§ 158 - Förderung von Tagespflegestellen (öffentlich)
Sachvortrag:
s. a. VFA vom 19.09.11 nö
1. Gesetzliche Rahmenbedingungen der Kindertagespflege
Der Bundesgesetzgeber hat seit dem Jahr 2005 mit den Novellierungen des SGB VIII durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG), das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) und das Kinderfördergesetz (KiFöG) die Kindertagespflege als gleichrangiges Betreuungsangebot neben die Förderung der Kindertageseinrichtungen gestellt.Eltern haben nach § 5 SGBV III ein Wunsch- und Wahlrecht der Betreuungsformen. Beide Betreuungsformen haben einen umfassenden Förderungsauftrag, der die Betreuung, Bildung und Erziehung beinhaltet (§ 22 SGB VIII). Die Kindertagespflege ist bei einer Betreuungszeit ab 15 Wochenstunden in eigenen Räumen der Tagespflegepersonen erlaubnispflichtig. Tagespflegepersonen sind zur Teilnahme an Qualifizierungslehrgängen verpflichtet.
Ab dem Jahr 2009 wurden durch steuer- und sozialversicherungsrechtliche Bestimmungen die Voraussetzungen für die Entwicklung der Kindertagespflege zu einem eigenständigen Berufsbild geschaffen. Die Tätigkeit der Tagespflegeperson stellt im Sinne des § 18 EinkommensteuerG eine nebenberufliche selbständige Tätigkeit dar, aus der sich seit 01.01.2009 eine Steuerpflicht auch für öffentlich geförderte Tagespflegen ergibt. Bei einem zu versteuernden Einkommen von mehr als 365 € wird die Tagespflegeperson kranken- und pflegeversicherungspflichtig, ab 400 € auch rentenversicherungspflichtig. Ist ein Förderanspruch eines Tagespflegekindes gegeben, sind der Tagespflegeperson neben der laufenden Geldleistungen auch die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung und die Hälfte der nachgewiesenen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung zu erstatten.
Der bestehende Rechtsanspruch eines Kindes auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege wird ab 01.08.2013 auf Kinder ab dem ersten Lebensjahr ausgedehnt. Für Kinder unter einem Jahr besteht ein Anspruch auf einen Betreuungsplatz, wenn der/die Erziehungsberechtigte eine Schule besucht, in einem Ausbildungsverhältnis steht, arbeitssuchend ist oder das Wohl des Kindes es erfordert.
Die Verwaltung rechnet mit einem steigenden Bedarf an Tagespflegeplätzen gerade in der Tagespflege für Kinder bis zum dritten Lebensjahr.
Seitens des Bundes wurde zunächst von einem Bedarf an Plätzen bis zum Jahr 2013 von 35 % aller unter Dreijährigen ausgegangen. Der Betreuungsbedarf wurde inzwischen nach oben korrigiert. Die Kultusministerin, Frau Warminski-Leitheußer, geht von einem mittelfristigen Bedarf von ca. 60 % aus.
2. Finanzielle Rahmenbedingungen
Entsprechend der Empfehlungen des Städte- und Landkreistages und des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales gewährt der Landkreis Schwäbisch Hall für Kindertagespflegepersonen eine laufende Geldleistung von 3,90 € pro Kind und Betreuungsstunde, die sich aus einem Betrag für Sachkosten von 1,74 € (Verpflegung/Pflegeartikel etc.) und einem steuerpflichtigen Betrag von 2,16 € für die Förderleistung der Tagespflegeperson zusammensetzt.
Vor allem das zu gering empfundene Pflegegeld, von dem sowohl Steuer- als auch die Hälfte der Sozialversicherungsabgaben bezahlt werden müssen, erschweren die Gewinnung weiterer Tagespflegestellen.
3. Entwicklungen
70 – 80% der Betreuungsplätze für unter Dreijährige sollten in den Kindertageseinrichtungen und 20 - 30 % in der Kindertagespflege angeboten werden.
Im gesamten Landkreis werden 150 Kinder unter drei Jahren (Stand 31.12.2010) in der Tagespflege betreut, was einer Quote von 3,1 % entspricht.
Im Stadtgebiet gibt es aktuell 21 Betreuungssituationen für unter dreijährige Kinder bei Tagespflegepersonen, das sind 2,1 %. Ziel ist es, die Tagespflege weiter auszubauen und 2012 und 2013 jeweils 20 Tagespflegestellen zusätzlich zu schaffen.
In der Sitzung des BSSK am 05.07.2010, § 13, hat die Verwaltung einen Zwischenbericht zur Förderung von Tagespflegestellen und ein Eckpunktepapier zur konkreten Förderung von Tagespflegepersonen der Verwaltungsgemeinschaft Schwäbisch Hall, Michelbach/Bilz, Michelfeld und Rosengarten vorgelegt.
In der Zwischenzeit haben weitere Gespräche zur Weiterentwicklung innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft, dem Tagesmütterverein und dem Landratsamt stattgefunden.
4. Förderung von Tagespflegepersonen
4.1. Rahmenbedingungen/Eckpunkte
Tagespflegepersonen erhalten unter folgenden Voraussetzungen eine Förderung:
- Öffentliche Förderung der Tagespflegeperson für Kinder aus der Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft (Schwäbisch Hall, Michelbach a. d. Bilz, Michelfeld, Rosengarten);
- Das betreute Kind ist unter drei Jahre alt;
- Die Betreuung findet durch eine mit öffentlicher Erlaubnis nach § 43 KJHG anerkannter Tagespflegeperson statt;
- Eltern und Tagespflegeperson schließen einen Vertrag (nach Mustervertrag Tagesmütterverein Kreis Schwäbisch Hall e. V.);
- Teilnahme an Praktikumseinheiten in Krippengruppen (mindestens fünf Tage). Bezahlung hierfür auf Grundlage der Stundensätze und kommunaler Förderung.
- Qualifizierung mit 160 Unterrichtseinheiten;
- großes polizeiliches Führungszeugnis für alle Familienmitglieder über 18 Jahre;
- Regelmäßige Hausbesuche von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Tagesmüttervereins;
- Regelmäßige Teilnahme an Fortbildungen (bis zu fünf Tage/Jahr);
- Regelmäßige Teilnahme an Praxisberatungen (verpflichtend) beim Tagesmütterverein;
- sofortige Meldung bei Änderung bzw. Ende des Pflegeverhältnisses;
- Es besteht kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen Tagesmutter und Kind in gerader Linie;
- es werden von einer Tagespflegeperson nicht mehr als drei Kinder unter drei Jahren gleichzeitig betreut;
- der Erstwohnsitz des betreuten Kindes ist in der Verwaltungsgemeinschaft.
4.2. Art der Förderung
Die Förderungen sind Freiwilligkeitsleistungen der beteiligten Gemeinden.
Für jedes betreute Kind wird ein Zuschuss pro Betreuungsstunde als Freiwilligkeitsleistung nach folgenden Sätzen gewährt:
Wochenbetreuungsstunden
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Über einem Jahr bis zum 3. Geburtstag je Betreuungsstunde
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Unter einem Jahr je Betreuungsstunde
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Mindestens 15 Betreuungsstunden, maximal 50 Betreuungsstunden
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1,00 €
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1,50 €
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Bezahlung von 25 Urlaubstagen und bis zu 25 Krankheitstagen auf Basis der Betreuungsstunden des zusätzlichen, freiwilligen Fördersatzes.
Kostenübernahme für das große polizeiliche Führungszeugnis.
Zuschuss zu Fortbildungen im Rahmen der Qualifizierung der Tagespflege von bis zu 100 € im Jahr.
5. Förderung der Eltern
Um die Attraktivität der Kindertagespflege zu erhöhen und dem Wunsch- und Wahlrecht gemäß § 5 SGB VIII Rechnung zu tragen, sollen auch Eltern, die Kinder in Tagespflegestellen betreuen lassen, gefördert werden. Grund hierfür ist, dass die Kostenbeteiligung der Eltern (festgelegt von den Trägern der Jugendhilfe) z. T. wesentlich höher ist als die Elternbeiträge in Kinderkrippen (Anlage).
Der Fachbereich Jugend, Schule und Soziales schlägt deshalb vor, Familien, die in der Kindertagespflege zu höheren Kosten vom Landkreis im Vergleich zu den Elternbeiträgen der Stadt herangezogen werden, mit 50 % des Unterschiedsbetrages, höchstens jedoch mit maximal 100 €/Monat (1.200 €/Jahr) zu fördern.
Beispiel:
Für ein Kind in einer 6-Stundenbetreuung in einer Kinderkrippe beträgt der Elternbeitrag im Stadtgebiet Schwäbisch Hall 225 € im Monat.
Wird dieses Kind in einer Tagespflegestelle betreut und liegt das Elterneinkommen zwischen 3.000 € und 3.500 €, wird die Familie durch den Landkreis zu einem Kostenbeitrag von 322 € herangezogen, also 97 € im Monat mehr als in einer Krippengruppe.
Um hier einen teilweisen Ausgleich zu schaffen soll die Differenz von 97 € mit 50 % = 48,50 € gefördert werden.
6. Kostenvergleich Tagespflege - Kinderkrippe
Beispielrechnung:
(Ein Kind, zwei Jahre, Betreuung sechs Stunden am Tag )
Nach einer Musterkostenberechnung des Städtetags unter Berücksichtigung der örtlichen Elternbeiträge kostet ein Platz in einer Krippengruppe die Stadt 5.070 €/Jahr.
Wird dieses Kind in einer Tagespflegestelle betreut, wird nach den in der Vorlage aufgeführten Kriterien diese Pflegestelle mit 1.978 €/Jahr gefördert.
Die Eltern des Kindes, (unterstellt ein Netto-Einkommen zwischen 3.000 € und 3.500 € im Monat)erhalten 48,50 € im Monat, das sind 582 € im Jahr als Ausgleichszahlung zum Elternbeitrag.
Die Förderung der Tagespflegestelle und Förderung der Eltern ergeben Jahreskosten von 2.560 €/Jahr im Vergleich zu 5.070 €/Jahr in einer Krippengruppe.
Liegt das Familieneinkommen über 3.500 € im Monat,würde die kommunale Förderung bei 50 % des Differenzbetrages bei 89 € im Monat liegen, das sind 1.068 €/Jahr.
Dies ergibt Gesamtkosten von 3.046 € /Jahr - im Vergleich zu 5.070 € in einer Krippengruppe.
Übersicht: Kostenvergleich Tagespflege/Krippengruppen
7. Tagesmütterverein
Im Förderkonzept der Verwaltungsgemeinschaft zur Tagespflege ist der Tagesmütterverein ein wesentlicher Kooperationspartner.
Mit dem Tagesmütterverein wurden folgende Leistungserbringungen diskutiert:
- Aquise, Auswahl und Beratung geeigneter Tagespflegepersonen.
- Gemeinsame Werbung für Tagespflegepersonen.
- Beratung der Eltern.
- Vermittlung des privaten Tagespflegeverhältnisses zwischen Eltern und Tagespflegepersonen auf Basis eines Mustervertrags.
- Bürozeit mit verlässlichen Öffnungszeiten.
- Durchführung einer vorbereitenden Qualifizierung und der Basisqualifizierung der Tagespflegepersonen; lfd. Weiterbildung der Tagespflegepersonen.
- Begleitung von Tagespflegepersonen und abgebenden Eltern. Durchführung von Hausbesuchen bei den aktiven Tagespflegepersonen.
- Konzeptionelle Entwicklung eines Vertretungssystems.
- Unterstützung und Förderung von Netzwerken der Tagespflegepersonen.
- Kooperation mit Tageseinrichtungen für Kinder (Info-Veranstaltungen über Kindertagespflege).
- Erarbeitung von Infomaterial.
- Gemeindebezogene Statistiken.
- Abrechnung der Fördermittel mit den Tagespflegepersonen und der Verwaltungsgemeinschaft.
Der Tagesmütterverein befindet sich derzeit in einem personellen Umbruch, u. a. im Vorstandsbereich. Es ist noch nicht abzusehen, ob und wie sich der Tagesmütterverein personell orientiert und ob die mit dem Landkreis vertraglich festgelegten Leistungen des Tagesmüttervereins weiter erbracht werden können.
Es muss davon ausgegangen werden, dass erst zum Jahresende hier mit Klarheit zu rechnen ist.
8. Weiteres Vorgehen
Das Förderkonzept soll in den Gremien der Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft in nichtöffentlichen Sitzungen vorberaten werden. Anschließend erfolgt ein weiterer Erfahrungsaustausch innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft.
Im Anschluss daran soll das Förderkonzept in öffentlicher Sitzung vorgestellt werden.
Ziel ist es, das Förderkonzept zum 01.01.2012 umzusetzen.
Anlage 1: Kostenberechnung 0 - 1 Jahre
Anlage 2: Kostenberechnung 1 - 3 Jahre
Anlage 3 + 4: Aufstellung Tagespflege 0-1 bzw. 1 - unter 3 Jahre
Erste Bürgermeisterin Wilhelm nimmt Bezug auf den Rechtsanspruch bzw. Quasi-Rechtsanspruch ab dem Jahr 2013. Das Förderungsmodell steht auf zwei Säulen: 1. Förderung der Tageseltern; 2. Zuschuss an die Eltern. Die Stadt hat ein Interesse daran, mehr Tagespflegesätze für die Eltern anzubieten. Es sind keine Plätze in institutionellen Einrichtungen vorhanden. Tagespflegestellen bieten eine höhere Flexibilität sowohl beim Ausbau als auch bei den Eltern und sind zudem günstiger.
Stadträtin Härterich nimmt mit Genugtuung dieses Konzept zur Kenntnis, da dieses Thema schon immer ein Anliegen der CDU-Fraktion war.
Stadtrat Schorpp sieht die Förderung von Tagespflegestellen unter zwei Gesichtspunkten:
- Der Beruf der Tageseltern wird attraktiver;
- Die Betreuung der Kinder unter einem Jahr in der Tagespflege ist für die Stadt günstiger - deshalb ist es auch gerechtfertigt, den abgebenden Eltern einen Zuschuss zu gewähren.
Stadtrat Prof. Dr. Geisen erkundigt sich, ob es eine Vertretungsregelung im Urlaubs- bzw. Krankheitsfall gibt und ob mittlerweile geklärt ist, ob durch die Bezuschussung von Urlaubs- bzw. Krankheitstagen ein Indiz für das Vorliegen von Beschäftigungsverhältnissen geschaffen wird.
Stadtrat Huppenbauer lobt das transparente und nachvollziehbare Konzept.
Stadtrat Preisendanz erkundigt sich nach der Fachaufsicht/ Kontrolle der Tageseltern.
Oberbürgermeister Pelgrim informiert, dass die Tätigkeit als Tageseltern gesetzlich als selbstständige Tätigkeit definiert wurde. Die Vertretungsregelung ist fester Bestandteil der Vereinbarung.
Erste Bürgermeisterin Wilhelm ergänzt, dass Verlässlichkeit einer von drei Eckpunkten ist. Weitere Punkte sind Qualität/ Professionalität und Vertrauen.
Fachbereichsleiter Jugend, Schule & Soziales Blinzinger führt zur Professionalität aus: Tageseltern müssen sich in 160 Stunden-Einheiten zertifizieren. Mit der Zertifizierung ist der Tageselternverein betraut. Eventuell kann dieses Zertifikat bei der Volkshochschule erworben werden.
Beschluss:
Vom Förderkonzept der Verwaltungsgemeinschaft zur Förderung von Tagespflegeplätzen wird zustimmend Kenntnis genommen.
Es erfolgt lediglich eine Förderung von 24 Urlaubs- bzw. Krankheitstagen.
Eine Vereinbarung wird nur mit einem stabilen, leistungsfähigen Partner bzw. Trägerverein abgeschlossen. Der im Grundgesetz verankerte Konexitätsgrundsatz muss erfüllt sein.
(einstimmig - 35 -)