§ 277 - Städtebaulicher Realisierungs- und Ideenwettbewerb "Bahnhofsareal Schwäbisch Hall"; hier: Entscheidung über ein städtebauliches Konzept als Grundlage der weiteren Planungen (öffentlich)
Sachvortrag:
Im April 2015 wurde der städtebauliche Realisierungs- und Ideenwettbewerb für das Bahnhofsareal in Schwäbisch Hall ausgelobt. Im Vorfeld fand dazu am 14.04.2015 ein Bürgerworkshop statt, dessen Ergebnisse in die Auslobung aufgenommen wurden.
Wettbewerbsaufgabe war es, ein tragfähiges städtebauliches Konzept als planerische Grundlage für die Realisierung des zukünftigen verdichteten innenstadtnahen Gebietes zu entwickeln, das überwiegend dem Wohnen dient.
Erwartet wurden Lösungsvorschläge, die das Areal als zukunftsfähiges Stadtquartier mit eigener Identität in die Innenstadt von Schwäbisch Hall integriert. Dabei sollten behutsame städtebauliche Lösungen gefunden werden, mit denen städtische und wirtschaftlich sinnvolle Dichten erreicht werden können. Der Anspruch nach einer funktionalen und strukturellen Vielfalt im neuen Stadtquartier sollte verbunden werden mit einer typologischen Vielfalt. Es war Wettbewerbsaufgabe, ähnlich der Einheit in der Vielfalt der Bebauung der Altstadt für das neue Stadtquartier bei typologischer und architektonischer Vielfalt einen einheitlichen Rahmen zu finden. In diesem Rahmen sollten als Bauherren sowohl traditionelle Bauträger als auch genossenschaftliche Zusammenschlüsse oder Baugemeinschaften privater, individueller Bauherren ihren Platz finden.
Am 22.10.2015 tagte das mit sechs Fach- und fünf Sachpreisrichtern besetzte Preisgericht mit ihren jeweiligen Stellvertretern unter Vorsitz von Herrn Prof. Dr. Franz Pesch, um unter 25 eingereichten Arbeiten vier Preise und zwei Anerkennung zu vergeben. Alle Arbeiten konnten zugelassen werden. Bei der Beurteilung der Arbeiten wurden folgende Kriterien angewendet:
- Qualität des städtebaulichen Gesamtkonzeptes
- städtebauliche, architektonische sowie gestalterische Qualität
- Wohnqualität
- Freiraumqualität
- verkehrliche Funktionalität
- Verknüpfung der Stadtbereiche
- stufenweise Umsetzungsmöglichkeit
- Nachhaltigkeit
- Wirtschaftlichkeit
Die Auswahl und die Beurteilung der Arbeiten erfolgte in mehreren Rundgängen im Ausschlussverfahren, bis am Ende sieben Arbeiten in der engeren Wahl verblieben. Die Beurteilungen dieser Arbeiten sind im Protokoll des Preisgerichts wiedergegeben.
Nach Abschluss des Wettbewerbsverfahrens empfiehlt das Preisgericht der Ausloberin einstimmig, die mit dem 1. Preis ausgezeichnete Arbeit 1017 zur Grundlage der weiteren Bearbeitung zu wählen. Deren Verfasser sind K9 Architekten GmbH, Wolfgang Borgards, Marc Lösch, Manfred Piribauer aus Freiburg.
Nach Auffassung des Preisgerichts gelingt es den Verfassern, mit sechs nahezu gleich dimensionierten Baufeldern eine in sich stimmige städtebauliche Lösung anzubieten. Die Baufelder definieren im Zentrum des Quartiers einen gut proportionierten Quartiersplatz. Die von diesem Platz ausgehenden Straßen stellen eine selbstverständliche Vernetzung mit dem städtebaulichen Kontext her.
Die Verbindung zur Altstadt ist an der richtigen Stelle platziert, da sie die Bahnhofstraße direkt mit einer Unterführung verbindet. Durch den Einsatz von Tageslicht bringenden Öffnungen in dieser, wird eine eventuelle beklemmende Wirkung vermieden. Zu loben ist, dass die öffentliche Tiefgarage direkt an die Fußwegeverbindung zwischen Bahnhof und Altstadt angebunden ist.
Die Baufelder lassen durch ihre schlüssige Dimensionierung verschiedene Wohntypologien (vom Townhouse über Baugruppen bis zum Geschosswohnungsbau) zu. Jedes Gebäude verfügt über eine öffentliche und private Seite. Die Höfe sind hinreichend großzügig geschnitten, damit sie allen Bewohnern eine optimale Freiraumversorgung und den Wohnungen im Erdgeschoss eine passable Belichtung und Besonnung versprechen. Die durchgängige 4-Geschossigkeit wird als richtige und wohltuende Entscheidung für den Ort empfunden.
Die Lösung im Teilbereich A mit verspringenden turmartigen Gebäuden befriedigt nicht, hier sollte die Anzahl der Gebäude reduziert und von der Hangkante deutlicher abgerückt werden.
Der Wunsch nach einem verkehrsarmen Quartier wird durch die Platzierung der Tiefgaragenzufahrten an der Peripherie erreicht.
Aus Sicht des Preisgerichtes handelt es sich um einen wertvollen, durchdachten Beitrag.
Anlage: Protokoll Preisgerichtssitzung am 22.10.2015
Oberbürgermeister Pelgrim informiert von ersten Gesprächen mit der Deutschen Bahn AG; dort wurde die Planung positiv aufgegriffen, weitere Absprachen mit dem Eisenbahnbundesamt folgen.
Stadtrat Nestl hinterfragt, ob auch Vorschläge aus der Anerkennung oder von den anderen Preisträgern verwendet werden dürfen.
Oberbürgermeister Pelgrim erläutert, dass das Preisgericht den Vorschlag der K9-Architekten, Freiburg, einstimmig ausgezeichnet hat. Das Büro K9 wird mit der Ausarbeitung eines Bebauungsplans beauftragt; in diesem werden die heutigen Vorgaben fortentwickelt. Auch der Gemeinderat ist in diese Planungen mit einbezogen.
Stadtrat Dr. Graf von Westerholt sieht in den Bauherrengemeinschaften ein schwieriges rechtliches Umfeld.
Technischer HGE-Geschäftsführer Klink bestätigt, dass die HGE, die mit der Durchführung des Projekts betraut wird, einen Projektsteuerer mit der nötigen Erfahrung einbinden muss.
Stadträtin Herrmann sieht die Gefahr, dass nach Verkauf des Geländes an die HGE der Einfluss des Gemeinderats schwindet.
Oberbürgermeister Pelgrim verweist darauf, dass auch bei HGE-Projekten stets das Einvernehmen des Gemeinderats eingeholt wird. Auch befinden sich Bauherrengemeinschaften nach dem Vergabekriterienkatalog unter den privilegierten Vorhaben. Oberbürgermeister Pelgrim stellt fest, dass für Bauherrengemeinschaften noch genug Zeit bleibt, sich zu finden und Entsprechendes zu entwickeln.
Stadtrat Stein regt an, dass sich analog zum Verfahren in Tübingen die Bauherrengruppe mit einer Vorplanung um das Gelände bewirbt.
Oberbürgermeister Pelgrim beruft sich darauf, dass dies bereits bei Einzelprojekten der Bauplatzvergabe so praktiziert wurde.
Stadträtin Herrmann möchte sich nicht nur auf die Vergabekriterien zurückziehen - dies ist ihr bei diesem Projekt zu wenig.
Technischer HGE-Geschäftsführer Klink ist voller Zuversicht, dass unter Zuhilfenahme eines Projektsteuerers und flankierender Veranstaltungen, z. B. in der Volkshochschule, sich Bauherren, Investoren, die HGE und auch der Gemeinderat treffen.
Oberbürgermeister Pelgrim legt jedoch Wert darauf, dass es nicht um Einzelbebauungen, sondern um die Entwicklung eines Innenstadtquartiers geht.
Beschluss:
Der Gemeinderat folgt der Empfehlung des Preisgerichts vom 22.10.2015 und beauftragt die Verwaltung, die Entwicklung des Bahnhofsareals auf Grundlage der mit dem 1. Preis ausgezeichneten Arbeit fortzuführen und die erforderlichen fach- und bauleitplanerischen Schritte einzuleiten.
(einstimmig - 30 -)