TOP 1 - Wochenmarkt - Vorberatung - (öffentlich)
Sitzungsvorlagen-Nummer: 20/23
Sachvortrag:
Historie und Rückblick:
Der Ursprung des Haller Wochenmarktes zu Füßen der Treppe von St. Michael lässt sich bis in das Mittelalter zurückverfolgen. Am 10. Februar 1156 weihte Bischof Gebhardt von Würzburg die Kirche St. Michael und erteilte gleichzeitig das Recht zur Abhaltung eines Marktes. Daraus entwickelte sich der Wochenmarkt in seiner gegenwärtigen Form. Der Haller Wochenmarkt, der auf einem der idyllischsten Marktplätze Deutschlands abgehalten wird, verfügt nicht allein aufgrund seines zentralen und unverwechselbaren Standortes mitten in der Altstadt über unverwechselbare Alleinstellungsmerkmale. Seine große Anziehungskraft erreicht Menschen auch weit außerhalb der Kernstadt mit einem vielschichtigen Angebot frischer Lebensmittel aus überwiegend regionaler Erzeugung.
Von dem Standort Marktplatz wurde bis zum Beginn der Pandemie nur für die Dauer des Weihnachtsmarktes und des Kinderfestes abgewichen. An den Samstagen während des Haller Frühlings und des Freundschaftstages kam es aufgrund von bereits für diese Veranstaltung aufgebauten Infrastrukturen zu Einschränkungen der Fläche.
Corona-Pandemie:
Aufgrund der Einschränkungen während der Pandemie sowie um die Hygiene- und Sicherheitsauflagen umzusetzen, wurde der Wochenmarkt temporär zunächst auf dem Haalplatz und zuletzt im Kocherquartier abgehalten. Im Juni 2020 wurde eine Umfrage unter den Beschickerinnen und Beschickern bezüglich des „Wunschstandortes“ durchgeführt. Von damals 23 befragten Beschickerinnen und Beschickern wählten neun den Haalplatz auf Platz eins, acht den Marktplatz, fünf das Kocherquartier und einer enthielt sich.
Im Jahr 2022 wurde aufgrund der Baustelle in der Oberen Herrngasse und der damit verbundenen Baustelleneinrichtung auf dem Marktplatz zunächst von der Rückverlegung des Marktes auf den angestammten Standort abgesehen.
Perspektive Marktbeschickerinnen und Marktbeschicker:
Für Marktbeschickerinnen und Marktbeschicker stellt sich die Topografie des Marktplatzes vor der Großen Treppe aufgrund des vorhandenen Gefälles und des Kopfsteinpflasters als problematisch dar. Dies betrifft zunächst „klassische“ Marktstände, die nicht an Fahrzeuge oder Anhänger gebunden sind. Hier ist das Einrichten des Standplatz mit Aufwand verbunden. Auch der Einsatz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „am Stand“ kann aufgrund der Schräglage mit einer höheren körperlichen Belastung verbunden sein.
Perspektive Besucherinnen und Besucher:
Entsprechend der zuvor geschilderten Topographie des Marktplatzes gestaltet sich der Besuch des Wochenmarktes für alte sowie für körperlich eingeschränkte Menschen oder Gehbehinderte beschwerlicher als im Kocherquartier.
Von den Marktleuten wurde in Eigenregie ein Meinungsbild unter den Kundinnen und Kunden im Kocherquartier abgefragt. Laut Marktbeschickerinnen und -Beschicker seien 535 Personen befragt worden, 113 hätten sich für die Rückkehr auf den Marktplatz und 422 Personen für den Verbleib im Kocherquartier ausgesprochen. Zu den Rahmenbedingungen, unter den diese Befragung durchgeführt wurde, liegen keine Informationen vor. Die Mehrzahl der Befragten spricht sich für das Kocherquartier aus, da hier die Parksituation und die Erreichbarkeit sowie die ebene Fläche als vorteilhafter empfunden würde.
Der Standort Kocherquartier ist mit dem ÖPNV über den ZOB angebunden, der Standort Marktplatz über die Bushaltestellen am Holzmarkt. Die Haltestelle Spitalbach liegt nahezu mittig zwischen beiden Standorten.
Parkmöglichkeiten bestehen unmittelbar am bzw. unter dem Kocherquartier, während die Parkhäuser Langer Graben und Schiedgraben sowie Parkplätze unter anderem am Holzmarkt und Hafenmarkt im Umfeld des Marktplatzes mit unterschiedlichen Laufdistanzen zur Verfügung stehen.
Perspektive Schwäbisch Hall aktiv e. V.:
Bei dieser Bewertung muss auch die gesamtstädtische Entwicklung berücksichtigt werden. Die Stellungnahme der Händlervereinigung „Schwäbisch Hall aktiv e. V.“ macht deutlich, dass „durch den Umzug des Wochenmarktes in das Kocherquartier viele Geschäfte in der Innenstadt Kundschaft verloren haben.“ Die Straßen jenseits des Froschgrabens würden seitdem spürbar weniger frequentiert werden.
„Die Stadt sollte ein Interesse daran haben, die individuellen“ – also die zum Teil inhabergeführten – Geschäfte und Betriebe, welche Schwäbisch Hall so unverwechselbar machen, verstärkt „zu unterstützen und die Innenstadt weiter zu beleben.“ Nicht nur dies, „sondern auch die Tatsache, dass Schwäbisch Hall über einen der schönsten Marktplätze verfügt, ist Grund dafür, den Wochenmarkt wieder auf den Marktplatz zu verlegen.“ Daher „befürwortet die Händlervereinigung eine Rückkehr des Wochenmarktes auf den Marktplatz“ ausdrücklich. Und weiter: „Selbstverständlich können Kompromisslösungen (Regelungen für den Winter oder ähnliches) getroffen werden.“
Aspekt Freilichtspiele:
Die Kosten für das zweimal wöchentliche Auf- und Abstuhlen jeweils mittwochs und samstags betragen pro Woche insgesamt rund 2.000 €.
Beispiel 1 für 2023: Für die gesamte Spielzeit von Juni 2023 bis August 2023 könnten rund 16.000 € an Kosten eingespart werden, wenn der Wochenmarkt sowohl mittwochs als auch samstags im Kocherquartier stattfindet.
Beispiel 2 für 2023: Würde der Markt in den Monaten Juli und August (Hauptspielzeit der Freilichtspiele) mittwochs und samstags im Kocherquartier stattfinden, so wären davon dreizehn Vorstellungstermine betroffen. Dies würde den Freilichtspielen Kosten in Höhe von insgesamt 13.000 € ersparen.
Beispiel 3 für 2023: Würde mittwochs während der gesamten Spielzeit der Markt weiterhin im Kocherquartier stattfinden und samstags auf dem Marktplatz, wäre ein Auf- und Abstuhlen nur für die Vorstellungen an den Samstagen erforderlich. Dies würde rund zehn Vorstellungstermine betreffen und würde den Freilichtspielen Kosten von rund 6.000 € ersparen. Zudem würde den Freilichtspielen hierdurch mittwochs ein durchgängiger Probenbetrieb ermöglicht.
Aspekt Technik und Kosten:
Würde der Wochenmarkt dauerhaft im Kocherquartier verbleiben, müsste die gesamte technische Infrastruktur, die für den Wochenmarkt erforderlich ist, und die bislang durch temporär nutzbare Verteilerkästen und sogenannte „Stromwürfel“ sowie „fliegende“ Verkabelung“ hergestellt wird, für diese Dauernutzung ertüchtigt werden. Dies wäre mit zusätzlichen Installations- und Baumaßnahmen verbunden. Darüber hinaus müsste auch die Standplanung entsprechend einer Dauernutzung durch den Wochenmarkt aktualisiert und angepasst werden. Die Kosten und der Personalaufwand hierfür sind derzeit noch nicht zu beziffern.
Fazit:
Da sämtliche eingangs beschriebenen Einschränkungen durch die Pandemie inzwischen hinfällig geworden sind, steht aus Sicht der Verwaltung einer Rückkehr des Wochenmarktes auf den Marktplatz nun grundsätzlich nichts mehr im Wege. Zudem legt die vom Gemeinderat beschlossene und gültige Marktordnung als Standort des Wochenmarktes den Marktplatz fest.
Grundsätzlich bietet es sich jedoch an, den Wochenmarkt in den Monaten von November bis einschließlich Februar im Kocherquartier durchzuführen. Damit würde auch der in den Wintermonaten auf dem Marktplatz erschwert umzusetzenden Verkehrssicherungspflicht und dem in den Monaten November und Dezember stattfindenden Weihnachtsmarkt Rechnung getragen. Auch durch die intensive Bespielung des Marktplatzes durch die Freilichtspiele in den Monaten Juli und August – auch aus wirtschaftlicher Rücksichtnahme auf die Freilichtspiele – würde sich die Abhaltung des Wochenmarktes in diesen Monaten ebenfalls im Kocherquartier anbieten.
Beschlussfassung:
Der Gemeinderat behält grundsätzlich den Marktplatz als Standort des Haller Wochenmarktes gemäß Marktordnung vorgesehenen Standort bei. Lediglich in den Monaten von November bis einschließlich Februar, im Juli und August sowie an dem Termin des Kinderfestes und des Freundschaftstages wird der Wochenmarkt im Kocherquartier abgehalten.
(ohne Abstimmung)