§ 97 - Aufstellung des Bebauungsplans „Gartenstraße“ - Behandlung der Anregungen/ Bedenken und Satzungsbeschluss (öffentlich)
Sachvortrag:
Gemäß Beschluss des Gemeinderates vom 25.10.2000 hat die Verwaltung den o. g. Bebauungsplan öffentlich ausgelegt und die Träger öffentlicher Belange nochmals informiert. Gleichzeitig wurden die tiefbautechnische Fachplanung weiterbetrieben und die zu erwartenden Erschließungskosten ermittelt. Mit den beitragspflichtigen Anliegern wurde die Maßnahme eingehend diskutiert. Gleiches gilt für die Erschließungskosten. Die Anlieger sind bereit, die auf sie zukommenden Erschließungskosten zu tragen. Somit ist ein wesentlicher Schritt für die Realisierung dieses seit Jahren anhängigen Projektes getan.
Im Rahmen der öffentlichen Auslegung bzw. Trägeranhörung ging lediglich vom Landratsamt der Hinweis ein, dass - falls im Zuge der Bauarbeiten unerwartet Grundwasser auftreten sollte - das Landratsamt unverzüglich zu benachrichtigen ist. Gleichzeitig soll sichergestellt sein, dass Grundwasser nur für die Zeit der Bauarbeiten in das Kanalsystem abgeleitet werden darf. Die ständige Ableitung in die Kanalisation oder in ein Oberflächengewässer ist nur in Abstimmung mit dem Landratsamt zulässig.
Abwägungsvorschlag:
Diese Anregungen werden übernommen und die notwendigen Passagen in den Textteil des Bebauungsplanes eingestellt.
Aus der Bürgerschaft gingen im Rahmen der Auslegung folgende Anregungen ein:
Die Eigentümer des Gebäudes Gartenstraße 1, das westlich an das Plangebiet angrenzt, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Kroll & Partner, bringen eine Vielzahl von Anregungen und Bedenken vor.
- Es wird moniert, dass in der Begründung des Bebauungsplanes nicht erwähnt ist, dass an Stelle der vorhandenen Böschung, die eine Höhe von etwa 3,50 m hat, zur Sicherung des Straßenkörpers eine Stützmauer gebaut wird. Diese würde hergestellt, um hier öffentliche Stellplätze einzurichten. Ferner gehe aus den Planunterlagen nicht hervor, dass die Stützmauer so hoch geplant ist, dass sie die Höhe des Fenstersimses des Obergeschosses vom Gebäude Gartenstraße 1 erreicht, wo sich die Schlafzimmer befinden. Im Erdgeschoss seien Wohnzimmer und Küche untergebracht.
Abwägungsvorschlag:
Das vorhandene Gelände, auf dem Straße und Stellplätze geplant sind, entspricht weitgehend dem Höhenniveau der vorgesehenen Trasse. Topographisch ist also keine Veränderung zu erwarten. In den Bebauungsplan wurde plangraphisch eine Stützmauer eingezeichnet. Es ist nicht erforderlich, die Höhe dieser Mauer im Plan anzugeben. Auf einen Hinweis in der Begründung, dass zur Sicherung des Straßenkörpers eine Stützmauer geplant ist, wurde verzichtet, da es selbstverständlich ist, dass eine Straße in stark geneigtem Gelände nur mit einer solchen Mauer realisiert werden kann. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass ihre Vorderkante näher an das Gebäude Langer Graben 1 heranrückt. Dieses hat zur östlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von nur 2 m, was nicht dem derzeit vorgeschriebenen Grenzabstand entspricht. Die Stützmauer weist von der Grundstücksgrenze zur Parzelle Langer Graben 1 eine Entfernung von etwa 4 m auf. In Anbetracht der Gesamtdistanz von 6 m zwischen dem Gebäude und der Stützmauer, die für den Straßenkörper notwendig ist, kann nach Meinung der Verwaltung keine Benachteiligung des Hauses Langer Graben 1 gesehen werden, da die Höhenlage der Straße dem jetzigen Höhenniveau des Geländes entspricht (s. o.).
Von der Verwaltung ist den Eigentümern bereits während der ersten Anhörung das Angebot gemacht worden, die Gestaltung der Stützmauer einvernehmlich vorzunehmen. Die Wünsche über eine gestaffelte Anlage konnten jedoch nicht erfüllt werden, da dies zu einer deutlichen Kostensteigerung geführt hätte, die den Beitragszahlern nicht zugemutet werden kann.
Die Eigentümer des Gebäudes Langer Graben 1 sind nicht zur Kostenbeteiligung an der Stützmauer verpflichtet, da sie von der Straße keinen Erschließungsvorteil haben und auch nicht direkt an sie angebunden sind. Deshalb wurde auch auf eine Aufnahme des Grundstückes in das Bebauungsplanverfahren verzichtet.
Die Begründung des Planes wird um den Hinweis ergänzt, dass für den Straßenkörper eine Stützmauer notwendig ist. Dieser nachträgliche Hinweis ist jedoch unschädlich, da die zur Kostenübernahme verpflichteten Anlieger bereits ausgiebig darüber informiert wurden, die entsprechenden Erklärungen vorliegen und der westlich angrenzende Eigentümer des Gebäudes Langer Graben 1 ebenfalls frühzeitig und detailliert über die geplante Stützmauer informiert worden ist. Der schriftliche Hinweis dient lediglich der rechtlichen Stabilisierung des Bebauungsplanes.
- Nicht die straßenmäßige Erschließung der Grundstücke an der Gartenstraße, sondern die Anlage von 4 Parkplätzen an der Westseite der Straße stößt auf Widerstand. Nach Auffassung der Rechtsanwälte fehlt es an der Notwendigkeit hierfür, da sie auch an der Nordseite der Erschließungsstraße untergebracht werden könnten. Die sogenannte Belangeinstellung im Rahmen der ersten Abwägung sei verfehlt. Die Abwägung wäre nicht sachgerecht, da Belange des Grundstücks der Mandantschaft in unzulässiger Weise zurückgestellt wurden. Weiterhin sei nicht berücksichtigt worden, dass grundsätzlich Stellplätze auf privaten Grundstücken unterzubringen sind und es keine städtebauliche Aufgabe ist, stattdessen Stellplätze auf öffentlicher Fläche bereitzustellen.
- Abwägungsvorschlag:
- Es wird darauf hingewiesen, dass sich im Bereich der Böschung östlich des Grundstücks Gartenstraße 6 lockerer Hangschutt mit losem Untergrund befindet. Dies hat bereits dazu geführt, dass das Gebäude einen Setzriss aufweist. Es sei zu erwarten, dass dieses Haus durch die Herstellung der Stützmauer in erheblichem Maße Schaden leidet und deshalb zusätzliche Kosten zu erwarten sind.
Abwägungsvorschlag:
Ob die Setzrisse im Gebäude im Zusammenhang mit der östlichen Böschung zusehen sind, ist nicht Gegenstand des Bauleitplanverfahrens. Die Herstellung der Stützmauer bzw. des Straßenkörpers wird selbstverständlich mit einem Beweissicherungsverfahren begleitet.
- Es wird dargelegt, dass durch die Anlage der Stellplätze und der Stützmauer offensichtlich hohe zusätzliche Erschließungskosten unzulässiger Weise aus dem Haushalt der Stadt bezahlt werden sollen, um den nördlich angrenzenden Eigentümern einigermaßen günstige Ablösungsverträge anbieten zu können. Nach dem Kostendeckungsprinzip ist die Gemeinde jedoch verpflichtet, die gesamten Aufwendungen in die Oberverteilung aufzunehmen und diese sachgerecht auf die angrenzenden Grundstückseigentümer zu verteilen. Dies gilt auch, wenn Ablösungsverträge geschlossen werden sollen. Denn bezüglich eines Beitragsrechtsverzichtes hat die Stadt keinen Ermessensspielraum.
Abwägungsvorschlag:
Die Darlegung des Anwaltbüros ist inhaltlich unrichtig. Die entstehenden Erschließungskosten werden sachgerecht auf die Grundstückseigentümer umgelegt, die von dieser Maßnahme ein sogenannten Erschließungsvorteil haben, d. h., dass die üblichen Modalitäten im Rahmen der Feststellung der Erschließungsbeiträge eingehalten werden.
- Nach Auffassung der Rechtsanwälte begegnet die vorgesehene Planung bezüglich der öffentlichen Stellplätze westlich der Fahrstraße rechtlichen und tatsächlichen Bedenken. Es wird bezweifelt, ob von dem zugestandenen Planungsermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht und ob das aus Artikel 14 Grundgesetz abgeleitete Prinzip der Verhältnismäßigkeit und des geringst möglichen Eingriffs beachtet wurde. Dabei sei zu prüfen, ob diese Planung für den erstrebten Zweck erforderlich war oder ob er auf andere Art und Weise erreicht werden kann, ohne dass schwerwiegend in die Rechte der Mandantschaft eingegriffen zu werden braucht. Dabei seien auch die wirtschaftlichen Auswirkungen zu prüfen.
Abwägungsvorschlag:
Nach Auffassung der Verwaltung ist die Gemeinde in diesem Falle zu einer ordnungsgemäßen Erschließung verpflichtet. Einen Ermessensspielraum gibt es insofern nicht, als andere Möglichkeiten zur Erschließung der Gebäude Gartenstraße 2-6 nicht gegeben sind. Die Parzelle 620/11, über die die Gebäude derzeit erschlossen werden, ist nicht als öffentliche Wegfläche deklariert.
Die Stadt wird den Grunderwerb nicht realisieren können. Diese Varianten wurden in langen Diskussionen sorgfältig geprüft und letztlich durch die im Bauleitplan dargelegte Möglichkeit ersetzt. Nach Auffassung der Verwaltung wurde in die Rechte der Eigentümer des Grundstücks Gartenstraße 1 in keiner Weise eingegriffen.
- Die Rechtsanwälte sind der Auffassung, dass die 4 geplanten Stellplätze zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen, die beim Grundstück ihres Mandanten hohe Planungsschäden und sonstige Kosten auslösen.
Abwägungsvorschlag:
Die notwendigen Stellplätze im Rahmen der geplanten Erschließungsmaßnahme mit zu verwirklichen, erscheint aus wirtschaftlicher Sicht außerordentlich günstig. Die Stützmauer ist ohnehin zur Realisierung des Straßenkörpers notwendig. Ihre Verschiebung um 2,50 m zur Aufnahme von öffentlichen Parkplätzen bedeutet im Hinblick auf die Befestigung der Straßenoberfläche und der Verfüllung des Raumes nur einen geringen Mehraufwand. Insoweit kann die Auffassung der Anwälte nicht nachvollzogen werden. Planungsschäden bei den Eigentümern des Gebäudes Gartenstraße 1 sind jedenfalls nicht zu bestätigen. Das gleiche gilt für die befürchteten Folgekosten.
Die Erforderlichkeit der Mauer ist begründet. Bedingt durch die lose geologische Morphologie kann die Straße nur mit einer Stützmauer hergestellt werden. Sie ist jedoch nicht allein für die Herstellung der 4 Parkplätze, sondern für den Straßenkörper insgesamt, in dem die Stellplätze untergebracht sind, erforderlich. Die Verlegung der öffentlichen Parkfläche an die Nordseite der Erschließungsstraße wird nicht für sinnvoll gehalten, da hiermit eine deutliche Einschränkung von künftigen privaten Grundstücksflächen verbunden ist. Die jetzige Anlage in Längsaufstellung reduziert nicht die Nutzung privater Grundstücke, da die Parzelle insgesamt einschließlich der Abstandsfläche der Stützmauer von der östlichen Grundstückshälfte zum Gebäude Langer Graben 1 im Eigentum der Stadt ist. Eine anderweitige Verwendung dieses Bereichs ist nicht möglich. Im Übrigen würde das Problem mit der Verlegung der Parkplätze lediglich verschoben.
Ihre Erforderlichkeit ist ebenfalls begründet. Grundsätzlich ist eine Kommune verpflichtet, auch öffentlichen Parkraum herzustellen. Stellplätze für den privaten Bedarf sind selbstverständlich grundsätzlich auf privaten Flächen einzurichten. Es ist jedoch nicht davon auszugehen, dass eine Erschließungsstraße von den Anliegern allein genutzt wird. In soweit kann diesen nicht zugemutet werden, Stellplätze für den Allgemeinbedarf auf ihren Grundstücksflächen nachzuweisen.
Es hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die Anlage öffentlicher Parkplätze gerade in räumlich beengten Situationen unumgänglich ist (in Neubaugebieten wird die Zahl der öffentlichen Stellplätze üblicherweise nach der Anzahl der Wohneinheiten bemessen. Der Regelsatz ist 25 % der Zahl der WE als Anzahl öffentlicher Parkplätze). 4 Stellplätze werden nach Auffassung der Verwaltung als Untergrenze für diesen Bereich angesehen. Insoweit muss der Behauptung widersprochen werden, dass sie überflüssig seien. Die Längsaufstellung im ersten Teil der geplanten Erschließungsstraße wurde ebenfalls geprüft. Sie wird jedoch - bedingt durch die Topographie - so steil, dass sich das Parken in Längsrichtung dort nicht empfiehlt. Ein weiterer Vorschlag der Eigentümer des Gebäudes Gartenstraße 1 wurde zeichnerisch dargestellt. Er geht davon aus, dass die öffentlichen Parkplätze an der Westseite des Hauses Gartenstraße 6 untergebracht werden. Dadurch könnte die gesamte Erschließungsstraße um 2,50 bis 3,00 m in Richtung Osten verschoben werden, sodass der Freiraum zwischen Stützmauer und Gartenstraße 1 vergrößert würde. Dieser Vorschlag lässt sich jedoch nicht realisieren, da die Grundstücksflächen in unmittelbarer Nähe des Gebäudes Gartenstraße 6 nicht der Stadt gehören, und auch keine Bereitschaft der Eigentümer besteht, diese zu verkaufen. Der schmale Bereich vor diesem Hause ist eher dazu vorgesehen, weitere private Stellplatzflächen nachzuweisen. Außerdem bedeutet der Vorschlag, dass der öffentliche Platz den Bewohnern des Gebäudes Gartenstraße 6 in unmittelbarer Nähe zugemutet werden soll.
Stadtrat Dr. Graf von Westerholt schlägt vor, diese öffentlichen Parkplätze evtl. dem Bereich zuzuordnen, in dem die neuen Bauplätze ausgewiesen werden.
Stadtrat Denz beantragt, auf die umstrittenen Stellplätze ganz zu verzichten.
Tiefbauamtsleiter Scheper plädiert vehement für den Verwaltungsvorschlag, da die Anlieger bereit sind, sich mit Beträgen von bis zu 80.000 DM selbst an dem Vorhaben zu beteiligen.
Nach weiterer kurzer Aussprache wird der oben genannte Antrag mit 12 Nein-Stimmen, bei 6 Ja-Stimmen und 1 Enthaltung abgelehnt.
Beschluss:
Der o. g. Bebauungsplan Nr. 0115-01 wird gemäß § 10 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 74 Abs. 1 LBO als Satzung beschlossen. Bestandteile der Satzung sind der Lageplan des Stadtplanungsamts im M 1:500 vom 05.07.2000 mit Legende, Textteil und Begründung.
Die Aufhebung des Bebauungsplan „vom Langen Graben“ aus dem Jahr 1907, in der Fassung vom 06.08.1937/ 11.12.1939, genehmigt durch den Ministerialerlass vom 29.03.1940, im Maßstab 1:500 wird hiermit festgestellt.
Maßgebend für die genaue Abgrenzung ist der Lageplan des Stadtplanungsamts vom 22.06.2000 im Maßstab 1:500.
(11 Ja-Stimmen, 8 Enthaltungen)