TOP 5 - Reintegration der städtischen Eigenbetriebe Abwasserbeseitigung, Friedhöfe und Werkhof (öffentlich)
Sitzungsvorlagen-Nummer: 354/23
Sachvortrag:
Im Rahmen der Haushaltsanträge zum Doppelhaushalt 2023/2024 wurde von den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP beantragt, die Stadtbetriebe mit den Eigenbetrieben Abwasserbeseitigung, Friedhöfe und Werkhof in den städtischen Haushalt zu reintegrieren.
Eine solche Reintegration muss vom Zeitpunkt her mit der Aufstellung eines neuen Haushalts erfolgen. Der nächste Haushalt umfasst die Jahre 2025 und 2026. Somit ergibt sich die nächstmögliche Eingliederung zum Doppelhaushalt 2025/2026.
Was seither in den jeweiligen Wirtschaftsplänen abgebildet wurde, muss sich dann in der städtischen Haushaltsstruktur wiederfinden. Hierzu sind z. T. neue Produkte anzulegen, aber auch bei manchen bestehenden Produkten wird es zu Veränderungen und Verschiebungen kommen. Im Einzelnen wird sich die notwendige Detailgliederung im Laufe des Projekts ergeben.
Für die Wiedereingliederung der Stadtbetriebe sprechen folgende Gründe:
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Wirtschaftspläne und Jahresabschlüsse müssen nicht mehr separat erstellt werden; diese sind künftig Teil des städtischen Haushalts bzw. Jahresabschlusses.
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Die ab 2025 rechtlich vorgeschriebene Aufstellung eines Gesamtabschlusses für den Konzern Stadt wird durch die Eingliederung erleichtert, weil gegenseitige Aufwendungen und Erträge bzw. Forderungen und Verbindlichkeiten nicht mehr konsolidiert werden müssen.
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Einheitliche Softwarelösung: Für den laufenden Betrieb gibt es nur noch ein einheitliches Verfahren: Finanz+ von der Firma Dataplan. Das bei den Eigenbetrieben eingesetzte SAP-System wird lediglich als Archivsystem weiter benötigt, um Zugriff auf die abgeschlossenen Wirtschaftsjahre zu haben.
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Einheitliche Kassenführung im Programm Finanz+ der Stadt; in der Stadtkasse werden dadurch notwendige Vertretungsregelungen erleichtert.
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Seither mussten neben dem städtischen Tagesabschluss auch für die Sonderkassen der Eigenbetriebe täglich Tagesabschlüsse erstellt werden. Künftig ist ein städtischer Tagesabschluss ausreichend.
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Durch die Rückführung in die Einheitskasse entfällt die gesonderte Liquiditätsplanung für die Eigenbetriebe.
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Kein Leistungsaustausch mehr zwischen Werkhof und städtischen Dienststellen, der über formelle Zahlungsanordnungen und somit über die Stadtkasse abgewickelt werden müsste. Stattdessen werden die Leistungen, die der Werkhof intern erbringt, durch diesen auf die jeweiligen Produkte verrechnet. In 2022 wurden 1617 Rechnungen an die Stadt gestellt, dort mussten ebenso viele Rechnungen auf sachliche und rechnerische Richtigkeit geprüft und Auszahlungsanordnungen erfasst und zahlbar gemacht werden.
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Mögliche Synergien durch eine digitale Leistungserfassung der Werkhofmitarbeiter; Tätigkeiten bzw. Leistungen können durch Einführung einer Bauhof-App medienbruchfrei an die Auftragsverwaltung in Finanz+ übergeben werden. Das Ausfüllen von Rapportzetteln und anschließendem Erfassen im Finanzsystem entfällt.
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Digitalisierung der Kassenanordnungen: Die Kassenanordnungen werden bei den Eigenbetrieben seither in Papierform archiviert. Nach der Reintegration erfolgt die Archivierung (wie bei der Stadt) digital.
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Perspektivisch soll bei der Stadt zudem ein sog. Digitaler Rechnungsworkflow (vollständige digitale Bearbeitung ein- und ausgehender Rechnungen und Bescheide) eingeführt werden. Durch die Eingliederung partizipieren auch die Stadtbetriebe davon.
Darstellung im Haushalt
Die einzugliedernden Eigenbetriebe sind lt. Vorgaben des Kommunalen Produktplans Baden-Württemberg auf folgenden Produkten abzubilden:
Bereich |
Teilhaushalt |
Produktgruppe |
Produkte |
Abwasserbeseitigung (neu) |
7 Planen, Bauen, Verkehr und Umwelt |
5380 Abwasserbeseitigung |
538001 Ableitung von Abwasser (Kanäle) 538002 Abwasserreinigung (Kläranlagen) |
Friedhöfe |
7 Planen, Bauen, Verkehr und Umwelt |
5530 Friedhofs- und Bestattungswesen |
553000 Friedhöfe |
Werkhof (neu) |
1 Zentrale Steuerung und Innere Verwaltung |
1125 Grünanlagen, Werkstätten und Fahrzeuge |
112500 Werkhof |
Es kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht ausgeschlossen werden, dass die Detailgliederung im weiteren Projektverlauf noch zu ändern bzw. anzupassen ist.
Die jeweiligen Änderungen für die drei Eigenbetriebe werden im folgenden skizziert:
Abwasserbeseitigung
Das im Eigenbetrieb Abwasserbeseitigung geführte Personal mit 12,9 Stellen verbleibt im Abwasserbereich, wird also – wie alle weiteren Aufwendungen und Erträge – auf die Produktgruppe 5380 übergeführt. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es vorgesehen, die Produkte
538001 – Ableitung von Abwasser (Kanäle, Regenbecken, Pumpwerke) und
538002 – Abwasserreinigung (Kläranlagen)
anzulegen.
Die Veranlagung der Niederschlagswassergebühr erfolgt bereits in der städtischen Buchhaltung, da das Finanzsystem des Eigenbetriebs keine spezielle Veranlagungssoftware beinhaltet. Durch Anpassung bestimmter Buchungsparameter kann hier die Umstellung problemlos erfolgen.
Friedhöfe
Das Produkt 553000 Friedhofs- und Bestattungswesen wird im Haushalt bereits ausgewiesen. Neben der Fehlbetragsabdeckung für den Eigenbetrieb Friedhöfe werden hier auch die Unterhaltungsaufwendungen für die Ehrengräber, Kriegsgräber, den jüdischen Friedhof sowie die KZ-Gedenkstätte abgewickelt. Diese Aufwendungen sind nicht gebührenfähig und müssen daher auch künftig separat zum eigentlichen Friedhofsbetrieb ausgewiesen werden.
Im Stellenplan des Friedhofs werden lediglich die Beschäftigten in der Verwaltung (aktuell besetzt mit 1,2 Stellen) geführt, die Arbeiter/innen (9 Stellen lt. Stellenplan) sind dem Werkhof zugeordnet. Die erbrachten Leistungen werden dem Eigenbetrieb Friedhöfe in Rechnung gestellt. Künftig sollen diese Beschäftigten direkt bei den Friedhöfen geführt werden, die Personalkosten werden damit verursachungsgerecht veranschlagt und gebucht. Die Notwendigkeit von Verrechnungen zwischen Werkhof und Friedhöfe entfällt somit.
Werkhof
Der Betrieb des Werkhofs wird im Teilhaushalt 1 – Zentrale Steuerung und Innere Verwaltung unter der neuen Produktgruppe 1125 Grünanlagen, Werkstätten und Fahrzeuge abgebildet. Hier werden Aufwendungen und Erträge des Werkhofs im ordentlichen Ergebnis abgebildet. Leistungen, die der Werkhof für andere Produkte erbringt, werden diesen über die Interne Leistungsverrechnung im kalkulatorischen Bereich weiter belastet. Diese Verrechnungen werden in Finanz+ automatisiert durch Beschäftigte des Werkhofs durchgeführt. Das Erstellen von Rechnungen und die Erfassung und Abwicklung von Zahlungsanordnungen sind hierfür nicht mehr notwendig.
Weitere wesentliche Änderungen beim Werkhof sind:
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Ablösung des bisher eingesetzten SAP-Programms für die Abwicklung des laufenden Werkhofbetriebs und die Abbildung der sog. Werkhofaufträge durch die Bauhoflösung in Finanz+. Die Prozesse im Werkhof sind entsprechend den neuen Erfordernissen anzupassen.
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Der Einsatz einer Software für die Lagerbuchhaltung und Materialwirtschaft wird angestrebt, diese soll integrativ in der Bauhoflösung in Finanz+ im Rahmen eines Pilotprojekts neu entwickelt werden.
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Bauhof-App: Durch die perspektivische Einführung einer Bauhof-App kann auf die seither manuell auszufüllenden Rapportzettel verzichtet werden. Die Arbeiter bzw. zumindest die Vorarbeiter sind mit entsprechender Hardware auszustatten. Anschließend können die Arbeitseinsätze automatisch ohne manuellen Erfassungsaufwand in die Auftragsverwaltung in Finanz+ übernommen werden.
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Das seither propagierte Auftraggeber/Auftragnehmer-Verhältnis, bei dem der Werkhof formal stets für andere städtische Stellen tätig ist, entfällt weitgehend. Es ist angestrebt, dass der Werkhof für seine Standardaufgaben (wie Straßenreinigung, Winterdienst, Pflege Straßenbegleitgrün, „kleine“ Straßenunterhaltung, u. ä.) eigenverantwortlich tätig sein wird. Für diese eigenverantwortlichen Arbeiten sind keine Beauftragungen durch die Fachbereiche mehr erforderlich, auch der Output bzw. die Aufgabenerfüllung erfordert keiner weiteren Überprüfung durch eine andere Stelle der Verwaltung.
Es wird davon ausgegangen, dass für diese sog. „Standardaufgaben“ der größte Teil der vorhandenen Personalkapazitäten verwendet werden, den darauf erbrachten Output verantwortet die Fachbereichsleitung der Stadtbetriebe. Die exakte Abgrenzung ist insbesondere zwischen dem seither größten Auftraggeber, dem Fachbereichen Planen und Bauen, und den Stadtbetrieben abzustimmen. Beide Fachbereiche befinden sich im Dezernat II bei EBM Klink. -
Einzelaufträge können zusätzlich beauftragt werden. Nach Prüfung der verfügbaren Ressourcen und nach Abstimmung der Prioritäten bei mehreren Auftraggebern wird entschieden, ob eine Auftragserfüllung möglich ist oder nicht.
Die Verwaltung beabsichtigt, die Reintegration mit einer Organisationsuntersuchung zu flankieren, um die Prozessabläufe effektiver zu gestalten.
Im Stellenplan des Werkhofs sind in 2023 bei den Beschäftigten 101,2 Stellen ausgewiesen. In 2022 waren es 96,2 Stellen. Die Stellenmehrung erfolgte in den Bereichen Baumpflege und Gewässerunterhaltung. 9 Stellen werden umgegliedert zu den Friedhöfen. D. h. im klassischen Werkhof- bzw. Bauhofbereich verbleiben 92,2 Stellen.
Der Werkhof hat im Haushaltsjahr 2022 interne Dienstleistungen für die Stadt in Höhe von 6,3 Mio Euro erbracht. Bei der Stadt wurden davon ca. 6,15 Mio EUR im Ergebnishaushaushalt verbucht,159 TEUR im Finanzhaushalt auf investiven Maßnahmen.
Die Leistungen in Höhe von 6,15 Mio EUR wurden bei der Stadt produktscharf (z. B. auf den Produkten Gemeindestraßen, Grün- und Parkanlagen, Straßenreinigung, Winterdienst) als ordentlicher Aufwand ausgewiesen. Nach der Reintegration erfolgt die Belastung dieser Produkte im kalkulatorischen Bereich über die Interne Leistungsverrechnung (ILV).
In Anlage 1 wird die Systematik der haushalterischen Abwicklung vor und nach der Eingliederung nochmals systematisch dargestellt.
Wie einzelne beispielhafte Produkte künftig im Haushalt aussehen ist in Anlage 2 ersichtlich.
Auswirkungen auf andere Fachbereiche
Für Aufwendungen aus Querschnittsbudgets wie z. B. für Energie, Gebäudebewirtschaftung, Reinigung, EDV, Telefon, Versicherungen u. s. w. geht die Zuständigkeit mit der Eingliederung über auf den jeweils verantwortlichen Fachbereich.
Risiken
Bei der Umstellung gibt es einige Risiken, die es zu beachten und entsprechend zu würdigen gilt. Sollten diese eintreten, ist eine grundsätzliche Neubewertung des Projektablaufs erforderlich. Dies sind:
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Personelle Risiken: Personalkapazität während der Projektphase; unvorhergesehene Personalabgänge oder -ausfälle
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Die bestehende Bauhoflösung in Finanz+ wird durch eine neu zu konzipierende Web-Portal-Lösung abgelöst, die ab Sommer 2024 verfügbar sein soll. Zeitliche Verzögerungen und technische Probleme sind nicht auszuschließen
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Lagerbuchhaltung und Materialwirtschaft: Entwicklung der Software für die Lager- und Materialwirtschaft verzögert sich oder führt zu keiner praktikablen Lösung
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Erschwerniszulagen für Werkhofbeschäftigte: Programmierung einer Schnittstelle für die Verbuchung und Auszahlung der Erschwerniszulagen durch die Personalabteilung
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Unwägbarkeiten bei einer Vielzahl bei den Stadtbetrieben eingesetzter Hard- und Software, die im weiteren Verlauf geprüft und ggf. angepasst werden muss.
Anlagen:
Anlage 1: 354-23-A1-Verbuchung-Leistungen-Werkhof-Stadt.pdf
Anlage 2: Teilergebnishaushalt
Beschlussantrag:
Der Gemeinderat nimmt die Ausführungen zur Reintegration der Stadtbetriebe zum 01.01.2025 zur Kenntnis und beauftragt die Verwaltung, mit den vorbereitenden Arbeiten fortzufahren.