeln.

Detaillierte Vorgaben für die pädagogische Praxis, wie sie im Antrag der CDU vorgegeben sind, würden die Spielräume der einzelnen Einrichtung stärker einschränken, als bisher üblich.

Zum Antrag selbst muss angemerkt werden, dass die inhaltlichen Detailvorschläge Geschäfte der laufenden Verwaltung sind. Die Vorschläge werden als Fragen in der Anlage 7 beantwortet.


Ist-Stand Umsetzung des Handlungskonzeptes infans aus heutiger Sicht:

  • Mit der Vorstellung des Eckpunktepapiers für eine Handlungsstrategie 2020 zur frühkindlichen Bildung und Grundschulbildung hat das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg einen Meilenstein gesetzt. Mit dem Handlungskonzept infans stimmt die Richtung der Umsetzung in den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder.
  • Die Umsetzung in den 14 kommunalen Tageseinrichtungen für Kinder ist, trotz guter Vorbereitung und guter Fortbildungsmaßnahmen, unterschiedlich gut gelaufen.
  • Die Tageseinrichtungen für Kinder haben im Rahmen ihrer Bildungsarbeit nicht genügend Handlungsspielräume bekommen und die vorhandenen zu wenig genutzt.
  • Die Profile der einzelnen Einrichtungen sollen wieder stärker gelebt werden. In Tageseinrichtungen, wo noch keine Profile vorhanden sind, werden diese erarbeitet.
  • Die Elternarbeit muss im Sinne einer Erziehungspartnerschaft verbessert werden.
  • Zu den Grundbedürfnissen von Kindern (gute Ernährung, Bewegung, Aufenthalt an der frischen Luft, Gruppenerlebnisse, Bindung zu Erzieherinnen) sollen Standards erarbeitet werden. Dies bietet Eltern mehr Sicherheit und Verlässlichkeit.
  • Die Zusammenarbeit mit den Grundschulen muss verbessert werden.
  • Die Vertretungssituation bei Krankheit von Erzieherinnen muss verbessert werden.

Maßnahmen zur Verbesserung der Ist-Situation:

  • Es wird eine externe Evaluation in drei Teilen, in der u. a. die Haltung der Eltern und Erzieher/innen zum neuen Konzept erfragt wird, in Auftrag gegeben und im Gemeinderat berichtet.
  • Die Probleme werden dort gelöst, wo sie entstanden sind. Die städtischen Einrichtungen erhalten passgenaue Unterstützungsleistungen (Leitung, Team, Elternpartnerschaft).
  • Die Vertretungsregelungen im Krankheitsfall sollen verbessert werden.
  • Es werden verbindliche Standards zur Gewährleistung der Grundbedürfnisse für Kinder weiterentwickelt.
  • Elternpartnerschaft wird stärker gelebt als bisher.
  • In Kooperation mit der VHS wird ein offenes Bildungsforum für Eltern eingerichtet.
  • Es wird ein externer Expertenkreis eingerichtet, der die Umsetzung mit infans konstruktiv-kritisch begleitet.
  • Nach dem Beschluss der Landesregierung, den Personalschlüssel bis 2012 um 0,2 bzw. 0,3 Stellen je nach Gruppenform pro Gruppe anzuheben, wird geprüft, was dies für die städtischen und die freien Träger in Schwäbisch Hall bedeutet, da bereits heute in Tageseinrichtungen in Schwäbisch Hall ein höherer Personalschlüssel eingesetzt wird, als in der Betriebserlaubnis gefordert wird.

Zukunftsperspektiven in den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder:

Weiterentwicklung von Tageseinrichtungen für Kinder zu Familienzentren. Es ist vorstellbar, im Jahr 2012 mit 2 Einrichtungen einen Pilotversuch zu starten. Dem Gemeinderat wird dazu ein konkreter Vorschlag unterbreitet.

Anlage 1: Elternbrief (Anlage 8)

Anlage 2: Stellungnahme der Leitungen


Erste Bürgermeisterin Wilhelm freut sich darüber, dass das Thema „Bildung in früher Kindheit“ im öffentlichen Interesse angekommen ist, denn in früher Kindheit werden die wichtigen Anlagen, Schwerpunkte und Interessen für das weitere Leben gelegt. Sie drückt ihr Bedauern darüber aus, dass die Umsetzung des Orientierungsplans durch infans nicht immer gut angekommen ist und die Umsetzung auch Unruhe und Kritik hervor gerufen hat. Das Handlungskonzept infans wurde stufenweise zur Umsetzung des Orientierungsplans des Landes eingeführt. Infans bedeutet einen Paradigmenwechsel in der frühkindlichen Erziehung. Früher sollte ein Scheitern des Kindes vermieden werden, heute richtet sich der Blick auf Talente und Fähigkeiten der Kinder. Infans bietet allen Beteiligten Flexibilität, Verlässlichkeit und Beobachtung. Selbstkritisch räumt Erste Bürgermeisterin Wilhelm folgende Defizite ein:

  • Das Gewähren und Einfordern von zu wenig Handlungsspielräumen der Einrichtungen
  • Mangelnde Umsetzung der Elternpartnerschaft
  • Verbesserungswürdige Kooperation mit der Grundschulen
  • Zu wenig Profilentwicklung
  • Nicht ausreichende Vertretungsregelung.

Hinsichtlich dieser Defizite überwiegen jedoch die Vorteile:

  • Das Kind steht im Mittelpunkt mit seinen Talenten und Ressourcen
  • Es erfolgt eine andere Blickrichtung auf das Kind
  • Die Erziehung erfolgt individuell und flexibel und nicht wie früher programmhaft.

Die Räume der Kindertageseinrichtungen sind Teil des Erziehungskonzepts.

Gesamtelternbeirätin Wolperts berichtet, dass die Mehrzahl der Eltern keine Probleme mit dem Konzept infans dagegen mit dessen Umsetzung haben. Befürchtungen der Eltern sind, ein Vernachlässigen der Kinder aufgrund zu umfangreicher Dokumentation, zu kühle und sachliche Räume, das Vorschulprogramm sollte klassisch erfolgen, da in der Schule diese Freiräume nicht gewährt werden können.

Elternbeirat Rosenfelder, KH Badtorweg, berichtet, dass es dort bereits vor der Einführung von infans offene Gruppen gegeben hat. Auch verschiedene Themenzimmer (Werkstatt, Musikzimmer, Malräume) hat es bereits vorher gegeben. Die Umstellung hat daher keine Schwierigkeiten bereitet. Den an ihn herangetragenen Wünschen der Eltern (Wochenpläne, gemeinsame Essenszubereitung, jahreszeitliche Aktivitäten) wurde mittlerweile entsprochen. Die jahreszeitlichen Aktivitäten werden jetzt sogar intensiver erlebt.

- Stadtrat Leibold ab 18.15 Uhr anwesend -

Elternbeirätin Hoyer,TfK Pfiffikus in Hessental,berichtet von kritischen und engagierten Eltern sowie von Eltern die eigentlich zufrieden sind, jedoch durch die Berichte im HT wie auch durch die Kritik anderer aufgeschreckt würden. Ein dritter Teil der Eltern ist zufrieden und wünscht sich, dass zum Thema infans nun Ruhe einkehrt. Dieser Mix birgt Konfliktpotential. Eltern und Erzieherinnen/ Erzieher haben sich an die Stadt gewandt. Seit 15. März 2011 ist dort eine Mediatorin im Einsatz. Bei dem ersten Treffen wurden die Themen Vorschule und Rituale/ Beziehungen behandelt. Für diese Themen haben sich die Eltern ausgesprochen. Anfang April 2011 wird es den nächsten Meditationstermin geben. Für die Zukunft sollen Arbeitsgruppen mit Erzieherinnen/ Erziehern und Eltern eingerichtet werden.

Elternbeirätin Weidner,TfK Hallweg in Sulzdorf, berichtet, dass sie durch die Leitungen gut auf das Konzept infans vorbereitet wurden. Es gab Infoveranstaltungen wie auch Aushänge. Ab und zu geisterten Vermutungen (Abschaffung des Morgenkreises) durch die Einrichtung - diese Unsicherheiten sind jedoch ausgeräumt: Morgenkreis wie auch jahreszeitliche Aktivitäten sind gewährleistet. Den Paradigmenwechsel, das Kind in den Mittelpunkt zu setzen, so dass dieses selbstbestimmt handelt, hält diese Mutter für gut.

Abschließend nimmt die Vertretung des integrativen Kindergartens Seeacker, Frau Karabanov,Stellung: Die Kindertageseinrichtung Seeacker befindet sich in gemeinsamer Trägerschaft mit dem Sonnenhof. Frau Karabanov berichtet, dass sie sich seit 2009 mit dem Konzept infans beschäftigt. Das Konzept trifft jedoch keine Aussagen zum Umgang mit Kindern mit Förderbedarf, es ist jedoch allen klar, dass das Konzept infans hier eine Modifizierung erfahren muss. Das Konzept bietet für behinderte und nicht behinderte Kinder Chancen und Schwierigkeiten. Mit Hilfe einer externen Beraterin werden im Hinblick auf infans neue Formen entwickelt.

Anschließend möchte Oberbürgermeister Pelgrim von den anwesenden Eltern und Erzieherinnen wissen, ob die Einführung des Konzepts infans bei den Kindern irgendwelche negative Eindrücke (Weinen, Stress) verursacht.

Dies wurde tagesstättenübergreifend verneint.

Stadtrat Baumann kritisiert, dass an den Gemeinderat nur positive Meldungen weitergeleitet werden. Die hier vorliegenden Äußerungen von Elternvertretungen sind ihm zu einseitig.

Nach Rückfrage im Gremium lässt Oberbürgermeister Pelgrim Frau Rechtien sowie Herrn Beck als betroffene Eltern sprechen.

Frau Rechtien kritisiert, dass das Konzept infans große Bildungsversprechen abgibt, denen aber dann nicht nachgekommen wird.

Frau Rechtien und Herr Beck berichten, dass vor allem jüngere und zurückhaltende Kinder mit einem offenen Konzept nur schwer zurecht kommen.

Oberbürgermeister Pelgrim kehrt zurück zu den Stellungnahmen der Fraktionen.

Stadträtin Härterich bekräftigt ihren Antrag vom 14.03.2011. Sie möchte das Konzept infans nicht abschaffen, jedoch - wie im Antrag beschrieben - Altbewährtes mit einbeziehen.

Stadträtin Jörg-Unfried stellt fest, dass es kein passgenaues Konzept für alle Tageseinrichtungen für Kinder gibt. Ziel muss es sein, möglichst viele Kinder zu erreichen. Hierfür sind Flexibilität und Professionalität von nöten. Auch sie räumt ein, dass bei der Einführung von infans Fehler gemacht wurden - aus diesen muss jedoch gelernt werden. Das Konzept infans bietet viele gute Chancen, eine Evaluation ist zugesagt. Die SPD-Fraktion möchte das Konzept infans verbessern und weiterführen.

Stadtrat Baumann stellt fest, dass der Gemeinderat die Anwendung des Konzepts infans nie beschlossen hat. Aufgrund der äußerst kritischen Stimmen aus der Elternschaft fordert er, die Umsetzung des Konzepts bis 01.10.2011 in allen Kindertageseinrichtungen auszusetzen. Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie die Lehrerschaft der Grundschulen sollen sich nochmals intensiv mit der vorliegenden Problematik auseinandersetzen. Hierbei ist absehbar, dass ein modifiziertes Verfahren entsteht. Dieses ist dem Ausschuss für Bildung, Soziales, Sport & Kultur sowie dem Gemeinderat vorzulegen.

Stadtrat Härtig kritisiert das Konzept infans wie folgt:

  • Da dieses Konzept Reaktion auf die Pisa-Studien war, ist ihm das Konzept zu sehr nach oben orientiert. Später erforderliche Kompetenzen der Kinder sollten nicht bereits heute gefördert werden, das Kind sollte die Möglichkeit haben im Jetzt zu leben.
  • Das Konzept ist zu sehr an Inhalten ausgerichtet. Der soziale/ emotionale Bereich wird vernachlässigt.
  • Die Beobachtungen/ Dokumentationen/ Portfolio sind restlos übertrieben.
  • Die offene Form des Konzepts muss insbesondere für jüngere Kinder und Kinder mit Förderbedarf überprüft werden.
  • Das Konzept wird von kirchlichen Trägern nicht unterstützt. Auch beim Sonnenhof wird dies schwierig umzusetzen sein (siehe Ausführungen Frau Karabanov). Auch die Fachschule für Sozialpädagogik hat hier eigene Vorstellungen.

Er spricht sich dafür aus, dass jede Einrichtung ihr eigenes Konzept auf Basis von infans definiert. Die Umsetzung des Orientierungsplans erfolgt mit Hilfe von infans.

Stadtrat Preisendanz warnt vor Panikreaktionen im Bildungsbereich. Oftmals in der Vergangenheit und zuletzt aufgrund der Pisa-Studien wurde maßlos überzogen. Für ihn wiegt schwer, dass die Leitungen sich für die Beibehaltung des Konzepts infans ausgesprochen haben. Die Verwaltung sollte Maßnahmen zur Verbesserung der Ist-Situation ergreifen. Er sagt Ja zum Morgenkreis und zur Vorschulerziehung, jedoch möchte die FDP nicht zurückkehren zu bewährten Erziehungs- und Bildungsformen, denn diese müssen ständig angepasst und weiterentwickelt werden. Die FDP möchte schon gar nicht das Konzept abschaffen.

Stadtrat Schorpp bringt sich mit drei Punkten in die Diskussion ein:

  1. Er hat festgestellt, dass die Tageseinrichtungen für Kinder nicht genügend Handlungsspielräume eingeräumt bekommen und vorhandene nicht genügend genutzt haben. Er fordert die Erzieherinnen ausdrücklich auf, neben den infans-Modulen eigene Ideen und Profile beizubehalten, zu nutzen und zu entwickeln.
  2. Die von der Verwaltung angebotene externe Evaluation entspricht den Forderungen seiner Fraktion. Diese wird auch zu einem klareren Bild zur Stimmungslage bei den Betroffenen führen.
  3. Eine Rückkehr zu den Erziehungsformen aus der Zeit vor dem Orientierungsplan schließt er aus. Strukturelle Änderungen können erst vorgenommen werden, wenn die Ergebnisse der Evaluation vorliegen und dies empfehlen.

Jede Tageseinrichtung für Kinder sollte zusammen mit den Leitungen, Erzieherinnen/ Erziehern und Eltern aufgrund des Orientierungsplans mit Hilfe des Konzepts infans eigene Profile erarbeiten.

Auf Nachfrage von Oberbürgermeister Pelgrim bestätigt Stadtrat Baumann, dass auch er nicht daran gedacht hat, das Konzept infans sofort auszusetzen. Es soll eine modifizierte Form nach Diskussion mit den Eltern und den Leitungen geben.

Stadträtin Härterich verwahrt sich gegen die Unterstellung, ihre Fraktion wolle zurück zu Methoden des Mittelalters. Auch sie möchte eine Abänderung des Konzepts infans unter Einbeziehung bewährter Bildungs- und Erziehungsmethoden.

Auch Stadträtinnen Herrmann und Parpart sprechen sich dafür aus, das Konzept infans weiterzuentwickeln und den Einrichtungen breite Möglichkeiten zu lassen.

Erste Bürgermeisterin Wilhelm nimmt abschließend Stellung:
Wichtig sind ihr die Erzieherinnen/ Erzieher, die gewählten Elternbeiräte und auch die Eltern, die mit ihren Sorgen, Befürchtungen und Anregungen ernst genommen werden müssen. Das Konzept infans wird für jede Einrichtung mit externer Begleitung unter Beteiligung von Eltern, Team und Leitungen spezifisch angepasst.


Oberbürgermeister Pelgrim formuliert folgenden Beschluss:

  1. Der Orientierungsplan des Landes wird unter Zuhilfenahme des Konzepts infans umgesetzt.
  2. Flexible Lösungen im Rahmen des Konzepts werden seitens des Trägers zugelassen und ermöglichen somit eine Abstimmung zwischen Eltern, Leitungen und Erzieherinnen in den Tageseinrichtungen.
  3. Bei Übereinstimmungen zwischen Eltern, Leitungen und Erzieherinnen/ Erzieher wird das vorhandene Konzept fortgeführt und dem Gemeinderat rückvermittelt.
  4. Dort wo Handlungsbedarf besteht (negative Rückmeldungen der Eltern) findet eine externe Moderation unter Einbeziehung bewährter Erziehungs- und Bildungselementen statt. Dies gilt auch für das Thema Integration. In beiden Fällen erfolgt eine Information des Gemeinderats.
  5. Die Information des Gemeinderats erfolgt bis zum Spätherbst 2011.

(35 Ja-Stimmen, 3 Enthaltungen)

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