§ 1 - Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h und Messung der Verkehrs-belastungAntrag der SPD-Fraktion für die „Tüngentaler Straße“ Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN für die „Tüngentaler Straße“ und die Straße „Langer Graben“- Vorberatung - (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Die SPD-Fraktion hat am 5.06. beantragt, zur Beurteilung der Verkehrssituation in der Tüngentaler Straße verdeckte Geschwindigkeitsmessungen mittels Seitenradarmessgerät und Lärmmessungen durchzuführen und die Ergebnisse dem Gemeinderat vorzustellen.

Dies beruht hauptsächlich auf Beschwerden der Anwohner über angeblich stark zunehmendes Verkehrsaufkommen und deutlich überhöhte Geschwindigkeiten. Deshalb bestand Einvernehmen, dass eine objektive Erfassung des Verkehrsaufkommens erst nach der durch den Bau des neuen Kreisverkehrs notwendigen Vollsperrung der L 1060 in Hessental und erst nach den Sommerferien sinnvoll ist.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat am 7.06. gebeten, folgende Anträge im Gemeinderat zu behandeln:

  1. Die Stadt Schwäbisch Hall weist in der Tüngentaler Straße im Bereich Abzweigung Ellwanger Straße bis Ortsausgang Tempo 30 aus.

  2. Die Stadt Schwäbisch Hall weist im Langen Graben Tempo 30 aus.

Von beiden Antragstellern wird auf die Ende 2016 erfolgte Änderung des § 45 StVO hingewiesen, die den Straßenverkehrsbehörden u.a. ermöglicht, innerhalb geschlossener Ortschaften die Geschwindigkeit im unmittelbaren Bereich von an Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen und Förderschulen strecken-bezogen auf 30 zu reduzieren.

Die Seitenradarmessung in der Tüngentaler Straße auf Höhe des Schulzentrums wurde von 12.-18.09. durchgeführt und brachte im Vergleich zu anderen Messungen folgendes Ergebnis:

 

Tüngentaler Straße

26.04.-03.05.2013

Tüngentaler Straße

12.09.-18.09.2017

L 1060

Hall-Hessental

21.09.-27.09.2017

 

Langer Graben

21.10.-27.10.2015

Verkehrsaufkommen insgesamt

23.258

27.651

90.826

141.141

Verkehrsaufkommen pro Tag

3.323

3.950

12.975

20.163

LKW pro Tag

591

187

862

1.473

Durchschnittliche Geschwindigkeit

51

52

69

40

V 85 = Geschwindigkeit für die ersten 85 % der FZ

59

58

80

47

Vor diesem Hintergrund erscheint die Verkehrsbelastung Anwohnerinnen und Anwohner der Tüngentaler Straße vergleichsweise gering. Im Vergleich mit dem Verkehrsaufkommen im Langen Graben sind es insgesamt weniger als 20 % der Fahrzeuge, bei den LKW < 13 %.

Im Vergleich zur Messung vor über 4 Jahren ist die Steigerung von täglich nur 627 Fahrzeugen kaum spürbar, insbesondere wenn man berücksichtigt, dass die LKW-Fahrten von 591 um 404 auf 187 zurückgegangen sind!

Die Verwaltung sieht deshalb keine Veranlassung für Lärmmessungen. Dabei ist auch zu bedenken, dass der Abstand zwischen den Wohnhäusern der Beschwerdeführer weit größer ist als dies bei anderen Durchgangsstraßen mit wesentlich höherer Belastung der Fall ist. Nicht unerheblich ist auch, dass ein klagender Anwohner in den letzten Jahren sämtliche Pflanzen entfernt hat, die zwischen seinem Haus und der Straße vorhanden waren und ihn vor Lärm und Umwelteinwirkungen geschützt haben.

Sinnvoller erscheinen die Vorschläge anderer Anwohner, welche die Forderung nach Tempo 30 für überzogen halten und anregen, innerorts die Straßenbegrenzungspfähle und Straßengräben zu entfernen und die Straße bis hin zum Ortsausgang zu beleuchten, damit sie eher als Innerortsstraße erkannt wird.

Wie ist die neue Rechtslage?

§ 45 Absatz 9 der StVO sagt, dass Verkehrszeichen prinzipiell nur dort anzuordnen sind, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der zu schützenden Rechtsgüter erheblich übersteigt.

Dieser einschränkende Satz gilt jetzt nicht mehr für die Anordnung von innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h auf Straßen des überörtlichen Verkehrs oder auf weiteren Vorfahrtstraßen im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern.

Dazu hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur am 22. Mai 2017 in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ausgeführt, dass im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern in der Regel auf Tempo 30 beschränkt werden sollen, soweit die Einrichtungen über einen direkten Zugang zur Straße verfügen oder im Nahbereich der Einrichtungen starker Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen (z.B. Bring- und Abholverkehr mit vielfachem Ein- und Aussteigen, erhöhter Parkraumsuchverkehr, häufige Fahrbahnquerungen durch Fußgänger, Pulkbildung von Radfahrern und Fußgängern) vorhanden ist.

Im Ausnahmefall kann auf die Absenkung der Geschwindigkeit verzichtet werden, soweit etwaige negative Auswirkungen auf den ÖPNV oder eine drohende Verkehrsverlagerung auf Wohnnebenstraßen zu befürchten ist. In die Gesamtabwägung sind dann die Größe der Einrichtung und Sicherheitsgewinne durch Sicherheitseinrichtungen und Querungshilfen einzubeziehen. Die streckenbezogene Anordnung ist auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtung und insgesamt auf höchstens 300 m Länge und auf die Öffnungszeiten zu begrenzen.

Was heißt das für die Tüngentaler Straße?

  1. Im Bereich der Kindertagesstätte Fuchsbau gibt es bisher keine speziellen Gefahren, die eine solche Beschränkung erforderlich machen würden. Die Leiterin der Kindertagesstätte, Frau Gudrun Feger, erklärte auf Anfrage, dass sie sich eine 40-Beschränkung vorstellen könne. Die Kinder dieser Tagesstätte werden jedoch in der Regel von den Eltern direkt bis an den Eingang gebracht und haben insofern keine direkte Berührung mit dem Durchgangsverkehr auf der Tüngentaler Straße.

  2. Auch im Bereich des Schulzentrums gibt es keinen unmittelbaren Zugang, der eine 30-Beschränkung erforderlich machen würde. Über die Tüngentater Straße stehen sogar zwei Fußgängerampeln zur Verfügung. Weder aus polizeilichen Gründen noch aus der Sicht des Gymnasiums bei St. Michael ergibt sich eine Notwendigkeit für Tempo 30 auf der Durchgangsstraße. Schulleiter Nagel sieht die Verkehrssicherheit gewährleistet und auch angesichts des "sehr wenigen und gemäßigt fahrenden Verkehrs" keinen Handlungsbedarf.

  3. Dem Anliegen der Anwohner auf Reduzierung des vergleichsweise niederen Verkehrsaufkommens könnte auch unter Berücksichtigung der aktuellen Änderung der StVO nicht entsprochen werden, zumal die 30-Beschränkung überhaupt nur auf eine Länge von höchstens 300 m und nur während der Öffnungszeiten (Mo-Fr 7-17) angeordnet werden dürfte. Eine dauerhafte Beschränkung im Sinne des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist auf dieser Rechtsgrundlage nicht möglich.

  4. Für eine Beschränkung aus Lärmschutzgründen wäre die Zustimmung des Regierungs-präsidiums nötig und dazu wäre die Überschreitung der Lärmgrenzwerte nachzuweisen. Im Vergleich zur Tüngentaler Straße hätten dann aber viele andere Durchgangsstraßen Vorrang.

  5. Nach Bewertung im Verkehrsgespräch kamen alle Beteiligten zum Ergebnis, dass für die Tüngentaler Straße auch unter Berücksichtigung der aktuellen Änderung der StVO keine 30-Beschränkung notwendig ist.

 

Was heißt das für den Langen Graben?

  1. Hier gilt seit Jahrzehnten zwischen der Einmündung Gelbinger Gasse und der Gymnasiumstraße Tempo 40. Diese Beschränkung wurde mit den besonderen Gefahren begründet, die sich bei den vielen Fußgängerquerungen im Verlauf des Langen Grabens ergeben. Hinzu kommen viele gefährliche Straßeneinmündugen und nicht zuletzt die Grundschule Langer Graben. Wie die jährliche Unfallstatistik der Polizei bestätigt, hat sich diese Regelung sehr gut bewährt. Es gibt weder im Bereich der Schule noch im gefährlichen Bereich der Kreuzung Blendstatt/Wilhelm-Meister-Weg Unfallhäufungen. Hier bestätigt sich die alte Erfahrung: Gefahr erkannt - Gefahr gebannt!

  2. Dies wird auch von der Leiterin der Grundschule Am Langen Graben, Frau Schindler, bestätigt. Sie verweist außerdem auf das Rolltor, wodurch die Sicherheit für die Schüler erheblich verbessert wurde. Frau Schindler hält die bewährte Regelung mit Tempo 40 für ausreichend und befürchtet sogar, dass eine Beschränkung auf 30 die gefährliche Praxis der Elterntaxis noch fördert, weil es für sie noch bequemer wird, an den Einmündungen zum Ein- und Aussteigen kurz anzuhalten. Dadurch werden die Kinder viel mehr in Gefahr gebracht als durch den mit 40 km/h fahrenden Durchgangsverkehr.

  3. Wie die Messergebnisse zeigen, wird hier verantwortungsbewusst gefahren. Weniger trifft dies für die Radfahrer zu, die entlang der Crailsheimer Straße mit unverantwortlich hohen Geschwindigkeiten auf dem Gehweg nach unten rasen und die Busfahrgäste beim Aussteigen an der Haltestelle Holzmarkt gefährden. Die in der Verkehrsschau angebrachten Hinweise scheinen immer noch nicht die erhoffte Wirkung zu haben. Schnell fahrende Radfahrer sollten die Straße benutzen und nicht die Fußgänger und Fahrgäste gefährden.

Alles in allem sieht also die Verwaltung - ebenso wie die Polizei - keine Notwendigkeit für weitere Geschwindigkeitsbeschränkungen in der Tüngentaler Straße und im Langen Graben. Wie von Anwohnern vorgeschlagen, sollte an der Tüngentaler Straße innerorts auf die Straßenbegrenzungspfähle und Straßengräben verzichtet werden und stattdessen eine Straßenbeleuchtung angebracht werden, damit sie eher als Innerortsstraße erkannt wird.

Anlage 1: Bilder der Örtlichkeiten

Anlage 2: Auswertung Verkehrsdaten einzeln

Beschluss:

Von den Ausführungen der Verwaltung wird Kenntnis genommen.
(ohne Abstimmung)

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