TOP 2 - Weilertunnel; hier: Vorstellung Verkehrsuntersuchung und Beschluss Planungsvariante - Vorberatung - (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sitzungsvorlagen-Nummer: 320/23

Sachvortrag:

Nach der Sondersitzung zum Weilertunnel am 23.01.2023 (SV-Nr. 8/23, öffentlich) wurde eine Projektgruppe, bestehend aus Vertretern des Gemeinderats, des Regierungspräsidiums Stuttgart, der Stadtverwaltung sowie dem Verkehrsplanungsbüro R+T aus Darmstadt gebildet. Mit insgesamt vier Arbeitskreissitzungen konnte der Bitte des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg (VMBW) als Auftragsverwaltung für den Bund (hier das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, BMDV) nachgekommen werden, eine einröhrige Tunnelvariante zu prüfen. Am 10.07.2023 wurde ein erstes Ergebnis vorgestellt, das nachweist, dass ein reduzierter Tunnelquerschnitt mit den künftigen Verkehrszahlen möglich ist und dabei auch die künftigen verkehrlichen Ziele aller Verkehrsträger besser berücksichtigt werden. Im Folgenden werden die qualifizierte und zukunftsgerichtete Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung und die veränderten Rahmenbedingungen näher erläutert.

Rahmenbedingungen

Seit 1982 verfolgt der Straßenbaulastträger einen 4-spurigen Ausbau der B14/B19 zwischen Gaildorfer Dreieck (Heimbach) und dem Friedhofsdreieck. Zwischen dem Gaildorfer Dreieck und der Bahnbrücke am Scharfen Eck sowie der Bereich zwischen Gottwollshäuser Steige und Friedhofsdreieck wurden bereits in den letzten Jahrzehnten dahingehend ausgebaut. Mit dem Weilertunnel fehlt ein wichtiger Streckenabschnitt, um den Ausbau der B19 fertigzustellen und damit die hohe Verkehrslast aus der Weilervorstadt zu verlagern.

Im Bereich der Weilervorstadt wurden seinerzeit unterschiedliche Trassenführungen der B19 geprüft, jedoch verblieb als einzig zielführende Lösung, den Durchgangsverkehr vor der ehemaligen Stadtbefestigung durch einen Tunnel an der historischen Altstadt vorbeizuführen. Heute ist der Streckenabschnitt im Bundesverkehrswegeplan 2030 als laufende Maßnahme enthalten und fest disponiert. Da die Planung für den Tunnel und die anschließenden Verkehrsräume weit über 10 Jahre alt sind, stellt sich heute zurecht die Frage, ob alle Verkehrsträger und die innerörtlichen Verkehre sowie Anknüpfungspunkte noch ausreichend berücksichtigt sind.

Durch die vom VMBW eröffnete Möglichkeit zur Prüfung der vorliegenden Planung besteht nun die Chance, Erkenntnisse aus dem Mobilitätskonzept einfließen zu lassen und durch das digitale Verkehrsmodell Wirkungsweisen des Projektes zu prüfen und zu optimieren, insbesondere im Hinblick auf die zukünftigen Verkehrsaufkommen. Um dem BMDV eine Planungsvariante vorlegen zu können, wie die unterschiedlichen Verkehrsträger besser berücksichtigt werden können sowie das innerörtliche Verkehrsnetz besser an die B19 angeschlossen werden kann, wurden unterschiedliche Szenarien entwickelt und innerhalb der Arbeitsgruppe diskutiert.

Ausgangslage

Auf dem Abschnitt des künftigen Tunnels, also zwischen Bahnbrücke (Scharfes Eck) und Einmündungsbereich am Hotel Hohenlohe (Weilertor) sind im Rahmen des Mobilitätskonzepts Verkehrszahlen von 25.000 und 24.000 KFZ pro Tag gezählt worden (Anlage 1). Diese Werte wurden im November 2021 erhoben und durch die Zählung zum Mobilitätskonzept im Mai 2022 bestätigt. Gemäß Verkehrsbarometer 2023 für Bundesstraßen der Bundesanstalt für Straßenwesen können Daten aus diesen Zählzeiträumen als repräsentativ für das Kfz-Verkehrsaufkommen nach dem Auslaufen der Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie eingestuft werden.

Die ursprüngliche Planung des 4-streifigen Tunnels (Planfall 0) dient für die Szenarienbetrachtung als Grundlage und wurde in das digitale Verkehrsmodell eingearbeitet (Anlage 1). Hieraus lassen sich für den Tunnel Verkehrsmengen von 22.000 KFZ pro Tag ermitteln. Ebenso lassen sich mögliche Verlagerungen von Verkehren in der Katharinenvorstadt oder anderen Bereichen des innerstädtischen Verkehrsnetzes ablesen.

Tunnel mit zweistreifigem Querschnitt

Der Planfall 0 wurde in einem weiteren Schritt dahingehend angepasst, dass der Tunnel auf einen zweistreifigen Querschnitt zurückgeführt wird. Anhand des Verkehrsmodells kann deutlich abgelesen werden, dass die Wirkungen eines vierstreifigen und eines zweistreifigen Tunnels nahezu identisch sind.

Insgesamt treten im übrigen Straßennetz nur geringe Veränderungen bei den Kfz-Verkehrsströmen auf, wodurch keine nennenswerten Verlagerungen in andere Stadtteile zu erwarten sind. Insgesamt wird aber bereits zu dieser frühen Phase der Untersuchung deutlich, dass der Weilertunnel den Kfz-Verkehr auf der B14/B19 fast vollständig an der Weilervorstadt vorbeileitet und hierdurch eine starke Entlastung rund um das Scharfe Eck bewirkt. Die verbleibenden Kfz-Verkehrsmengen im Bereich der Weilervorstadt mit 4.000 bis 4.500 KFZ pro Tag ermöglichen eine grundlegende Umgestaltung des vorhandenen Verkehrsraums insbesondere zugunsten des Fuß- und Radverkehrs sowie eine deutliche Steigerung der Aufenthaltsqualität und des Immissionsschutzes für die bestehenden Wohnanlagen.

Varianten der Verkehrsführung am Scharfen Eck

Vor einer genaueren Betrachtung der Verkehrsknoten an den Tunnelportalen und deren Leistungsfähigkeit wurde anhand von unterschiedlichen Varianten der Verkehrsführung der Einfluss von eingeschränkten Abbiegebeziehungen auf das innerstädtische Verkehrsnetz geprüft. Insgesamt ergeben die Varianten am Scharfen Eck (Anlage 2), dass sich im wesentlichen nur kleinräumige Kfz-Verkehrsmengen in der Weiler-/Katharinenvorstadt sowie auf den parallel verlaufenden Stadtzufahrten Stuttgarter Straße und Neue Reifensteige ergeben.

Die dazugehörige Planfallrechnung zeigt, dass Einschränkungen der Abbiegebeziehungen an den Knoten vor und nach dem Tunnel nicht erforderlich sind, um eine Entlastung der Katharinenvorstadt oder anderer Stadtteile zu erreichen. Den größten und wesentlichsten Effekt erzielt der Tunnel selbst, der zwischen 22.000 – 24.000 KFZ pro Tag innerhalb dieses Altstadtbereiches vermeidet.

Hirschgraben

Erste Planungen wie auch der rechtskräftige Bebauungsplan gingen von einem Ausbau des Hirschgrabens im Zweirichtungsverkehr aus. Zur Realisierung dieser Verkehrsführung müsste jedoch erheblich in den Bahndamm eingegriffen werden und umfangreiche Sicherungsmaßnahmen durch eine bis zu 16 Meter hohe Bohrpfahlwand durchgeführt werden. Daher gehen die aktuellen Planungen weiterhin von der vorhandenen Verkehrsführung aus, was im Hinblick auf die verbleibenden Verkehrsmengen in Hirschgraben und Katharinenstraße durchaus vertretbar ist.

Verkehrstechnische und entwurfstechnische Machbarkeitsuntersuchung

Für die genauere Betrachtung der Knotenpunkte und die Bewertung deren Leistungsfähigkeit wurde ein zweistreifiger Tunnelquerschnitt angenommen und zunächst alle Fahrbeziehungen zugelassen, da sich gezeigt hat, dass sich durch die Einschränkungen von Abbiegebeziehungen an den Knoten vor und nach dem Tunnel keine wesentlichen Effekte einstellen, die die Weilervorstadt zusätzlich entlasten. Für die Prognose des zukünftigen Kfz-Verkehrsaufkommens wurde eine Verkehrssteigerung um 10% zu Grunde gelegt.

Am Scharfen Eck (Südportal) ist die Leistungsfähigkeit aufgrund der geringen Komplexität des Knotenpunkts gegeben. Am Knoten Weilertor (Nordportal), der deutlich komplexer ist, lassen sich nicht alle Verkehrsströme mit einem zweistreifigen Ausbau abwickeln. Daher wurden untergeordnete Fahrbeziehungen eingeschränkt, wodurch von der Gottwollshäuser Steige und der Johanniterstraße/Weilertor nur rechts auf die B19 ausgefahren werden kann. Hierdurch erhält der Knoten eine ausreichende Leistungsfähigkeit (Anlage 3).

Planungsvariante und Schlussfolgerung

Die Verkehrsuntersuchung zum Weilertunnel hat ergeben, dass die Einbindung eines zweistreifigen (einröhrigen) Weilertunnels in das Straßennetz der Stadt Schwäbisch Hall verkehrstechnisch und entwurfstechnisch machbar ist. Die Planfallrechnung zeigt für einen zweistreifigen Tunnel nahezu dieselben verkehrlichen Wirkungen wie ein vierstreifiger Querschnitt. Die Leistungsfähigkeit der Anschlussknotenpunkte eines zweistreifigen Weilertunnels ist gegeben. Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeitsreserven sollten gering nachgefragte Fahrbeziehungen am nördlichen Anschlussknotenpunkt ausgeschlossen oder ggf. durch Bedarfsschaltungen mit in den verkehrlichen Umlauf des Knotens eingebunden werden.

Zusammenfassend kann zudem festgehalten werden, dass mit einem zweistreifigen Weilertunnel gegenüber einem vierstreifigen Weilertunnel zusätzliche Flächen im Bereich Scharfes Eck und Weilervorstadt frei werden, die ohne Einbußen bei der Leistungsfähigkeit für eine verbesserte Führung des Fuß-, Rad- und Busverkehrs und zur Erhöhung der Aufenthaltsqualität genutzt werden können.

Anhand der Ergebnisse aus der Verkehrsuntersuchung kann die Planungsvariante Anlage 4 für die weitere Tunnelplanung herangezogen werden.

Gaildorfer Dreieck

Neben dem Nachweis der Leistungsfähigkeit der Anschlussknotenpunkte des Weilertunnels wurden die Optionen der Verkehrsführung zwischen dem Knotenpunkt Gaildorfer Dreieck und dem Weilertunnel betrachtet (Anlage 5). Mit einer Leistungsfähigkeitsuntersuchung wurde nachgewiesen, dass auch zwischen Gaildorfer Dreieck und Weilertunnel eine zweispurige Führung des Verkehrs möglich ist. Lediglich stadteinwärts, von Michelfeld kommend, sind am Knotenpunkt Gaildorfer Dreieck zwei Geradeausfahrstreifen erforderlich. Es ist jedoch möglich, bereits ab dem Gaildorfer Dreieck den Verkehrsträgern Fahrrad, Fußverkehr und ggf. dem Bus mehr Fläche zur Verfügung zu stellen und damit auf der Achse Gaildorfer Dreieck bis zur Friedensbrücke eine deutliche Verbesserung für den Umweltverbund zu erreichen.

Ausblick

Die Planungsvariante Anlage 4 dient als Nachweis gegenüber dem Bund, dass ein zweistreifiger Tunnel umsetzbar ist und damit positive Effekte für den innerstädtischen Verkehr und den Umweltverbund (Rad-, Fuß- und Busverkehr) erreicht werden können. Sollte sich der Bund ebenfalls für einen zweistreifigen Tunnel aussprechen, kann die weitere Verkehrsplanung beauftragt werden, die dann den gesamten Streckenabschnitt zwischen Gaildorfer Dreieck und Friedhofsdreieck umfasst. Dabei wird eine Mikrosimulation erstellt, die sicherstellt, dass die Planung auch in der Zukunft weiterhin funktionsfähig ist. In der Verkehrsprognose geht die Planungsvariante von einer Verkehrssteigerung von 10% aus. Damit liegt eine belastbare und zukunftsgerichtete Planungsvariante vor, die alle Verkehrsträger besser berücksichtigt.

Anlagen:
Anlage 1:
Anlage 2:
Anlage 3:
Anlage 4:
Anlage 5:

Beschlussantrag:

1. Der Gemeinderat erkennt die Ergebnisse der Verkehrsuntersuchung zu einem zweistreifigen Tunnel an.

2. Der Gemeinderat stimmt der Planungsvariante Anlage 4 als Grundlage für die weitere Planung zu, sofern das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) einen zweistreifigen Tunnel realisiert.

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