§ 234/2 - Verschiedenes: Auswirkungen des demographischen Wandels auf die Stadt Schwäbisch Hall - Anfrage von Stadträtin Striebel-Döring vom 22.10.2002 - (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

s. a. HT vom 11.10.2002, S. 3

Der Deutsche Bundestag hat eine Enquetekommission „Demographischer Wandel“ eingesetzt, die Bertelsmann Stiftung hat eine Studie erstellt „Den demographischen Wandel gestalten“ und der Gemeindetag Baden-Württemberg hat sich in enger Zusammenarbeit mit dem Statistischen Landesamt ebenfalls mit einer Studie zu demselben Thema zu Wort gemeldet.

Zur Zeit leben rund 82 Mio. Menschen in Deutschland. Diese Zahl wird nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes zur Bevölkerungsentwicklung bis zum Jahr 2050 kontinuierlich abnehmen.

Die hier nur sehr grob aufgezeichnete demographische Entwicklung, die in den genannten Studien natürlich wesentlich präziser und detaillierter erläutert ist, wird in den nächsten Jahrezehnten zu einem zentralen Problem für die Bereiche Wirtschaft und Soziales.

Alle Ebenen des staatlichen Handelns - und dabei vor allen Dingen auch die Kommunen - werden von dieser Entwicklung nachhaltig betroffen sein.

Wirkliche fundierte Handlungsempfehlungen für die kommunale Ebene wurden bislang eher wenig entwickelt, obwohl die Kommunen unmittelbar betroffen sein werden; sie werden die Auswirkungen „vor Ort“ zu spüren bekommen.

Auch Schwäbisch Hall steht vor einem tiefgreifenden Wandel in der Bevölkerungsentwicklung. Sinkende Bevölkerungszahlen und die Überalterung werden sich vor allen Dingen auf kommunaler Ebene und somit natürlich auch in Hall bemerkbar machen.

Meiner Meinung nach machen wir uns bisher zu wenig Gedanken darüber, wie wir diesem Wandel begegnen und die Entwicklung gestalten wollen.

Eine Reihe von konkreten Fragen stellt sich nahezu von selbst:

Wie wird sich unsere Stadt in 15 Jahren verändern?

Wie werden Alt und Jung zusammenleben?

Wie viele Kindergärten und Schulen werden benötigt?

Wie viele Arbeitskräfte werden zur Verfügung stehen, um den Wohlstand der Bevölkerung zu erwirtschaften?

Welche Freizeitangebote werden wir brauchen?

Sind ausreichend altengerechte Wohnungen mit Nahversorgungsangeboten vorhanden?

Wurde bis dahin eine bedarfsgerechte Infrastruktur für Senioren aufgebaut?

Wie kann man die Potentiale älterer Menschen nutzen?

Wie familien- und kinderfreundlich ist Schwäbisch Hall?

Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit nennt die Bertelsmann Stiftung in ihrer Studie die wichtigsten Handlungskorridore auf kommunaler Ebene wie folgt:

  1. Ein altengerechtes Wohnumfeld schaffen und selbstbestimmtes Wohnen fördern. Darunter werden neben der Barrierefreiheit auch die Erhaltung bzw. Schaffung einer altengerechten Infrastruktur im Wohnumfeld und die Förderung betreuter Wohnformen genannt.
  2. Zukunftsorientierte Altenhilfestrukturen aufbauen. Hier werden u. a. die Aufstellung eines Altenplans mit Darstellung der vorhandenen Angebotsstruktur verschiedener Träger aus allen altenbezogenen Bereichen sowie die Ausweisung des zukünftigen Bedarfs und der Kapazitätsausbau im Altenhilfe- und Pflegebereich aufgeführt.
  3. Eine familienfreundliche Kommune werden. Ausweisung von Baugebieten, die günstiges Bauen ermöglichen und in denen Freiraum für Kinder und Jugendliche mit ausreichenden Spiel- und Sportflächen zur Verfügung gestellt werden.
  4. Das Miteinander von Jung und Alt fördern. Hier werden Vorschläge wie die Planung von Wohngebieten, die sowohl für junge Familien als auch für die ältere Generation attraktiv sind, und Angebote zur Förderung des Austausches zwischen den Generationen erwähnt.
  5. Die Integration von Migranten fördern. Dabei geht es um die Vermeidung von Ghettostadtteilen durch Wohnungspolitik und Stadtplanung und die Verbesserung der Bildungschancen von Migranten.
  6. Die Kernstädte stärken und kommunale Infrastruktur erhalten. Dazu bedarf es nachhaltiger Nutzungskonzepte für kommunale Einrichtungen und einer vorausschauenden Stadtentwicklungspolitik.

Selbstverständlich finden sich in den Ausführungen der Enquetekommission des Bundestages, der Studie der Bertelsmann Stiftung und der Schrift des Gemeindetages noch weitere konkrete Beispiele, aber die aufgelisteten reichen m. E. aus, um sich im Gemeinderat einmal ausführlich damit zu befassen und evtl. auch einen Vertreter des Gemeindetages einzuladen, damit uns die Auswirkungen auf die Kommunen aus dessen Sicht vorgestellt werden können.

In Baden-Württemberg werden im Jahr 2003 erstmals die über 40-jährigen die Mehrheit haben, d. h. dass sich die Altersstruktur schon jetzt deutlich verändert.

Gestatten Sie mir, dass ich mit einigen weiteren Fakten die Dringlichkeit meines Anliegens unterstreiche:

Während am 31.12.2000 das Durchschnittsalter der Bevölkerung in Baden-Württemberg noch unter 40 Jahren lag, wird es am 31.12.2025 bereits 45,2 Jahre betragen.

Bei der Entwicklung pflegebedürftiger Menschen wird es im Lande ebenfalls eine gravierende Veränderung geben.

Im Jahr 2000 ging man nach Angaben des Statistischen Landesamtes davon aus, dass es 180.000 Pflegebedürftige gibt; schon 2010 werden 220.000 pflegebedürftige Menschen erwartet, 2020 bereits 260.000, 2030 schon 290.000 und im Jahr 2040 sogar 340.000.

Diese Zahlen lassen sich natürlich auch auf unsere Stadt herunterrechnen und werden gravierende Veränderungen mit sich bringen.

Es besteht also Handlungsbedarf.


- Antwort der Verwaltung -

Der demographische Wandel, der sich in Zukunft in unserer Gesellschaft vollzieht, wird sich auch auf die Stadt niederschlagen. Die hieraus folgenden Entwicklungen sind sorgfältig zu beobachten, um rechtzeitig auch von kommunaler Seite geeignete Maßnahmen in die Wege leiten zu können.

Den Handlungskorridor, den die Bertelsmann Stiftung für die Zukunft aufzeigt, wird nach meiner Einschätzung schon jetzt von der Stadt Schwäbisch Hall weitestgehend erfüllt.

So ist zum Beispiel das altengerechte Wohnumfeld und das selbstbestimmte Wohnen in Hall seit mehreren Jahren vertreten. Familienfreundliches Wohnen ist ebenfalls vorhanden, genauso wie das gemeinsame Leben von Jung und Alt (z.B. Katharinenvorstadt) nebeneinander. Die Stärkung der Kernstadt und die Entwicklung der kommunalen Infrastruktur sind wesentliche Themenfelder, die derzeit von der Verwaltung und dem Gemeinderat diskutiert werden. Als ein tragendes Beispiel ist hier die Entwicklung des JVA-Geländes zu nennen.

Ihren Vorschlag, einen Vertreter des Gemeindetages einzuladen, um über die Auswirkungen auf die Kommunen aus dessen Sicht referieren zu lassen, werde ich gerne aufgreifen. Dieses Thema soll in einer der nächsten Fraktionsführerbesprechungen erörtert werden.

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