§ 147 - Beteiligung an der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH: Änderung des Gesellschaftsvertrags sowie der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat (öffentlich)
Sachvortrag:
- Stadtrat Reber nimmt wieder seinen Platz am Ratstisch ein -
Durch das „Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat“ (Drittelbeteiligungsgesetz - DrittelbG) wird die Besetzung und Ausgestaltung von Aufsichtsratsgremien bei Personen- und Kapitalgesellschaften mit regelmäßig mehr als 500 Beschäftigten (einschl. der Beschäftigten der Beteiligungen mit einer Beteiligungshöhe von mehr als 50%) geregelt. Wie es der Name des Gesetzes andeutet, sind dann ein Drittel der Aufsichtsratsmitglieder Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertreter. Die Feststellung dazu trifft in der Regel die Geschäftsleitung und veranlasst die Veröffentlichung.
Für die Stadtwerke Schwäbisch Hall als GmbH, die bis dato einen fakultativen Aufsichtsrat gebildet hat, wird der Aufsichtsrat durch das Überschreiten der vorgenannten Anzahl von Beschäftigten zu einem zwingend einzurichtenden Gremium, bei dem nach § 1 (1) Ziffer 3 DrittelbG einige aktienrechtliche Bestimmungen zwingend anzuwenden sind. Daher ist der Gesellschaftsvertrag in diesen Punkten anzupassen. Im Folgenden haben wir die wesentlichen Sachverhalte aufgeführt, die im Rahmen der Einrichtung eines mitbestimmten Aufsichtsrates zu beachten sind bzw. gegenüber den bisherigen Regelungen zu Anpassungen führen.
1. Grundsätzliches:
Für den drittelbeteiligten Aufsichtsrat sind bestimmte im DrittelbG aufgezählte Rechte, Pflichten und Kompetenzen einer Aktiengesellschaft anwendbar. Diese sind zwingend anzuwenden und können nicht durch den Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden.
2. Besetzung des Aufsichtsrates:
Derzeit sieht der Gesellschaftsvertrag eine Mitgliederanzahl zwischen 11 und 14 vor. Diese Regelung muss im Falle der Drittelbeteiligung zwingend durch eine feste, durch 3 teilbare Anzahl von Mitgliedern ersetzt werden. Hier sind 12 Aufsichtsratsmitglieder (der Oberbürgermeister, 7 Mitglieder aus dem Gemeinderat und 4 Arbeitnehmervertreter) eine mögliche Ausgestaltung.
3. Wahl der Aufsichtsratsmitglieder:
Bisher wurden alle Aufsichtsräte (bis auf den Vorsitzenden) von der Gesellschafterversammlung entsandt. Nun werden die Aufsichtsräte einerseits weiterhin von der Gesellschafterversammlung entsandt, die Arbeitnehmervertreter jedoch nach gesetzlichen Bestimmungen gewählt. Dabei sind alle volljährigen Arbeitnehmer der Stadtwerke und ihrer Beteiligungen mit einer Beteiligungshöhe von mehr als 50% wahlberechtigt. Sind drei oder mehr Arbeitnehmervertreter zu wählen, müssen mindestens zwei Arbeitnehmer sein, die Übrigen können unternehmensfremd oder leitende Angestellte der Stadtwerke (oder Töchter) sein. Weiterhin ist eine Zielgröße für den Frauenanteil im Gremium festzulegen, die sich an den einschlägigen 30 % orientieren soll.
4. Amtsdauer:
Die maximal zulässige Amtsdauer von 5 Jahren lässt sich wie bisher mit dem Turnus der Kommunalwahlen synchronisieren.
5. Ausscheiden eines Aufsichtsratsmitglieds:
Hier ist zusätzlich die Möglichkeit vorzusehen, dass die gewählten Arbeitnehmervertreter durch Beschluss der Arbeitnehmer abberufen werden können.
6. Aufsichtsratsvorsitzender:
Derzeit ist der Oberbürgermeister kraft Amtes der Aufsichtsratsvorsitzende. Nach dem gesetzlichen Leitbild erfolgt jedoch die Wahl der Vorsitzenden aus der Mitte des Aufsichtsrates. Zusätzlich ist mindestens ein Stellvertreter zu wählen.
7. Gesellschafterversammlung:
Aufsichtsratsmitglieder haben das Recht an ordentlichen und außerordentlichen Gesellschafterversammlungen teilzunehmen. Ferner: die Geschäftsleitung kann bei abgelehnten Beschlüssen im Aufsichtsrat die Gesellschafterversammlung anrufen.
8. Dritte bei den Aufsichtsratssitzungen:
Die ständige Teilnahme von Personen, wie z. B. der Finanzdezernent der Stadt oder der Betriebsratsvorsitzende (sofern nicht AR-Mitglied), mit beratender Stimme, ist ausgeschlossen.
9. Beschlussfähigkeit:
Der derzeitige Gesellschaftsvertrag sieht bei Beschlussunfähigkeit eine erneute Einberufung des Aufsichtsrates vor, der dann in jedem Fall beschlussfähig ist. Dies entspricht nicht den aktienrechtlichen Vorschriften und ist anzupassen.
10. Jahresabschluss:
Nicht nur wie derzeit vorgesehen der Wirtschaftsplan, sondern auch der Jahresabschluss und der Lagebericht mitsamt einem Gewinnverwendungsbeschluss ist dem Aufsichtsrat zur Prüfung vorzulegen, der wiederum der Gesellschafterversammlung berichtet. Für die erforderliche Implementierung eines mitbestimmten Aufsichtsrates ist somit die Anpassung der gesellschaftsrechtlichen Verträge und Geschäftsordnungen erforderlich. Mit anwaltlicher Unterstützung der Kanzlei CMS Hasche Sigle aus Stuttgart wurde die Neustrukturierung vorgenommen.
Der Entwurf des neuen Gesellschaftsvertrages (Anlage 1) unterscheidet sich vom derzeitigen (Anlage 2) in vorstehend genannten wesentlichen Punkten. Auch in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates (Anlage 3: Entwurf der neuen Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat und Anlage 4: bisherige Version) sind korrespondierend einige Neuregelungen vorzunehmen. Sämtliche Änderungen im Gesellschaftsvertrag und in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates sind als Anlage 5 in einer gegenüberstellenden Darstellung zusammengefasst sowie die wesentlichen Änderungen erläutert.
Die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (Anlage 6) regelt die Aufgaben, Befugnisse und Pflichten der Geschäftsleitung. Dabei sind, ähnlich wie in der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat, Regelungen des Gesellschaftsvertrages gespiegelt mit der wichtigen Ergänzung, dass insbesondere in § 5 der dedizierte Zustimmungskatalog aufgenommen wurde. Der Geschäftsordnung der Geschäftsleitung wurde durch den Aufsichtsrat in der Sitzung vom 27.03.2019, vorbehaltlich der Zustimmung des Gesellschafters zum Gesellschaftsvertrag und der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat, zugestimmt.
Die Inkraftsetzung des neuen Gesellschaftsvertrages mit den Geschäftsordnungen in Verbindung mit der Einrichtung des mitbestimmten Aufsichtsrates soll nach der Kommunalwahl am 26. Mai 2019 erfolgen.
Anlage 1: Entwurf neuer Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH
Anlage 2: Aktueller Gesellschaftsvertrag der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH vom 15.09.2014
Anlage 3: Entwurf der neuen Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH
Anlage 4: Aktuelle Geschäftsordnung des Aufsichtsrats der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH, gültig seit 03.12.2013
Anlage 5: Synopse von Gesellschaftsvertrag und Geschäftsordnung des Aufsichtsrats mit Erläuterungen
Anlage 6: Neue Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH
Tischvorlage aus VFA: Tischvorlage mit zugehöriger Anlage: Antrag Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen
Tischvorlage aus VFA: Tischvorlage 2. zu Nr. 131/19
weiterer Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen: Antrag
Ergänzung zum Sachvortrag gemäß der Tischvorlage:
Aufgrund geltender kommunalrechtlicher Vorschriften ist der als Anlage 1 der ursprünglichen Sitzungsvorlage beigefügte Entwurf des Gesellschaftsvertrags der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH um folgende Regelung zu ergänzen:
Gemäß § 103 Abs. 1 Nr. 5 f) GemO Baden-Württemberg ist im Gesellschaftsvertrag der Beteiligungsgesellschaft sicherzustellen, dass der Stadt Schwäbisch Hall die für die Aufstellung des Gesamtabschlusses gemäß § 95a GemO Baden-Württemberg erforderlichen Unterlagen und Auskünfte zu dem von Seiten der städtischen Beteiligungsverwaltung bestimmten Zeitpunkt eingereicht werden.
Darüber hinaus ist die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (Anlage 6 der ursprünglichen Sitzungsvorlage) um folgende Regelung zu ergänzen:
Unter Berücksichtigung des § 106b GemO Baden-Württemberg wird die Geschäftsführung verpflichtet, bei Vergabe von Aufträgen die Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) sowie § 22 Abs. 1 bis 4 des Mittelstandsförderungsgesetzes anzuwenden.
Die Geschäftsordnung für die Geschäftsführung wurde in der Sitzung des Aufsichtsrats der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH am 27.03.2019 verabschiedet.
Oberbürgermeister Pelgrim erläutert den Hintergrund der Sitzungsvorlage. Diese wurde im Aufsichtsrat mehrfach vorberaten und wird in dieser Form dem Gemeinderat zur Beschlussfassung empfohlen. Die als Tischvorlage ausliegenden zwei Anträge der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen werden inhaltlich vorgestellt. Angesichts der am darauf folgenden Sonntag anstehenden Kommunalwahl schlägt Oberbürgermeister Pelgrim vor, über die beiden Anträge der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen in der nächsten Legislaturperiode zu entscheiden.
Stadträtin Herrmann spricht sich hinsichtlich der vorgeschlagenen Frauenquote im Aufsichtsrat von mind. 30% für eine Abstimmung in heutiger Sitzung aus. Man wolle den nächsten Aufsichtsrat nach der Kommunalwahl bereits entsprechend besetzen. Sollte man dies nicht schaffen, würden die Gründe im Lagebericht entsprechend vermerkt werden.
Stadträtin Jörg-Unfried erklärt, dass die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen den zweiten Antrag auf Konkretisierung der Geschäftsordnung hinsichtlich der Befangenheit von Aufsichtsräten zurück nimmt. Um eine wörtliche Aufnahme der nachfolgenden Erklärung in das Protokoll wird gebeten:
Die Stellungnahme der CMS Hasche Sigle vom 12. Mai 2019 zum Thema Befangenheit von Aufsichtsräten lautet u.a. wie folgt:
„Die Formulierung, dass das Aufsichtsratsmitglied persönliche Interessen außen vor zu lassen hat, erfasst bereits dem Wortlaut nach, dass auch die Interessen von Familienangehörigen die Entscheidung nicht beeinflussen dürfen (…). Möchte man den Begriff „Familienangehörige“ näher definieren, können vergleichbare Definitionen in der Insolvenzordnung, der Abgabenordnung oder dem Strafgesetzbuch herangezogen werden.“
Die Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen teilt die Auffassung in vollem Umfang. Das bedeutet, dass Befangenheit wegen „persönlicher Interessen“ zweifelsfrei auch dann vorliegt, wenn Interessen von Ehegatten, getrennt lebenden Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern, nicht ehelichen Lebenspartnern, Kindern und Geschwistern tangiert sind.
Stadträtin Herrmann ergänzt, dass über diesen Antrag somit nicht abgestimmt werden muss, da die Kanzlei CMS Hasche Sigle entsprechend argumentiere.
Stadtrat Dr. Graf v. Westerholt stimmt dem Antrag auf Vertagung zu. Die Frauenquote im Aufsichtsrat von mind. 30% bereite keine Probleme. Man habe dies jedoch nicht in der Hand. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wählen vier Vertreterinnen und Vertreter. Der Oberbürgermeister werde von der Bevölkerung gewählt. Hieraus ergebe sich bereits ein Großteil des Aufsichtsrats. Die Gemeinderatsmitglieder stehen derzeit zur Wahl. Niemand wisse wie viele Frauen und Männer wieder in den Gemeinderat gewählt werden oder wie viele Fraktionen man haben werde. Man sollte deshalb in heutiger Sitzung keine übereilte Entscheidung treffen. Die Frage sollte dem nächsten Gemeinderat erneut vorgelegt werden.
Stadtrat Kaiser pflichtet seinem Vorredner bei und befürwortet ebenfalls eine Vertagung.
Stadtrat Rempp spricht sich ebenfalls für eine Vertagung aus und bittet auch das Geschlecht „divers“ zu berücksichtigen.
Oberbürgermeister Pelgrim stellt zunächst den Antrag auf Vertagung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hinsichtlich der Frauenquote im Aufsichtsrat von mind. 30% zur Abstimmung:
Beschluss:
Der Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen hinsichtlich der Frauenquote von mind. 30% im Aufsichtsrat wird vertagt.
(18 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen, 3 Enthaltungen)
Oberbürgermeister Pelgrim stellt anschließend den Beschlussantrag der Sitzungsvorlage zur Abstimmung:
B e s c h l u s s:
a) Der Gemeinderat stimmt der Neufassung des Gesellschaftsvertrages sowie der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat zu.
Der Oberbürgermeister der Stadt Schwäbisch Hall wird zur Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung hinsichtlich der Neufassung des Gesellschaftsvertrags sowie der Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat ermächtigt.
Ergänzung des Beschlussantrags gemäß der Tischvorlage:
b) Der Gemeinderat beschließt für den neu gefassten Gesellschaftsvertrag zusätzlich die Neuaufnahme des § 14 Nr. 8: „Die Gesellschaft ist verpflichtet, die für die Aufstellung des Gesamtabschlusses der Stadt Schwäbisch Hall (§ 95a GemO
Baden-Württemberg) erforderlichen Unterlagen und Auskünfte zu dem von Sei ten der städtischen Beteiligungsverwaltung bestimmten Zeitpunkt einzureichen.“
Der Gemeinderat der Stadt Schwäbisch Hall stimmt der Ergänzung der Geschäftsordnung der Geschäftsführung der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH gemäß der im Sachvortrag genannten Regelung zu.
Die Überwachung des Vollzugs dieser Ergänzung der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung wird hiermit an den Aufsichtsrat der Stadtwerke Schwäbisch Hall GmbH als zuständiges Gremium delegiert.
(20 Ja-Stimmen, 10 Enthaltungen)