§ 90 - Anbau von Gen verändertem Saatgut auf den städtischen Pachtflächen (öffentlich)

Aus Ratsinformationssytem Schwäbisch Hall
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Sachvortrag:

Innerhalb der Landwirtschaft wird derzeit über den Anbau von Gen verändertem Saatgut in unserer Region diskutiert.

Bei Fachvorträgen, in denen das Für und Wider behandelt wurde, zeigte sich, dass aufgrund der kleinflächigen Parzellierung der landwirtschaftlichen Grundstücke in der Anbau von Gen verändertem Saatgut wegen der damit verbundenen Auflagen kaum möglich ist.

Die Verwaltung vertritt grundsätzlich die Ansicht, dass die Verwendung von gentechnischem Saatgut auf städtischen Pachtflächen nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Stadt als Verpächterin gestattet werden soll. Nach dieser Regelung ist bei einem entsprechenden Antrag das Für und Wider abzuwägen, wobei auch Beeinträchtigungen von Nachbarflächen sowie bei der späteren Vermarktung der landwirtschaftlichen Grundstücke berücksichtigt werden sollten.

Die Verwaltung strebt daher an, bei Abschluss künftiger Pachtverträge die Verpflichtung mit aufzunehmen, dass vor Anbau von Gen verändertem Saatgut die Zustimmung des Verpächters einzuholen ist.

Ferner vertritt sie die Ansicht, dass der Anbau von Gen verändertem Saatgut im Rahmen der bestehenden Pachtverträge ebenfalls der Zustimmung durch den Verpächter bedarf, da eine mögliche Beeinträchtigung der Pachtgrundstücke nicht ausgeschlossen werden kann. Also bedarf auch die Verwendung von entsprechendem Saatgut bei diesen Verträgen der Zustimmung der Stadt.


Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.06.2005:


  1. Kein Einsatz von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut auf landwirtschaftlich genutzten Flächen der Stadt Schwäbisch Hall
    Die Stadt Schwäbisch Hall fordert ihre Pächter/innen auf, im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung als Ergänzung zum bestehenden Pachtvertrag auf den Einsatz von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut auf sämtlichen landwirtschaftlich genutzten Flächen zu verzichten. Bei Verlängerung oder Abschluss neuer Pachtverhältnisse wird künftig ein entsprechender Passus in den Vertrag aufgenommen.

  2. Die Stadt Schwäbisch Hall tritt dem Bündnis für ein gentechnikfreies Hohenlohe bei
    Begründung:
    Die Risiken der so genannten „Grünen“-Gentechnik für Menschen und Ökosysteme sind unabsehbar. Die Folgen der Ausbringung von gentechnisch veränderten Organismen sind bisher viel zu wenig erforscht. Sofern jedoch Befunde vorliegen, geben diese Anlass zu Besorgnis. Zum Beispiel kreuzen sich genmanipulierte, herbizidresistente Pflanzen durch Pollenflug über große Distanzen mit Wild- und Ackerunkräutern, die sich durch die gewonnenen Resistenzen zu „Super-Unkräutern“ entwickeln. Auch zeigen erste Studien, dass die Reduzierung des Pestizidbedarfs durch Gentechnik eine leere Versprechung ist.
    Konventionelle und Bio-Bauern, die auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen verzichten, brauchen einen wirksamen Schutz, da sie ihre Felder nicht unter einer Gasglocke bewirtschaften können. Eine friedliche Koexistenz von Landwirtschaftsformen mit und ohne Gentechnik ist Illusion.
    Europaweit sprechen sich über 70 % der Verbraucher/innen für gentechnikfreie Nahrungsmittel aus. Vor allem möchten sie selbst entscheiden können, ob und wann sie gentechnisch veränderte Lebenmittel essen und wann nicht. Es geht also nicht nur um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen für uns und künftige Generationen, sondern auch um handfeste Standortvorteile für unsere heimische bäuerliche Landwirtschaft.
    Eine große Zahl von gentechnikfreien Regionen und Landkreisen beweist, dass viele Bäuerinnen und Bauern gerade in der gentechnikfreien Landwirtschaft große Einkommensvorteile sehen.

Stadträtin Parpart begründet die vorgenannten Anträge. Von den Pächtern sollte eine freiwillige Selbstverpflichtung zum Verzicht auf solches Saatgut gefordert werden. Der Verwaltungsvorschlag mogele sich an wichtigen Fragen vorbei. Nur durch Qualität und berbrauchernahe Produkte könnten die hiesigen Bauern bestehen.

Oberbürgermeister Pelgrim plädiert für gesunde Ernährung, sanften Tourismus und regionale Produkte, womit Hohenlohe werben müsse. Trotzdem sei er für Einzelfallentscheidungen, um sich nicht gleich „für alle Ewigkeiten“ festlegen zu wollen.

Stadtrat Reber spricht sich gegen die sog. „grüne“ Gentechnik aus. Aber in Forschung und Technologie müsse weiter an ihr gearbeitet werden, da die Gentechnik künftig vielleicht in vielen Bereichen wichtig und segensreich sein könnte. Die freie Entscheidung der Landwirte müsse aber bleiben.

Er votiert gegen den Antrag 2 der Grünen.

Stadtrat Kaiser äußert sich ebenfalls gen-kritisch. Die Risiken seien deutlich größer als der Nutzen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung lehne seine Fraktion ab, da sie zu schwach sei.

Stadtrat Prof. Dr. Geisen ist für eine sachliche Behandlung dieses Themas. Man müsse auch der Gentechnik eine Chance geben und die Problematik dieser sehr komplexen Wissenschaft differenziert sehen. Er fordert sorgfältigen Umfang und genaues Beobachten dieses Forschungszweigs und spricht sich für den Verwaltungsantrag aus.

Stadträtin Jörg-Unfried weist auf die rechtliche Seite und die Haftungssituation hin, in der sich diesbezüglich u. U. auch die Stadt als Verpächterin befinden könnte.

Nach weiterer kurzer Aussprache wird der Antrag Nr. 1 der Grünen (kein Einsatz von gentechnisch verändertem Saat- und Pflanzgut auf landwirtschaftlich genutzen Flächen der Stadt Schwäbisch Hall) mit 22 Nein-Stimmen, bei 6 Ja-Stimmen und 8 Enthaltungen abgelehnt.

Der Antrag Nr. 2 der Grünen (Die Stadt Schwäbisch Hall tritt dem Bündnis für ein gentechnikfreies Hohenlohe bei) wird ebenfalls abgelehnt.

(21 Nein-Stimmen, 15 Ja-Stimmen)

B e s c h l u s s :

Zum Anbau von Gen verändertem Saat- bzw. Pflanzgut auf städtischen Grundstücken ist grundsätzlich vorher die Zustimmung der Stadt/ des Gemeinderats als Verpächter/in einzuholen.

(einstimmig - 36 -)

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