§ 105 - Aufstellung des Bebauungsplans 1. Änderung Bahnhofstraße; hier: Bewertung der Stellungnahmen der Öffentlichkeit/Behörden und Satzungsbeschluss (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
Wechseln zu: Navigation, Suche

Sachvortrag:

Der Bebauungsplan Nr. 0151-03/03 „1.Änderung Bahnhofstraßein Schwäbisch Hall wurde in der Zeit vom 19.02.2010 bis 19.03.2010 öffentlich ausgelegt. Zugleich wurden die Träger öffentlicher Belange über die Planung informiert.

Von Seiten der Bürgerschaft ging ein Schreiben ein. Folgende Bedenken wurden von den Verfassern vorgetragen:

„Die Parzellierung und Verkauf der Grünfläche sowie die im Bebauungsplan vorgesehene Bepflanzung birgt Nachteile. Im Falle eines Brandes in einem der Gebäude ... wäre ein Zugang der Feuerwehr zu der Rückseite der Gebäude mit schwerem Gerät nicht mehr möglich. Dies ist wegen der Bäume und der Beschaffenheit des Geländes jetzt schon schwierig.“ Zudem wird ein höherer Lärmpegel durch Mähen zu unterschiedlichen Zeiten und „erhebliche Geruchs­belästigungen“ bei möglichem Grillen der verschiedenen Grundstückseigentümer befürchtet. Außerdem wird eine weitere Einschränkung der Lichtverhältnisse für die Wohnungen im Erdgeschoss durch zunehmende Verbuschung und mögliche weitere Bepflanzung mit Bäumen und Büschen befürchtet. Weiter wird die Gefahr eines unschönen Anblicks etwa durch entstehende Geräteschuppen angesprochen.

Abwägungsvorschlag:
Die Frage der Anfahrbarkeit der Häuser wurde mit der Feuerwehr besprochen. Die Feuerwehr erklärte, dass die Brandbekämpfung von der Zollhüttengasse erfolgt und nicht von der Gartenseite. Insoweit sind diese Bedenken nicht relevant.

Im Bebauungsplan ist keine weitere Bepflanzung vorgegeben, wie von den Bürgern beschrieben, lediglich die wertvollsten, schon vorhandenen Bäume sind einem Bestandsschutz im Bebauungsplan unterworfen. Eine weitere Bepflanzung durch mögliche neue Eigentümer ist natürlich möglich. Die anderen beschriebenen Befürchtungen einer Geräuschbelästigung sind im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nutzung der Grundstücke zulässig.


Von Seiten der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange ging eine Stellungnahme ein:

Das Landratsamt Schwäbisch Hall ist der Ansicht, dass der vorgelegte Bebauungsplan „unter einem erheblichen Mangel leidet, der auch die abschließende Beurteilung durch das Landratsamt eigentlich nicht möglich macht“. Als Grund hierfür wird angeführt, dass in dem Bebauungsplanentwurf eine private Grünfläche festgesetzt wäre ohne eine bestimmte Zweckbestimmung und würde „daher an einem besonderen Mangel“ leiden. „Aufgrund der fehlenden Zweckbestimmung können eventuelle Eingriffswirkungen, die von der Änderung dieses Bebauungsplanes ausgehen können, auch nicht genau abgeschätzt werden.“...“Es ist anzunehmen, dass diese Grunderwerbsanträge verschiedener Anlieger nicht das Ziel haben, in idealistischer Weise die bisher von der Stadt Schwäbisch Hall geleistete Pflege der optisch als durchgängige parkähnliche Gesamtanlage erscheinende Fläche zu übernehmen, vielmehr ist zu erwarten, dass diese Anlieger diese Fläche nunmehr nach eigenen Bedürfnissen als Haus- bzw. Kleingärten nutzen werden. Es sind auch keine Festsetzungen erkennbar, die die Einrichtung von Zäunen und Kleinbauten verhindern sollen. Damit ist eine Parzellierung dieser bisherigen parkartigen Anlage verbunden und der optische Gesamteindruck geht verloren. Von diesem großzügigen Gesamteindruck hat auch die vorbildliche Architektur des benachbarten Verwaltungsgebäudes profitiert, die hier einen ihres Wertes entsprechenden Umgebungsschutz erhält. Außerdem hat die zusammenhängende Anlage bisher optisch die historische Nachempfindbarkeit der ehemaligen nach als Bodendenkmal existierenden Stadtbefestigungsanlage gewährleistet, was für eine so geschichtsträchtige Stadt einen besonderen Wert darstellen müsste, den man nicht für ein paar Euro dahin geben sollte“. Weiter wird vom Landratsamt in ihrer Stellungnahme angeführt, dass die dort befindlichen wertvollen Bäume zwar im Bebauungsplanentwurf mit einer Bindung für den Erhalt dieser Bäume versehen wären, „grundsätzlich sind jedoch Bäume, die im Eigentum einer dem Natur- und Baumschutz aufgeschlossenen Stadt stehen, besser geschützt, als auf privatem Grundstück stehende und dort evtl. mit privaten Nutzungsinteressen kollidierende Bäume, auch wenn diese mit einer Erhaltungsbindung ausgestattet sind. Die vielfältige Erfahrung gerade mit der Stadt Schwäbisch Hall zeigt, dass neue Grundstücksbesitzer sich oft nicht mit altem Baumbestand identifizieren, sondern ihn schnell beseitigen wollen. Meist werden dann Mittel und Wege gefunden, auch einen durch Pflanzbindung Baum zu eliminieren.“

Weiter weist das Landratsamt darauf hin, „dass die bisherige Anlage für die naturnahe Erholung der Einwohner, insbesondere auch des nahen Seniorenheims am Gänsberg, wichtig ist. Ebenso ist der dort durchführende Weg eine beliebte Verbindung zum Bahnhof“...“Die optische Durchgängigkeit der parkähnlichen Anlage wird von den Benutzern dieses Weges auch positiv und wohltuend empfunden. Diese natur- und wohnnahe Erholungsfunktion ginge ebenfalls durch die Ausweisung als Privatfläche und Verkauf der Flächen verloren, auch wenn der Weg erhalten bleibt.“ Außerdem würden gerade extensiver gepflegte Parks und Grünanlagen eine wichtige ökologische Funktion für Wildbienen haben. Auch deshalb sollte die Fläche möglichst aufrecht erhalten werden.

„Aus all diesen Gründen hat das Landratsamt gegen die vorgesehene Umwandlung ganz erhebliche Bedenken und rät dazu, hier den Allgemeinwohlbelangen vor Privatinteressen den Vorzug zu geben. Sofern die Stadt an ihrem Vorhaben festhalten will, wird gebeten, die Festsetzungen der fehlenden Zweckbestimmung noch im Bebauungsplan nachzuholen und diesen dann fehlerfreien Bebauungsplan dem Landratsamt noch einmal zur Stellungnahme vorzulegen. Er müsste wegen dieser Fehler auch noch einmal ausgelegt werden.“

Abwägungsvorschlag:
Die Auffassung des Landratsamts kann nicht geteilt werden. Für die Ausweisung als Grünfläche ist nach der bisherigen Planungspraxis die Unterscheidung zwischen einer öffentlichen oder einer privaten Grünfläche erforderlich. Weitergehende Aussagen zu der Zweckbestimmung einer privaten Grünfläche können zwar eingebracht werden, sind aber nicht zwingend erforderlich. Insofern leidet der Bebauungsplan nicht unter einem erheblichen Mangel. Die übrigen Einlassungen des Landratsamts haben ihre Basis vorwiegend in Vermutungen und selbst erstellten Prognosen.

Die Bebauungsplanänderung wurde von der Verwaltung vorgeschlagen, damit diese bislang als öffentliche Grünfläche deklarierte Fläche aus der öffentlichen Verantwortung heraus genommen werden. Die Ausweisung als öffentliche Grünfläche hat zur Folge, dass Jedermann das Recht hat, dieses Grundstück zu betreten. Insoweit muss der Grundstückseigentümer im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht jederzeit dafür sorgen, dass in dieser Grünfläche keinerlei Risiken oder Gefahren für die Allgemeinheit gegeben sind. Die Grünanlage selbst ist jedoch nicht als Parkanlage oder ähnlich zu verstehen. Die Flächen werden sporadisch gepflegt, die Unterhaltung wird auf das unbedingt Notwendige beschränkt. Die Haushaltssituation der Stadt wird es nicht zulassen, dass hier eine Intensivierung der Pflege gewährleistet werden kann. Eine verwilderte stadtnahe Grünfläche kann jedoch auch nicht die Interessenslage der Allgemeinheit sein.

Die Grünanlage selbst ist seinerzeit nicht mit Erschließungsmitteln hergestellt worden. Auch aus dieser Sicht besteht keinerlei Verpflichtung die Anlage als öffentliche Grünfläche aufrecht zu erhalten.

Mit der Möglichkeit einer Verpachtung oder eines Verkaufs dieser Grünfläche, unterstützt durch privatrechtliche Verträge im Hinblick auf die Unterhaltung und Pflege, kann es jedoch gelingen diese Grünfläche im Stadtgebiet über die nächsten Jahre in einem optisch akzeptablen Zustand zu erhalten. Die vom Landratsamt aufgelisteten Befürchtungen im Hinblick auf die zukünftige Nutzung können nicht geteilt werden. Die öffentlichen Fußwegeverbindungen durch die Grünfläche bleiben erhalten.


Anlage: Lageplan


Oberbürgermeister Pelgrim stellt zu Beginn der Beratung klar, dass der Hintergrund der Umwidmung von öffentlichen in private Grünflächen seinen Grund in der Kosteneinsparung hat. Es wird auf dieser künftigen privaten Grünflächen keine Bebauung geben.

Stadtrat Dr. Graf von Westerholt berichtet von zwei Meinungen innerhalb seiner Fraktion: In der ersten Meinung wird die Haltung vertreten, es mache keinen Unterschied wenn die öffentliche Grünfläche künftig privatisiert ist. Die zweite Meinung hat zum Inhalt, dass es sich um einen wertvollen Grünstreifen innerhalb der Stadt handelt, der zudem die alte Stadtbefestigungsanlage beherbergt. Es bestehe außerdem ein Anspruch der Aufrechterhaltung von öffentlichen Grünflächen.

Stadtrat Vogt wird einer Privatisierung der Grünfläche nicht zustimmen. Es handelt sich um die einzige Parkanlage jenseits Kochens. Bei der Vielzahl der Wohnungen ist es nicht möglich, allen Bewohnerinnen und Bewohnern einen Hausgarten anzubieten. Man soll sich nicht in eine umstrittene Vergabe hinein manövrieren. Auch das Landratsamt empfiehlt die Erhaltung der öffentlichen Grünfläche.

Stadträtin Herrmann legt Wert darauf, dass es sich nicht nur um eine Umwidmung von öffentliche in private Grünfläche handelt, sondern dass diese Grünfläche den historischen Stadtgraben und die -befestigungsanlage beinhaltet. Sie vermisst außerdem die Stellungnahme des Landesdenkmalamtes, da es sich um ein Bodendenkmal handelt.

Stadtrat Neidhardt sieht in der Privatisierung der öffentlichen Grünfläche eine Verbesserung der Wohnqualität in der Innenstadt. Das Bodendenkmal ist genügend geschützt durch die Kartierung. Eine private Nutzung der Grünfläche wird den Wohnwert steigern.

Stadtrat Sakellariou sieht in der Privatisierung zwei Vorteile: 1. Die Einsparung von Kosten für die Stadt; 2. Das Ermöglichen der Nutzung der Grünflächen durch Innenstadtbewohnerinnen/ -bewohner.

Oberbürgermeister Pelgrim weist auf die umfangreichen Vorberatungen hin: Der Bebauungsplan wurde in mehreren Schritten (Aufstellungsbeschluss, Auslegungsbeschluss, Satzungsbeschluss) jeweils mit Vorberatung auf dem Weg gebracht. Alle Abstimmungen erfolgten mit großer Mehrheit. Daher ist es für ihn in der jetzigen Phase schwer nachvollziehbar, dass seitens des Gremiums erst jetzt Vorbehalte geltend gemacht werden. Es ist für ihn auch nicht relevant, ob sich Denkmale in privater oder öffentlicher Hand befinden. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, dass Denkmale auch von Privat geschützt und erhalten werden können.

Stadträtin Herrmann sieht trotzdem die Denkmale in öffentlicher Hand für besser geschützt. Sie besteht außerdem auf ein korrektes Verfahren, wo dem Gemeinderat alle Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange (hier insbesondere des Landesdenkmalamtes) zugänglich gemacht werden müssen.

Fachbereichsleiter Planen & Bauen Neumann führt an, dass Stellungnahmen, die keine inhaltlichen Anregungen oder Einwände enthalten, als Zustimmung zu werten sind und somit dem Gremium nicht vorgelegt werden. Er erinnert außerdem daran, dass der Bebauungsplan bereits mit einer anderen Form der Deklarierung der öffentlichen/privaten Grünfläche beschlossen wurde. Bereits damals wurde die Stellungnahme des Landesdenkmalamtes eingearbeitet.

Stadträtin Rabe möchte die Rüge an dem Gemeinderat durch den Oberbürgermeister so nicht stehen lassen. Es muss möglich sein, eine andere Meinung zu vertreten ohne öffentlich gemaßregelt zu werden. Die Stellungnahme des Landratsamts (Ablehnung) ist für sie schlüssig. Sie wird der Empfehlung, das Allgemeinwohl vor die privaten Interessen zu stellen, folgen.

Auch Stadtrat Vogt hält die Kritik des Oberbürgermeisters am Gemeinderat für unangebracht. Es ist oftmals so, dass Bebauungspläne möglichst frühzeitig auf den Weg gebracht werden. In einem solch frühen Stadium ist es nicht möglich, alle Folgen abzusehen. Zudem ist dies auch bei der Vielzahl von Anträgen und Bebauungsplänen gar nicht möglich.

Oberbürgermeister Pelgrim weist nochmals auf die ausführlichen, mit großer Mehrheit beschlossenen Vorberatungen hin. Er bittet nochmals darum Bedenken, Anregungen oder gar Ablehnungen der Verwaltung frühzeitig zu signalisieren.

Fachbereichsleiter Planen & Bauen Neumann stellt abschließend fest, dass dem Gremium alle abwägungsrelevanten Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange übersandt wurden. Das Bebauungsplanverfahren wurde korrekt und ohne Unterlassung/ Beeinflussung durchgeführt.

Beschluss:

Über die vorgebrachten Anregungen wird, wie in der beiliegenden Darstellung erläutert, entschieden.

Satzungsbeschluss:

A) Satzungsbeschluss Bebauungsplan Nr. 0151-03/03 „1. Änderung Bahnhofstraße“

Der Bebauungsplan Nr. 0151-03/03 wird gemäß § 10 Abs. 1 BauGB als Satzung beschlossen. Bestandteil der Satzung ist der Lageplan des Fachbereiches Planen & Bauen, Abteilung Stadtplanung, im M 1:500 vom 07.04.2009 mit Legende und gleich lautend datiertem Textteil.

Eine gleich lautend datierte Begründung ist beigefügt.
(16 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen, 5 Enthaltungen; Stadtrat Prof. Dr. Geisen wegen Befangenheit abgetreten)

Meine Werkzeuge