§ 216 - Bauvorhaben der Löwenbrauerei; hier: Abbruch des Gebäudes Unterlimpurger Straße 15 ("Gasthaus zum Höfle") und Neubebauung (öffentlich)
Sachvortrag:
Das oben genannte Gebäude befindet sich am Eingang zur Unterlimpurger Vorstadt. Es stammt in seinem Ursprung aus der Zeit um 1800 und stellt kein Kulturdenkmal dar. Der bauliche Gesamtzustand und das äußere Erscheinungsbild lassen unschwer erkennen, dass bauliche Maßnahmen größeren Umfangs erforderlich sind.
Der in den 1970er Jahren vorgenommene Ausbau der Unterlimpurger Straße, die damit verbundenen Veränderungen am Straßenniveau und -verlauf und das daraus resultierende Verkehrsaufkommen haben sich insgesamt nicht positiv auf das Gebäude ausgewirkt; eine weitere und zeitgemäße Nutzung ist unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nur schwer möglich.
Bereits seit Längerem sind die Eigentümer hinsichtlich der weiteren Verwendung dieses Hauses mit der Bauverwaltung im Gespräch. Die Verwaltung hat von Anfang an deutlich gemacht, dass die aus Sicht des Eigentümers betriebswirtschaftlich sinnvollste Lösung, nämlich ein Abriss, nicht ohne Weiteres in Frage kommt, da sich das Gebäude im Geltungsbereich der städtischen Erhaltungssatzung befindet. Grundsätzlich sind durch diese Rechtsnorm alle stadt- und ortsbildprägenden Gebäude, sowie diejenigen, die von städtebaulicher Bedeutung sind, in ihrer Substanz geschützt. Dieses schließt jedoch im Einzelfall nicht aus, dass bei einem hohen technischen Sanierungsaufwand und damit verbundenen erheblichen Mehrkosten die Frage der Zumutbarkeit der Erhaltung genau zu prüfen ist.
Im Juni 2007 hat die Löwenbrauerei dann den Abbruch dieses Gebäudes beantragt. Begründet wird der Antrag mit dem desolaten Zustand und den zu erwartenden Mehrkosten für die Sanierung gegenüber einem Neubau, ohne dass diese Aussagen hinreichend belegt wurden. An gleicher Stelle soll gemäß den Vorstellungen des Eigentümers ein Neubau entstehen, der sowohl von der Kubatur als auch vom Erscheinungsbild her dem jetzigen Gebäude entspricht, allerdings auch die Anforderungen an heutige Nutzungsmöglichkeiten, insbesondere Geschosshöhen, Wärmeschutz usw. erfüllt.
Die Verwaltung hat die Bauherrschaft deshalb gebeten, den beantragten Abbruch plausibel und nachvollziehbar zu begründen; insbesondere wurde eine exakte Bestandsaufnahme mit Schadenskartierung gefordert, darüber hinaus eine Kostenberechnung für die Sanierung im Vergleich zu einem entsprechenden Neubau.
Diese Unterlagen liegen inzwischen vor. Ein umfangreiches Gutachten zur Standsicherheit mit entsprechender Fotodokumentation kommt zum Ergebnis, dass das Gebäude in wesentlichen Teilen hinsichtlich äußerer Beanspruchungen (Witterungseinflüsse) als nicht standsicher bezeichnet werden muss. Dies gilt für die gesamte Dachkonstruktion als auch für große Teile der Außenwände im OG. Auch die Gründung und Fundamentierung ist schadhaft, insbesondere besteht keine Frostsicherheit. Lediglich die statische Funktionalität der Keller ist augenscheinlich gegeben, diese können lt. Gutachten als standsicher bezeichnet werden.
Die vorgelegte detaillierte Kostengegenüberstellung geht von Sanierungsaufwendungen in Höhe von ca. 656.000 € aus, die Kostenberechnung für einen Neubau beläuft sich auf ca. 543.000 €. Die Sanierung bedingt demnach einen finanziellen Mehraufwand von ca. 21 %; es stellt sich somit auch die Frage, ob die Mehrkosten dem Antragsteller wirtschaftlich zumutbar sind.
Das Gebäude liegt im Geltungsbereich der städtischen Erhaltungssatzung. Es ist unbestritten, dass es eine stadtbildprägende Funktion besitzt. Grundsätzlich bedürfen deshalb der Abbruch und die anschließende Neubebauung nach § 173 Absatz 2 BauGB der Zustimmung des Gemeinderates.
In der Vergangenheit wurden derartige Anträge grundsätzlich restriktiv behandelt, da das in großen Teilen noch erhaltene historische Stadtbild von Schwäbisch Hall nicht sukzessive durch Neubauten, die die Altbebauung aus rein wirtschaftlichen Gründen ersetzen, nachhaltig verändert werden soll. Genau diesen Absichten muss die Erhaltungssatzung entgegenwirken.
Allerdings kann aus der Anwendung dieser Rechtsnorm auch nicht die statische und dauerhafte Konservierung eines Gebäudezustandes ohne zeitgemäße Nutzungsmöglichkeit resultieren. Die Folge wäre ein dauerhaft unerwünschter Leerstand, eine damit einhergehende bautechnische Verschlechterung und am Ende wahrscheinlich der Totalverlust dieser Immobilie. Die Handhabung und Praxis der Vergangenheit zeigt, dass trotz Erhaltungssatzung im Innenstadtbereich immer wieder Veränderungen an Gebäuden vorgenommen wurden - bis hin zu kompletten Umbauten -, insbesondere dann, wenn die historische Bausubstanz derart geschädigt war, dass eine sinnvolle Weiterverwendung zwar bautechnisch möglich, aber unter Kosten- und Nutzungsgesichtspunkten nicht vertretbar erschien.
Nach den Regelungen des Baugesetzbuches zur Erhaltungssatzung ist die Frage eines Gebäudeabbruchs im Geltungsbereich einer derartigen Rechtsnorm stets auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zu betrachten, wobei es hierbei keine festen Grenzen gibt. Das von der Bauherrschaft vorgelegte Gutachten kommt zum Ergebnis, dass die Standsicherheit und somit die Kernsubstanz des Gebäudes im Prinzip nicht mehr gewährleistet ist. Dies lässt sich auch vor Ort unschwer feststellen. Wenn das Haus in seinem jetzigen Zustand beibehalten werden müsste, wäre vollkommen unklar, wie die zukünftige Entwicklung verlaufen würde. Eine zeitgemäße Nutzung ist unter den baulichen Gegebenheiten jedenfalls nicht mehr möglich, der Gebäudezustand wird sich nach und nach weiter verschlechtern.
Den Regelungen der Erhaltungssatzung wäre mit dem reinen Gebäudeerhalt zwar genüge getan, allerdings stellt sich in diesem Zusammenhang dann auch die Frage nach der künftigen städtebaulichen Entwicklung. Unter Berücksichtigung der vorgelegten Untersuchungsergebnisse und der Tatsache, dass der geplante Neubau von seiner städtebaulichen Ausprägung her dem jetzt vorhandenen Gebäude entspricht, sowie unter Beachtung der wesentlich höheren Sanierungskosten und von Vergleichsfällen der Vergangenheit wird das geplante Vorhaben (Abbruch und Neubau), auch unter Beachtung der Erhaltungssatzung, für vertretbar gehalten.
Nach kurzer, überwiegend befürwortender Aussprache wird folgender Beschluss gefasst:
Die Ausführungen werden zur Kenntnis genommen.
Dem Abbruch des Gebäudes Unterlimpurger Straße 15 und der geplanten Neubebauung wird gemäß § 173 Abs. 1 i. V. m. § 172 Abs. 1 Ziff. 1 BauGB die Zustimmung innerhalb des baurechtlichen Verfahrens erteilt.
In Falle einer Neubebauung ist das städtebauliche und architektonische Einvernehmen mit der Stadt herbeizuführen.
(28 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen, 1 Enthaltung; Stadtrat Baumann wegen Befangenheit abgetreten)