§ 219 - Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h und Messung der Verkehrsbelastung - Antrag der SPD-Fraktion für die „Tüngentaler Straße“; - Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für die „Tüngentaler Straße“ und die Straße „Langer Graben“ (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Anträge, siehe GR 11.10.17

Die SPD-Fraktion hat am 05.06. beantragt, zur Beurteilung der Verkehrssituation in der Tüngentaler Straße verdeckte Geschwindigkeitsmessungen mittels Seitenradarmessgerät und Lärmmessungen durchzuführen und die Ergebnisse dem Gemeinderat vorzustellen.

Dies beruht hauptsächlich auf Beschwerden der Anwohnerschaft über angeblich stark zunehmendes Verkehrsaufkommen und deutlich überhöhte Geschwindigkeiten. Deshalb bestand Einvernehmen, dass eine objektive Erfassung des Verkehrsaufkommens erst nach der durch den Bau des neuen Kreisverkehrs notwendigen Vollsperrung der L 1060 in Hessental und erst nach den Sommerferien sinnvoll ist.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat am 07.06. gebeten, folgende Anträge im Gemeinderat zu behandeln:

  1. Die Stadt Schwäbisch Hall weist in der Tüngentaler Straße im Bereich Abzweigung Ellwanger Straße bis Ortsausgang Tempo 30 aus.

  2. Die Stadt Schwäbisch Hall weist im Langen Graben Tempo 30 aus.

Von beiden Antragstellern wird auf die Ende 2016 erfolgte Änderung des § 45 StVO hingewiesen, die den Straßenverkehrsbehörden u. a. ermöglicht, innerhalb geschlossener Ortschaften die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen und Förderschulen streckenbezogen auf 30 zu reduzieren.

Die Seitenradarmessung in der Tüngentaler Straße auf Höhe des Schulzentrums wurde von 12. - 18.09.17 durchgeführt und brachte im Vergleich zu anderen Messungen folgendes Ergebnis:

 

Tüngentaler Straße

26.04. - 03.05.2013

Tüngentaler Straße

12.09. - 18.09.2017

L 1060

SHA-Hessental

21.09. - 27.09.2017

 

Langer Graben

21.10. - 27.10.2015

Verkehrsaufkommen insgesamt

23.258

27.651

90.826

141.141

Verkehrsaufkommen pro Tag

3.323

3.950

12.975

20.163

LKW pro Tag

591

187

862

1.473

Durchschnittliche Geschwindigkeit

51

52

69

40

V 85 = Geschwindigkeit für

die ersten 85 % der FZ

59

58

80

47

Vor diesem Hintergrund erscheint die Verkehrsbelastung Anwohnerinnen und Anwohner der Tüngentaler Straße vergleichsweise gering. Im Vergleich mit dem Verkehrsaufkommen im Langen Graben sind es insgesamt weniger als 20 % der Fahrzeuge, bei den LKW < 13 %.
Im Vergleich zur Messung vor über 4 Jahren ist die Steigerung von täglich nur 627 Fahrzeugen kaum spürbar, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die LKW-Fahrten von 591 um 404 auf 187 zurückgegangen sind.

Die Verwaltung sieht deshalb keine Veranlassung für Lärmmessungen. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Abstand zwischen den Wohnhäusern der Beschwerdeführer weit größer ist als dies bei anderen Durchgangsstraßen mit wesentlich höherer Belastung der Fall ist. Nicht unerheblich ist auch, dass ein klagender Anwohner in den letzten Jahren sämtliche Pflanzen entfernt hat, die zwischen seinem Haus und der Straße vorhanden waren und ihn vor Lärm und Umwelteinwirkungen geschützt haben.

Sinnvoller erscheinen die Vorschläge anderer Anwohnerinnen/Anwohner, welche die Forderung nach Tempo 30 für überzogen halten und anregen, innerorts die Straßenbegrenzungspfähle und Straßengräben zu entfernen und die Straße bis hin zum Ortsausgang zu beleuchten, damit sie eher als Innerortsstraße erkannt wird.

Wie ist die neue Rechtslage?

§ 45 Absatz 9 der StVO sagt, dass Verkehrszeichen prinzipiell nur dort anzuordnen sind, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der zu schützenden Rechtsgüter erheblich übersteigt.

Dieser einschränkende Satz gilt jetzt nicht mehr für die Anordnung von innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h auf Straßen des überörtlichen Verkehrs oder auf weiteren Vorfahrtstraßen im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern.

Dazu hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur am 22. Mai 2017 in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ausgeführt, dass im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 beschränkt werden sollen, soweit die Einrichtungen über einen direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nahbereich der Einrichtungen starker Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen (z. B. Bring- und Abholverkehr mit vielfachem Ein- und Aussteigen, erhöhter Parkraumsuchverkehr, häufige Fahrbahnquerungen durch Fußgängerinnen/Fußgänger, Pulkbildung von Radfahrerinnen/Radfahrern und Fußgängerinnen/Fußgängern) vorhanden ist.

Im Ausnahmefall kann auf die Absenkung der Geschwindigkeit verzichtet werden, soweit etwaige negative Auswirkungen auf den ÖPNV oder eine drohende Verkehrsverlagerung auf Wohnnebenstraßen zu befürchten ist. In die Gesamtabwägung sind dann die Größe der Einrichtung und Sicherheitsgewinne durch Sicherheitseinrichtungen und Querungshilfen einzubeziehen. Die streckenbezogene Anordnung ist auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung und insgesamt auf höchstens 300 m Länge und auf die Öffnungszeiten zu begrenzen.

Was heißt das für die Tüngentaler Straße?

  1. Im Bereich der Kindertagesstätte Fuchsbau gibt es bisher keine speziellen Gefahren, die eine solche Beschränkung erforderlich machen würden. Die Leiterin der Kindertagesstätte, Frau Gudrun Feger, erklärte auf Anfrage, dass sie sich eine 40-Beschränkung vorstellen könne. Die Kinder dieser Tagesstätte werden jedoch in der Regel von den Eltern direkt bis an den Eingang gebracht und haben insofern keine direkte Berührung mit dem Durchgangsverkehr auf der Tüngentaler Straße.

  2. Auch im Bereich des Schulzentrums Ost gibt es keinen unmittelbaren Zugang, der eine 30-Beschränkung erforderlich machen würde. Über die Tüngentater Straße stehen sogar zwei Fußgängerampeln zur Verfügung. Weder aus polizeilichen Gründen noch aus der Sicht des Gymnasiums bei St. Michael ergibt sich eine Notwendigkeit für Tempo 30 auf der Durchgangsstraße. Schulleiter Nagel sieht die Verkehrssicherheit gewährleistet und auch angesichts des "sehr wenigen und gemäßigt fahrenden Verkehrs" keinen Handlungsbedarf.

  3. Dem Anliegen der Anwohnerschaft auf Reduzierung des vergleichsweise niederen Verkehrsaufkommens könnte auch unter Berücksichtigung der aktuellen Änderung der StVO nicht entsprochen werden, zumal die 30-Beschränkung überhaupt nur auf eine Länge von höchstens 300 m und nur während der Öffnungszeiten (Mo. - Fr., 7 - 17 h) angeordnet werden dürfte. Eine dauerhafte Beschränkung im Sinne des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist auf dieser Rechtsgrundlage nicht möglich.

  4. Für eine Beschränkung aus Lärmschutzgründen wäre die Zustimmung des Regierungspräsidiums nötig und dazu wäre die Überschreitung der Lärmgrenzwerte nachzuweisen. Im Vergleich zur Tüngentaler Straße hätten dann aber viele andere Durchgangsstraßen Vorrang.

  5. Nach Bewertung im Verkehrsgespräch kamen alle Beteiligten zum Ergebnis, dass für die Tüngentaler Straße auch unter Berücksichtigung der aktuellen Änderung der StVO keine 30-Beschränkung notwendig ist.

Was heißt das für den Langen Graben?

  1. Hier gilt seit Jahrzehnten zwischen der Einmündung Gelbinger Gasse und der Gymnasiumstraße Tempo 40. Diese Beschränkung wurde mit den besonderen Gefahren begründet, die sich bei den vielen Fußgängerquerungen im Verlauf des Langen Grabens ergeben. Hinzu kommen viele gefährliche Straßeneinmündugen und nicht zuletzt die Grundschule Langer Graben. Wie die jährliche Unfallstatistik der Polizei bestätigt, hat sich diese Regelung sehr gut bewährt. Es gibt weder im Bereich der Schule noch im gefährlichen Bereich der Kreuzung Blendstatt/Wilhelm-Meister-Weg Unfallhäufungen. Hier bestätigt sich die alte Erfahrung: Gefahr erkannt - Gefahr gebannt!

  2. Dies wird auch von der Leiterin der Grundschule Am Langen Graben, Frau Schindler, bestätigt. Sie verweist außerdem auf das Rolltor, wodurch die Sicherheit für die Schülerinnen und Schüler erheblich verbessert wurde. Frau Schindler hält die bewährte Regelung mit Tempo 40 für ausreichend und befürchtet sogar, dass eine Beschränkung auf 30 die gefährliche Praxis der Elterntaxis noch fördert, weil es für sie noch bequemer wird, an den Einmündungen zum Ein- und Aussteigen kurz anzuhalten. Dadurch werden die Kinder viel mehr in Gefahr gebracht als durch den mit 40 km/h fahrenden Durchgangsverkehr.

  3. Wie die Messergebnisse zeigen, wird hier verantwortungsbewusst gefahren. Weniger trifft dies für die Radfahrerinnen/ -fahrer zu, die entlang der Crailsheimer Straße mit unverantwortlich hohen Geschwindigkeiten auf dem Gehweg nach unten rasen und die Busfahrgäste beim Aussteigen an der Haltestelle Holzmarkt gefährden. Die in der Verkehrsschau angebrachten Hinweise scheinen immer noch nicht die erhoffte Wirkung zu haben. Schnell fahrende Radfahrerinnen/-fahrer sollten die Straße benutzen und nicht die Fußgängerinnen/-gänger und Fahrgäste gefährden.
     

Alles in allem sieht also die Verwaltung - ebenso wie die Polizei - keine Notwendigkeit für weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen in der Tüngentaler Straße und im Langen Graben. Wie von Anwohnerschaft vorgeschlagen, sollte an der Tüngentaler Straße innerorts auf die Straßenbegrenzungspfähle und Straßengräben verzichtet werden und stattdessen eine Straßenbeleuchtung angebracht werden, damit sie eher als Innerorts­straße erkannt wird.

Anlage 1: Bilder der Örtlichkeiten
Anlage 2: Auswertung Verkehrsdaten einzeln

 

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner stellt die o. g. Inhalte der Sitzungsvorlage sowie die Kernaussagen der als Tischvorlage ausliegenden Auswertung der Messergebnisse vor. Letztere wird Anlage zum Protokoll.

Stadtrat Kaiser bedankt sich für die Durchführung der Geschwindigkeitsmessungen. Es bestand der Wunsch seiner Fraktion ergänzend noch die Verkehrsdaten zu erhalten. Dies erfolgte erst am heutigen Tage. Aus diesem Grunde wird angekündigt, in der heutigen Sitzung nicht zustimmen zu wollen. Man wolle sich zunächst nochmals mit der Thematik beschäftigen und prüfen, ob noch andere Möglichkeiten bestehen. Man habe für die Anwohnerinnen und Anwohner letztlich nur „Kanzleitrost“. Es wird angefragt, ob die Messungen immer an der gleichen Stelle, relativ nahe an der Ampel, vorgenommen worden seien.

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner bejaht die Anfrage. Es handle sich um die gleiche Stelle, analog zur Messung vor einigen Jahren. Dies erfolgte auf Höhe des Schulzentrums Ost bzw. Kreuzwiesenweg 60/62. An besagter Stelle kontrolliere man auch im Falle des Einsatzes eines „Blitzers“.

Stadtrat Kaiser kündigt an, dass seine Fraktion den Vorschlag der Verwaltung nochmals innerhalb der Fraktion beraten werde.

Stadträtin Herrmann nimmt auf die Neuregelung in der StVO Bezug, wonach Kommunen nun auch an Hauptverkehrsstraßen eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h ermöglichen könnten. Man fordere die Stadtverwaltung zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Dies diene auch der Reduzierung von Lärm- und Abgasbelastungen. Bundesverkehrsminister Dobrindt wird zitiert, wonach im Zuge der Novellierung der StVO geäußert wurde, dass Kinder einen besonderen Schutz bräuchten. Dies gelte auch im Straßenverkehr. Insbesondere vor Grundschulen und Kindergärten sei besondere Vorsicht geboten. Man habe den Rechtsrahmen dafür geschaffen, sodass Verkehrsbehörden ohne größere bürokratische Hürden Tempo 30 vor Schulen und Kindergärten sowie an Hauptverkehrsstraßen streckenbezogen im Interesse der Sicherheit der Kinder anordnen können. Die Straße „Langer Graben“ sei zudem neuerdings ein Unfallschwerpunkt. Der Aspekt der Sicherheit sei ihres Erachtens gegeben.

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner erwidert, dass im unteren Bereich der Straße „Langer Graben“ Unfälle aufgetreten seien, nicht jedoch im Bereich der Schule. Der Bereich sei ein einziges Mal in die Statistik der Unfallhäufungsstellen hineingerutscht. Die Ursachen der Unfälle liegen nicht an den gefahrenen Geschwindigkeiten.

Stadträtin Herrmann wirft fragend ein, ob der Tatbestand des Unfallschwerpunktes in der Straße „Langer Graben“ aufgrund der Statistik nachgewiesen werden könnte. Dies sei ihres Erachtens durch die gesetzliche Neuregelung jedoch nicht mehr notwendig.

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner bejaht dies.

Stadträtin Herrmann führt aus, dass die Anwohnerinnen und Anwohner bereits sehr lange die Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h anregen. In beiden betroffenen Bereichen gebe es Unterschriftenlisten. Es gebe im Bereich der Straße „Langer Graben“ auch Anwohnerinnen und Anwohner, welche aufgrund der Lärmbelastung weggezogen seien. In der Gemeinde Untermünkheim plane man an der B 19 eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h einzuführen. Eine Fortführung in Schwäbisch Hall sei deshalb konsequent. Die Fahrzeugbelastung sei sicher ähnlich hoch. Die Situation der Ortsdurchfahrt sei mit der Situation in Untermünkheim vergleichbar. Man fordere die Verwaltung auf, sich einen „Ruck“ zu geben und von der Möglichkeit der Neuregelung Gebrauch machen.

Stadtrat Neidhardt vertritt die Ansicht, dass man die bewährte Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h an der Straße „Langer Graben“ auf die Tüngentaler Straße übertragen sollte. Man habe an der Tüngentaler Straße zwei Druckknopfampeln. Es wird angeregt, die Einstellungen der Ampelschaltung analog zu einer Lösung in Michelbach/Bilz zu optimieren, um auf eine Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit hinzuwirken. In der Straße „Langer Graben“ sei es nicht nur die Geschwindigkeit, welche Probleme bereite. Auch der rauhe Straßenbelag, welcher vor einigen Jahren eingebaut wurde, erzeuge Fahrtgeräusche, welche für die Anwohnerinnen und Anwohner nicht „angenehm“ seien.

Stadtrat Frank schließt sich seinem Vorredner an. Es wird daran erinnert, dass es auch Forderungen aus Steinbach gebe. Im Bereich der Hauptstraße in Sulzdorf seien massive Forderungen auf Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h vorhanden. Wenn sich ein Kompromiss in der Straße „Langer Graben“ bewährt habe, könnte er sich diese Lösung auch in der Tüngentaler Straße, in Steinbach und in Sulzdorf vorstellen.

Oberbürgermeister Pelgrim weist darauf hin, dass man sich in einem Bereich der Verkehrsbehörde und nicht im Bereich der kommunalen Zuständigkeit bewege. Bei allen Fragestellungen solle man berücksichtigen, dass die Begründungen immer unterschiedlich seien. Ein Thema sei die „Verkehrssicherheit“. Ein anderes Thema stelle die „Lärmproblematik“ dar. Beim Thema „Verkehrssicherheit“ habe man die Restriktionen der gesetzlichen Neuregelung, welche von Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner vorgestellt wurden. Diese Regelung beziehe sich auf einen relativ überschaubaren Entfernungskorridor von 300 m und darüber hinaus nur auf die Zeiten, welche als schützenswert gelten. Man habe jedoch größere Zeitkorridore, die nicht als schützenswert einzustufen sind. Man müsste theoretisch eine Beschilderung herbeiführen, wonach die Regelung nur von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr, d. h. in Zeiten mit Schulbetrieb, gelte. D.h. diese Regelung gelte dann nicht an den Wochenenden und in den Abendstunden. Es wird die Frage aufgeworfen, ob eine Einführung sinnhaft sei, wenn von Seiten der Betroffenen z. B. am Schulzentrum Ost die Ampelsteuerung für ausreichend gehalten werde. Die Verkehrsbehörde kommt zu dem Schluss, dass vor diesem Hintergrund eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h nicht sinnhaft sei.
Das zweite Thema sei der „Lärm“. Bei einer Straße, welche eine Verkehrsbelastung von unter 4.000 Fahrzeugen habe, sei dies rechtlich keine Problemstellung. Aus Sicht der Betroffenen jedoch sicherlich schon. Im Bereich der Straße „Langer Graben“ sei dies mit über 20.000 Fahrzeugen eine völlig andere Situation. Das Land Baden-Württemberg habe in Übereinstimmung mit der Europäischen Union Kommunen auferlegt, das Thema „Lärm“ auf Bundes- und Landstraßen anzugehen, welche eine Fahrzeugbelastung von über 8.200 Fahrzeugen hätten. Ab dieser Fahrzeugbelastung sei hiernach der Lärm eine relevante Dimension. Dies habe man in der Tüngentaler Straße bei weitem nicht erreicht. Die Straße „Langer Graben“ sei eine der am dichtesten befahrene Straße im Stadtgefüge. Mit Blick auf die Sicherheit der Kinder der Schule gebe es dort eine Unterführung. Bis dato sei dort in dieser Hinsicht keine Problemstellung entstanden. Wenn man auf einer Strecke von circa einem Kilometer die Geschwindigkeit auf 30 km/h reduziere, steige die durchschnittliche Verkehrsbelastung, da der Durchfluss an Fahrzeugen entsprechend niedriger sei. Im Falle einer proportionalen Entwicklung liege man derzeit bei einer Verkehrsbelastung von 20.000 Fahrzeugen. Man wisse jedoch, wie eng dies bereits sei. Im Falle einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h sei die Belastungsgrenze sehr viel früher erreicht. Die Tragfähigkeit zu Spitzenstunden wird in Frage gestellt. Man habe bereits heute die Schwierigkeit die Verkehrslast abzubilden. Die Entscheidung zum Belag habe man zu Zeiten getroffen, in denen man jeden Euro zusammengekratzt habe. Bei einer künftigen Erneuerung sei sicher das Thema „Veränderung Fahrbahnbelag“ aufzunehmen. Man könne jedoch nicht so tun, als sei die Frage der Geschwindigkeitsbeschränkung eine Kompromissfrage analog zu einem „Basar“. So sei die Straßenverkehrsordnung nicht zu interpretieren. Es gehe nicht um ein Verhandlungsergebnis sondern um das Straßenverkehrsrecht.

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner nimmt Bezug auf die Ausführungen in der Sitzungsvorlage zur Rechtslage. Nach § 45 Abs. 9 StVO sind Verkehrszeichen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich sei. Den Verkehrsbehörden ist durch diese Vorschrift verboten, Geschwindigkeitsbeschränkungen anzuordnen, die nicht aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten seien. Aus diesem Grunde könne man nicht davon ausgehen, dass in der Tüngentaler Straße eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 40 km/h gerechtfertigt sei. Es liege der Regelfall bei Ortsdurchfahrten vor. Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner pflichtet Oberbürgermeister Pelgrim bei, wonach man den Anwohnerinnen und Anwohner in der Straße „Langer Graben“ einen „Bärendienst“ erweisen würde. Mit einer Einführung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h auf Basis der neuen Regelung könne man nur die Zeit von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr bzw. 17.00 Uhr abdecken. Die Abendstunden und das Wochenende seien hiervon nicht abgedeckt. Im Falle einer Einführung verschlechtere man sich sogar im Vergleich zur jetzigen Situation. Außerhalb der geschilderten Zeiten, gelte die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Die von Stadtrat Neidhardt vorgeschlagene Lösung der Ampelschaltung in der Gemeinde Michelbach/Bilz sei inzwischen nicht mehr zulässig. Hintergrund seien landesweite Unfälle. Hinsichtlich Steinbach und Sulzdorf wird nochmals auf § 45 Abs. 9 StVO hingewiesen. Man habe nur die Möglichkeit eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h im unmittelbaren Bereich von Schulen, Kindertagesstätten einzuführen, wenn ein direkter Zugang zur Durchgangsstraße gegeben ist. Die Beschränkung gelte dann nur begrenzt auf diesen räumlichen Bereich sowie auf die Betriebszeit.

Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt führt aus, dass man die verschiedenen Argumente zur Kenntnis genommen habe. Es gebe eine sehr unterschiedliche Verkehrsbelastung in der Straße „Langer Graben“ und in der Tüngentaler Straße. Die Straße „Langer Graben“ habe die Tragik, dass diese jeher eine Durchgangsstraße darstelle. Bei der Tüngentaler Straße appelliere er an die Kreativität von Erstem Bürgermeister Klink. Diese sei im Prinzip eine Straße mit Wohnbebauung. Die Durchgangsstraße sei Richtung Flughafen gekappt. Die Tüngentaler Straße führe nicht mehr nach Tüngental. Es habe bereits einen Planansatz für eine Querspange von der Bühlertalstraße zur Ostumfahrung gegeben. Hierdurch könnte eine Entlastungswirkung für die Tüngentaler Straße erzielt werden. Es wäre nach Ansicht von Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt schön, wenn man dieser Idee näher treten könnte.

Stadträtin Herrmann führt aus, dass alle Mitglieder die Situation in der Straße „Langer Graben“ und die Einmündung im Bereich der Blendstatthalle kennen. Viele Schülerinnen und Schüler würden die Unterführung nicht nutzen und müssen an der Straße entlang laufen. Es handle sich um Grundschulkinder. Diese können nach Ansicht von Stadträtin Herrmann Geschwindigkeiten noch schlecht einschätzen. Ein Sicherheitsaspekt werde gesehen. Wenn man eine Geschwindigkeit von 30 km/h fahre, werde der Verkehrsfluss ihrer Ansicht nach flüssiger. Im Bereich der Straße „Langer Graben“ sei dies ohnehin relativ, da man häufig einen Stop-and-go-Verkehr habe. In verkehrlicher Hinsicht werde eine Verbesserung der Situation gesehen. Es wird die Meinung vertreten, dass man mit Blick auf einen Lärmschutzaktionsplans eine vergleichbare Situation wie Untermünkheim habe. Man halte nach Auffassung von Stadträtin Herrmann die Grenzwerte nicht ein und müsse deshalb Maßnahmen ergreifen. Dies könne ein neuer Fahrbahnbelag, Lärmschutzfenster oder eine Geschwindigkeitsbeschränkung sein. Wenn man daran denke, dass die Baugebiete „Wolfsbühl“ (Kreuzäcker) und „Am Sonnenrain“ (Hessental) noch dazukommen, verschärfe sich die Situation in der Tüngentaler Straße weiter. Das Thema werde die Stadt nach Ansicht von Stadträtin Herrmann dauerhaft beschäftigen.

Erster Bürgermeister Klink wirbt darum vor einem Bau von neuen Straßen einen neuen Generalverkehrsplan aufzustellen. Man müsse das Netz auf dem heutigen Stand erfassen und Erkenntnisse über die Verkehrsarten, die Ziel- und Quellverkehre, die Durchgangsverkehre etc. gewinnen. Anhand eines Verkehrsmodells müssten dann solch angesprochenen Querspangen eingepflegt und ausgewertet werden. Die Tüngentaler Straße sei immer noch eine Ausfallstraße bzw. hat eine Anbindung an das überörtliche Netz. Diese habe noch die Funktion einer übergeordneten Straßenverbindung. Trotzdem sei die Verkehrsbelastung sicherlich deutlich unter dem, was man an anderen Situationen im Stadtgebiet habe. Man sei gerade dabei mit den Umlandgemeinden den Lärmaktionsplan, welcher in Schwäbisch Hall noch aussteht, anzugehen. In einem ersten Schritt seien die Bundes- und Landesstraßen mit über 8.200 Fahrzeugen zu betrachten. Hier gehöre die Straße „Langer Graben“ dazu. Dann werde man genauere Kenntnisse haben und über Maßnahmen diskutieren müssen. Der „Lärmaktionplan“ sei ein formales Verfahren mit Beteiligungsschritten. D.h. es handle sich um einen größer angelegten Prozess, welchen man im kommenden Jahr abwickeln wolle.

Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt fragt an, ob dies im Haushaltsentwurf berücksichtigt wurde.

Erster Bürgermeister Klink führt aus, dass dies in den allgemeinen Planungskosten abgedeckt sei.

Oberbürgermeister Pelgrim verweist auf Straßen mit einer Verkehrsbelastung über 8.200 Fahrzeugen.

Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt regt an, den Geltungsbereich etwas weiter zu fassen.

Erster Bürgermeister Klink erläutert, dass der Lärmaktionsplan nicht mit dem Generalverkehrsplan entwickelt werden müsste. Dies könne unabhängig weiterverfolgt werden.

Stadtrat Waller führt zur Tüngentaler Straße aus, dass die Verkehrssicherheit aller Beteiligten im Vordergrund stehe. Zu kurz komme jedoch, dass man dort Fußgängerinnen und Fußgänger sowie Radfahrerinnen und Radfahrer habe. Man sei z. B. als Radfahrerin/-rahrer zur Erzielung eines Sicherheitsgefühls dazu verdammt sich verkehrswidrig zu verhalten und müsse auf dem Gehweg fahren. Er habe diesbezüglich größere Bedenken. Stadtrat Waller pflichtet Stadträtin Herrmann bei, wonach durch das Baugebiet Wolfsbühl die Belastungen in bestimmten Bereichen deutlich zunehmen werde. Er könne jedoch feststellen, dass wenn der Anschluss des neuen Baugebiets über den Kreuz­wiesenweg erfolge, der Verkehr schon deswegen abgebremst werde, weil dann mehr Fahrzeuge unterwegs seien. Eine Lärmproblematik in Richtung Bausparkasse werde aufgrund der abfallenden Topographie nicht gesehen. Ferner müsse man Bedenken, dass Lieferfahrzeuge bei einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h das Fahrzeug mit einem niedrigeren Gang vorwärts bewegen. Hierdurch entstünden mehr Emissionen und man sei ein paar Sekunden länger unterwegs. Es sei fraglich, ob man dies tatsächlich möchte und dies zielführend sei. Durch die Ampelschaltungen sowie durch das Bewusstsein für querende Kinder würden ortskundige Fahrzeugführerinnen und Fahrzeugführer relativ vorsichtig die Straße passieren. Es handle sich um eine persönliche Wahrnehmung. Man müsse darauf achten, dass der Verkehr fließe. Man müsse auch abwägen, ob ein langsamer fließender Verkehr tatsächlich die Verbesserungen bringe, die man anstrebe.

Stadträtin Koch fragt an, ob auch der Klimaschutzeffekt hinsichtlich der Luftreinhaltung bei der Entscheidung der Verwaltung berücksichtigt wurde. Ferner wird angefragt, ob hinsichtlich der Radfahrerinnen und Radfahrer eine verstärkte Kontrolle stattfindet.

Oberbürgermeister Pelgrim erläutert, dass die entsprechenden Werte nach jetzigem Stand nicht so hoch sein dürften, dass Zwangsmaßnahmen geboten seien. Man befinde sich nicht in Stuttgart. Es sei in der Tagesdiskussion klar, dass aus Gründen des Umweltschutzes, der Gesundheitsvorsorge usw. auch verkehrsregulierende Maßnahmen möglich sind. Dies sei an Grenzwerte gekoppelt. Die Situation sei hier glücklicherweise, nach jetzigem Kenntnisstand, in Schwäbisch Hall nicht gegeben. Die Beschlussempfehlung wird von einer „zustimmenden Kenntnisnahme“ auf eine reine „Kenntnisnahme“ abgeändert. Man sei gut beraten, wenn man die Aufgabenstellung „Lärmaktionsplan“ an den Straßen mit 8.200 Fahrzeugen im Blick habe. Hier habe man bereits eine ganze Menge zu tun. Wenn man mit diesem Argument an einer Stelle anfange, die von dieser Aufgabenstellung nicht umfasst ist, komme man in Legitimationsschwierigkeiten gegenüber allen anderen. Man müsste sich mit anderen vorrangigen Straßen befassen. Die Straße „Langer Graben“ werde die Stadt in der Tat auf Dauer noch beschäftigen. Die Leistungsfähigkeit sei dort ein Thema. Man wundere sich, dass hier so wenig passiere. Im Falle eines Abbiegens in die Straße „Am Postgütle“ müsse wegen Gegenverkehr auf der Straße angehalten werden. Im Falle von Unaufmerksamkeiten bestehe die Gefahr von Auffahrunfällen. Dies habe mit Kindern an dieser Stelle jedoch nichts zu tun. Eine Linksabbiegespur könnte die Gefahr von Unfällen reduzieren. Dies sei jedoch aufgrund der Fahrbahnbreite nicht lösbar. Dies sei in der Tat eine Aufgabenstellung für die Stadtplanung und die Untere Verkehrsbehörde. Es könne auch gut sein, dass aus Lärmschutzgründen eine Reduktion der Geschwindigkeit dort erforderlich sein wird.

Stadträtin Herrmann bittet zu Protokoll zu nehmen, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Haltung der Verwaltung ablehnt.

Fachbereichsleiter Bürgerdienste & Ordnung Gentner verweist hinsichtlich der Radfahrerinnen und Radfahrer auf die geltende Vorschrift der StVO. Der Gehweg sei nur für Radfahrerinnen und Radfahrer freigegeben. Radfahrerinnen und Radfahrer seien jedoch nicht verpflichtet den Gehweg zu benutzen. Für schnell fahrende Radfahrerinnen und Radfahrer bietet sich die Nutzung der Crailsheimer Straße an. Hier sei der Radfahrer im Fluss mit dem Kraftfahrzeugverkehr. Auf dem Gehweg sei mäßige Schrittgeschwindigkeit unter besonderer Rücksicht auf Fußgängerinnen und Fußgänger geboten. Um entsprechende Berichterstattung im Haller Tagblatt wird gebeten.

Beschluss:

Von den Ausführungen der Verwaltung wird Kenntnis genommen.
(ohne Abstimmung)

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